Natürlich kann man solche Sachen auch zerreden. Das ist mir bewußt, aber keinesfalls meine Absicht ! Ich will nur, WENN schon mal über sowas Interessantes philosophiert wird, meinen Senf noch dazugeben, wenn ich darf ... :
Also ich persönlich höre Musik solange einfach entspannt, bis irgendwas "passiert", entweder positives oder negatives. Dann beginnt sich mein analytisches Zuhören zuzuschalten. In diesem Falle war es ein "negatives" Hörerlebnis. Nun ist es mir noch wichtig, den Unterschied zwischen Reibung und Spannung einerseits, und Unwohlsein andererseits herauszuarbeiten:
Das Unwohlsein beim Hören der obigen Stelle könnte hervorgerufen worden sein durch das Intervall einer b9 zwischen der b7 des Akkords und dem gespielten Ton. Und b9 ist ein Intervall, das (unter fast allen Umständen ...) zu vermeiden ist. Das ist eine recht theoretische Erklärung.
Ich persönlich empfinde (!) es ein wenig anders: Es gibt grundlegende Akkord-QUALITÄTEN: Major, DomSept, vermindert, halbvermindert, moll. Jede Tension, egal wie spannungsreich auch immer, fügt der jeweiligen Qualität nur einen Farbtupfer hinzu, aber ÄNDERT NICHT die Qualität. Und Major und DomSept sind eben 2 grundlegend verschiedene Akkord-QUALITÄTEN, die nicht gleichzeitig funktionieren. Das ist keine Spannung oder Reibung mehr, sondern Unwohlsein, weil 2 (gegensätzliche) Dinge da miteinander konkurieren.
Man kann - meiner Meinung nach - wahnsinnig viele Dinge musikalisch machen, die dreckig, nicht glatt, innovativ, unerwartet, oder sonstwas in der Art sind. Damit das funktioniert, ist jedoch - unter anderem - erforderlich, daß es dem musikalischen Umfeld (Backing in diesem Fall) nicht ENTGEGEN wirkt. Vieles kann paralell laufen, auf anderen Pfaden zu einem selben Ziel, ja, aber nie ENTGEGEN.
Das "outside"-Konzept verfolgt ja auch den Gedankengang, dass eine innere Logik oder Schlüssigkeit der Phrase oder der Motivik ausreicht, um das Ganze funktionieren zu lassen. Und das stimmt. Wenn ich über die ersten 4 Takte des Blues alle möglichen Akkorde andeute und umspiele (als Solist), ohne, daß die im Backing tatsächlich gespielt werden (Coltrane Changes ...), dann funktioniert das, obwohl sich wahnsinnige Spannungsfelder ergeben. Aber beide Schienen haben dasselbe Ziel: Nämlich Takt 5. DESWEGEN funktioniert es.
Lediglich meine Gedanken dazu ...
Alles Liebe,
Thomas