Neu, "Marie" Kritiken und Meinungen erhofft

  • Ersteller LunaMoon
  • Erstellt am
LunaMoon schrieb:
denn nur in deinem letzten Posting klingst du für mich wie ein Mensch.

na, das ist immerhin ein Anfang :)

Und nun zu den angenehmeren Dingen!

Ciao
 
Vorweg: ich kenne negative Kritik, die sich vernichtend anfühlt. Weniger in Bezug auf Texte, sondern mehr beim Gesang. "Du wirst niemals singen können", "Klavier kannst du, aber singen - naja" oder "Also, du weißt schon selbst, dass das grad furchtbar war?" - Dinge, die mir von Menschen gesagt wurden, die mir sehr nahe stehen und wichtig sind. In meinem ersten Jahr Gesangsunterricht habe ich tatsächlich kaum Fortschritte gemacht, weil ich mit dieser Kritik nicht umgehen konnte, sie nicht verstand.

Ich weiß also wie es ist, wenn etwas, was dir wichtig ist, von anderen "zerrissen" wird. Du bist wütend, du bist traurig, du schimpfst gegen die blöden Kritiker - und tief drinnen zweifelst du an dir selbst, ob es nicht alles wahr ist, um du nicht wirklich viel schlechter bist du als du glaubst.

Doch was macht "destruktive Kritik" eigentlich aus? Ich denke nicht, dass man hier eine klare Grenze ziehen kann. Natürlich, es gibt jene Leute, die bewusst ätzend antworten, die tatsächlich nur Negatives sagen und gar keine Vorschläge bringen, wie es besser gehen könnte. Das ist aber das Extrem - normalerweise haben die Leute keine bösen Absichten. Ich hatte vor kurzem mein erstes Konzert mit meiner Band und bekam von jemandem als Feedback: "Naja, schon gute Sachen, aber die hohen Töne klingen komisch - bei manchem Lied war's schwer auszuhalten." Das hat natürlich gesessen, das habe ich auch gespürt - auch wenn er tatsächlich allgemein das, was wir tun, gut fand (er war einer der Ersten, die nach dem Konzert uns auf Facebook geaddet haben).

Ich glaube, dass die Intensität von Kritik stark von einem selbst abhängt - ob man versteht WER kritisiert, WIE er dazu kommt und WARUM er es dir überhaupt sagt. Wenn meine Gesangslehrerin mir während einer Unterrichtseinheit sagt "Sebastian, das war grad scheiße", dann steht das in einem völlig anderen Kontext, als wenn ein Laie mir das beim Konzert sagt. Sie sagt das, weil sie genau weiß, was scheiße war und wird es mir erklären - der Laie hat das auch dem Bauch heraus gespürt, dass was nicht gepasst hat. Er kann gar nicht genauer sagen, was ihn stört und was nicht - irgendwie kam es bei ihm falsch an. Meine Gesangslehrerin kritisiert dafür Details, welche einem Laien kaum auffallen - so unterschiedliche Dinge können also in der selben Aussage transportiert werden, je nachdem von wem es kommt.

Ich habe über die letzten Jahre gelernt, meine Texte, meine Stimme, meine sonstigen Instrumentalfähigkeit einer offenen Kritik auszusetzen, und mein Umgang damit wird immer besser. Ich kann immer mehr daraus gewinnen und kann leichter unterscheiden, bei wem es sich lohnt nachzufragen, und bei welchen Leuten nicht. So hat eine liebe Freundin von mir, die mir immer ehrlich gesagt hat, dass sie meine Musik nicht mag (sie hört eher Lady Gaga und Pitbull) mir irgendwann gestanden, dass sie sich immer blöd vorkam, wenn sie Musik ernsthaft kritisieren soll, weil ihr eingeredet worden war, dass sie keinen Musikgeschmack hätte. Als sie sich dann schließlich überwunden hat und mir z.B. bei einem Stück gesagt hat "Das klingt irgendwie komisch, bei anderen Sachen ist deine Stimme echt gut, aber da nicht" - da hab ich erkannt, dass ich das Stück runtertransponieren musste, weil ich es einfach nicht für meine Stimmlage geschrieben hatte (was mir, wie ich dann auch weiter sah, öfter passiert).

Dadurch traue ich mich inzwischen, vor praktisch jedem Publikum meine Lieder vorzutragen - wenn z.B. auf einer Party die Leute kurzzeitig die Musik leiser machen, damit ich mit meiner Gitarre eine Ballade vorspielen kann und sie dann gleich die Musik lauter drehen, ohne es zu kommentieren, weiß ich: "Okay, klar, die Leute waren nicht so eingestimmt darauf - aber da wäre noch mehr drinnen gewesen, ich hab sie einfach nicht genug gepackt!"

Ich hoffe, du hast aus diesem Thema etwas mitnehmen können für künftige Kritik. Ich hoffe, du gehst nicht im Allgemeinen davon aus, dass Menschen böswillig sind, sondern dass das ein Extrem ist (genau wie der superkonstruktive Kritiker, der sich Stunden Zeit nimmt, auf dich und dein Werk einzugehen). Vielleicht wirst du es dann schaffen, einen Text zu schreiben, wo einem einfach nur der Mund offen steht und man nichts sagen kann - weil das einfach perfekt passt.

Viel Glück auf diesem künstlerischen Weg. :)

Nachtrag: Inzwischen bekomm ich unaufgeforderte Komplimente für meinen Gesang, auch von Laien - jetzt verstehe ich, dass die Leute damals sich einfach nicht vorstellen konnten, wie viel man sich erarbeiten kann. ;)
 
Hi lieber Mondluchs, sicher bist Du auf der Suche nach verallgemeinerbaren Aussagen
Mondluchs schrieb:
Ich weiß also wie es ist, wenn etwas, was dir wichtig ist, von anderen "zerrissen" wird. Du bist wütend, du bist traurig, du schimpfst gegen die blöden Kritiker - und tief drinnen zweifelst du an dir selbst, ob es nicht alles wahr ist, um du nicht wirklich viel schlechter bist du als du glaubst. (Hervorhebung: Jongleur)
Und wegen dem vermutlichen allgemeinen Interesse antworte ich.

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ZUNÄCHST: Kritik nervt!

Ja! Tief drinnen fürchten wir, die Kritik könne stimmen, jedenfalls für bestimmte Publikums-Gruppen. Ein furchtbares Gefühl... und es gibt mMn keinen Autoren, der diesem Kreislauf (tiefe Verbundenheit beim Schreiben --> Veröffentlichung --> Kritik--> Selbstzweifel) entkommen kann. - Viele Profis lassen ihre Partner als Erste Kritiken lesen und sich danach nur die positiven zeigen. Ich übrigens auch. In bestimmten Phasen.

Ich las vor einigen Wochen ein sehr interessantes Buch von Lyrikern über die Entstehung von Gedichten. Am meisten verblüffte mich, wie wichtig diese Lyriker die Phase NACH der Veröffentlichung nahmen. Man fällt plötzlich in ein tiefes Loch. Der Gedichtband erscheint einem plötzlich nur noch als ein paar gebundene Papierseiten mit ein paar Wörtern drauf. - Als etwas, was ein Kind schon kann. Man fühlt sich plötzlich reif fürs Aufhören. Wieder und immer wieder... Wie kommt das?

Wir schreiben, um unseren Unzulänglichkeiten zu entkommen ---> haben ein vorübergehend auch wirklich ein Hochgefühl der Hoffnung und.... landen anschließend NATÜRLICH wieder bei unseren Unzulänglichkeiten.

Meine Meinung: Schreiben befreit ähnlich dem Gang zur Toilette.... und auch der verändert uns bekanntlich nicht grundsätzlich! Nur ist der Gang zur Toilette immer höchst privat und das Schreiben oft nicht.

UND... die Technik, uns von unseren inneren Drücken schreibend zu befreien, lässt sich verbessern. Bestenfalls so, das uns die Befreiung zusätzlich Geld und/oder Anerkennung und/oder Ruhm einbringt.

Und in DIESEM Sinne kann uns Kunst und Kunstmachen auch verändern. - Über Geld und Ruhm will mich in unserem Zusammenhang nicht weiter auslassen.

Aber die Anerkennung erfordert Kommunikation mit anderen Menschen. Vielleicht sehen die meisten jetzt Beifall, Gespräche nach dem Konzert, Gästebucheinträge, Meinungen in Facebook oder youtube.-
Ich möchte aber mit dem engsten Partner beginnen. Schon dem zeigt man manchmal seine Zeilen nicht mehr (oder nicht mehr gern), wenn er nur mit einem verlegenen "naja..." reagiert. Oder?
Und dann die geschäftlichen Partner: Bandkollegen, befreundete Kollegen, Produzenten, Vertrieb, Journalisten.... Puuuh
... überall lauert der Ansch...:D Also: ICH verstehe jeden, der sich gegen meine Kritik wehrt! ;)--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

ABER: Kritik ist unverzichtbar für den Lernprozess!

Der Ein Mensch benutzt die Kommunikation grundsätzlich dazu, seine Standpunkte zu verbreiten und zu verteidigen. Und wenn er unflexibel ist,... bleibt er in diesem Prozess auf einer bestimmten Stufe stehen. Wird zu einem "ach der schon wieder". - Ein Einrosten, welches man mit der Zeit zu spüren bekommt.

Kommunikation verlangt also einen Lernprozess, damit man im Gespräch bleibt... falls man das wünscht. - Und hier setzt mein positives Verhältnis zur Kritik an.
Ich beispielsweise bin mir SICHER, dass mein Lernprozess hauptsächlich negative Kritiken gekoppelt war und ist. Ein bekannter Journalist schrieb mal (vor vielen Jahren) über ein Konzert, in dem ne Menge meiner Texte vor kamen: ....diese völlig unpoetischen Texte.... DAS tat vielleicht weh! Und schmerzt ein klitzkleinwenig immer noch.
Aber ich habe mich in den anschließenden Jahren intensiv damit beschäftigt, was Poesie ist. Und DAS war der eigentliche Effekt dieser vernichtenden Kritik (falls ich sie überhaupt richtig verstanden habe). Später wurde ich in der gleichen Zeitung mal "Dichter" genannt. Leider von einem anderen Journalisten.;)

So, und deshalb kritisiere ich. Ich setze auf den positiven Langzeiteffekt. Und wenn ich den Eindruck habe, der Langzeiteffekt wird gar nicht gesucht, oder mein Tonfall führt dazu, dass der Betreffende gar nicht in Ruhe lesen kann, ziehe ich mich höflich und durchaus auch verständnisvoll zurück.
 
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