[Review] Shure Beta 181

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Shure hat mit der neuen Beta 181-Serie eine sehr interessante Modulserie von Kleinmembran-Kondensatormikrofonen mit Wechselkapsel auf den Markt gebracht.

Shure Beta 181


Gute Nieren- und Supernieren-Condenser gibt es natürlich viele, für das Beta 181-System gibt es neben diesen beiden Standard-Richtcharakteristiken aber auch noch eine Kugel-Kapsel und besonders hervorzuheben eine Achter-Kapsel.
Die Straßenpreise für Speiseteil und einen Mikrofonkopf liegen bei unter 450,-- €, die Einzelpreise für Speiseteile oder einzelne Kapseln zeichnen sich noch nicht recht ab.

Auffällig ist der stehende Aufbau der Mikrofonköpfe für seitliche Besprechung, "Lollipop-Design". Sieht für Kleinmembraner ungewöhnlich aus, hat aber keine Nachteile, sondern erleichtert teilweise die Positionierung, insbesondere bei manchen Stereoverfahren oder unter beengten Raumverhältnissen und ermöglicht der Acht eine saubere, homogene Richtcharakteristik.
Wie nicht anders zu erwarten, ist die Serie sehr wertig, robust und uneingeschränkt roadtauglich.
Die Lackierung zeigt die typische blaugraue Shure-Beta-Farbe, die auffällige Gesamtgestaltung ist schon recht barock.

Unterschieden werden die Kapseln durch dezent am Sockel zwischen Überwurfmutter und Kapsel eingravierte Charakteristiksymbole.

Mitgeliefert werden neben solider Mikrofonklemme und Transporttasche noch ein praxistauglicher Windschutz, der sich besonders im Freien bewährt. Optional gibt es noch eine entkoppelnde Mikrofonklemme.

Die Fertigungsqualität ist auf höchsten Niveau, astreine Oberflächen, saubere Verschraubungen und präzise, enge Spaltmaße.
Das zeigt sich auch in der sehr geringen Serienstreuung. Die Speiseteile zeigen nicht die geringsten Toleranzen, die Mikrofonköpfe geringste Toleranzen, insgesamt ist die Serienstreuung auf vorbildlich engem Niveau. Das bestätigt meinen schon beim Beta 27 gemachten Eindruck einer sehr positiven Entwicklung bei Shure.
Kleine Randpolemik: Bei so geringer Serienstreuung führen sich sogenannte "selektierte Stereopaare" manch anderer Anbieter auch aus dem gehobenen Bereich mit immer noch mehrfacher Abweichung ad absurdum.

Die Verbindung zwischen Speiseteil und Kapsel erfolgt über ein verschleißfreies und verwechslungssicheres Stecksystem mit gerändelter Überwurf-Sicherungsmutter. Gegenüber reinen Schraubsystemen ist das bei häufigem Kopfwechsel sicher langlebiger und bei hektischem Wechsel auch weniger fehleranfällig. Gegenüber Bajonettsystemen ist die Handhabung zwar etwas langsamer, aber im Langzeitgebrauch verschleißfreier.

Das Speiseteil ist relativ klein und leicht und verfügt über keinerlei Zusatzfunktionen wie PAD oder schaltbaren Hochpass.
Beides halte ich aber auch für verzichtbar:
Schaltbare Hochpassfilter erscheinen mir besonders dann sinnvoll, wenn sie speziell auf die jeweilige Mikrofonkapsel angepasst sind. Das ist bei einer Modulserie aber so nicht für die Gesamtserie möglich, der Nahbesprechungseffekt ist ja prinzipbedingt richtcharakteristikabhängig von Kapsel zu Kapsel unterschiedlich. Bei Mikrofonen dieser Qualitätsklasse gehe ich von angemessener Filterungsmöglichkeit nach dem Vorverstärker aus.
PAD-Schalter am Mikrofon nutzen ohnehin nur da wirklich, wo sie tatsächlich die Empfindlichkeit der Kapsel reduzieren und nicht nur den Ausgangspegel des Mikros verringern.
Die Kapseln der Beta 181-Serie sind aber so pegelfest, dass sie auch bei Nahabnahme an sehr lauten Quellen keinen PAD benötigen. Ist das Ausgangssignal von Mikros am Vorverstärker zu hoch (beim Beta 181 eher selten bis unwahrscheinlich), wird der Pegel besser direkt am Vorverstärker reduziert.
Shure gibt für die Beta 181-Kapseln unglaubliche um, bis deutlich über 150dB maximalen Schalldruckpegel an. Ich habe das nicht extra nachgemessen, aber mir ist es im praktischen Versuch nicht gelungen, die Kapseln zum Clippen zu bringen. Nahabnahmen von Bassdrum, Gitarrenamps oder lauten Bläsern sind jedenfalls ohne weiteres möglich.

Allerdings liegt die Empfindlichkeit der Mikros recht niedrig und das Eigenrauschen ist insgesamt leicht erhöht. Am besten schneidet bei diesen Werten noch die Nierenkapsel ab.
Damit eignen sich die Beta 181 eher für Nahabnahme, laute Quellen und Bühnenanwendung, weniger aber für akustisch sensible Studio- oder Choranwendung. Shure scheint speziell auf Bühnenoptimierung abgezielt zu haben.
Trotz der sonstigen ausgezeichneten Qualitäten wird so die ansonsten gegebene Universaleignung leider etwas eingeschränkt.

Die Richtcharakteristik wird bei allen Kapseln sehr gut eingehalten.

Nutzwinkel von Niere und Superniere sind in etwa gleich breit und unterscheiden sich durch ihre "Nullstellen", die bei der Niere natürlich bei 180° liegt bei der Superniere bei etwa 120°. Die Superniere bietet ab etwa 80° die bessere seitliche Dämpfung, hat aber ab etwa 140° eine recht deutlich ausgeprägte rückwärtige Keule.
Interessanterweise haben beide Kapseln scheinbar in der oberen Präsenz und unteren Brillanz eine relativ identische leichte Aufweitung der Keule. Ob das so gewollt und anerzogen ist oder ein unvermeidbarer Nebeneffekt kann ich nicht beurteilen.
Diese Aufweitung sorgt klanglich für eine angenehme indirekte Präsenz, die Kapseln klingen präsent, ohne scharf zu sein. Unter schwierigen Monitoringbedingungen könnte dies allerdings auch die Feedbackneigung etwas verstärken.

Klanglich sind die Kapseln sehr ähnlich, die Niere klingt aber minimal präsenter und hat eine deutlichere Brillanzbetonung von ca. 5,5dB bei 10kHz, die Superniere klingt im Bass minimal kräftiger und hat eine gemäßigtere Brillanzbetonung von etwa 3,5dB bei 8kHz. Die Superniere hat eine geringfügig höhere obere Grenzfrequenz von etwa 14kHz, darüber fallen beide Kapseln steil ab.
Persönlich gefällt mir insbesondere die Superniere sehr gut, sehr interessant u.a. für Snare-Bottom.

Die Kugel zeigt eine weich und gleichmäßig zum Bass ansteigende Charakteristik und ist prinzipbedingt auch sehr tief noch nutzbar, auf Achse zeigt sich eine kräftige Brillanzbetonung von fast 7dB bei 10kHz, ähnlich den Nieren beginnt dieser Anstieg ab ca. 3kHz. Die obere Grenzfrequenz liegt bei etwa 15kHz.
Bedingt durch den Membrandurchmesser schnürt sich die Richtcharakteristik unvermeidlich ab der Präsenz zunehmend ein.
Ist der Klang bei Nahabnahme zu brillant, bieten sich zwei Vorgehensweisen an. Absenkung durch EQ, dadurch wird aber auch der Diffusanteil im Hochton eingeschränkt, oder leichtes Wegdrehen von der Quelle, dadurch bleibt der Diffusanteil neutral bis brillant und der Klang insgesamt luftiger.

Die Qualität der Kugel über alles ist so hoch, dass ich mir als Zusatznutzung auch Verwendung als Meßmikro vorstellen kann, die hohe Serienkonstanz macht die Ergebnisse auch ohne Kompensation gut vorhersehbar, insbesondere im Diffusfeld.
Punkten kann das Shure bei dieser Nutzung mit seiner deutlich höheren Großsignalfähigkeit gegenüber den üblichen Mittelklasse-Meßmikros.

Die Acht wirkt im Grundton und unteren Mittelton leicht schlank und steigt homogen zu den oberen Mitten an. Ab etwas 3kHz steigt der Pegel kräftiger an bis zu einer Brillanzbetonung von etwa 3dB zwischen 4 und 8kHz, die obere Grenzfrequenz liegt nur wenig über 10kHz. Die relativ tief sitzende obere Grenzfrequenz ist aber recht typisch für Kleinmembran-Achter und findet sich so auch bei den vergleichbaren Modellen anderer Hersteller.
Trotzdem, persönlich würde ich mir insgesamt bei allen Kapseln für Studioanwendungen eine etwas höher liegende Grenzfrequenz mit flacherem Hochtonabfall wünschen.
Irgendwas zu meckern finde ich halt immer...
Die Richtcharakteristik der Acht wird recht homogen eingehalten, ist zu meiner Überraschung aber ab dem oberen Mittelton nicht ganz symmetrisch zwischen vorne und hinten. Die Rückseite klingt minimal präsenter und brillanter. Das könnte für Goldöhrchen ein lohnendes Experimentierfeld sein.

Natürlich wird die Acht insbesondere für diverse Stereoverfahren gebraucht, hier zeigt sich die kleine Kapselgröße und die seitliche Besprechung als vorteilhaft.
Daneben bietet sich die Acht aber auch für vielfältige andere Zwecke an, bei denen es auf maximale seitliche Dämpfung ankommt oder zwei Quellen gleichzeitig abgenommen werden sollen. Beispielsweise verliefen Versuche recht vielversprechend, Snare und High-Hat zusammen mit einer dazwischen positionierten Acht abzunehmen, bei gleichzeitig sehr guter Ausblendung der Toms.

Persönlich gefällt mir sehr gut, dass die Familienähnlichkeit der akustischen Qualitäten der gesamten Serie sehr hoch ist, dies ist vor allem bei Stereoverfahren mit gemischten Köpfen sehr vorteilhaft.
Natürlich gibt es leichte tonale Unterschiede zwischen den verschiedenen Kapseln, aber auch die sind schon recht gering und problemlos kompensierbar. Auflösungsvermögen, Impulstreue und Verzerrungsarmut sind bei den Kapseln praktisch identisch und auch klassenbezogen auf sehr hohem Niveau.
Viele bewährte Modulserien anderer Hersteller bieten diese große Familienähnlichkeit von Kapsel zu Kapsel nicht.

Die Shure Beta 181 bieten insgesamt einen universell einsetzbaren, sehr modernen und offenen Sound, neutral und präzise, brillant, aber nie scharf.
Für Bühnenanwendungen, laute Quellen und Nahabnahme sind die Mikros uneingeschränkt empfehlenswert und ihren Preis mehr als gerecht wertend. Als Modulserie mit einer hochwertigen Achter-Dipol-Kapsel ist die Beta 181-Serie eine willkommene Bereicherung des Marktes.

Ciao, Deschek
 
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danke Dschenk für den ausführlichen und detailreichen Bericht.

Grüße
 
Hallo Deschek,

sehr gutes und vor allem ausführliches Review! Würd mich freuen, wenn noch einige Reviews folgen. :)
 

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