Hm...was ist denn dann der Dominantakkord von H-Mixolydisch?
Den gibt es nicht im eigentlichen Sinne, jedenfalls nicht so, dass er diatonisch in H-mixo bleibt.
Ein wenig ähnlich verhält es sich ja in vielen Moll-Stücken. Da herrscht oftmals äolisch (also natürlich moll) vor, aber für die Dominante wird dann doch ein Akkord bemüht, der nicht zum "Modus" (wenn das hier überhaupt das korrekte Wort ist) passt.
Lass uns doch mal ganz kurz annehmen, das was du bisher geschrieben hast (und wie gesagt, ich habe das auch für eine Weile so geglaubt) wäre in der Tat die gängige Praxis.
Dann wäre ja, wie ich schon erwähnte, wenn wir uns in phrygisch befinden, die Dominante ein Moll7b5 Akkord. Für lokrisch (als Modus an sich zwar vollkommen unwichtig, da es keine Stücke gibt, in denen das als auch nur annähernd stabile Stufe, geschweige denn als Tonika, benutzt wird) würde es gar keine Dominante geben. Oder eben eine, die sich auf der bV. Stufe aufbaut.
Beides halte ich für eher seltsam.
Wenden wir uns dann nochmal dem F#m11 zu. Lass uns für jetzt annehmen, dass das in einer F#m, H7, E(j7) Verbindung in der Tat als Sekundärdominante gilt. Dann würde genau das ja für wirklich jeden Akkord gelten, der sich zu einem anderen Akkord eine Quinte abwärts (oder eben eine Quarte aufwärts) bewegt.
Da nehmen wir dann doch glatt mal eine Standard I-IV Verbindung. In C etwa Cmaj7, Fmaj7. Das Cmaj7 bewegt sich im Quintfall zum Fmaj7 - würde folglich also alle Bedingungen für eine Sekundärdominante erfüllen.
Auch das halte ich erklärungsseitig für höchst fragwürdig.
Wenn ich das in einer (zu benoteten) Analyse so geschrieben hätte, dann hätte es mich jedenfalls nicht gewundert, dafür harte Abzüge zu bekommen.
Ich sehe einen Dominantakkord als funktionelle Einheit an, die in einem harmonischen Kontext zur Tonika führen soll, nicht als bloßes Abzählen von Stufen. Aber das ist wohl Definitionssache.
Naja, im weitesten Sinne stimmt das schon. Nur dass eben nicht unbedingt die Bewegung des Basses um eine Quinte nach unten das wirklich Entscheidende ist, sondern vielmehr die Auflösung der Terz der Dominante in den Grundton der Tonika (oder "Zwischentonika", wenn wir von Sekundärdominanten reden).
Edit: Äh, ich sehe gerade, dass du genau das später so schreibst.
Das führt ja auch dazu, dass bspw. in einem jazzigen Kontext so etwas wie ein Tritonus-Substitut möglich ist, in dem der Basston eben einfach durch die verminderte Quinte ersetzt wird. Das hat dann mit irgendwelchen V. Stufen nicht mehr viel zu tun - also zumindest vom Grundton her nicht mehr.
Ich gehe sogar soweit, zu behaupten, dass im (ionischen) Dur die siebte Stufe mit eben diesem Tritonus aufgrund der Hörgewohnheiten die gleiche Tendenz zeigt. Und jetzt haben wir das Dilemma, plötzlich hat die VII dominantischen Charakter.
Das finde ich persönlich gar nicht dramatisch. Gerade in jazzigen Bereichen ist diese Deutung absolut üblich.
In C: Ein Bm7/b5 stellt einen ganz wunderbaren Ersatz für ein G7/9 dar. Da kann man das G im Bass prima weglassen. Ist auch ein ganz typisches Voicing für Piano und Gitarre (dann eben auch über einem möglichen G Basston). Wie du schon sagst, ist es der Tritonus bzw. auch bereits "nur" die Terz der Dominante, die die stärkste Strebewirkung zur Tonika erzeugt.
Wenn wir das auf die Kirchentonleitern übertragen, dann kommen wir in Nöte. Phrygisch beinhaltet auf dem Akkord dere 5. Stufe diesen Tritonus und zeigt demnach Tendenzen, sich zur VI aufzulösen (die Macht der Gewohnheit), eventuell auch zur IV (Mollparallele der VI).
Sehr treffende Analyse. Das ist auch einer der Gründe, warum es relativ schwer fällt, phrygisch "plausibel" durch diatonische Akkordverbindungen zu "beschreiben" - das Ohr deutet eben einfach zu leicht um.
Ich würde (meine persönliche Meinung) die Gleichsetzung von fünfter Stufe mit Dominante streng nur für (ionisches) Dur annehmen, schon beim (äolischen) Moll gibt es das Problem des fehlenden Leittones in der Terz der fünften Stufe, so dass diese oft erhöht wird, um den dominanten Charakter zu verstärken, was zum harmonischen Moll führt.
Ganz genau so wollte ich es eigentlich weiter oben sagen (ich lasse es dennoch stehen...).
Wie schon gesagt, für mich gilt nach wie vor, dass, ob als "echte" oder Zwischendominante, ein Dominanteindruck eben über einen Durakkord entsteht, in den allermeisten Fällen dann eben noch mit kleiner Septime "garniert" (also als Dominantseptakkord).
- Der Sack