Bass spielen für Gitarrist: Realistische Einschätzungen...

  • Ersteller Portishead
  • Erstellt am
... Ich bin akustik Gitarrist und spiele auch mit dem Gedanken, zusätzlich mit Bass anzufangen.
Dazu mal eine Frage: Was würdet ihr sagen. Sollte man sich zum Umstieg nen Shortscale Bass zulegen oder lieber einen "normalgroßen" Bass?...
ich schätze das analog kurzmensuriger akustikgitarre vs. standard ein. abseits des affen-powerchord-greifens ;)
in der tiefsten lage eines longscale schaffst du vll. einen bund weniger als bei einer klassischen konzertgitte. ist vll. ´ne milchmädchenmessung, jedoch zur verdeutlichung der dimensionen ...
 
Ich spiele seit ca. 5 Jahren Gitarre und habe vor ein paar Monaten auch mit dem Bassspielen angefangen. Mein Ziel ist es, beide Instrumente auf gleich hohem Niveau zu beherrschen. Inzwischen kann ich schon sagen, dass die Entscheidung sich absolut gelohnt hat!

Zunächst einmal bringt man als Gitarrist, wie schon genügend oft erwähnt, von vorn herein den Großteil der nötigen Kenntnisse mit. Wer sich auf der Gitarre zu Hause fühlt, der fühlt sich bereits nach einer minimalen Einarbeitungszeit auch auf dem Bass zu Hause. Somit kann man sich von Anfang an voll auf jene Dinge konzentrieren, die wirklich anders sind, und das sind in erster Linie die völlig andere Rolle des Basses in der Band und die anderen Schwerpunkte, die beim Spielgefühl zu setzen sind. Die Auseinandersetzung mit genau diesen Dingen hat sich aber auch enorm positiv auf mein Gitarrenspiel ausgewirkt. Zum Beispiel baue ich jetzt auf der Gitarre viel öfter ganz intuitiv größere Intervallsprünge in meine Melodien ein als noch vor kurzer Zeit.
Der Bass (bzw. die Bassgitarre) ist also eindeutig die naheliegendste Option für jeden Gitarristen, der ein zweites Instrument erlernen will.

Es gibt aus meiner Sicht zu Beginn aber durchaus einige Hürden und Dinge, die man beachten sollte:



  • Dass sich die Notation im Bassschlüssel grad um zwei Halbtonschritte von der im Violinschlüssel unterscheiden muss, geht einem schon ziemlich auf die Nerven! Noten lesen ist ohnehin nicht die größte Stärke des Gitarristen. (Mir ist es absolut schleierhaft, wie z.B. Pianisten einfach so Melodien und Akkorde vom Blatt spielen können, wo ich schon beim Erlernen eines Stücks Probleme damit hab, mich nicht zwischen den Zeilen und Takten zu verrennen...) So passiert es einem gerade zu Beginn oft, dass man versehentlich im falschen Schlüssel denkt - vor allem, wenn man sich im selben Zeitraum auch mit Noten im Violinschlüssel beschäftigt - und sich dann wundert, warum das da so steht, wenn das gar nicht so klingen soll...
  • Bei der Wahl des Basses kam für mich persönlich nur einer mit Midscale-Mensur in Frage. Obwohl ich wirklich sehr lange Finger habe, habe ich mich beim Ausprobieren eines Longscale-Basses äußerst unwohl gefühlt. In den tiefen Lagen konnte ich kaum einen weiten Griff machen, der auch sauber klang. Mit dem Midscale-Bass kann ich aber absolut gut umgehen. Kaum zu glauben, was so ein paar Millimeter für einen Unterschied machen können.
  • Außerdem habe ich mich von Anfang an für einen Viersaiter entschieden. Mich an eine neue Saite zu gewöhnen wäre mir unnötig mühsam vorgekommen. Bässe mit einer tiefen B-Saite sind wahrscheinlich für 7-Saiter-Gitarristen am ehesten zu empfehlen. Wenn die Besaitung weitgehend der von der Gitarre her gewohnten entspricht, hat man von Anfang an einen immensen Vorteil. Ich hatte zu Beginn auch einige Probleme damit, dass die unterste Saite plötzlich die g-Saite war, weil ich durch den Griff von unten immer an die e-Saite der Gitarre erinnert wurde. Aber nach spätestens einigen wenigen Wochen hat man gelernt, rundum in "bassisch" zu denken.
  • Ein wichtiger Punkt ist das Schnarren. Auf dem Bass muss man einfach viel fester zupacken, da die Saiten erstens viel mehr Widerstand leisten und zweitens viel stärker vibrieren, wodurch es schwierig ist, sie konstant auf die Buntstäbe zu drücken - vor allem bei weiten Griffen. Mit einem abgespreizten kleinen Finger einen vier Bünde entfernten Ton sauber zu greifen kann eine ganz schöne Herausforderung sein - vor allem wenn man, so wie ich, schlanke Gitarristenfinger hat. Und da die Finger solche Kraftakte zu Beginn natürlich überhaupt nicht gewohnt sind, ermüden sie schnell, wenn man sich wirklich bemüht, sauber zu spielen, wodurch es immer schwieriger wird. Da fühlt man sich ein bisschen an seine Anfänge auf der Gitarre zurückversetzt. Ich kann nur jedem raten, es vor allem mit den weiten Griffen, aber auch generell ganz vorsichtig und langsam anzugehen. Ich war mehrere Male einer Verletzung nahe, da mein kleiner Finger schon vorgeschädigt ist. Wenn man es gewohnt ist, mehrere Stunden am Tag auf der Gitarre zu üben, verliert man sich schnell in der Routine und vergisst, dass man es mit einem ganz neuen Instrument zu tun hat, an das sich Muskeln und Knochen erst mal gewöhnen müssen. Da ich mit Nylon ummantelte Saiten verwende, habe ich aber zumindest schon nach kurzer Zeit sauber spielen können. Ich weiß nicht, wie ich mich auf Roundwounds anhören würde. ;)
  • Auch erwähnenswert ist, dass man merkwürdigerweise nach einiger Zeit - ganz anders als in der Anfangsphase - problemlos zwischen Gitarre und Bass hin und her wechseln kann. Wenn man aber beispielsweise zu Beginn für ein paar Tage oder Wochen nur Bass spielt und die Gitarre nicht anrührt, hat man ein extrem eigenartiges Gefühl, wenn man dann plötzlich wieder die Gitarre in der Hand hat. Sie wirkt wie ein Kinderspielzeug - alles ist viel kleiner und filigraner, man fühlt sich fast überfordert von den kurzen Saitenabständen, und es ist schwierig, ihr wirklich gute Töne zu entlocken. Aber mit der Zeit scheint das Gehirn irgendwie zu lernen, sich auf zwei unterschiedliche Instrumente einzustellen, anstatt fälschlicherweise von vorn herein das in letzter Zeit am häufigsten verwendete zu erwarten. Das befremdliche Gefühl beim Wechsel vom einen zum anderen verschwindet dann spurlos.
  • Für alle Neo-Bassisten, die von der Gitarre kommen, hab ich noch einen ganz wichtigen Tipp zum Üben: Als Gitarrist ist man an Geschwindigkeitstraining gewöhnt, bei dem man, beginnend bei einer komfortablen Geschwindigkeit, das Tempo stetig steigert. Viele setzen das mit einem Training der Spieltechnik gleich. Als Bassist muss man aber vor allem sein Timing trainieren, und das klappt am besten, wenn man die Geschwindigkeit nicht stetig rauf, sondern runter dreht! Das kann zum Beispiel so aussehen, dass man - am besten mit einem Metronom - bei 120 bpM mit Viertelnoten - in welcher Variation auch immer - startet, und bis 40 hinunter geht. Dabei zu versuchen, so lange wie möglich wirklich einen Groove zu spüren, ist eine echt spannende Erfahrung, das kann ich euch versprechen! :D


Gruß, overtonemagic
 
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Also ich habe auch von Gitarre auf Bass gewechselt (bzw. spiele beides). Die ganze Theorie, was z.B. Skalen und Tonleitern angeht kann man mitnehmen. Die Anschlagshand ist etwas Umgewöhnung, war für mich aber nicht so das große Problem, da ich auch schon vorher Akustikgitarre gezupft habe.

Die Greifhand erfordert mehr Kraft, das merkt man schnell, und auch mehr Präzision, bzw. ein anderes Greifen (auf den dicken Saiten rutscht man schnell mal richtig ab aufs Holz, das passiert auf der Gitarre eher weniger).

Was komplett neu ist, ist die Slaptechnik. Da hilft auch keine Gitarrenvorkenntnis.
 
Ja, aber Bassisten, die ausschließlich beim Plektrum bleiben, entgeht einiges. Sicherlich ist es für einige Musikrichtungen nützlich fast ausschließlich mit Plektrum zu spielen, allerdings hat man einen doch eher eingeschränkten Horizont, wenn man sich überhaupt nicht mit dem Fingerspiel beschäftigt. Man sollte zumindest (ausgiebig) probieren mit Fingern zu spielen, es bringt einfach unheimlich viel für das Bassspiel allgemein und man ist wesentlich flexibler, und kann das sicherlich auch in typischen "Plektrum-Musikrichtungen" sinnvoll nutzen.

Klingt sehr nach Pauschalisierung und des vermeide ich gern.Klar ist wohl besser wenn man alles kann........aber Messi spielt auch kein Torwart so mal als vergleich zu nehmen.Ich finde jeder sollte so spielen wie er meint das es ihm taugt und nicht "nur" damit es halt kann.
Ich z.B. spiele nur Finger und hatte noch nie das gefühl es würde was fehlen oder falsch klingen
 
nja, man kann auch geiles funkyges zeug auf Gitarre slappen!

 

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