Armin H.
NP Custom Guitars
Höfner Verythin CT
Aller guten Dinge sind Drei, oder ein Mann im Semi-Rausch. Zur meiner Ibanez AS 103 und der Heritage H-555 gesellt sich nun eine weitere Semi der aktuellen Contemporary-Serie des deutschen Gitarrenbauers Höfner. Sie kam heute im Morgengrauen, es war noch ganz kalt und man hatte den Eindruck, als ob der Tag gar nicht aufwachen wollte. Eigentlich wollte ich ihr etwas Zeit lassen, damit sie sich aufwärmen konnte, aber dann war die Neugierde doch grösser. Nicht, dass ich nicht gewusst hätte was da anrollt. Aber hier handelte es sich um eine veredelte Version der Verythin, aber dazu später. Ich hatte die Höfner Verythin auf meiner Suche nach einer schönen und bezahlbaren Semi schon länger im Blick. Als nun ein befreundeter Musiker, der zudem Endorser von Höfner ist, mir vom geplanten Verkauf seiner fast neuen und obendrein von Höfner aufwendig modifizierten Gitarre erzählte, war meine Entscheidung sofort gefallen. Ich möchte es gleich vorweg nehmen, meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt.
Die Gitarre:
Neben dem durch Paul McCartney berühmt gewordenen Violinenbass, dem Höfner HCT500, war die Höfner Verithin (damals noch ohne Y) die wohl beliebteste Gitarre der Beatgeneration aus dem Hause Höfner. Nicht nur in Deutschland, beide Instrumente verkauften sich auch im englischen Königreich hervorragend, wo die Verythin eine beliebte Alternative zu den unbezahlbaren amerikanischen Semiacoustics von Gibson war. Neben dieser etwas günstigeren Contemporary-Version gibt es noch das authentischere Modell Verythin Classic, allerdings etwa 5 mal so teuer und mit der JS eine dem amerikanischen Jazzgitarristen John Stowell gewidmete Signature-Variante auf klassischer Grundlage.
Die Dicke des Korpus ist mit "Verythin" sehr treffend bezeichnet, mit gerade einmal 31 mm Zargentiefe ist der bemerkenswert dünn geraten. Die schöne gewölbte Decke, der Boden wurde ebenfalls auf Kontur gepresst, präsentiert sich, genau wie die Rückseite, in laminiertem Ahorn mit einer wunderschöner Riegeloptik. Längs durch den Korpus zieht sich ein massiver Block aus Fichte, so soll das Sustain verlängert und Rückkopplungen unterbunden werden. Der Korpus ist genau wie Hals und Headstock, ist in ein sehr sauber verarbeitetes, creamfarbenes Binding eingelegt. Überhaupt ist die Verarbeitung absolut hochwertig. Holz- und Lackarbeiten wurden mit einer bemerkenswerten Sorgfalt ausgeführt, in dieser Preisklasse eher ungewöhnlich. Der Hals der Verythin ist etwas breiter als der einer Gibson ES, etwa 44,9 mm am Steg und 54,3 mm am 12. Bund, aber durchaus kräftig mit einem festen D Profil und 22,2 mm Halsdicke am ersten, sowie 23,4 mm am zwölften Bund.
Das Griffbrett ist aus Palisander, mit vorbildlich abgerichteten Medium Jumbo Frets. Es ist mit unauffälligen Dots markiert und lässt sich, hat man sich erst einmal an die neue Breite gewohnt, sicher, komfortabel und schnell spielen. Eine Mensurlänge von 643 mm entspricht Fendermaßen und damit meiner Vorliebe. Die Kopfplatte wurde eingeleimt und präsentiert das Höfner Logo, sowie ein florales Motiv, dass es so bereits in den 60ern gegeben hat. Der Sattel wurde durch einen aus Knochen ersetzt, die Mechaniken wurden ebenfalls gegen präzise Schaller ausgetauscht. Der Zugang zum eingelegten Halsstab versteckt sich unter einem Plättchen mit der Aufschrift "Contemporary Series".
In der anderen Richtung laufen die Saiten über eine, ebenfalls ersetzte Tune-o-matic Bridge mit Stoptail, der Firma Tonepros. Die auf diesem Weg überquerten Pickups sind ebenfalls nicht die originalen, sondern wurden durch ein von Höfner Technikern abgestimmtes Set outputstärkeren Diamond Humbucker mit Alnico 5, die von Schaller für die Classic Serie gebaut werden, ersetzt. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die gesamte Elektrik entfernt und mit CTS Potis, Orange Drops und hochwertigen Kabeln vorbildlich erneuert. Das aus drei Lagen geschichtete Schlagbrettchen wurde von mir zuerst einmal vorübergehend entfernt, damit ich einen ungetrübten Blick auf die wunderschöne Riegeldecke habe.
Klang und Handling:
Ich hatte schon den überschwänglichen Bericht in G&B schon gelesen und nachdem ich von dem Angebot erfuhr, bin ich auf schnellsten Weg in den nächsten Guitar Shop, um noch einmal zu sehen, was ich mir da ins Haus hole. War mein erster Eindruck in dem Laden noch als schwer beeindruckt zu bezeichnen, so war ich jetzt einfach überwältigt. Große Teile dieser Serie werden unter Aufsicht von Höfner Leuten in China gefertigt, die Fertigstellung, sowie die Qualitätskontrolle erfolgt dann bei Höfner im heimischen Baiersdorf.
Sicherlich hat die Tatsache, dass die Gitarre unter vielen ausgesucht wurde ebenso Gewicht, wie die diversen Modifikationen. Aber selbst die Modelle die ich in dem Laden angespielt habe waren perfekt abgestimmt und eingestellt, sodass ich jedes Wort in dem G&B Review unterschreiben kann. Die handwerkliche Ausführung, von den sauberen Bindings bis zu der perfekten Lackierung ist einfach vorbildlich. Die Verythin ist mit ihren 3,2 Kg als Leichtgewicht zu bezeichnen und ist im Sitzen wie auch am Gurt sehr ausgewogen. Der kräftige Hals liegt wunderbar in der Hand und lässt sich wie Butter spielen. Mädchen, bzw. auch männliche Mädchen mit kleinen Händen, sollten das vor dem Kauf noch einmal überprüfen. Ich habe einen frischen Satz Elixir 0.10 aufgezogen, der, bei relativ flacher Saitenlage, einen völlig nebengeräuschfreien und klaren Ton erzeugt. Ich möchte euch und mir den Schmus vom akustischen Klangpotential und semiakustischen Flair bei perkussivem Anschlagverhalten ersparen, aber diese Gitarre ist in meinen strahlenden Augen einfach perfekt und ich kann mir nur schwer vorstellen, was man hier noch besser machen könnte.
Unverstärkt präsentiert sich die Höfner in ihren Möglichkeiten in kleiner Lautstärke, aber doch akustisch, man merkt aber auch schon jetzt, wie voll und differenziert geschlagene Akkorde auf dem gesamten Griffbrett klingen und wie viel Saft im Anschlag steckt. Die Saiten schwingen schön und außergewöhnlich lange. Die Tonepros Bridge ist direkt und ohne Gewindehülsen mit der Decke und dem Sustainblock verschraubt, sodass der akustische Ton von Korpus und Hals ein Höchstmaß an Einfluss auf den Gesamtsound hat.
Die Schaller Diamonds haben ein wenig mehr Output als herkömmliche PAF´s und reagieren sofort auf jede Veränderung von Volume und Tone. Und vor allen Dingen auf den Anschlag. Sie übertragen den Ton sehr direkt und klar. Über die Diamond Schaller Alnicos weiß ich nicht besonders viel, nur dass sie in den teureren Semis und Archtops von Höfner verbaut sind und saugut klingen. Von dieser Stelle aus ein Lob an die Höfner Leute, die durchgeführten Modifikationen gingen direkt an die Schwachstellen, hier bekam die Verythin den Schliff zum Spitzeninstrument. Die hervorragende Bespielbarkeit habe ich aber auch schon bei den Mainstreet Verythins feststellen.
Dreht man im Cleankanal über den Hals Pickup die Höhen etwas raus, hat man einen warmen jazzigen Ton, wie er nur aus Semis oder Archtops kommt. Rund, voll und warm. Einzelne Töne zeigen ihre ganzen Fülle und Farbe, Dinge die man bei vielen Gitarren vermisst. Das Akkordspiel macht in allen Lagen, wegen dem übersichtlichen und etwas breiteren Griffbrett ganz besonderen Spaß. Ich brauche für meine Finger Platz und bekomme bei diesen schmalen Wizzardhälschen direkt Platzangst. In der Zwischenposition, man entschied sich für eine klassische Les Paul Schaltung, merkt man schnell wie gut die Pickups aufeinander abgestimmt sind. Hier lohnt es sich ein wenig mit Volume und Tone Poti zu experimentieren. Mit Enthusiasmus in den Leadkanal erwartet uns bei solider Lautstärke ein rotziger Chrunch, der aber immer einen Klang von Holz mitbringt. Und das ist keineswegs negativ, denn dadurch ist dafür gesorgt, dass der Ton nicht matscht sondern durchsichtig bleibt.
Sehr lässig funkt der Bridge PU, trocken und mittenreich über das MXR Chorus. Überhaupt reagieren Gitarre und Pickups äußerst positiv auf Pedale aller Art. Selbst bei kräftigen Einstellungen am Okko ist nichts von Feedbacks oder mikrofonischen Unregelmäßigkeiten zu hören. Die Höfner ist ebenso feedbacksicher wie jede Solid Body. Ein letzter Versuch mit dem Tube Zone von MI Audio doch noch ein wenig Unsicherheit aufkommen zu lassen bleibt erfolglos, auf mittelschwere High Gain Attacken reagiert die superdünne Rote zwar heftig, aber kontrolliert. Langsam verstehe ich, warum Ted Nugent jahrelang über eine Birdland rockte. Von Swing und Jazz über Blues bis zum erdigen Hard Rock bietet die Höfner Verythin CT eine große Palette von Gitarrensounds in bemerkenswerter Authenzität. Mit Sicherheit ist sie kein weiterer ES 335 Klone, sondern eine unheimlich vielseitige und eigenständige Rockgitarre mit Potential. Schon gegen das Mainstream Modell der Verythin erscheint alles bis zur Epi Elite wie eine unzureichende Kopie.
Was bleibt:
Ich habe mit meiner Ibanez AS-103 und der Heritage H-555, Gitarren der gleichen Bauweise eine gute Vergleichsmöglichkeit. So ist die Höfner gegenüber der immerhin auch fast 900 € teuren Ibanez tonal und auch in der Bespielbarkeit klar überlegen. Davon abgesehen, dass sie sehr viel leichter ist. Im Vergleich zu der Heritage, die mit einem Preis von mehr als 2000 € schon in die Oberliga zählt, kann die Deutsche sicherlich bei den verbauten Hölzern, oder den teuren Pickups nicht mithalten. Allerdings zeigt sich einmal mehr wie fruchtbar und kosteneffizient eine Deutsch-Chinesische, oder wie bei Egnater ein US-Chinesische Kooperation sein kann und welchen hohen Qualitäts- und Fertigungsstand hier erreicht werden kann. Ich kann die Heritage beim besten Willen nicht als die bessere Semi bezeichnen, da der komfortable Hals der Höfner meinem persönlichen Spielgefühl viel näher kommt.
Die Höfner Verythin CT kostet derzeit im Laden etwa 450 €, die angefallenen Umbauten kosteten nochmals etwa dasselbe, ohne Arbeitskosten. Ich habe 500 € bezahlt und eine Gitarre bekommen, die jetzt schon in der ersten Reihe steht.
Wer also eine preiswerte Semi sucht und keine Lust auf den Epikram hat, aber auch keine 3 Monatsgehälter in eine Gibson investieren will, sollte sich die Höfner Verythin aus der Contemporary-Serie mal in die Hand nehmen. Mich braucht ihr jedenfalls nicht zu fragen, es sein denn ihr seid an einer Ibanez Amber Burst interessiert, die Harry ist schon unter der Haube.
Viel Spaß und beste Grüße, Armin
PS.: Sorry wegen der Fotografie, dieser transparente rote Lack ist wirklich schwer festzuhalten. Ich habe die Gute wieviel mal gedreht um Spiegelungen wegzudrehen, aber das ist wie in einem Spiegelkabienett zu filmen.
Aller guten Dinge sind Drei, oder ein Mann im Semi-Rausch. Zur meiner Ibanez AS 103 und der Heritage H-555 gesellt sich nun eine weitere Semi der aktuellen Contemporary-Serie des deutschen Gitarrenbauers Höfner. Sie kam heute im Morgengrauen, es war noch ganz kalt und man hatte den Eindruck, als ob der Tag gar nicht aufwachen wollte. Eigentlich wollte ich ihr etwas Zeit lassen, damit sie sich aufwärmen konnte, aber dann war die Neugierde doch grösser. Nicht, dass ich nicht gewusst hätte was da anrollt. Aber hier handelte es sich um eine veredelte Version der Verythin, aber dazu später. Ich hatte die Höfner Verythin auf meiner Suche nach einer schönen und bezahlbaren Semi schon länger im Blick. Als nun ein befreundeter Musiker, der zudem Endorser von Höfner ist, mir vom geplanten Verkauf seiner fast neuen und obendrein von Höfner aufwendig modifizierten Gitarre erzählte, war meine Entscheidung sofort gefallen. Ich möchte es gleich vorweg nehmen, meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt.
Die Gitarre:
Neben dem durch Paul McCartney berühmt gewordenen Violinenbass, dem Höfner HCT500, war die Höfner Verithin (damals noch ohne Y) die wohl beliebteste Gitarre der Beatgeneration aus dem Hause Höfner. Nicht nur in Deutschland, beide Instrumente verkauften sich auch im englischen Königreich hervorragend, wo die Verythin eine beliebte Alternative zu den unbezahlbaren amerikanischen Semiacoustics von Gibson war. Neben dieser etwas günstigeren Contemporary-Version gibt es noch das authentischere Modell Verythin Classic, allerdings etwa 5 mal so teuer und mit der JS eine dem amerikanischen Jazzgitarristen John Stowell gewidmete Signature-Variante auf klassischer Grundlage.
Die Dicke des Korpus ist mit "Verythin" sehr treffend bezeichnet, mit gerade einmal 31 mm Zargentiefe ist der bemerkenswert dünn geraten. Die schöne gewölbte Decke, der Boden wurde ebenfalls auf Kontur gepresst, präsentiert sich, genau wie die Rückseite, in laminiertem Ahorn mit einer wunderschöner Riegeloptik. Längs durch den Korpus zieht sich ein massiver Block aus Fichte, so soll das Sustain verlängert und Rückkopplungen unterbunden werden. Der Korpus ist genau wie Hals und Headstock, ist in ein sehr sauber verarbeitetes, creamfarbenes Binding eingelegt. Überhaupt ist die Verarbeitung absolut hochwertig. Holz- und Lackarbeiten wurden mit einer bemerkenswerten Sorgfalt ausgeführt, in dieser Preisklasse eher ungewöhnlich. Der Hals der Verythin ist etwas breiter als der einer Gibson ES, etwa 44,9 mm am Steg und 54,3 mm am 12. Bund, aber durchaus kräftig mit einem festen D Profil und 22,2 mm Halsdicke am ersten, sowie 23,4 mm am zwölften Bund.
Das Griffbrett ist aus Palisander, mit vorbildlich abgerichteten Medium Jumbo Frets. Es ist mit unauffälligen Dots markiert und lässt sich, hat man sich erst einmal an die neue Breite gewohnt, sicher, komfortabel und schnell spielen. Eine Mensurlänge von 643 mm entspricht Fendermaßen und damit meiner Vorliebe. Die Kopfplatte wurde eingeleimt und präsentiert das Höfner Logo, sowie ein florales Motiv, dass es so bereits in den 60ern gegeben hat. Der Sattel wurde durch einen aus Knochen ersetzt, die Mechaniken wurden ebenfalls gegen präzise Schaller ausgetauscht. Der Zugang zum eingelegten Halsstab versteckt sich unter einem Plättchen mit der Aufschrift "Contemporary Series".
In der anderen Richtung laufen die Saiten über eine, ebenfalls ersetzte Tune-o-matic Bridge mit Stoptail, der Firma Tonepros. Die auf diesem Weg überquerten Pickups sind ebenfalls nicht die originalen, sondern wurden durch ein von Höfner Technikern abgestimmtes Set outputstärkeren Diamond Humbucker mit Alnico 5, die von Schaller für die Classic Serie gebaut werden, ersetzt. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die gesamte Elektrik entfernt und mit CTS Potis, Orange Drops und hochwertigen Kabeln vorbildlich erneuert. Das aus drei Lagen geschichtete Schlagbrettchen wurde von mir zuerst einmal vorübergehend entfernt, damit ich einen ungetrübten Blick auf die wunderschöne Riegeldecke habe.
Klang und Handling:
Ich hatte schon den überschwänglichen Bericht in G&B schon gelesen und nachdem ich von dem Angebot erfuhr, bin ich auf schnellsten Weg in den nächsten Guitar Shop, um noch einmal zu sehen, was ich mir da ins Haus hole. War mein erster Eindruck in dem Laden noch als schwer beeindruckt zu bezeichnen, so war ich jetzt einfach überwältigt. Große Teile dieser Serie werden unter Aufsicht von Höfner Leuten in China gefertigt, die Fertigstellung, sowie die Qualitätskontrolle erfolgt dann bei Höfner im heimischen Baiersdorf.
Sicherlich hat die Tatsache, dass die Gitarre unter vielen ausgesucht wurde ebenso Gewicht, wie die diversen Modifikationen. Aber selbst die Modelle die ich in dem Laden angespielt habe waren perfekt abgestimmt und eingestellt, sodass ich jedes Wort in dem G&B Review unterschreiben kann. Die handwerkliche Ausführung, von den sauberen Bindings bis zu der perfekten Lackierung ist einfach vorbildlich. Die Verythin ist mit ihren 3,2 Kg als Leichtgewicht zu bezeichnen und ist im Sitzen wie auch am Gurt sehr ausgewogen. Der kräftige Hals liegt wunderbar in der Hand und lässt sich wie Butter spielen. Mädchen, bzw. auch männliche Mädchen mit kleinen Händen, sollten das vor dem Kauf noch einmal überprüfen. Ich habe einen frischen Satz Elixir 0.10 aufgezogen, der, bei relativ flacher Saitenlage, einen völlig nebengeräuschfreien und klaren Ton erzeugt. Ich möchte euch und mir den Schmus vom akustischen Klangpotential und semiakustischen Flair bei perkussivem Anschlagverhalten ersparen, aber diese Gitarre ist in meinen strahlenden Augen einfach perfekt und ich kann mir nur schwer vorstellen, was man hier noch besser machen könnte.
Unverstärkt präsentiert sich die Höfner in ihren Möglichkeiten in kleiner Lautstärke, aber doch akustisch, man merkt aber auch schon jetzt, wie voll und differenziert geschlagene Akkorde auf dem gesamten Griffbrett klingen und wie viel Saft im Anschlag steckt. Die Saiten schwingen schön und außergewöhnlich lange. Die Tonepros Bridge ist direkt und ohne Gewindehülsen mit der Decke und dem Sustainblock verschraubt, sodass der akustische Ton von Korpus und Hals ein Höchstmaß an Einfluss auf den Gesamtsound hat.
Die Schaller Diamonds haben ein wenig mehr Output als herkömmliche PAF´s und reagieren sofort auf jede Veränderung von Volume und Tone. Und vor allen Dingen auf den Anschlag. Sie übertragen den Ton sehr direkt und klar. Über die Diamond Schaller Alnicos weiß ich nicht besonders viel, nur dass sie in den teureren Semis und Archtops von Höfner verbaut sind und saugut klingen. Von dieser Stelle aus ein Lob an die Höfner Leute, die durchgeführten Modifikationen gingen direkt an die Schwachstellen, hier bekam die Verythin den Schliff zum Spitzeninstrument. Die hervorragende Bespielbarkeit habe ich aber auch schon bei den Mainstreet Verythins feststellen.
Dreht man im Cleankanal über den Hals Pickup die Höhen etwas raus, hat man einen warmen jazzigen Ton, wie er nur aus Semis oder Archtops kommt. Rund, voll und warm. Einzelne Töne zeigen ihre ganzen Fülle und Farbe, Dinge die man bei vielen Gitarren vermisst. Das Akkordspiel macht in allen Lagen, wegen dem übersichtlichen und etwas breiteren Griffbrett ganz besonderen Spaß. Ich brauche für meine Finger Platz und bekomme bei diesen schmalen Wizzardhälschen direkt Platzangst. In der Zwischenposition, man entschied sich für eine klassische Les Paul Schaltung, merkt man schnell wie gut die Pickups aufeinander abgestimmt sind. Hier lohnt es sich ein wenig mit Volume und Tone Poti zu experimentieren. Mit Enthusiasmus in den Leadkanal erwartet uns bei solider Lautstärke ein rotziger Chrunch, der aber immer einen Klang von Holz mitbringt. Und das ist keineswegs negativ, denn dadurch ist dafür gesorgt, dass der Ton nicht matscht sondern durchsichtig bleibt.
Sehr lässig funkt der Bridge PU, trocken und mittenreich über das MXR Chorus. Überhaupt reagieren Gitarre und Pickups äußerst positiv auf Pedale aller Art. Selbst bei kräftigen Einstellungen am Okko ist nichts von Feedbacks oder mikrofonischen Unregelmäßigkeiten zu hören. Die Höfner ist ebenso feedbacksicher wie jede Solid Body. Ein letzter Versuch mit dem Tube Zone von MI Audio doch noch ein wenig Unsicherheit aufkommen zu lassen bleibt erfolglos, auf mittelschwere High Gain Attacken reagiert die superdünne Rote zwar heftig, aber kontrolliert. Langsam verstehe ich, warum Ted Nugent jahrelang über eine Birdland rockte. Von Swing und Jazz über Blues bis zum erdigen Hard Rock bietet die Höfner Verythin CT eine große Palette von Gitarrensounds in bemerkenswerter Authenzität. Mit Sicherheit ist sie kein weiterer ES 335 Klone, sondern eine unheimlich vielseitige und eigenständige Rockgitarre mit Potential. Schon gegen das Mainstream Modell der Verythin erscheint alles bis zur Epi Elite wie eine unzureichende Kopie.
Was bleibt:
Ich habe mit meiner Ibanez AS-103 und der Heritage H-555, Gitarren der gleichen Bauweise eine gute Vergleichsmöglichkeit. So ist die Höfner gegenüber der immerhin auch fast 900 € teuren Ibanez tonal und auch in der Bespielbarkeit klar überlegen. Davon abgesehen, dass sie sehr viel leichter ist. Im Vergleich zu der Heritage, die mit einem Preis von mehr als 2000 € schon in die Oberliga zählt, kann die Deutsche sicherlich bei den verbauten Hölzern, oder den teuren Pickups nicht mithalten. Allerdings zeigt sich einmal mehr wie fruchtbar und kosteneffizient eine Deutsch-Chinesische, oder wie bei Egnater ein US-Chinesische Kooperation sein kann und welchen hohen Qualitäts- und Fertigungsstand hier erreicht werden kann. Ich kann die Heritage beim besten Willen nicht als die bessere Semi bezeichnen, da der komfortable Hals der Höfner meinem persönlichen Spielgefühl viel näher kommt.
Die Höfner Verythin CT kostet derzeit im Laden etwa 450 €, die angefallenen Umbauten kosteten nochmals etwa dasselbe, ohne Arbeitskosten. Ich habe 500 € bezahlt und eine Gitarre bekommen, die jetzt schon in der ersten Reihe steht.
Wer also eine preiswerte Semi sucht und keine Lust auf den Epikram hat, aber auch keine 3 Monatsgehälter in eine Gibson investieren will, sollte sich die Höfner Verythin aus der Contemporary-Serie mal in die Hand nehmen. Mich braucht ihr jedenfalls nicht zu fragen, es sein denn ihr seid an einer Ibanez Amber Burst interessiert, die Harry ist schon unter der Haube.
Viel Spaß und beste Grüße, Armin
PS.: Sorry wegen der Fotografie, dieser transparente rote Lack ist wirklich schwer festzuhalten. Ich habe die Gute wieviel mal gedreht um Spiegelungen wegzudrehen, aber das ist wie in einem Spiegelkabienett zu filmen.
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