Technik ist ja kein Selbstzweck, sondern dient nur dazu, voll ausdrucksfaehig zu sein. Wieviel "Technik" man dafuer braucht, und v.a. auch, wieviel Gesangsunterricht, haengt von so vielen Faktoren ab, dass man das immer nur als Einzelfallentscheidung sahen kann. Faktoren koennen sein:
1. Wieviel man natuerlicherweise schon richtig macht, bzw. im Umkehrschluss, wo stimmliche Probleme bestehen.
2. Welchen Stil man singen will: Klassischer Gesang hat ein staerkeres technisches Element als z.B. Pop (oder sagen wir's mal so: Man ist mehr reglementiert, wenn's um Klangideale geht).
3. Wie oft man singt: Ist schon ein Unterschied, ob man mehr fuer sich und ab und zu mal auf einem Schuelerkonzert singt, oder jeden Abend auf der Buehne steht. In letzterem Fall ist man viel abhaengiger von guter Technik. Als "ab und zu mal" Saenger hat man viel laengere Rekuperationszeiten, da raecht sich auf dem Material rumsingen nicht so schnell. Das ist kein Freibrief fuer bescheidene Technik, aber es ist halt einfach so, dass die Stimme nicht sofort "kaputtgeht", nur weil man einmal was falsch macht.
etc. etc.
Gesangsunterricht ist nicht in jedem Stil zwingend. Er hilft aber, wenn man z.B. interpretatorische Mittel benutzen moechte, die einem stimmlich sonst einfach noch nicht zu Verfuegung stehen, oder an Ueberlastungserscheinungen leidet. Im modernen Gesang gilt an sich die Regel: "Don't fix it if it ain't broken". Im klassischen Gesang sieht das ganz anders aus.
Trotz alledem, und zurueck zum Ausgangsthema: Gefuehl "machen" kann man nicht. Je mehr man das versucht, desto weiter weg kommt man von dem, was man eigentlich will. Man kann, als erfahrener Saenger, natuerlich Stilmittel benutzen, um BEIM PUBLIKUM gewisse Buttons zu pushen. Im Zweifel sage ich aber: Wenn man es selbst nicht fuehlt, kommt es in aller Regel auch nicht beim Publikum an.
Langer Rede, kurzer Sinn: Don't think, sing!