Was ist "drücken"?

  • Ersteller Cörnel
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Wenn das drücken auf einer Neigung zur Verbrustung basiert arbeite ich zunächst von der Kopfstimme aus. 1. Atemverbindung, 2. Resonanzöffnung, 3. Vokalüberformungen in der Kopfstimme.

Mache ich auch so.
Bezüglich Reid kann ich leider nicht mitreden - ich kann mit der Methode einfach nichts anfangen. Würde ich nach Reid üben, dann hätte ich das Singen wahrscheinlich innerhalb weniger Wochen verlernt. Das ist absolut nichts für mich - ebensowenig wie Estill oder auch Sadolin. Paßt einfach nicht, überzeugt mich auch nicht sonderlich - aber ich habe nie abgestritten, daß ihre Methoden für andere wie ein Handschuh passen mögen !
 
Ich glaube es gibt einen wesentlichen Unterschied in der Herangehensweise an Gesangsunterricht:
Ein funktionaler Lehrer hört den Schüler, denkt: Aha, Muskel xyz arbeitet überfunktional, also animiere ich mal Muskel abc. Egal ob das nachher dem Song dient, denn was soll er da mit dem unkoordinierten isolierten Falsett nach Reid? ;-)

Ich mache das so nicht. Ich höre z.B. meine Schülerin, wie sie "Dream a little dream" singt. An der Stelle, wo sie in die Höhen geht ("Stars fading") merke ich, daß sie die Bruststimme hochzieht und drückt. Sie findet die Kopfstimme nicht. Ich mache also eine Übung mit der Linie aus dem Song auf jo jo. Das funktioniert schon besser. Geht aber nicht auf "stars" weil das a aus dem Klang rausfällt. Also gebe ich ihr erst einmal eine Vokalübung mit u-o-a, damit sie lernt, daß a im u-Raum bleiben soll. Gleichzietig lasse ich sie immer wieder die Atembewegung und die Atemdynamik beachten (Verbindung schaffen und genau abspannen!).
 
Hä ??? Ich verstehe nicht ganz... "von oben ansetzen" kann auch bedeuten: kopfig ansetzen (und auch bei randstimmigem Ansatz könnte man den Ton anschleifen - nämlich dann, wenn die Intonation nicht stimmt und man den Ton erst suchen muss).
Von daher fand ich Vladas Frage durchaus missverständlich bzw. zweischneidig.
Ist sie auch.
 
Was man tun sollte, um dem Schüler das drücken "auszutreiben" hängt glaube ich immer auch ein wenig vom Klangideal und vom Schüler selbst ab. Wenn man primär auf "sanfte Übergange" wert legt, eignet sich die "von oben Ansetzen"-Methode ganz gut, also in der Kopfstimme starten und die "Dünnheit" der Kopfstimme mit runter nehmen in den Brustbereich. Das sorgt für eine sehr ausgeglichene, weiche Stimme.

Nun ist das aber vielleicht nicht unbedingt das, was man möchte. Mein persönliches Klangideal ist es z.B. zu jeder Zeit so viel Bruststimme wie noch gerade eben möglich (ohne zu Drücken) mitzunehmen. In einem anderen Thread hat Marko geschrieben meine Belts hören sich fast schon nach "pushing chest" an, was genau daher kommt. Wenn man das als Ideal hat, ist es u.U. besser sich auf den konstanten Luftstrom zu konzentrieren, bzw. die Stütze zu erhöhen, anstatt die Schwungmasse zu verringern.

Ist letztlich etwas Ansichtssache, aber meiner Meinung nach macht gerade die Brustresonanz den "Charakter" einer Stimme aus. Es hat schon seinen Grund, warum man öfter hört: "Heutzutage hören sich fast alle klassischen Soprane gleich an.". Der Grund ist, sie singen alle mit dem gleichen Klangideal (=ähnliche Technik) und singen fast ohne Brustanteile (=wenig stimmeigene Charakteristik).

Ähnliches gilt für den typischen "Boygroup-Gesang". Extrem dünn und kopfig = extrem austauschbar.
 
@antipasti und sing-it

Wegen Unterforum für Diskussion der detaillierten Abläufe beim singen: ok, sehe ein, dass das etwas übers Ziel hinausschiessen würde und schwierig zu handeln wäre.
Hatte die Idee, weil diverse sagten, dass sie solche Beiträge dann einfach nicht mehr lesen und das ist ja auch etwas schade. Denn zwischen dem ganzen "Fachkram" stehen ja auch immer wieder für die "normale" Sing-Praxis interessante Dinge, die dann halt auch überlesen werden.


Ist letztlich etwas Ansichtssache, aber meiner Meinung nach macht gerade die Brustresonanz den "Charakter" einer Stimme aus. Es hat schon seinen Grund, warum man öfter hört: "Heutzutage hören sich fast alle klassischen Soprane gleich an.". Der Grund ist, sie singen alle mit dem gleichen Klangideal (=ähnliche Technik) und singen fast ohne Brustanteile (=wenig stimmeigene Charakteristik).

Interessante These. Aber glaubst du wirklich, dass das wegen "ohne/wenig Brustanteil" ist? Dann müssten sich doch im Gegensatz dazu die klassischen Männerstimmen alle deutlich von einander unterscheiden. Das tun sie meiner Meinung nach aber bei weitem nicht immer. Ich glaube es ist eher der 1. Punkt: ziemlich klar festgesetzt, was gute Technik ist und daraus resultierend ein relativ eng definiertes Klangideal (mit Abweichungen je nach Epoche)

Ich höre (schon rein übungshalber) sehr viel klassische Soprane und finde die individuellen Unterschiede (je nachdem auch ganz unabhängig vom technischen Stand) zT. schon sehr ausgeprägt.


Hier mal 2 ganz extrem unterschiedliche Sopranistinnen (Jessye Norman und Emma Kirkby)

http://www.youtube.com/watch?v=do5ZmQQM8AE

http://www.youtube.com/watch?v=S7YdZuFTjpo

oder der Vergleich innerhalb gleichem Stück (nochmals Kirkby und Renée Fleming)

http://www.youtube.com/watch?v=NTiAuKoM0sE

http://www.youtube.com/watch?v=7w3ADto7kDM

Und auch wenn die Unterschiede nicht immer so stark sind, das individuelle Timbre etc. ist doch oft deutlich wahrnehmbar :)
Ist vermutlich auch noch eine Frage der Hörgewohnheit, resp. je mehr man sich damit beschäftigt, umso deutlicher wahrnehmbar sind die verschiedenen Stimmcharakter.
 
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Denn zwischen dem ganzen "Fachkram" stehen ja auch immer wieder für die "normale" Sing-Praxis interessante Dinge, die dann halt auch überlesen werden.

Vorschlag: man kann ja erstmal abwarten. Eventuell später über einen Anfänger / Fortgeschrittenensub nachdenken. Je nachdem, wie quer es hier künftig zugeht.

Bis dahin würde ich einfach jeden erfahreneren User darum bitten, ein wenig darauf zu achten, an wen sich seine Antwort (damit meine ich den TE) richtet und sie dementsprechend zu formulieren. Also zB eher mal ne praktische Übung empfehlen als ne Hausarbeit zu schreiben.

In diesem Fall hier finde ich es völlig ok.
 
Ist letztlich etwas Ansichtssache, aber meiner Meinung nach macht gerade die Brustresonanz den "Charakter" einer Stimme aus. Es hat schon seinen Grund, warum man öfter hört: "Heutzutage hören sich fast alle klassischen Soprane gleich an.". Der Grund ist, sie singen alle mit dem gleichen Klangideal (=ähnliche Technik) und singen fast ohne Brustanteile (=wenig stimmeigene Charakteristik).
Ich denke, Hörgewohnheiten sind ein wesentlich bedeutsamerer Grund. Wer viel Rock und Pop hört, ist einen vollstimmigen Klang gewohnt und kann daher auch schon Kleinigkeiten gut differenzieren. Im Vergleich dazu klingt ungewohnter randstimmiger Gesang stets "gleich". Ganz anders sieht es aber aus, wenn man begeisterter Klassikhörer ist.

Das, was man selbst gut kennt, kann man auch deutlich besser abschattieren. Bei Höreindrücken, mit denen man sich nicht auskennt, überwiegen in der Wahrnehmung erstmal die Gemeinsamkeiten, weil einem für die feinen Unterschiede die Erfahrung fehlt.


Im direkten Vergleich wie in Tonjas Links finde ich die Unterschiede schon deutlich. Aber wenn man hier und da mal was klassisches hört, dann klingt es - im Vergleich zum ansonsten vielleicht Rock geprägten Musikgeschmack - natürlich jeweils recht gleich. ;)
 
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Ich denke, Hörgewohnheiten sind ein wesentlich bedeutsamerer Grund. Wer viel Rock und Pop hört, ist einen vollstimmigen Klang gewohnt und kann daher auch schon Kleinigkeiten gut differenzieren. Im Vergleich dazu klingt ungewohnter randstimmiger Gesang stets "gleich". Ganz anders sieht es aber aus, wenn man begeisterter Klassikhörer ist.

Das, was man selbst gut kennt, kann man auch deutlich besser abschattieren. Bei Höreindrücken, mit denen man sich nicht auskennt, überwiegen in der Wahrnehmung erstmal die Gemeinsamkeiten, weil einem für die feinen Unterschiede die Erfahrung fehlt.


Im direkten Vergleich wie in Tonjas Links finde ich die Unterschiede schon deutlich. Aber wenn man hier und da mal was klassisches hört, dann klingt es - im Vergleich zum ansonsten vielleicht Rock geprägten Musikgeschmack - natürlich jeweils recht gleich. ;)

Ja, die Hörgewohnheiten machen schon extrem viel aus. Ich hab ja auch nicht geschreiben, dass ich persönlich das finde, sondern nur, das man es häufig hört/liest. Aber unabhängig von den Hörgewohnheiten würde ich schon sagen, dass ein Klassik-Hörer weit weniger Schwierigkeiten hat, zwei (brustig-singende) Pop-Sänger auseinander zu halten, als ein Pop-Hörer Schwerigkeiten hat, zwei klassische Soprane auseinander zu halten.

Zu den klassischen Männerstimmen muss ich sagen: Die singen in der Klassik ja doch auch sehr kopfig, zudem eben auch mit der gleichen Technik, und sind daher häufig auch schwer auseinander zu halten, aber etwas leichter als die Frauen finde ich.
 
Das, was man selbst gut kennt, kann man auch deutlich besser abschattieren. Bei Höreindrücken, mit denen man sich nicht auskennt, überwiegen in der Wahrnehmung erstmal die Gemeinsamkeiten, weil einem für die feinen Unterschiede die Erfahrung fehlt.

Ganz genau!

Und hängt zT. auch noch damit zusammen, dass man v.a. das viel hört, was man gerne mag. Und wenn man etwas mag, ist man i.d.R. auch automatisch bereiter, sich intensiv auf etwas einzulassen.


Zu den klassischen Männerstimmen muss ich sagen: (...) und sind daher häufig auch schwer auseinander zu halten, aber etwas leichter als die Frauen finde ich.

Ah siehst du! Mir geht es genau umgekehrt. Zwar mag ich die Männerstimmen durchaus, dieser Punkt (siehe oben) spielt also hier keine Rolle ;). Aber ich lerne die meisten meiner Stücke, indem ich sie zuerst einfach mal ganz oft höre (in verschiedenen Interpretationen). Und da ich halt doch nicht sooo häufig Tenor- oder Bass-Arien singe :D (obwohl so ein Sarastro, der hätte schon was :cool:) überwiegen halt die Frauen.
 
Ganz genau!

Und hängt zT. auch noch damit zusammen, dass man v.a. das viel hört, was man gerne mag. Und wenn man etwas mag, ist man i.d.R. auch automatisch bereiter, sich intensiv auf etwas einzulassen.




Ah siehst du! Mir geht es genau umgekehrt. Zwar mag ich die Männerstimmen durchaus, dieser Punkt (siehe oben) spielt also hier keine Rolle ;). Aber ich lerne die meisten meiner Stücke, indem ich sie zuerst einfach mal ganz oft höre (in verschiedenen Interpretationen). Und da ich halt doch nicht sooo häufig Tenor- oder Bass-Arien singe :D (obwohl so ein Sarastro, der hätte schon was :cool:) überwiegen halt die Frauen.

Ja, ist hier wirklich schwierig zuzuordnen, ob es in der Klassik vielleicht doch primär an der (fast) gleichen Technik bei allen liegt. Aber auch in der Rock/Pop-Musik habe ich deutlich größere Schwierigkeiten Sänger(innen) zu unterscheiden, die sehr kopfig singen. Die sind für mich dann häufig leichter durch die Technik zu unterscheiden als durch das jeweilige Timbre oder die Stimmcharakteristik. Bei brustig singenden Leuten kann ich z.B. sofort sagen, ob das jetzt Johnny Cash, Nick Cave oder Frank Sinatra ist. Aber z.B. in einem typischen Power-Metal-Stück kann ich kaum sagen, ob es sich z.B. um Michael Kiske oder Tobias Sammet oder Joacim Cains oder den Typen von Stratovarius handelt, jedenfalls so lange nicht wie sie in der hohen Falsett-nahen Lage singen. Sobald der Sänger runterkommt in den Brustbereich, kann ich schnell sagen, um welchen der vier es sich handelt. Früher geht es nur, wenn ich bestimmte Techniken erkenne, die einer von denen vielleicht bevorzugt einsetzt.
 

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