hrawth
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Lieber Trommel(kauf)neuling,
herzlich willkommen zur dritten Ausgabe meines Beratungsrundumschlags! Du bist hier richtig, wenn Du die erste Probierphase hinter Dir hast und nun absolut sicher bist, dass ein eigenes Set her muss, der riesige Equipmentmarkt Dich aber noch überfordert. Dieser Thread soll dir einige Grundlagen vermitteln, mit deren Hilfe Du Dir eine Grundausstattung kaufen kannst, an der Du lange wohlklingenden und sicheren Spielspaß haben wirst.
Seit meinem ersten Rundumschlagsversuch hat sich viel getan, deshalb habe ich alles so weit wie möglich den aktuellen Erfordernissen und Marktentwicklungen angepasst. Glücklicherweise gelten gewisse Grundregeln immer noch, was sich wohl so schnell auch nicht ändern wird. Bevor Du also den hunderttausendsten Thread à la "Welches Set für am besten gratis?" aufmachst und dafür einen Haufen Buh-Rufe und viele mehr oder weniger zielführende Produktempfehlungen erntest, lass' Dich von den folgenden Ausführungen desillusionieren.
1. Geduld, junger Padawan! Oder: Noch viel lernen Du musst.
2. Hilfe kann man sich nicht nur im Internet, sondern auch im wirklichen Leben holen! Da wir hier aber nun mal im Internet sind: die FAQs für Drum-Anfänger!!!
3. Wer am falschen Ende spart, zahlt drauf! Vergiss den Neukauf einer Komplettausstattung mit weniger als 1200 Euro!
4. Don't believe the Hype! Auf Deutsch: Lass Dich nicht vom Werbegewäsch der großen Marken und deren Endorser verarschen!
Nachfolgend die ausführliche Erläuterung dieser doch recht allgemein gehaltenen Axiome unter Berücksichtigung des Themas "Komplettset-Neukauf mit niedrigem Etat".
1a. Auch wenn's Dich noch so sehr zieht und zerrt: Ein Drumset (erst recht mit allem Drum und Dran) kauft man nicht "mal eben so". Falls doch, bezahlt man entweder gleich zu viel oder erst zu wenig und in der Konsequenz zu viel -> vgl. Punkt 3 und 4d. Nimm dir also alle Zeit, die du brauchst, zum Recherchieren im Netz, zum Nachfragen bei befreundeten Drummer(inne)n und zum Testen in Musikläden!
1b. Hast Du die Suchfunktion benutzt? Ich meine, wirklich und richtig benutzt? Hast Du die von ihr ausgespuckten Threads plus die FAQ gelesen? Ich meine, wirklich und richtig gelesen? Also nicht nur den Titel überflogen, "Meh, ist nicht genau mein Thema" gedacht und wieder weggeklickt, sondern mit eingeschaltetem Hirn durchgelesen?
Solltest Du das nämlich bereits getan haben, wird Dir das meiste des nun folgenden Textes bekannt vorkommen – herzlichen Glückwunsch, Du gehörst nunmehr zum erlauchten Kreise der Halb-Ahnungslosen! Lies trotzdem weiter!
Solltest Du das noch nicht getan haben, dann tu es! Jetzt! Dann komm wieder hierher und lies weiter!
1c. Ein Punkt, der mit in den Bereich von 4a (s. u.) hineinreicht, ist die Grundsatzentscheidung, wie groß die Bassdrum sein soll. Viele Erwachsene, auch solche, die nicht unbedingt hochgewachsen sind, treffen diese Entscheidung vorrangig nach akustischen und/oder optischen Gesichtspunkten, denn – so der mutmaßliche (eigentlich: schon oft von Trommelkollegen gehörte) Gedankengang – eine Stoner-Rock-Schießbude mit einer 20“-Kick sieht nun mal nicht standesgemäß aus und klingt auch eher nicht danach, von daher muss es dafür schon eine 24“er oder gar 26“er sein.
Für ein Kind oder einen jungen Heranwachsenden sieht das schon anders aus, denn wer sich in diesem Entwicklungsabschnitt mit Toms und Becken herumquält, die wegen der zu großen Kick zu hoch aufragen bzw. zu weit weg stehen, riskiert Verspannungen, Sehnenscheidenentzündungen, Rückenschmerzen und Haltungsschäden, vom fehlenden Spaß wegen der fehlenden Ergonomie ganz zu schweigen. Ich selbst kenne sogar einige erwachsene Drummer, die auf Konventionen pfeifen und auch Rock, Stoner und Metal mit einer 20“-Kick spielen, weil es für sie vom Aufbau einfach besser passt.
Kläre für dich also unbedingt vor allen weiteren Kaufentscheidungen, bis zu welcher Kick-Größe du noch bequem an alle Set-Bestandteile rankommst!
2. Als Neuling ein Set zu kaufen, ist auch nach der Beratung durchs Musiker-Board noch eine enorme Herausforderung. Dafür darfst bzw. solltest Du Dir einen Eingeweihten mitnehmen! Theoretisch könnte dieser ja auch gleich nach dem Kauf mit nach Hause kommen und Dir beim Aufbauen und Stimmen helfen...
Achtung: Nicht alle Musikalien-Verkäufer sind Fachmenschen, und auch so mancher fachlich versierte Verkäufer ist eher an Deinem Geld als an Deinem Wohl interessiert! Fachkompetente Verkäufer, die langfristig an Dir als zufriedenem Kunden interessiert sind, vermeiden z. B. Tipps, die Equipment wie das in Punkt 4d beinhalten – aber auch die werden Dich nicht davon abhalten, das zu kaufen, wenn Du Dich unbelehrbar gibst.
Also nochmal: Nimm jemanden mit ins Geschäft, der sich mit der Materie auskennt (wie z. B. Schlagzeuglehrer, befreundete oder gar verwandte erfahrene Trommler etc.)!
3a. Wie überall im Handel gilt auch und insbesondere für Musikinstrumente: Qualität kostet! Man kann günstig kaufen, aber wer zu billig kauft, kauft zweimal! Und wem der hier empfohlene Etat für Drumkit, Becken, Stative, Hocker und Sticks zu hoch ist, dem kann man nur sagen: Sei froh, dass Du heute und nicht vor dreißig Jahren das Tommeln anfängst! Für das, was man heutzutage an Gegenwert für so ein Budget bekommt, hätte man damals einen Kleinwagen kaufen können. Ergo: Nicht am falschen Ende sparen, sondern freuen, dass man heute für so wenig Geld so gutes Start-Material bekommen kann!
3b. Wenn es denn unbedingt alles auf einmal via Neukauf sein soll, sind derzeit 1200 Euro das absolute Minimum. Ansonsten drohen langfristig Rückenschmerzen bzw. -schäden wegen minderwertiger Sitzgelegenheiten und Frustrationserlebnisse wegen schlecht funktionierender Hardware, kaum stimmbarer (und deswegen grausig tönender) Trommeln sowie noch mieser klingender Becken. Oder aber es muss in nicht allzu ferner Zukunft erneut Geld in die Hand genommen werden, um die o. g. Missstände zu beseitigen. Wer also diesen Minimalbetrag nicht aufbringen kann, muss sich auf dem Gebrauchtmarkt umsehen, wobei hier wieder (sogar ganz besonders) Punkt 2 gilt!
UPDATE: Selbst beim o. g. Budget sind schon Kompromisse nötig. Der Markt für Drumsets hat um 2014/15 herum eine recht saftige Preiserhöhung erfahren, teilweise sogar bei gleichzeitigen Produkt-Downgrades, was den Einstieg in die solide Mittelklasse ziemlich verteuert hat. Besonders das Stativwerk und die Becken sind davon betroffen, die Kessel sind m. W. eher besser geworden und flashige Lackierungen werden auch in den unteren Preisregionen immer beliebter. Von dieser Entwicklung kann man m. M. n. aber auch profitieren, wenn man sich ein bisschen schlau macht und das Betätigungsfeld „Handel“ nicht scheut (s. 4c & 4f).
3c. Gute Becken sind wichtiger als das Drumset, denn man kann sie, im Gegensatz zu letzterem, nicht neu befellen und stimmen. Verplane also mindestens ein Drittel des Budgets (i. e. 400 Euro) für die Becken. Die "kleinen Türken", d. h. Masterwork Troy, Istanbul Mehmet Samatya, Zultan Rockbeat, Fame Masters B20 und evtl. auch Istanbul Agop Xist sind hier empfehlenswert.
UPDATE: Paiste hat mit seiner PST7-Serie mittlerweile im Einsteigersegment ordentlich nachgezogen. Meiner Meinung nach gibt es bislang kein B8-Pressblech, das so gut und vor allem tatsächlich nach Becken klingt wie dieses. Wer also kaum Klangstreuung und keine Qualitätsschwankungen bei Nachkauf und Erweiterung seines Becken-Set-Ups haben will, bediene sich hier.
Egal, ob du dich für die Wahlerleichterung durch präzise maschinelle Produktion (Paiste) oder das Jagdfieber beim Ausprobieren der manchmal recht weit auseinander liegenden türkischen B20-Teller entscheidest: Antesten ist besonders bei Becken Pflicht! Vielerorts ist das mit vorheriger Terminabsprache problemlos möglich, in einigen Läden kann man sich sogar die besten rauspicken und zu seinem eigenen Set zusammenstellen. Fragen kostet im Gegensatz zu Qualität nichts!
3d. Ein Set klingt nur so gut, wie Du es stimmst. Da dies eine erlernbare und keine genetisch vererbbare Kompetenz ist, die man entweder "im Blut" hat oder nicht, hilft ein anerkanntes Stück der entsprechenden Fachliteratur hier ungemein weiter.
3e. 20 Euro für einen soliden Gehörschutz sollte man auch dann übrig haben, wenn das Budget eigentlich schon restlos aufgebraucht ist. Notfalls bettelt man die Eltern zum Steinerweichen an oder spart sich noch zwei Wochen länger das Kino. Die Hörgeräte, die man sonst später braucht, kosten wesentlich mehr (vom Tinnitus oder verlustig gegangenen Gehör ganz zu schweigen)!
4a. Es gibt kein Drumset, das auf irgendeine Musikrichtung ausgelegt wäre. Mit verschiedenen Fellen und solider Stimmkunst lässt sich fast jedem Set fast jeder gewünschte Sound (bis auf... s. Punkt 4b) entlocken – Lernwille, Experimentierfreude und Geduld sind gefragt!
Ausnahmen bestätigen die Regel, z. B. erzeugt Eine 18"-Bassdrum eher für Jungle als für Hard Rock geeignete Frequenzen, aber mit einer Standardkonfiguration (bspw. 20" BD, 10" & 12" RT, 14“ FT oder 22" BD, 10" & 12" RT, 16" FT) lässt sich eine sehr breite musikalische Palette abdecken. Fast alles ist Geschmackssache!
4b. Kein Schlagzeug klingt in Natura so wie auf Album X von Künstler Y oder so wie auf einer großen Festivalbühne. An fast jedem Drumsound (besonders im Metal-Bereich) wird sowohl live als auch im Studio produktionstechnisch getrickst, dass die Regler glühen. Du kannst also Fragen à la "Welches Set klingt wie das von XY?" gleich abhaken. Mach' Dich dementsprechend darauf gefasst, dass ein Drumset im Laden ganz anders klingt, als Du es erwartest, und stell' Deine Ohren um, z. B. von "Klingt es nach JJ?" auf "Klingt es sauber und gut?"
4c. Bei den großen und bekannten Herstellern gehen gute Sets mit solider Hardware erst ab ca. 1000 Euro los, damit sind also nicht die Einsteiger-Mega-Bundle-Sonderangebote inkl. Becken, Hardware und Hocker plus irgendwelche "Goodies" gemeint, sondern das reine Drumset mit der Grundausstattung an Stativen. Viel mehr gutes Material für diese Summe lässt sich bei Hausmarken und kleineren Firmen rausholen, s. Punkt 4f.
UPDATE: Qualitativ hochwertige Kessel von Hausmarken sind in den vergangenen Jahren weitgehend vom Markt verschwunden, die Becken-Vielfalt hingegen hat zugenommen. Im Gegenzug hat die Einsteigerklasse der großen Firmen hinsichtlich Kesselkonstruktion und -hardware sowie Finishes merklich zugelegt, natürlich mit entsprechendem Marken-Zuschlag...
4d. Zum Glück ist dieser Trend schon lange abgeflaut, aber da alles immer wieder kommt und der eine oder andere Laden noch so ein Ding in der Ecke stehen haben mag: Eine Zeit lang wurden billige Schrott- bzw. Einsteigerklasse-Kits optisch frisiert und als "Signature Set" berühmter Trommler verkauft, wobei im Kleingedruckten zu lesen war, dass es sich nicht um eine 1:1-Kopie des entsprechenden Signature-Sets, sondern um ein [hier Einsteigerserie einfügen]-Set handelt. Diese Buden kosteten zwischen 700 und 1500 Euro, wurden natürlich nicht in Wirklichkeit von den jeweils bemühten Stars gespielt (s. Kleingedrucktes) und dienten folglich dazu, Unbedarften mithilfe des Endorsernamens das Geld aus der Tasche zu ziehen. Falls Du also JJ-/Phil Rudd-/Chad Smith-/etc.-Signature-Sets auf dem Gebrauchtmarkt oder in der Ladenhüter-Ecke deines Musikhändlers siehst: Geh einfach dran vorbei!
Heute begegnet man meist nur noch Signature-Snares, die m. W. mindestens in der Mittelklasse, einige sogar in der High-End-Liga angesiedelt sind. Aber auch wenn das meist gute Arbeitswerkzeuge sind, kosten sie Aufschlag für den Hype.
Bei Becken gilt ebenso: Selbst wenn auf den entsprechenden Box-Sets gern mal das Antlitz einer berühmten Drummerpersönlichkeit prangt, sind Paiste 101, 302 oder PST3, Meinl HCS, Sabian SBr sowie Zildjian Planet Z (plus alle anderen Becken aus Messing [engl.: brass]) KEINE Option, wenn man nicht nach ca. einem Jahr über den Topfdeckelsound fluchen will.
Auch Einsteigerbleche aus Bronze wie Meinl MCS, Sabian B8, Paiste PST5 oder Zildjian ZBT werden Dich nicht lang zufriedenstellen, sind jedoch zumindest nicht ganz so grauenhaft wie die vorhin genannten. Aber halte Dich lieber von vornherein an die Tipps in Punkt 4f!
4e. Da selbst Experten sich in Blindtests streiten, welche Holzart wie klingt, kannst Du davon ausgehen, dass Du als Anfänger diese feinen Unterschiede in den Klangnuancen der verschiedenen Hölzer garantiert nicht erkennst. Ahorn, Birke, Buche, Bubinga, Mahagoni – für den Klang ist das fast völlig egal. Viel wichtiger sind die Felle sowie deren Stimmung; noch wichtiger ist, dass die Gratungen der Kessel vollkommen intakt sind.
Zusammen mit den Gratungen am wichtigsten und paradoxerweise am wenigsten anerkannt ist als Klangfaktor aber der Raum, in dem das Set steht: Im Laden haut's Dich um, in Deinem Zimmer jagt's Dir Schauer des Entsetzens über den Rücken. Meistens heißt das für den frischgebackenen Trommler, dass hier einfach Kompromisse eingegangen werden müssen, an dieser Stelle sei auf den Raumakustik-Thread und auf Punkt 2 verwiesen.
4f. Welche Sets aus dem Low-Budget-Sektor sich als "solide Arbeitstiere" qualifizieren, ist dem veränderlichen Zeitgeist unterworfen: Hersteller verändern ihre Produktlinien oder werfen sie komplett aus dem Programm, Qualitätsschwankungen treten immer mal wieder auf, neue Hausmarken werden ins Leben gerufen etc. Hier gilt es, Ausschau zu halten nach bewährten und günstigen (Auslauf- oder aktuellen) Modellen. Von der Gattung "Hausmarke" sind mir derzeit nur das Magnum MRS und das Fame Fire bekannt, allerdings gibt's die nur als Shell-Sets. Von der Auslauf-Gattung haut gerade niemand etwas zum Schleuderpreis raus, soweit ich weiß.
* Eine kleine Unterbrechung: Nein, Du darfst jetzt nicht noch einen Thread à la "Welche günstigen und guten Drum-Marken gibt es?" aufmachen - Testberichte, Schauergeschichten und Hinweise auf Neukauf-Schnäppchen gibt's immer noch genug im Board! *
UPDATE: DW PDP Mainstage, Mapex Tornado, Pearl Roadshow und Tama Rhythm Mate tummeln sich in der Klasse bis 600, teils sogar 500 Euro. Ich kenne nicht alle Sets in Natura, habe aber Tornado, Roadshow und Rhythm Mate schon gesehen, betatscht und angespielt. Besser als mein damaliger taiwanesischer Pearl-Export-Klon wirkten sie alle, und selbst damit bin ich 15 Jahre gut hingekommen... Wenn Du genügsam bist und es Dir nicht sofort aufs Touren ankommt, sind das zum Üben und für gelegentliche Gigs hinreichende Kits. Eine Stufe höher, also zwischen 600 und 800 Euro befinden sich Gretsch Energy, Mapex Storm, Pearl Export, Tama Imperialstar – die beigelegte Hardware ist auch nicht unbedingt roadtauglich, die Beckensets sind grenzwertig bis grausig. Trotzdem reichen diese Kits, und zwar so, wie sie da stehen, zum Üben und Proben. Du kannst allerdings Becken und Hardware auch unbenutzt weiterverkaufen und den Erlös in besseres Material investieren...
Was mich zu Shell-Set-Angeboten wie dem o. g. Fame Fire führt: Hier fehlt sämtliches Stativwerk, aber das kann man sich z. B. in Form des Gibraltar 6700-Pakets besorgen. Bitte nicht an der Hardware sparen, denn ein aufgrund mangelhafter Verarbeitung umkippender Ständer oder ein plötzlich herabrutschendes Becken kann – von der ärgerlichen Unterbrechung des Spielens mal ganz abgesehen – großen Schaden anrichten!
Nun braucht’s noch einen Hocker, da gibt's u. a. diese bequemen, stabilen und roadtauglichen Exemplare: Gibraltar 9608, Tama 1st Chair in vielerlei Ausführung, K&M Gomezz etc. Auch hier gilt: Lieber etwas Besseres (mithin Teureres) kaufen, Dein Rücken wird's Dir danken! Unter 70 Euro würde ich persönlich nicht gehen bzw., wenn's um Markenware geht, lieber die Königsklasse kaufen.
Die Felle in der Einsteigerklasse taugen zu kaum mehr, als zu verhindern, dass es in die Kessel reinregnet; diejenigen, welche bei den o. g. Sets (in der Mittelklasse bei jedem vorkonfigurierten Set) ab Werk dabei sind, reichen für den Anfang einigermaßen aus, vorausgesetzt, man kann bzw. lernt stimmen (nochmal: s. Punkt 2 und 3d).
Willst Du trotzdem gleich neue Felle mitkaufen, leg' noch ca. 100 Euro drauf und beschränke Dich zunächst auf den Kauf neuer Schlagfelle. Die Reso-Felle haben zwar wesentlichen Anteil am Trommelklang (mehr, als den meisten Neulingen bewusst ist), aber wir wollen nicht übertreiben – man bekommt auch mit dem einseitigen Wechsel auf gute Felle einen deutlich besseren Klang hin als mit den Werksfellen. Ob Remo, Evans oder Aquarian, ist eher am persönlichen Geschmack als an objektiven Kriterien festzumachen, qualitativ nehmen die sich alle nicht viel.
So, bis hierhin erstmal. Alle Tipps (außer FAQ und Suchfunktion) basieren auf meinen eigenen Erfahrungen, und zwar sowohl denen in der realen als auch denen in der Musikerforen-Welt.
Da ich nur ein Mensch bin, mag sich durchaus der eine oder andere Fehler eingeschlichen haben, außerdem erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder dauerhafte Allgemeingültigkeit und freue mich über Kritik, Lob und Anregungen.
Ich gehe davon aus, dass es Dir, lieber Trommel(kauf)neuling, mithilfe dieser Tipps möglich sein sollte, Dir ein Komplettpaket zusammenzustellen, mit dem Du Dich vor nichts und niemandem verstecken musst und mit dem Du lange zufrieden sein wirst. Vor allem aber hoffe ich, dass Du nun davon absiehst, den x-ten "Brauche Hilfe bei Neukauf"-Thread aufzumachen. Oder aber, wenn du das doch noch tun willst, benutze bitte die Kaufberatungsschablone!
Zum Abschluss ein paar Rechenbeispiele – früher waren hier zwei, die problemlos ins Budget passten und auf Augenhöhe mit dem unten stehenden dritten Set waren, aber wie gesagt: Der Markt für Einsteiger-Sets hat sich abgekühlt. Wo vor fünf Jahren noch solide Sets mit brauchbarer Hardware zwischen 500 und 600 Euro kosteten, muss man heutzutage entweder bei einem von beiden Kompromisse eingehen oder zwischen 150 und 200 Euro mehr in die Hand nehmen.
Exempel I:
Drumkit: Tama Imperialstar (Bundle) 799,00*
Hocker: Tama 1st Chair Drum Throne 124,00
Schlagfell-Set:
- Remo 22"; Powerstroke 3 50,70
- Remo 14"; Ambassador coated 16,50
- Remo Emperor Clear-Set 42,60
Resofell-Set:
- Remo 22” Fiberskyn (FA) 47,80
- Remo 14” Ambassador Snare 14,70
- Remo Ambassador Clear-Set 44,20
Sticks: 4x Innovative Percussion 5A Legacy 8,90** (37,40)
Gehörschutz: Alpine Music Safe 17,50
Buch: Nils Schröders "Drum Tuning" 14,90
1209,30
* Wenn man sich erst mal mit den beigelegten Meinl-MCS-Pressblechen zufriedengibt, die für die ersten Schritte definitiv ausreichen und allemal besser klingen als Messingteller, ist das Imperialstar-Bundle ein gutes Angebot. Achtung, die Hardware ist hier der wirkliche Kompromiss, denn die hält zwar alles an seinem Platz, eignet sich aber eher für den Übungs- und Proberaumbetrieb als für „on the road“!
** Bitte nicht von der einen negativen Bewertung abschrecken lassen, das muss ein Montagspaar gewesen sein – ich bin auf diese Sticks umgestiegen, weil sie super verarbeitet, ausgewichtet und haltbar sind!
Exempel II:
Nun folgt ein reines Hausmarken-Set mit lediglich einem statt zwei Crashbecken. Das Fell-Upgrade schenken wir uns hier, aus Kostengründen. Auch mit diesem Set kann man üben, proben, live auftreten und glücklich werden.
Fame Fire Shell-Set 555,00
Millennium Pro Hardware-Set 239,00
Zultan Rockbeat Standard-Set 298,00
Millennium DT900 Hocker 79,00
Rohema Sticks 5a 7,90 (x2 = 15,80)
Gehörschutz: Alpine Music Safe 17,50
1204,30
Exempel III:
Mit diesen Zutaten wird’s wirklich was, aber aufgepasst: Hier wird das o. g. Budget deutlich gesprengt! Dafür bekommt man aber auch ein bewährtes, preiswertes Set der unteren Mittelklasse mit tollen Becken und solider Hardware.
Shell-Set: Pearl Export 599,00
Beckenset: Zultan RockBeat Profi-Set 369,00
Hardware: Gibraltar 6700 Hardware-Set 369,00
Zusatzstativ: Gibraltar 6709 Boom Stand 74,00
Hocker: Gibraltar 9608E Drum Throne 99,00
Sticks: 4x Innovative Percussion 5A Legacy 8,90** (37,40)
Gehörschutz: Alpine Music Safe 17,50
Buch: Nils Schröders "Drum Tuning" 14,90
1579,80
** s. o.
Noch grauenhafter fürs Portemonnaie wird es, wenn man von Anfang an das tolle Set zum Singen bringen will, denn dafür braucht man auch beim Export neue Schlag- und ggf. Resonanzfell-Sätze.
Schlagfell-Set:
- Remo 22"; Powerstroke 3 50,70
- Remo 14"; Ambassador coated 16,50
- Remo Emperor Clear-Set 42,60
Resofell-Set:
- Remo 22” Fiberskyn (FA) 47,80
- Remo 14” Ambassador Snare 14,70
- Remo Ambassador Clear-Set 44,20
Macht 109,80 bzw. 216,50 zusätzlich zu den obigen 1579,80 – also insgesamt 1689,60 bzw. 1796,30. Diese Ausstattung wird bei pfleglicher Behandlung allerdings auch ewig halten, ist für den Amateurbereich durchaus roadtauglich, kann in fast allen Musikrichtungen eingesetzt werden und wird dementsprechend lange Freude machen.
Du siehst also: Es gibt durchaus Möglichkeiten, sich für wenig Geld eine solide Ausstattung zuzulegen, unter 1200 Euro wird das bei Neukauf allerdings nichts, und selbst das gelingt nur mit Abstrichen und Kompromissen. Wenn Du also hundertprozentig sicher bist, dass das Trommeln für Dich so wichtig ist wie die Luft zum Atmen und dass es unbedingt neues Equipment im Komplett-Set sein muss, lautet mein Rat, die eineinhalbfache Summe in die Hand zu nehmen und somit ca. 1800 Euro in so ein bombensicheres Traumset wie im Exempel III zu investieren.
Und nun wünsche ich Dir viel Spaß und Erfolg beim Durchsuchen des Forums mithilfe der FAQ und der SuFu sowie beim Stöbern und Ausprobieren in den Läden!
Danke fürs Durchlesen!
André
herzlich willkommen zur dritten Ausgabe meines Beratungsrundumschlags! Du bist hier richtig, wenn Du die erste Probierphase hinter Dir hast und nun absolut sicher bist, dass ein eigenes Set her muss, der riesige Equipmentmarkt Dich aber noch überfordert. Dieser Thread soll dir einige Grundlagen vermitteln, mit deren Hilfe Du Dir eine Grundausstattung kaufen kannst, an der Du lange wohlklingenden und sicheren Spielspaß haben wirst.
Seit meinem ersten Rundumschlagsversuch hat sich viel getan, deshalb habe ich alles so weit wie möglich den aktuellen Erfordernissen und Marktentwicklungen angepasst. Glücklicherweise gelten gewisse Grundregeln immer noch, was sich wohl so schnell auch nicht ändern wird. Bevor Du also den hunderttausendsten Thread à la "Welches Set für am besten gratis?" aufmachst und dafür einen Haufen Buh-Rufe und viele mehr oder weniger zielführende Produktempfehlungen erntest, lass' Dich von den folgenden Ausführungen desillusionieren.
1. Geduld, junger Padawan! Oder: Noch viel lernen Du musst.
2. Hilfe kann man sich nicht nur im Internet, sondern auch im wirklichen Leben holen! Da wir hier aber nun mal im Internet sind: die FAQs für Drum-Anfänger!!!
3. Wer am falschen Ende spart, zahlt drauf! Vergiss den Neukauf einer Komplettausstattung mit weniger als 1200 Euro!
4. Don't believe the Hype! Auf Deutsch: Lass Dich nicht vom Werbegewäsch der großen Marken und deren Endorser verarschen!
Nachfolgend die ausführliche Erläuterung dieser doch recht allgemein gehaltenen Axiome unter Berücksichtigung des Themas "Komplettset-Neukauf mit niedrigem Etat".
1a. Auch wenn's Dich noch so sehr zieht und zerrt: Ein Drumset (erst recht mit allem Drum und Dran) kauft man nicht "mal eben so". Falls doch, bezahlt man entweder gleich zu viel oder erst zu wenig und in der Konsequenz zu viel -> vgl. Punkt 3 und 4d. Nimm dir also alle Zeit, die du brauchst, zum Recherchieren im Netz, zum Nachfragen bei befreundeten Drummer(inne)n und zum Testen in Musikläden!
1b. Hast Du die Suchfunktion benutzt? Ich meine, wirklich und richtig benutzt? Hast Du die von ihr ausgespuckten Threads plus die FAQ gelesen? Ich meine, wirklich und richtig gelesen? Also nicht nur den Titel überflogen, "Meh, ist nicht genau mein Thema" gedacht und wieder weggeklickt, sondern mit eingeschaltetem Hirn durchgelesen?
Solltest Du das nämlich bereits getan haben, wird Dir das meiste des nun folgenden Textes bekannt vorkommen – herzlichen Glückwunsch, Du gehörst nunmehr zum erlauchten Kreise der Halb-Ahnungslosen! Lies trotzdem weiter!
Solltest Du das noch nicht getan haben, dann tu es! Jetzt! Dann komm wieder hierher und lies weiter!
1c. Ein Punkt, der mit in den Bereich von 4a (s. u.) hineinreicht, ist die Grundsatzentscheidung, wie groß die Bassdrum sein soll. Viele Erwachsene, auch solche, die nicht unbedingt hochgewachsen sind, treffen diese Entscheidung vorrangig nach akustischen und/oder optischen Gesichtspunkten, denn – so der mutmaßliche (eigentlich: schon oft von Trommelkollegen gehörte) Gedankengang – eine Stoner-Rock-Schießbude mit einer 20“-Kick sieht nun mal nicht standesgemäß aus und klingt auch eher nicht danach, von daher muss es dafür schon eine 24“er oder gar 26“er sein.
Für ein Kind oder einen jungen Heranwachsenden sieht das schon anders aus, denn wer sich in diesem Entwicklungsabschnitt mit Toms und Becken herumquält, die wegen der zu großen Kick zu hoch aufragen bzw. zu weit weg stehen, riskiert Verspannungen, Sehnenscheidenentzündungen, Rückenschmerzen und Haltungsschäden, vom fehlenden Spaß wegen der fehlenden Ergonomie ganz zu schweigen. Ich selbst kenne sogar einige erwachsene Drummer, die auf Konventionen pfeifen und auch Rock, Stoner und Metal mit einer 20“-Kick spielen, weil es für sie vom Aufbau einfach besser passt.
Kläre für dich also unbedingt vor allen weiteren Kaufentscheidungen, bis zu welcher Kick-Größe du noch bequem an alle Set-Bestandteile rankommst!
2. Als Neuling ein Set zu kaufen, ist auch nach der Beratung durchs Musiker-Board noch eine enorme Herausforderung. Dafür darfst bzw. solltest Du Dir einen Eingeweihten mitnehmen! Theoretisch könnte dieser ja auch gleich nach dem Kauf mit nach Hause kommen und Dir beim Aufbauen und Stimmen helfen...
Achtung: Nicht alle Musikalien-Verkäufer sind Fachmenschen, und auch so mancher fachlich versierte Verkäufer ist eher an Deinem Geld als an Deinem Wohl interessiert! Fachkompetente Verkäufer, die langfristig an Dir als zufriedenem Kunden interessiert sind, vermeiden z. B. Tipps, die Equipment wie das in Punkt 4d beinhalten – aber auch die werden Dich nicht davon abhalten, das zu kaufen, wenn Du Dich unbelehrbar gibst.
Also nochmal: Nimm jemanden mit ins Geschäft, der sich mit der Materie auskennt (wie z. B. Schlagzeuglehrer, befreundete oder gar verwandte erfahrene Trommler etc.)!
3a. Wie überall im Handel gilt auch und insbesondere für Musikinstrumente: Qualität kostet! Man kann günstig kaufen, aber wer zu billig kauft, kauft zweimal! Und wem der hier empfohlene Etat für Drumkit, Becken, Stative, Hocker und Sticks zu hoch ist, dem kann man nur sagen: Sei froh, dass Du heute und nicht vor dreißig Jahren das Tommeln anfängst! Für das, was man heutzutage an Gegenwert für so ein Budget bekommt, hätte man damals einen Kleinwagen kaufen können. Ergo: Nicht am falschen Ende sparen, sondern freuen, dass man heute für so wenig Geld so gutes Start-Material bekommen kann!
3b. Wenn es denn unbedingt alles auf einmal via Neukauf sein soll, sind derzeit 1200 Euro das absolute Minimum. Ansonsten drohen langfristig Rückenschmerzen bzw. -schäden wegen minderwertiger Sitzgelegenheiten und Frustrationserlebnisse wegen schlecht funktionierender Hardware, kaum stimmbarer (und deswegen grausig tönender) Trommeln sowie noch mieser klingender Becken. Oder aber es muss in nicht allzu ferner Zukunft erneut Geld in die Hand genommen werden, um die o. g. Missstände zu beseitigen. Wer also diesen Minimalbetrag nicht aufbringen kann, muss sich auf dem Gebrauchtmarkt umsehen, wobei hier wieder (sogar ganz besonders) Punkt 2 gilt!
UPDATE: Selbst beim o. g. Budget sind schon Kompromisse nötig. Der Markt für Drumsets hat um 2014/15 herum eine recht saftige Preiserhöhung erfahren, teilweise sogar bei gleichzeitigen Produkt-Downgrades, was den Einstieg in die solide Mittelklasse ziemlich verteuert hat. Besonders das Stativwerk und die Becken sind davon betroffen, die Kessel sind m. W. eher besser geworden und flashige Lackierungen werden auch in den unteren Preisregionen immer beliebter. Von dieser Entwicklung kann man m. M. n. aber auch profitieren, wenn man sich ein bisschen schlau macht und das Betätigungsfeld „Handel“ nicht scheut (s. 4c & 4f).
3c. Gute Becken sind wichtiger als das Drumset, denn man kann sie, im Gegensatz zu letzterem, nicht neu befellen und stimmen. Verplane also mindestens ein Drittel des Budgets (i. e. 400 Euro) für die Becken. Die "kleinen Türken", d. h. Masterwork Troy, Istanbul Mehmet Samatya, Zultan Rockbeat, Fame Masters B20 und evtl. auch Istanbul Agop Xist sind hier empfehlenswert.
UPDATE: Paiste hat mit seiner PST7-Serie mittlerweile im Einsteigersegment ordentlich nachgezogen. Meiner Meinung nach gibt es bislang kein B8-Pressblech, das so gut und vor allem tatsächlich nach Becken klingt wie dieses. Wer also kaum Klangstreuung und keine Qualitätsschwankungen bei Nachkauf und Erweiterung seines Becken-Set-Ups haben will, bediene sich hier.
Egal, ob du dich für die Wahlerleichterung durch präzise maschinelle Produktion (Paiste) oder das Jagdfieber beim Ausprobieren der manchmal recht weit auseinander liegenden türkischen B20-Teller entscheidest: Antesten ist besonders bei Becken Pflicht! Vielerorts ist das mit vorheriger Terminabsprache problemlos möglich, in einigen Läden kann man sich sogar die besten rauspicken und zu seinem eigenen Set zusammenstellen. Fragen kostet im Gegensatz zu Qualität nichts!
3d. Ein Set klingt nur so gut, wie Du es stimmst. Da dies eine erlernbare und keine genetisch vererbbare Kompetenz ist, die man entweder "im Blut" hat oder nicht, hilft ein anerkanntes Stück der entsprechenden Fachliteratur hier ungemein weiter.
3e. 20 Euro für einen soliden Gehörschutz sollte man auch dann übrig haben, wenn das Budget eigentlich schon restlos aufgebraucht ist. Notfalls bettelt man die Eltern zum Steinerweichen an oder spart sich noch zwei Wochen länger das Kino. Die Hörgeräte, die man sonst später braucht, kosten wesentlich mehr (vom Tinnitus oder verlustig gegangenen Gehör ganz zu schweigen)!
4a. Es gibt kein Drumset, das auf irgendeine Musikrichtung ausgelegt wäre. Mit verschiedenen Fellen und solider Stimmkunst lässt sich fast jedem Set fast jeder gewünschte Sound (bis auf... s. Punkt 4b) entlocken – Lernwille, Experimentierfreude und Geduld sind gefragt!
Ausnahmen bestätigen die Regel, z. B. erzeugt Eine 18"-Bassdrum eher für Jungle als für Hard Rock geeignete Frequenzen, aber mit einer Standardkonfiguration (bspw. 20" BD, 10" & 12" RT, 14“ FT oder 22" BD, 10" & 12" RT, 16" FT) lässt sich eine sehr breite musikalische Palette abdecken. Fast alles ist Geschmackssache!
4b. Kein Schlagzeug klingt in Natura so wie auf Album X von Künstler Y oder so wie auf einer großen Festivalbühne. An fast jedem Drumsound (besonders im Metal-Bereich) wird sowohl live als auch im Studio produktionstechnisch getrickst, dass die Regler glühen. Du kannst also Fragen à la "Welches Set klingt wie das von XY?" gleich abhaken. Mach' Dich dementsprechend darauf gefasst, dass ein Drumset im Laden ganz anders klingt, als Du es erwartest, und stell' Deine Ohren um, z. B. von "Klingt es nach JJ?" auf "Klingt es sauber und gut?"
4c. Bei den großen und bekannten Herstellern gehen gute Sets mit solider Hardware erst ab ca. 1000 Euro los, damit sind also nicht die Einsteiger-Mega-Bundle-Sonderangebote inkl. Becken, Hardware und Hocker plus irgendwelche "Goodies" gemeint, sondern das reine Drumset mit der Grundausstattung an Stativen. Viel mehr gutes Material für diese Summe lässt sich bei Hausmarken und kleineren Firmen rausholen, s. Punkt 4f.
UPDATE: Qualitativ hochwertige Kessel von Hausmarken sind in den vergangenen Jahren weitgehend vom Markt verschwunden, die Becken-Vielfalt hingegen hat zugenommen. Im Gegenzug hat die Einsteigerklasse der großen Firmen hinsichtlich Kesselkonstruktion und -hardware sowie Finishes merklich zugelegt, natürlich mit entsprechendem Marken-Zuschlag...
4d. Zum Glück ist dieser Trend schon lange abgeflaut, aber da alles immer wieder kommt und der eine oder andere Laden noch so ein Ding in der Ecke stehen haben mag: Eine Zeit lang wurden billige Schrott- bzw. Einsteigerklasse-Kits optisch frisiert und als "Signature Set" berühmter Trommler verkauft, wobei im Kleingedruckten zu lesen war, dass es sich nicht um eine 1:1-Kopie des entsprechenden Signature-Sets, sondern um ein [hier Einsteigerserie einfügen]-Set handelt. Diese Buden kosteten zwischen 700 und 1500 Euro, wurden natürlich nicht in Wirklichkeit von den jeweils bemühten Stars gespielt (s. Kleingedrucktes) und dienten folglich dazu, Unbedarften mithilfe des Endorsernamens das Geld aus der Tasche zu ziehen. Falls Du also JJ-/Phil Rudd-/Chad Smith-/etc.-Signature-Sets auf dem Gebrauchtmarkt oder in der Ladenhüter-Ecke deines Musikhändlers siehst: Geh einfach dran vorbei!
Heute begegnet man meist nur noch Signature-Snares, die m. W. mindestens in der Mittelklasse, einige sogar in der High-End-Liga angesiedelt sind. Aber auch wenn das meist gute Arbeitswerkzeuge sind, kosten sie Aufschlag für den Hype.
Bei Becken gilt ebenso: Selbst wenn auf den entsprechenden Box-Sets gern mal das Antlitz einer berühmten Drummerpersönlichkeit prangt, sind Paiste 101, 302 oder PST3, Meinl HCS, Sabian SBr sowie Zildjian Planet Z (plus alle anderen Becken aus Messing [engl.: brass]) KEINE Option, wenn man nicht nach ca. einem Jahr über den Topfdeckelsound fluchen will.
Auch Einsteigerbleche aus Bronze wie Meinl MCS, Sabian B8, Paiste PST5 oder Zildjian ZBT werden Dich nicht lang zufriedenstellen, sind jedoch zumindest nicht ganz so grauenhaft wie die vorhin genannten. Aber halte Dich lieber von vornherein an die Tipps in Punkt 4f!
4e. Da selbst Experten sich in Blindtests streiten, welche Holzart wie klingt, kannst Du davon ausgehen, dass Du als Anfänger diese feinen Unterschiede in den Klangnuancen der verschiedenen Hölzer garantiert nicht erkennst. Ahorn, Birke, Buche, Bubinga, Mahagoni – für den Klang ist das fast völlig egal. Viel wichtiger sind die Felle sowie deren Stimmung; noch wichtiger ist, dass die Gratungen der Kessel vollkommen intakt sind.
Zusammen mit den Gratungen am wichtigsten und paradoxerweise am wenigsten anerkannt ist als Klangfaktor aber der Raum, in dem das Set steht: Im Laden haut's Dich um, in Deinem Zimmer jagt's Dir Schauer des Entsetzens über den Rücken. Meistens heißt das für den frischgebackenen Trommler, dass hier einfach Kompromisse eingegangen werden müssen, an dieser Stelle sei auf den Raumakustik-Thread und auf Punkt 2 verwiesen.
4f. Welche Sets aus dem Low-Budget-Sektor sich als "solide Arbeitstiere" qualifizieren, ist dem veränderlichen Zeitgeist unterworfen: Hersteller verändern ihre Produktlinien oder werfen sie komplett aus dem Programm, Qualitätsschwankungen treten immer mal wieder auf, neue Hausmarken werden ins Leben gerufen etc. Hier gilt es, Ausschau zu halten nach bewährten und günstigen (Auslauf- oder aktuellen) Modellen. Von der Gattung "Hausmarke" sind mir derzeit nur das Magnum MRS und das Fame Fire bekannt, allerdings gibt's die nur als Shell-Sets. Von der Auslauf-Gattung haut gerade niemand etwas zum Schleuderpreis raus, soweit ich weiß.
* Eine kleine Unterbrechung: Nein, Du darfst jetzt nicht noch einen Thread à la "Welche günstigen und guten Drum-Marken gibt es?" aufmachen - Testberichte, Schauergeschichten und Hinweise auf Neukauf-Schnäppchen gibt's immer noch genug im Board! *
UPDATE: DW PDP Mainstage, Mapex Tornado, Pearl Roadshow und Tama Rhythm Mate tummeln sich in der Klasse bis 600, teils sogar 500 Euro. Ich kenne nicht alle Sets in Natura, habe aber Tornado, Roadshow und Rhythm Mate schon gesehen, betatscht und angespielt. Besser als mein damaliger taiwanesischer Pearl-Export-Klon wirkten sie alle, und selbst damit bin ich 15 Jahre gut hingekommen... Wenn Du genügsam bist und es Dir nicht sofort aufs Touren ankommt, sind das zum Üben und für gelegentliche Gigs hinreichende Kits. Eine Stufe höher, also zwischen 600 und 800 Euro befinden sich Gretsch Energy, Mapex Storm, Pearl Export, Tama Imperialstar – die beigelegte Hardware ist auch nicht unbedingt roadtauglich, die Beckensets sind grenzwertig bis grausig. Trotzdem reichen diese Kits, und zwar so, wie sie da stehen, zum Üben und Proben. Du kannst allerdings Becken und Hardware auch unbenutzt weiterverkaufen und den Erlös in besseres Material investieren...
Was mich zu Shell-Set-Angeboten wie dem o. g. Fame Fire führt: Hier fehlt sämtliches Stativwerk, aber das kann man sich z. B. in Form des Gibraltar 6700-Pakets besorgen. Bitte nicht an der Hardware sparen, denn ein aufgrund mangelhafter Verarbeitung umkippender Ständer oder ein plötzlich herabrutschendes Becken kann – von der ärgerlichen Unterbrechung des Spielens mal ganz abgesehen – großen Schaden anrichten!
Nun braucht’s noch einen Hocker, da gibt's u. a. diese bequemen, stabilen und roadtauglichen Exemplare: Gibraltar 9608, Tama 1st Chair in vielerlei Ausführung, K&M Gomezz etc. Auch hier gilt: Lieber etwas Besseres (mithin Teureres) kaufen, Dein Rücken wird's Dir danken! Unter 70 Euro würde ich persönlich nicht gehen bzw., wenn's um Markenware geht, lieber die Königsklasse kaufen.
Die Felle in der Einsteigerklasse taugen zu kaum mehr, als zu verhindern, dass es in die Kessel reinregnet; diejenigen, welche bei den o. g. Sets (in der Mittelklasse bei jedem vorkonfigurierten Set) ab Werk dabei sind, reichen für den Anfang einigermaßen aus, vorausgesetzt, man kann bzw. lernt stimmen (nochmal: s. Punkt 2 und 3d).
Willst Du trotzdem gleich neue Felle mitkaufen, leg' noch ca. 100 Euro drauf und beschränke Dich zunächst auf den Kauf neuer Schlagfelle. Die Reso-Felle haben zwar wesentlichen Anteil am Trommelklang (mehr, als den meisten Neulingen bewusst ist), aber wir wollen nicht übertreiben – man bekommt auch mit dem einseitigen Wechsel auf gute Felle einen deutlich besseren Klang hin als mit den Werksfellen. Ob Remo, Evans oder Aquarian, ist eher am persönlichen Geschmack als an objektiven Kriterien festzumachen, qualitativ nehmen die sich alle nicht viel.
So, bis hierhin erstmal. Alle Tipps (außer FAQ und Suchfunktion) basieren auf meinen eigenen Erfahrungen, und zwar sowohl denen in der realen als auch denen in der Musikerforen-Welt.
Da ich nur ein Mensch bin, mag sich durchaus der eine oder andere Fehler eingeschlichen haben, außerdem erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder dauerhafte Allgemeingültigkeit und freue mich über Kritik, Lob und Anregungen.
Ich gehe davon aus, dass es Dir, lieber Trommel(kauf)neuling, mithilfe dieser Tipps möglich sein sollte, Dir ein Komplettpaket zusammenzustellen, mit dem Du Dich vor nichts und niemandem verstecken musst und mit dem Du lange zufrieden sein wirst. Vor allem aber hoffe ich, dass Du nun davon absiehst, den x-ten "Brauche Hilfe bei Neukauf"-Thread aufzumachen. Oder aber, wenn du das doch noch tun willst, benutze bitte die Kaufberatungsschablone!
Zum Abschluss ein paar Rechenbeispiele – früher waren hier zwei, die problemlos ins Budget passten und auf Augenhöhe mit dem unten stehenden dritten Set waren, aber wie gesagt: Der Markt für Einsteiger-Sets hat sich abgekühlt. Wo vor fünf Jahren noch solide Sets mit brauchbarer Hardware zwischen 500 und 600 Euro kosteten, muss man heutzutage entweder bei einem von beiden Kompromisse eingehen oder zwischen 150 und 200 Euro mehr in die Hand nehmen.
Exempel I:
Drumkit: Tama Imperialstar (Bundle) 799,00*
Hocker: Tama 1st Chair Drum Throne 124,00
Schlagfell-Set:
- Remo 22"; Powerstroke 3 50,70
- Remo 14"; Ambassador coated 16,50
- Remo Emperor Clear-Set 42,60
Resofell-Set:
- Remo 22” Fiberskyn (FA) 47,80
- Remo 14” Ambassador Snare 14,70
- Remo Ambassador Clear-Set 44,20
Sticks: 4x Innovative Percussion 5A Legacy 8,90** (37,40)
Gehörschutz: Alpine Music Safe 17,50
Buch: Nils Schröders "Drum Tuning" 14,90
1209,30
* Wenn man sich erst mal mit den beigelegten Meinl-MCS-Pressblechen zufriedengibt, die für die ersten Schritte definitiv ausreichen und allemal besser klingen als Messingteller, ist das Imperialstar-Bundle ein gutes Angebot. Achtung, die Hardware ist hier der wirkliche Kompromiss, denn die hält zwar alles an seinem Platz, eignet sich aber eher für den Übungs- und Proberaumbetrieb als für „on the road“!
** Bitte nicht von der einen negativen Bewertung abschrecken lassen, das muss ein Montagspaar gewesen sein – ich bin auf diese Sticks umgestiegen, weil sie super verarbeitet, ausgewichtet und haltbar sind!
Exempel II:
Nun folgt ein reines Hausmarken-Set mit lediglich einem statt zwei Crashbecken. Das Fell-Upgrade schenken wir uns hier, aus Kostengründen. Auch mit diesem Set kann man üben, proben, live auftreten und glücklich werden.
Fame Fire Shell-Set 555,00
Millennium Pro Hardware-Set 239,00
Zultan Rockbeat Standard-Set 298,00
Millennium DT900 Hocker 79,00
Rohema Sticks 5a 7,90 (x2 = 15,80)
Gehörschutz: Alpine Music Safe 17,50
1204,30
Exempel III:
Mit diesen Zutaten wird’s wirklich was, aber aufgepasst: Hier wird das o. g. Budget deutlich gesprengt! Dafür bekommt man aber auch ein bewährtes, preiswertes Set der unteren Mittelklasse mit tollen Becken und solider Hardware.
Shell-Set: Pearl Export 599,00
Beckenset: Zultan RockBeat Profi-Set 369,00
Hardware: Gibraltar 6700 Hardware-Set 369,00
Zusatzstativ: Gibraltar 6709 Boom Stand 74,00
Hocker: Gibraltar 9608E Drum Throne 99,00
Sticks: 4x Innovative Percussion 5A Legacy 8,90** (37,40)
Gehörschutz: Alpine Music Safe 17,50
Buch: Nils Schröders "Drum Tuning" 14,90
1579,80
** s. o.
Noch grauenhafter fürs Portemonnaie wird es, wenn man von Anfang an das tolle Set zum Singen bringen will, denn dafür braucht man auch beim Export neue Schlag- und ggf. Resonanzfell-Sätze.
Schlagfell-Set:
- Remo 22"; Powerstroke 3 50,70
- Remo 14"; Ambassador coated 16,50
- Remo Emperor Clear-Set 42,60
Resofell-Set:
- Remo 22” Fiberskyn (FA) 47,80
- Remo 14” Ambassador Snare 14,70
- Remo Ambassador Clear-Set 44,20
Macht 109,80 bzw. 216,50 zusätzlich zu den obigen 1579,80 – also insgesamt 1689,60 bzw. 1796,30. Diese Ausstattung wird bei pfleglicher Behandlung allerdings auch ewig halten, ist für den Amateurbereich durchaus roadtauglich, kann in fast allen Musikrichtungen eingesetzt werden und wird dementsprechend lange Freude machen.
Du siehst also: Es gibt durchaus Möglichkeiten, sich für wenig Geld eine solide Ausstattung zuzulegen, unter 1200 Euro wird das bei Neukauf allerdings nichts, und selbst das gelingt nur mit Abstrichen und Kompromissen. Wenn Du also hundertprozentig sicher bist, dass das Trommeln für Dich so wichtig ist wie die Luft zum Atmen und dass es unbedingt neues Equipment im Komplett-Set sein muss, lautet mein Rat, die eineinhalbfache Summe in die Hand zu nehmen und somit ca. 1800 Euro in so ein bombensicheres Traumset wie im Exempel III zu investieren.
Und nun wünsche ich Dir viel Spaß und Erfolg beim Durchsuchen des Forums mithilfe der FAQ und der SuFu sowie beim Stöbern und Ausprobieren in den Läden!
Danke fürs Durchlesen!
André
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