Wenn ich aber sehe, wie viele (vor allem junge) Bands so gar keinen guten Sound auf der Bühne hinkriegen, dann denke ich, wäre ein solches Konzept vielleicht hilfreich - wer weiß?
Meinst Du wirklich, dass das am Pult liegt? Nach mittlerweile 10 Jahren hauptberuflicher Schallereignissortiererei weiß ich mittlerweile ziemlich genau, dass es in der Regel nicht an mir (oder gar am Pult) liegt, wenn eine Band nicht gut klingt, sondern in 99% der Fälle an der Kapelle selbst.
Was einem da ab und an für ein Scherbenhaufen vor die Füße geschmissen wird, grenzt schon an grobe Fahrlässigkeit und/oder Beleidigung - vor allem wenn es dann von $wichtiger_hansel noch heißt "das klingt aber scheiße".
Die Gründe dafür sind leider vielfältig, ansonsten wären sie ja mehr oder weniger einfach abzustellen:
- Mangelnde Instrumentenbeherrschung
- Mies gestimmte Drums
- Schlechte Arrangements, selbst bei "einfachem Covern"
- Zu laute[1] Bühnen, vor allem bei gesangslastigen Genres
- Zu leise[2] Bühnen, vor allem bei gitarrenlastigen Genres
- Zu dichte Arrangements, die im Studio noch durch Automatisierung und drastisches EQing hinzubiegen sind, live aber so nicht umsetzbar sind
- Zu leise "Sänger"
[1] nicht unbedingt (nur) im Sinne absoluter Pegel sondern vor allem undurchsichtig, chaotisch, klanglich unschön. Wie soll ich etwas nach vorne hübsch aufgeräumt mischen, wenn auf der Bühne schon heilloses Durcheinander und Matsch vorherrschen?
[2] Das hatte ich am Wochenende: Punkband einer Musikschule mit durchaus netten Ansätzen. Leider war der Gitarrenlehrer drastisch dagegen, den Master am JCM800 mit der 4x12er so aufzureißen dass er klingt wie ein Marshall. Das wurde dann mittels "these go to 11" beim Gain versucht auszugleichen. Was das bedeutet, kann sich jeder selbst ausmalen.
Für die Nicht-Gitarristen: Dünner, fitzeliger Furzsound - wie so ein Marshall mit zu viel Gain im Zerrbetrieb eben klingt :-/
Unnötig zu erwähnen, dass der arme Gitarrist massiv Gitarre auf dem Monitor brauchte, weil er sich gegen die Beckenschlacht des Schlagzeugers so garnicht mehr durchsetzen konnte.
Die liebsten (und klanglich besten) Bands sind mir die, die maximal Keys, A-Gitarre und Gesang im Monitor brauchen (mal abgesehen vom Drumfill). Die kommen auf die Bühne, biegen ihren Bühnensound bestmöglich hin bis sich damit alle wohlfühlen und brauchen dann nur noch das was fehlt auf den Monitoren. Solche Jungs haben sich aber vorher auch Gedanken darüber gemacht wie sie klingen wollen. Ob die Bühne dann mörderlaut ist, spielt gar keine so große Rolle, sofern die Monitore mitkommen. Die wiederum müssen aber auch keinen Bass, Kickdrum oder basslastige Keyboards wiedergeben, sondern meist "nur" Gesang...
Was ich damit sagen will: Es liegt nicht am Pult wenn eine Band nicht gut klingt. Selbst auf einem billigen alten Misthaufen von Pult kann man eine gute Band noch leidlich zusammenschrauben. Weder eine XL8 noch eine fette alte Europa mit Outboard im Wert eines Oberklassewagens reißen aber eine in sich mies klingende Band wieder raus - egal wie gut die Tonschlampe ist.
Und was dieses Line6-Konzept angeht: Nett, dass sich jemand Gedanken macht wie man es anders machen könnte. Ob das zielführend ist, wird man in der Praxis sehen. Für Tonleute wage ich vorauszusagen, dass es so nicht funktionieren wird. Für Proberaummixes oder kleine Kneipengigs mag das gehen - andererseits wäre es vielen sog. Musikern dringend anzuraten einen Grundkurs Tontechnik zu besuchen. Denn die Benutzung der Ohren und die Umsetzung von Gehörtem in Handbewegungen am richtigen Knopf kann man sehr einfach lernen, wenn man eh schon einen musikalischen Background hat.
_Das_ wäre für mich ein zielführender Ansatz, der auch manchem Musik- bzw. Gesangslehrer gut stünde. Immer wieder muß ich nämlich feststellen, dass oftmals ausgebildete Sänger(innen) keinen blassen Schimmer von der Funktion eines Mikrofons haben, obwohl sie darauf noch mehr angewiesen sind als jeder andere Musiker in der Band...
Jetzt weiß ich nur nicht, welcher Tester (aus dem Musiker-Board) neutral den dem Thema gegenüber und gleichzeitig kompetent genug wäre, sich einem solchen Gerät unvoreingenommen zu nähern und es auch wirklich auf Herz und Nieren testen will? Eher ein Musiker oder ein Mixer oder beides?
Aus meiner Sicht (ich mache ja sowohl Ton wie Musik) wäre jemand hilfreich, der die technische Kompetenz am "normalen" Pult hat, gleichzeitig aber auch in der Lage ist, sich in einen "nur-Musiker" hineinzuversetzen.
Interessant anzuschauen wäre das Ding sicherlich, allerdings wüsste ich nicht, ob ich in der Lage wäre, sowas wirklich unvoreingenommen und aus reiner Musikersicht zu beurteilen.
Denn mein Anliegen ist es ja nun eher, dem gemeinen Musiker[tm] die Tontechnik zumindest soweit näher zu bringen, wie nötig ist um mit ihm eine gemeinsame Kommunikationsbasis zu bekommen.