Egal was ein Sänger/in auch macht, es sollte zu ihm/ihr "passen".
Genau - es kommt eben immer drauf, WER WAS und WO in WELCHEM Zusammenhang macht. Das macht die Gratwanderung ziwschen "peinlich" und "cool" aus.
Und damit ist wohl auch die kleine Differenz zwischen Puddy Polly und ninanna geklärt. So eine sexuelle Geste kann, darf und sollte sich natürlich nicht jeder erlauben. Sie kann unangenehm, protzig oder provozierend wirken, aber in einem anderen Zusammenhang durchaus auch satirisch oder lustig.
Das Ganze ist immer im direkten Zusammenhang mit dem Künstler, seiner Intention, der Situation und seinem Image (wenn er schon eines hat) zu sehen. Ein Lemmy Kilmister darf ruhig mal ein bißchen torkeln - ein Roland Kaiser eher nicht.
Daher sollte man sich schwer hüten, solche Threads als allgemeine Inspirationsquelle für sich selbst zu betrachten.
Mal eine ernst gemeinte Frage: Sind Sänger im Allgemeinem vom Naturell her "Rampensäue", also extrovertierte Menschen ? Oder ist es eine Verwandlung, die sich erst auf der Bühne vollzieht?
Das gibt es so und so ... Ich teile das Schicksal mit vielen anderen, in "normaler" Gesellschaft nicht zwingend im Mittelpunkt stehen zu müssen - auf der Bühne verändert sich das allerdings.
Ich sehe darin aber keinen Widerspruch und auch keine "Verwandlung": auf der Bühne hab ich ja eine komplett andere Ausgangssituation: ich stehe automatisch im Mittelpunkt und muss ihn mir nicht extra "erkämpfen", ich bin sowieso der lauteste, denn ich habe ja ein Mikro. Und: die Leute sind alle freiwillig gekommen - ich kann also von einer grundsätzlichen Aufmerksamkeit und Akzeptanz meiner Person und dem was ich tu oder sage, ausgehen.
In einer normalen Gesprächsrunde ist das ganz anders: ich muss mir die Position erst erobern, in dem ich lauter rede, mehr rede, eventuell anderen ins Wort falle. Und das liegt mir nunmal gar nicht. Ich mag grundsätzlich Aufmerksamkeit, ich mag es zu unterhalten: aber ich dränge mich ungern auf. Auf der Bühne brauche ich das gar nicht.
Wieder andere sind sowohl auf der Bühne als als auch sonst extrovertiert. Und dann gibt es natürlich auch Leute, die machen in Gruppe ständig den Lauten, werden aber erst auf der Bühne ganz schüchtern. Solche wollen meist gar keine Aufmerksamkeit oder ein Publikum. Sie brauchen, um sich in einer Gruppe in den Mittelpunkt zu begeben, auch den Schutz der Gruppe. Auf der Bühne wären sie daher zu sehr auf sich gestellt.
Kann man das lernen oder hat man es?
Es ist wie bei allem anderen auch. Wem Mathe nicht so liegt, der hat auch mehr Schweirigkeiten, es zu lernen - weil es ihm keinen Spaß macht. Wer von natur aus einen Witz auf seine Art gut poiintiert erzählen kann, wird es beim Witzerzählen immer einfacher haben, als jemand, der dafür erst eine "Witzerzählschule" benutzen muss.
Also wie immer: obwohl man angeblich alles lernen kann, werden niemals alle gleich gut in allem sein - auch wenn jeder den gleichen Unterricht genießt. Sonst wäre das Leben und die Menschen ja auch langweilig.
Man kann die Bühnenperformance aber entwickeln, in dem man Stück für Stück die Grenzen erhöht und versucht, sich selbst (und das Publikum) besser kennenzulernen. Eine gewisse Routine (plus Menschenkenntniss) macht einen auch auf der Bühne sicherer. Man kann natürlich auch eine komplette Show bis zum kleinsten einstudierten Witz duchchoreogrphieren - aber dazu gehört wieder sehr viel Professionalität und eigentlich auch ein Regiesseur.
Daher: man sollte nicht versuchen, Extrovertiertheit zu lernen. Aber man sollte versuchen, auf der Bühne glaubhaft jemanden darzustellen, den man selbst hier und jetzt mögen würde.
Im Prinzip passiert zwischen Publikum und Interpret das Gleiche wie beim Werben um die Gunst eines potentiellen Beziehungspartners. Und in einer Kunstgalerie baggert man hat anders als beim Ballermann auf Malle.