Völlig richtig. Man sollte nie nur einer Publikation Glauben schenken. Man sollte durchaus mehrere Meinungen lesen.
Allerdings: man kann lesen, soviel man will - ein Urteil kann man sich erst erlauben, wenn man
selbst ausreichend Erfahrungen auf dem betreffenden Gebiet gemacht hat. Alles Lesen kann diese Erfahrungen nicht ersetzen.
Wer - wie Pleasure Seeker - allerdings nur 3 Gitarren sein eigen nennt, kann objektiv nicht über die Erfahrungen verfügen, die notwendig sind, um o.g. Zusammenhänge auch nur ansatzweise beurteilen zu können. Über dieses Manko hilft kein angelesenes Halbwissen dieser Welt hinweg.
Eine Gitarre ist ein System aus
sich wechselseitig beeinflussenden Schwingungssytemen. Wer behauptet, das verwendete Holz würde in diesem System keine oder kaum eine Rolle spielen, der hat von der Materie aufgrund mangelnder Erfahrung einfach keine Ahnung. Das ist an sich nicht weiter schlimm, nur sollte man in diesem Fall sein angelesenes Halbwissen nicht permanent und bei jeder Gelegenheit herausposaunen. Das ist nämlich für die Beteiligten auf Dauer recht anstrengend.
Absatz. Ortswechsel.
Ich habe 1990 einen Gitarrenkorpus aus einen Holz gebaut, das eigentlich nie für E-Gitarren verwendet wird. Es war das mit Abstand härteste Holz, das damals für mich verfügbar war. Es hat mich einfach interessiert, wie sehr sich die Härte des Holzes auf den Klang solch einer Gitarre auswirken kann. Bei dem Holz handelte es sich um Weißbuche - das Zeug gehört zu den härtesten heimischen Hölzern und ist zB. deutlich härter als Ahorn.
Im Ergebnis hatte ich eine Gitarre, die sich in ihren Eigenschaften deutlich von meinen anderen Gitarren unterschied. Der Einfluß des Korpusholzes in Bezug auf Ansprache, Klang und Sustain war derart stark, daß es den Charakter der Gitarre völlig dominierte. An diesem grundsätzlichen Charakter änderte sich auch durch Verwendung anderer Tonabnehmer und Brücken vergleichsweise wenig.
Ein paar Jahre später wollte ich dann herausfinden, wie groß der Einfluß verschiedenen Hölzer auf den Charakter einer Strat ist. Also baute ich mir nach und nach eine Versuchsreihe auf: Vier Strats mit
identischer Elektronik (Häussel Classic Alnico 2) und Hardware. Ich habe Bodys und Hälse auch munter untereinander getauscht. Zum Schluß ergab sich folgende Kombination: 2 Strats Erle mit Ahornhals und Palisandergriffbrett, eine Strat Sumpfesche mit Ahornhals und eine Strat mit chambered Erle-Body (Warmoth) und Ahornhals mit Palisandergriffbrett.
Fakt ist, alle Strats unterscheiden sich deutlich wahrnehmbar voneinander, jede hat ihren eigenen Charakter. Man sollte glauben die beiden Erle/Palisander-Strats würden sich stark ähneln - das ist mitnichten so. Die mit dem etwas kräftigeren Hals ist deutlich bissiger, direkter, drahtiger - die anderen in Ansprache und Sound viel weicher und zurückhaltender. Noch sehr viel deutlicher unterscheidet sich die Esche-Ahorn-Strat von diesen beiden. Sie ist wesentlich höhenlastiger, hat spürbar weniger Mitten und dafür stärkere Bässe. Ihr Höhengeklingel kann im Vergleich zu den beiden anderen schon manchmal nerven. Und sie ist deutlich dynamischer und auch schneller/direkter in der Ansprache.
Etwas überraschend sind die Eigenschaften der Erle/Palisander-Strat mit dem chambered Warmoth-Body.
http://www.warmoth.com/Guitar/Bodies/Strat/ChamberedStrat.aspx
Sie ist in Sachen Sound, Dynamik und Ansprache deutlich dichter an der höhenlastigen, bissigen Esche-Strat als an den beiden Erle-Strats. Und sie ist allen anderen Strats in Punkto Sustain
weit überlegen.
Aus diesen meinen
Erfahrungen ziehe ich folgendes Fazit: Saiten- und Korpusschwingungen beeinflussen sich bei einer Brettgitarre in erheblichem Maße wechselseitig. Diese wechselseitige Beeinflussung wird maßgeblich auch von den Eigenschaften der verwendeten Hölzer beeinflußt und ist prägend für den Charakter des jeweiligen Instruments, für dessen Ansprechverhalten, Klang und Sustain.
@Rockin Daddy: Bitte die Diskussion in Richtung Biergarten verschieben. Danke.