J
Jongleur
Registrierter Benutzer
Liebe Annette,
Ich verzichte mal aus Zeitgründen darauf, Deinen sehr interessanten Beitrag auszuzitieren.
Meiner Meinung nach hatten wir dieses "klingt cool" hier noch nicht als Thema. Dabei spielt es in der Praxis eine entscheidende Rolle. Die meisten guten Produzenten schiessen sich auf zwei Themen ein: versteht das der Rezipient und ist es reizvoll genug, dass er es kaufen möchte.
Wenn der Produzent denn Text nicht versteht (verstehen will), liegt es fast immer daran, dass man keine gute Hook gefunden hat. Eine gute (also sowohl überraschende wie verständliche) Hook betäubt sozusagen den Verstand, der ja mMn sowieso nur aus Vorurteilen besteht, und lässt Ungewohntes in die Herzen fliessen.
Da spielt dann eine logische Erzählweise in den Strophen eine untergeordnete Rolle. Eine überraschende Betrachtungsweise leuchtet eine scheinbar bekannte Szene so aus, dass das Unterbewusstsein des Käufers schlag(licht)artig die groben Zusammenhänge versteht. Leider musste ich den Produzenten fast immer recht geben, wenn sie einen meiner Texte als zu kopflastig ablehnten. Im Grunde hatte ich mich dann meistens damit zufrieden gegeben, auf die musikalische Hook nur einen altbackenen oder pseudooriginellen, gut singbaren Refrain zu schreiben, der aber kein überraschendes Schlaglicht warf. Um das zu übertünchen, wurde ich dann zu allem Übel auch noch in den Strophen super "anspruchsvoll". Man merkt solchen Texten einfach an, dass sie vom Kopf konstruiert und nicht mit Herzblut geschrieben sind.
Das zweite Thema der Produzenten lautet: das klingt...ähm...ähm...nicht cool.
Auch da haben diese ... fast immer Recht. In diesem Falle verstehen sie zwar alles, aber genau DAS ist ihr Problem. Sie verstehen es allein deshalb, weil das Thema oder besser die spezielle Sicht auf das Thema bis auf die Knochen ausgelutscht ist. - Nun könnte man natürlich einfach nach geileren Sprüchen suchen...tss, vergiss es!!!
Du landest beim Thema "kopflastig" und gehst erfolglos im Kreise.
Und wie lautet die positive Botschaft? Hier ist sie: das Leben ist ein prall gefüllter riesiger Themensack. Man erkennt eine überraschende Perspektive immer dann, wenn man ungläubig den Kopf schüttelt. Dann sollte ein Texter dem Verstand, der natürlich nur: "Quatsch!" zischt, das giftige Maul stopfen und zu notieren beginnen.
Die eigenen Vorurteile sind die beste Quelle für langweilige Texte. Wenn sie attackiert werden, reagieren die Gefühle heftig. Heftige Gefühle, klug hinterfragt, sind die beste Quelle für überraschende Texte. Über die eigene Dummheit zu lachen hat doch etwas sehr Befreiendes. Nicht?
In der Zwischenzeit streite ich mich nur noch selten mit den Produzenten um irgendeine Zeile. Denn im Grunde meinen sie sowieso den ganzen Text, wenn sie eine Zeile monieren. Entweder sie lassen sich ziemlich leicht überzeugen oder sie stellen klammheimlich die gesamte Textidee in Frage. Also: Wenn ich noch Zeit und Kraft habe, schreib ich einen völlig neuen Text, wenn nicht, gebe ich die Musik frei.
Und was ist daran nun positiv? Das kann ich Euch sagen: ich erkenne immer früher, ob ich eine echte Idee am Wickel habe. Ich verkürze die Zeit krampfhafter Suche. Wenn ich keine starke Erregung fühle, lasse ich die Idee schneller als früher fallen. Und ich habe kapiert, dass cool keine Sache von Worten ist, sondern eine automatisch Folge von ungewohnten Perspektiven!
Aussicht: und andersartige Perspektiven erkennt man am besten daran, dass man sich mit Andersartigkeit, mit Wahrnehmungspsychologie beschäftigt. Das büldet gar sehr... Und macht nebenbei sogar tierisch viel Spass.
Howgh
Ich verzichte mal aus Zeitgründen darauf, Deinen sehr interessanten Beitrag auszuzitieren.
Meiner Meinung nach hatten wir dieses "klingt cool" hier noch nicht als Thema. Dabei spielt es in der Praxis eine entscheidende Rolle. Die meisten guten Produzenten schiessen sich auf zwei Themen ein: versteht das der Rezipient und ist es reizvoll genug, dass er es kaufen möchte.
Wenn der Produzent denn Text nicht versteht (verstehen will), liegt es fast immer daran, dass man keine gute Hook gefunden hat. Eine gute (also sowohl überraschende wie verständliche) Hook betäubt sozusagen den Verstand, der ja mMn sowieso nur aus Vorurteilen besteht, und lässt Ungewohntes in die Herzen fliessen.
Da spielt dann eine logische Erzählweise in den Strophen eine untergeordnete Rolle. Eine überraschende Betrachtungsweise leuchtet eine scheinbar bekannte Szene so aus, dass das Unterbewusstsein des Käufers schlag(licht)artig die groben Zusammenhänge versteht. Leider musste ich den Produzenten fast immer recht geben, wenn sie einen meiner Texte als zu kopflastig ablehnten. Im Grunde hatte ich mich dann meistens damit zufrieden gegeben, auf die musikalische Hook nur einen altbackenen oder pseudooriginellen, gut singbaren Refrain zu schreiben, der aber kein überraschendes Schlaglicht warf. Um das zu übertünchen, wurde ich dann zu allem Übel auch noch in den Strophen super "anspruchsvoll". Man merkt solchen Texten einfach an, dass sie vom Kopf konstruiert und nicht mit Herzblut geschrieben sind.
Das zweite Thema der Produzenten lautet: das klingt...ähm...ähm...nicht cool.
Auch da haben diese ... fast immer Recht. In diesem Falle verstehen sie zwar alles, aber genau DAS ist ihr Problem. Sie verstehen es allein deshalb, weil das Thema oder besser die spezielle Sicht auf das Thema bis auf die Knochen ausgelutscht ist. - Nun könnte man natürlich einfach nach geileren Sprüchen suchen...tss, vergiss es!!!
Du landest beim Thema "kopflastig" und gehst erfolglos im Kreise.
Und wie lautet die positive Botschaft? Hier ist sie: das Leben ist ein prall gefüllter riesiger Themensack. Man erkennt eine überraschende Perspektive immer dann, wenn man ungläubig den Kopf schüttelt. Dann sollte ein Texter dem Verstand, der natürlich nur: "Quatsch!" zischt, das giftige Maul stopfen und zu notieren beginnen.
Die eigenen Vorurteile sind die beste Quelle für langweilige Texte. Wenn sie attackiert werden, reagieren die Gefühle heftig. Heftige Gefühle, klug hinterfragt, sind die beste Quelle für überraschende Texte. Über die eigene Dummheit zu lachen hat doch etwas sehr Befreiendes. Nicht?
In der Zwischenzeit streite ich mich nur noch selten mit den Produzenten um irgendeine Zeile. Denn im Grunde meinen sie sowieso den ganzen Text, wenn sie eine Zeile monieren. Entweder sie lassen sich ziemlich leicht überzeugen oder sie stellen klammheimlich die gesamte Textidee in Frage. Also: Wenn ich noch Zeit und Kraft habe, schreib ich einen völlig neuen Text, wenn nicht, gebe ich die Musik frei.
Und was ist daran nun positiv? Das kann ich Euch sagen: ich erkenne immer früher, ob ich eine echte Idee am Wickel habe. Ich verkürze die Zeit krampfhafter Suche. Wenn ich keine starke Erregung fühle, lasse ich die Idee schneller als früher fallen. Und ich habe kapiert, dass cool keine Sache von Worten ist, sondern eine automatisch Folge von ungewohnten Perspektiven!
Aussicht: und andersartige Perspektiven erkennt man am besten daran, dass man sich mit Andersartigkeit, mit Wahrnehmungspsychologie beschäftigt. Das büldet gar sehr... Und macht nebenbei sogar tierisch viel Spass.
Howgh
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