Ich habe Ohm Studio schon vor 1-2 Wochen installiert und ausprobiert.
Hier dazu ein kurzes Review (oder Pre-view) von mir.
Ich glaube es wird großartig werden, sobald es erstmal den Kinderschuhen entwachsen ist.
Dazu ist aber sicherlich noch einiges zu tun.
Gerade eben wieder aufgemacht, es gab ein Update zu installieren... die arbeiten also jedenfalls fleißig an der Entwicklung
Erstmal zur Klarstellung: das Ganze läuft nicht im Browser, sondern man muss natürlich eine Anwendung installieren, und einen Account anlegen.
Sieht wie eine abgespeckte DAW aus, die aber ständig mit dem Internet verbunden ist.
Zuerst kommt man auf eine Seite, auf der man in öffentlichen Projekten stöbern kann, und diese auch vorhören kann.
Bald soll es die Möglichkeit geben, nach Projekten mit einem bestimmten Musikstil zu suchen. Jetzt schon kann man die angegebene Musikrichtung sehen, wenn man auf ein Projekt klickt, jedoch sehe ich noch nicht, wie man die Projekte auch dementsprechend sortieren könnte.
Jedenfalls haben diese Projekte (Songs) mehr oder weniger aussagekräftige (vom Ersteller vergebene) Titel, an denen man sich orientieren kann.
Bei manchen steht auch eine kurze Info dabei, inwiefern eine Kooperation erwünscht ist... z.B., dass Gesang oder Gitarre für den Song benötigt wird.
Bei Gefallen kann man dann das jeweilige Projekt öffnen, und kommt zu einer Ansicht, die dem (Haupt-)Projektfenster in vielen DAWs ähnelt.
Man sieht die einzelnen Spuren, hat Mute- und Solo-Buttons, Volume, Panorama-Regler, usw.
Im Hintergrund werden dabei die Audiospuren nach und nach vom Server in das Projekt geladen.
Midi-Spuren sind sofort verfügbar, und werden durch die in Ohm Studio inkludierten virtuellen Instrumente in Echtzeit zum Klingen gebracht.
Großer Unterschied zu herkömmlichen DAWs: man hat ein Chat-Fenster in Projektfenster integriert, in dem man mit den anderen Usern plaudern kann.
Dabei kann man zwischen dem Prokekt-unabhängigen, öffentlichen Hauptchat wählen, oder dem Projektchat, in dem nur diejenigen User sind, die gerade dieses Projekt geöffnet haben.
Negativ ist, dass man an einem Projekt nicht weiterarbeiten kann, wenn man etwa die Internetverbindung verliert. Das ist mir schon zweimal passiert... dann fliegt man einfach aus dem Projekt raus. Das muss auf jeden Fall verbessert werden.
Bis jetzt scheint es nämlich so zu sein, dass die ganzen Dateien, die zu einem Projekt gehören, nur temporär auf der eigenen Festplatte gespeichert, oder überhaupt nur gestreamt werden.
Leider klingen viele Projekte anders als in der Vorhörfunktion, wenn man sie erstmal aufgemacht hat. Das liegt wohl daran, dass seit dem Zeitpunkt, wo das File zum Vorhören angefertigt wurde, bereits einiges geändert wurde.
Hier heisst es halt einfach probieren, bis man etwas findet, das einem zusagt.
Falls einem also ein Projekt gefällt, kann man nun selber etwas dazu beitragen.
Gitarrenparts aufnehmen, Vocalspuren einsingen, was auch immer... und kurze Zeit später sollte der eigene Beitrag allen Projektteilnehmern zur Verfügung stehen.
Es ist aber nicht so, dass z.B. drei Musiker an unterschiedlichen Orten in Echtzeit gemeinsam etwas aufnehmen können.
Das wäre natürlich der Hammer, dazu ist die Technologie aber einfach noch nicht ausgereift und schnell genug... vielleicht in 10 Jahren
Insofern ist der Slogan "Ohm Studio is the first real-time collaborative digital audio workstation" doch etwas irreführend.
Man kann auch am Mix herumpfuschen, und z.B. Kompressoren einfügen, Tracks stummschalten, Lautstärken verändern, usw.
Das ist meiner Meinung nach noch nicht wirklich zu Ende gedacht. Es kann ja wohl nicht sein, dass jeder der das Projekt aufmacht, einen Mix komplett durcheinanderbringen und zerstören kann.
Der Mix sollte dem Projektstarter vorbehalten sein, oder den Usern, die er dazu ermächtigt (z.B. kann nur der Projektstarter das Projekt löschen).
Aber vielleicht bin ich hier mit der Kritik zu voreilig, ich weiß noch nicht genau, ob all die Änderungen an dem Mix sich auch bei den anderen Usern auswirken, oder nur bei sich selbst. Wenn dem so ist, dann ist dieser Kritikpunkt hinfällig.
Neben den öffentlichen Projekten kann man natürlich auch private Projekte starten, zu denen nur User Zugang erhalten, die man einlädt und dazu berechtigt.
Hier sehe ich das größte Potential für Ohm Studio.
Denn obwohl es sehr interessant ist, in die Projekte anderer Leute reinzuhören, und zu schauen, was andere so machen, habe ich hier doch einige Bedenken.
Wer möchte schon seinen besten Song online stellen, und damit riskieren, dass irgendwelche Leute am anderen Ende der Welt die Musik klauen?
Außerdem stellt sich auch noch die Frage nach dem Niveau der potentiellen Mitstreiter... welches sich sicher nicht immer im gewünschten Bereich bewegen wird
Anders ist es, wenn man Musiker, die man kennt, in ein Projekt einlädt und um Mitarbeit bittet.
Hier liegt der große Vorteil von Ohm Studio darin, dass nicht erst zig Spuren (von mögl. verschiedenen DAWs) hin- und hergeschickt werden müssen. Alle öffnen das Projekt in Ohm Studio, und hören und sehen dasselbe. Klasse.
Ich sehe die öffentlichen Projekte als eine Art "Spielwiese"... sicherlich sehr lustig, mal einen Abend so zu verbringen, aber ob die Ergebnisse wirklich brauchbar werden, steht zumindet zum Bezweifeln.
Aber es kann sicher vorkommen, dass man jemanden trifft, mit dem man dann privat an einem Projekt arbeiten möchte.
In diesem Sinne ist Ohm Studio nicht zuletzt eine Musiker-Kontaktbörse
Für die Bearbeitung und den Mix würde ich aber sicherlich auf eine "richtige" DAW wechseln. Dazu sind die Möglichkeiten von Ohm Studio dann doch etwas zu beschränkt.
Außerdem ist es hier inakzeptabel, wenn man nicht weiterarbeiten kann, weil die Internerverbindung ausfällt.
Ich sehe aber noch nicht die Möglichkeit, alle Spuren exportieren zu können, um sie in einer anderen DAW zu bearbeiten.
Ich finde die Grundidee von Ohm Studio grandios. Ob es sich auf dem Markt durchsetzen kann und Erfolg hat, hängt meiner Meinung nach von mehreren Dingen ab.
Die Kinderkrankheiten werden sicher früher oder später ausgemerzt werden, und auch das ganze Konzept bestimmt noch die eine oder andere Überarbeitung erfahren.
Ganz wesentlich wird die Preisgestaltung sein (das Programm wird nach der Beta-Phase nicht mehr gratis sein).
Sollte sich der Preis im Bereich der etablierten DAWs bewegen, sehe ich eigentlich keine Chance.
Ich denke, ein Preis zwischen 50-100 Euro wäre gerechtfertigt. Ich kann mir aber auch leicht vorstellen, dass es eher ein Abonnement-System werden wird... mit verschiedenen Premium-Accounts; wie man das auch z.B. von Soundcloud kennt.
Eine große Frage ist auch, wie schnell die etablierten DAW-Hersteller auf die Idee eines interaktiven DAWs reagieren, und auf diesen Zug aufspringen.
Also die interaktiven Funktionen und Fähigkeiten von Ohm Studio in ihre Programme integrieren.
Dann würden wohl die meisten ihre gewohnte DAW bevorzugen. Bis nämlich Ohm Studio von den Features mit Cubase oder Logic konkurrieren kann, wird wahrscheinlich eine lange Zeit vergehen. Aber ich denke, das wollen sie auch gar nicht... jedenfalls ist das Konzept ein anderes.
Ich kann nur allen empfehlen, sich die Software mal runterzulanden und auszuprobieren (bes. wo es noch gratis ist), es ist schon sehr interessant und faszinierend.
Mein User-Name ist übrigens auch dort Reflex, falls mal jemand Lust hat, mit mir an einem Test-Projekt herumzuwerkeln