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7. Röhren sind rauschärmer als Transistoren[/h] Röhren und Transistoren fügen dem Nutzsignal Rauschen hinzu, was verständlicherweise unerwünscht ist. Wie stark dieses hinzugefügte Rauschen ist, hängt stark vom verwendeten Röhren- oder Transistortyp, der verwendeten Schaltung und zusätzlich vom Signalquellenwiderstand ab. Ganz grob kann man sagen, daß Bipolartransistoren für Signalquellen mit niedrigem Innenwiderstand wie z.B. Moving-Coil-Tonabnehmer am besten geeignet sind, Röhren und Sperrschicht-FETs hingegen für Signalquellen mit hohem bis sehr hohem Innenwiderstand wie z.B. Gitarrentonabnehmer oder Kristall-Mikrofone. MOS-FETs sind am besten für Signalquellen mit extrem hohem Innenwiderstand geeignet, die allerdings für Audioanwendungen unüblich sind.
Wer meint, Rauschen sei ein Privileg von Transistoren, und Röhren seien davon verschont, irrt sich. Die Ursachen für das Rauschen sind vielfältig und für Laien nicht unbedingt einfach verständlich. Am verständlichsten dürfte es sein, daß ein Teil des Röhrenrauschens dadurch begründet ist, daß ein konstanter Anodenstrom nicht wirklich absolut konstant ist. Ein konstanter Strom würde bedeuten (Physiker, speziell solche mit Vertiefungsrichtung Quantenmechanik, brechen jetzt bitte ob des stark vereinfachten Vergleichs nicht in Lachen aus), daß die Elektronen sehr dicht mit gleichem Abstand hintereinander in Reih' und Glied aus der Katode austreten und auch genauso auf der Anode auftreffen. In der Realität verhalten sich Elektronen aber völlig zufällig. Das Austreten der Elektronen kann man mit einer Wolke vergleichen, aus der zahlreiche Wassertröpfchen abregnen. Hierbei ist es absolut zufällig, wann sich wo ein Wassertröpfchen befindet. Treffen die Regentropfen auf einen Gegenstand auf (in der Röhre wäre das die Anode), so ist die Zahl der auftreffenden Wassertröpfchen pro Zeiteinheit nicht konstant sondern zu jedem Zeitpunkt geringfügig anders, was bei einem Blechdach als charakterisches Prasselgeräusch hörbar wird. Übertragen auf die Elektronen heißt das, daß in einem Moment viele Elektronen auf einmal auf die Anode auftreffen, im nächsten Moment aber kein einziges. Der Anodenstrom, also die Anzahl der eintreffenden Elektronen pro Zeiteinheit, bleibt im Mittel zwar konstant, aber wenn man zu verschiedenen Zeiten Schnappschüsse macht, liegt der aktuelle Wert mal unter und mal über dem Mittelwert. Genau dies macht sich als Rauschen bemerkbar. Hinzu kommt, daß die Elektronenwolke am Gitter ähnlich wie Luft, die durch einen Lattenzaun weht, "verwirbelt" wird und dadurch noch ungleichmäßiger auf die Anode trifft. Dies hat zusätzliches Rauschen zur Folge und ist auch die Erklärung dafür, warum Trioden grundsätzlich rauschärmer sind als Pentoden. Letztere enthalten bekanntlich 2 Gitter mehr als Trioden.
Gute Röhren sind je nach Typ bezüglich des Rauschens bei hohen Innenwiderständen der Signalquelle sicherlich nicht schlecht, aber Sperrschicht-FETs sind im Schnitt einfach noch besser, schlicht weil die Entwicklung nicht vor fast 40 Jahren eingestellt wurde sondern immer noch vorangetrieben wird. Zum Vergleich: Die rauscharmen Spanngitterröhren PC86 und PC88 besitzt ein Rauschen, das einem Widerstand von ca.
240 Ω entspricht, also ca. 2 nV/. Dies gilt jedoch nur für sehr hohe Frequenzen, zu tiefen Frequenzen nimmt das Rauschen drastisch zu. Ein FET des Typs 2SK369 rauscht jedoch mit 0,75 nV/ erheblich weniger, was dem Rauschen eines 35-Ω-Widerstands entspricht, und das auch bei sehr tiefen Frequenzen. Bei niedrigem Innenwiderstand der Signalquelle ist hingegen der Bipolartransistor das Maß aller Dinge, mit dem weniger als 0,5 nV/ zu erreichen sind, was einem Widerstand von 15 Ω entspricht. Man sollte allerdings berücksichtigen, daß man durch unpassende Schaltungsauslegung die Qualitäten selbst des besten Bauelements zunichte machen kann, so daß das Potential eines Bauelements oft nicht ausgeschöpft wird. Wenn ich in manchen Schaltplänen von Gitarrenverstärkern in der Eingangsstufe 68-kΩ-Widerstände in Reihenschaltung mit dem Gitter sehe, frage ich mich schon, ob die Schaltplanentwicklung dem Praktikanten oder gar dem Reinigungspersonal oblag, denn bei diesem Wert rauscht alleine schon dieser Widerstand mit 34 nV/. Die Diskussion sollte man daher nicht auf ein Bauteil beziehen sondern auf die gesamte Schaltung.
Zwei Punkte seien nicht verschwiegen, die zwar nicht direkt unter das Thema Rauschen fallen sondern eher unter Störgeräusche: Erstens sind alle Röhren mehr oder weniger mikrofonisch, d.h. wenn man sie erschüttert, erzeugen sie durch die Relativbewegung zwischen Katode, Gitter und Anode Störgeräusche. Dies ist auch dann der Fall, wenn Schall auf die Röhre einwirkt. Man kann dies testweise provozieren, indem man mit einem Bleistift oder aus Sicherheitsgründen besser mit einem Plastikstab leicht an eine Röhre tippt, was ein mehr oder minder lautes "Plopp" im Lautsprecher zur Folge hat. Bei gleicher Mikrofonieempfindlichkeit ploppt die Eingangsröhre dabei deutlich lauter als eine der nachfolgenden Röhren. Die allseits beliebte und auch in vielen sogenannte High-End-Röhrenverstärkern anzutreffende ECC83 ist im Gegensatz zur gern als "Fernsehröhrenschrott" bezeichneten PC86 oder PC88 keine Spanngitterröhre und folglich ziemlich mikrofonisch. Zweitens ist vor allem bei direktgeheizten Röhren mit Wechselstromheizung ein deutliches Netzbrummen vernehmbar, das man nicht vermeiden kann und das jedes Rauschen übertönt. Bei Halbleitern gibt es solche Effekte überhaupt nicht; sie sind grundsätzlich weder mikrofonisch noch brummen sie.
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