Armin H.
NP Custom Guitars
Blackout Telecaster deLuxe Custom
Vorgeschichte:
Eigentlich war ich mir nicht sicher, ob und unter welchem Titel ich dieses Review hier abliefern kann, da es diese Telly serienmäßig gar nicht zu erwerben gibt. Aber da die Gitarre und alle verbauten Teile nagelneu sind, wage ich es trotzdem. Wahre Puristen werden sich jetzt sicher kreidebleich abwenden, aber es war ja nicht meine Vorhaben die eigene Interpretation einer Singlecoiltelly zu verwirklichen. Ich wollte diese Mutter aller Stromgitarren mit fetten Humbuckern und Viertelpfündern bestücken. Also keine leichte Kost.
Body und Neck:
Ich hatte schon das ein oder andere Mal die Blackout Telecaster aus der mexikanischen Deluxe Serie von Fender gesehen. In dem Werk in Ensenada, keine 50 Meilen vor dem Grenzübergang ins gelobte Land, baut Fender seit einigen Jahren hochwertige Gitarren, die sich meiner Meinung nach, nur durch bessere Pickups und dem smarten "Made in USA" Stempel von der US Ware der American Standard Serie unterscheiden. Augenscheinlich ist es auch so, dass sich die beiden Werke, bei Engpässen mit Hardware aushelfen. Ein eben solcher Blackout Body mit Fräsungen für 3 PU´s wurde nun gerade in nagelneuem Zustand im großen Auktionshaus angeboten. Inklusive einem normalen Telecaster loaded Pickguard und einem weiteren, mit der Aussparung für einen weiterer mittleren Single PU.
By telehero, shot with DMC-TZ7 at 2010-03-12
Ein paar Tage später lag das Paket vor mir, der Verkäufer hatte aus irgendwelchen Gründen nur Interesse am Hals und so erwarb ich den Rest zu einem günstigen Preis. Den passenden Hals beschaffte ich im internationalen Teil der Bucht und hatte kurze Zeit später einen nagelneuen Telecaster one-piece-mable deluxe MIM Hals, samt den dazu gehörigen Fendertunern für relativ kleines Geld auf dem Tisch. Somit hatte ich zumindest schon einmal eine funktionstüchtige Tele made in Mexico, wenn auch zuerst einmal nur die 2 PU Version.
Die Pickups:
Die Tonabnehmer und die Schaltung waren das größte Problem, denn ich wollte äusserlich nichts am Outfit ändern, zumindest nicht an der Knobplate und den Reglern. Dass ich eine Menge Schaltungskram in den Fräsungen der Telecaster verpacken musste, war mir klar, aber welche Schaltungen wollte ich denn überhaupt?!
Zuerst einmal die üblichen 5way Stratschaltungen mit reversem Mittelpickup, um in den Zwischenstellungen keinen Brumm aufkommen zu lassen. Dann die Teleschaltung mit Neck und Hals als Single und die üblichen Les Paul Schaltungen, auf Wunsch gesplittet. Und das alles mit nur je einem Master Vol und Tone, sowie einem 5 Wege Schalter.
Für den Hals und Bridgebereich besorgte ich mir ein kalibriertes Pair Seymour Duncan Hot Rails STHR 1b/n f. Telly und als Single und Middle einen Quater Pound Flat SSL-4 RW f. Strats des selben Herstellers. Ich kannte die Hot Rails von anderen Telecastern und wusste, dass sie nicht nur fette Mitten bringen und ohne Ende Power haben, sondern auch gesplittet ganz gut klingen. Die Rails haben mit ihren Klingenmagneten und einer sehr hohen Spulenzahl ein unglaubliches Sustain und klingen im HB-Betrieb sehr fett. Mit 10.9 bzw. 14.8 kOhm haben sie einen wirklich hohen Output.
Der Quarter Pound Flat ist ja der Blackmore PU schlechthin, und der hat gleich zwei in seiner Strat, der mittlere PU Platz ist leer. Der SSL-4 hat doppelt so dicke Magnetpole wie ein normaler Single Coil. Die Polepieces haben einen Durchmesser von einem Viertel Zoll, der Pickup hat einen etwa doppelt soviel Power wie ein üblicher Single. Wenn man ihn hart anfährt hat er viel Punch, ähnlich einem P 90. Er ist allerdings auch ein Pickup, der bei normalen Lautstärken ein schönes volles Clean abliefert und das auch noch mit sauberen Bässen. Später sollte sich zeigen, dass ich bei den Tonabnehmern instinktiv die richtige Wahl getroffen hatte.
Die Bridge:
Der Hals war schnell montiert, ausgerichtet und passte perfekt. Die Fenderhälse aus Mexico liegen wirklich toll in der Hand, ein moderates C Profil, nicht zu dick, nicht zu dünn und eine feine, hauchdünne Lackierung sorgt für ungehinderten Spielspaß (jetzt klinge ich schon wie die Lautendichter von G&B). Nur das originale Fender Bridgeteil erschien mir etwas windig, wie man in Bayern sagen würde. Ich wollte eine Bridge mit sechs einstellbaren Reitern. Die Möglichkeit bot das Fender Teil auch, aber mit der schweren Telebridge GTC 510 von Gotoh, die man allerdings auch genau so schwer bekommt, konnte die Fenderkonstruktion nicht konkurrieren. So wurde die Bridge gegen das massive Teil von Gotho getauscht und der Headstock bekam zwei passende Saitenniederhalter, um die Saiten in einem besseren Winkel an die Tuner zu führen.
By telehero, shot with DMC-TZ7 at 2010-03-12
Die Schaltung:
Die einfachste Lösung wäre wohl gewesen, einen der vielen Pickup- und Gitarrenbauer in Berlin aufzusuchen und die Schaltung für viel Geld einbauen zu lassen. Aber wer hat schon viel Geld und so beschloß ich einen Mittelweg zu suchen, um im Notfall nicht völlig hilflos dazu stehen. Also habe ich mir zuerst einmal Literatur gesucht und mich mit den wichtigsten und grundsächlichen Kenntnissen versorgt. Ich kannte Lemme´s Buch über Gitarrenelektronik und Resonanzfrequenzen von Pickups. Recht schnell war mir klar, dass man sich jahrzehntelange praktische Arbeit nicht in ein paar Tagen oder Wochen anlesen lassen. Ich hatte drei sehr Outputstarke Tonabnehmer, die aber auch schöne und glockige Cleansounds genau wie guten Chrunch und fette Leads bringen sollten. Hatte ich mir das Ganze zu einfach vorgestellt? Ich begann auch hier im Board zu stöbern und landete bei einer Story über die HSH Schaltung einer G&L über die Miles Smiles einmal was geschrieben hatte. Glücklicherweise bekam ich auf meine Anfrage sehr schnelle Hilfe aus unserem südlichen Nachbarland, mit dem uns mehr als nur die gemeinsame Sprache verbindet. Auch dort wird fleißig Gitarre gespielt und gebastelt.
An dieser Stelle noch einmal vielen Dank für Deine Mühe, Miles. Jedenfalls bekam ich nach einigen Tagen regen Schriftverkehrs einen Schaltplan, mit dem ich alle von mir gewünschten Schaltungen ermöglichen konnte. Das war schon einmal mehr als die halbe Miete. Es war geklärt, dass das Ganze nur mit einem Eyb Megaswitch oder einem Fender 5way Super Switch mit mehreren Schaltebenen zu lösen war. Unklar waren die Auswahl der Widerstände und die genaue Zusammensetzung der Elektromik und Poti. Ich entschied mich auf Anraten des örtlichen Gitarrenelektrikers für den Fender, obwohl doppelt so teuer, aber auch robuster und übersichtlicher zu löten.
Ich wollte die Schaltung so einfach wie möglich, am liebsten nicht viel komplizierter als eine normale 5way Stratschaltung, damit keine Fummelei nötig ist. Es sollte noch einmal eine ganze Zeit vergehen, bis ich das gesamte Zeug für die Schaltung, einschließlich der passenden Widerstände, Kondensatoren, Poti und Push Pull gefunden hatte. Letztlich war doch ein Eingeständnis in Form eines Miniswitch nötig, um die Schaltung bequem einzurichten. Der Miniswitch erhielt einen Platz zwischen Vol & Tone, wo er leicht zu erreichen war und nicht stören würde.
Für den Master Volume wurde ein üblicher 500 kOhm CTS gekauft. Als Master Ton kam ein 500 kOhm Push Pull Poti zum Einsatz, das außer dem splitten der Humbucker noch die Funktion hat, den mittleren Pickup in den Mitten und Höhen zu pushen. Die beiden Rails blieben ohne Toneregelung, sie wurden beide gut eingerichtet und lassen sich bestens am Amp regulieren. Der hinzu gefügte Miniswitch, der zwischen den beiden Poti keinerlei Behinderung darstellt, hat nur einen Zweck: er schaltet beide Humbucker ohne Middlepickup im 5 way Switch auf eine anderen Ebene. Somit ist der 5 Way praktisch ein LP/Tele 3 Way Switch, der beide Humbucker schaltet, auch gesplittet.
Der Quarter ist dann nicht mehr aktiv, weil er auf der "Stratebene" des 5 Way Switch verschaltet ist. Mit dem Ton Push Pull lassen sich die Rails jetzt noch splitten, sodass alle Teleschaltungen gehen. Die Schaltung war wirklich gut ausgeführt, von Miles Grundplan, bis zur Umsetzung durch den örtlichen Techniker. Ich habe mich an meine gebräuchlichsten Schalterstellungen schnell gewöhnt. Mit den Miniswitch schalte ich zwischen Strat oder LP/Tele Modus. Mit dem Push Pull lassen sich die Humbucker in jeder Ebene splitten. Also nichts, wobei man länger als einen Wimpernschlag nachdenken muss. Mit der praktischen Umsetzung sieht es dann aber anders aus. Da sollte man wirklich nicht ohne die nötige Erfahrung ran.
Auf der Strat Ebene ist der Quarter Pound reverse zugeschaltet und die Humbucker werden in den Zwischenstellungen automatisch gesplittet (jeweils äußere Spule aktiv). Da der Middle PU reverse gewickelt ist, gibt es keinerlei Geräusch. Auch nicht beim Schalten oder an den Poti. Während dem gesamten Umbau habe ich allerhand über Gitarrenelektrik gelernt, aber es ist schon ratsam bei solchen Erstoperationen einen erfahrenen Elektriker an der Seite zu haben. Ohne ihn hätte ich die Gitarrenschaltung sicherlich nicht verwirklichen können.
By telehero, shot with DMC-TZ7 at 2010-03-12
Handling und Sound:
Zuerst einmal finde ich, daß die Telly ganz gut aussieht, ein schwarzes Pickguard ist bereits auf dem Weg. Die Telecaster ist mit 3840 Gramm gerade einmal 240 Gramm schwerer als das unverbastelte Original. Ich möchte diese Gewichtszunahme der Gotho Bridge zuschreiben, deren schwerer Stahlblock einen sicherlich nicht unerheblichen Betrag zu dem fetten Sustain der Telecaster beiträgt. Die Gitarre hängt völlig ausgewogen am Gurt, der Hals lässt sich bei komfortabler Saitenlage mit Medium Jumbos und 0.10er Saiten bequem und schnell spielen. Der Knochensattel wurde auf diese Saitenstärke eingerichtet und die Rollen an der Bridge, halten den Ton zusammen mit den sauber arbeiteten Tunern, auch bei heftigen Saitenkontakt und starken Bendings immer gut in Tune. Im trockenen Ton kann ich keinen großen Unterschied zu anderen guten Telecastern aus gleichem Holze feststellen, allerdings wirkt sich die schwere massive Bridge noch einmal sehr positiv auf das Sustain aus. Die Feinstimmer mit ihren Rollensatteln lassen eine absolut bund- und oktavreine Stimmung zu.
Als Amps hatte ich meinen neuen Egnater Renagate 112, sowie einen Engl Thunder 320 Reverb zur Verfügung. Natürlich hätte man mit dem Super Switch noch andere Schaltungsvarianten einrichten können, aber das hätte nur zu Verwirrung beigetragen und klanglich nicht viel gebracht. So ist alles sehr übersichtlich: Mini Switch unten, aktiviert die beiden Hot Rails, mit dem Tonpoti lassen sich die Spulen splitten. Auf Gimmicks wie seriell/parallel oder phasenverkehrt habe ich bewußt verzichtet. Wer jetzt denkt: "das kann ja nicht mehr nach Tele klingen!" wird überrascht sein. Natürlich nicht nach Classic Player ´50, aber jedenfalls als Telecaster. Mit den Hotrails klingt die Gitarre bissiger als eine Les Paul, jedenfalls in den Mitten und Höhen, eben Fender. Über den Engl geht´s hier auch ohne Pedale recht schnell in den ruppigen Bereicht.
Das klingt mit einem Boss DS-1 dann schnell mal nach Iron Maiden. Die Hotrails sollen ja auch gar nicht wie PAF klingen. Bei gezogenem Tone Poti verhält sich die Gitarre wie eine gute Telecaster, wenn auch mit etwas mehr Output und "Schmackes", aber auf alle Fälle unverkennbarer "Single-Twäng". Hier gab es mit dem Engl satte Chrunch- und Leadsounds, sobald der Gainregler die High Noon Marke überschritten hatte. Das läßt sich im 3ten Stock Altbau Hinterhof recht gut erproben. Die vorwiegend islamische Nachbarschaft ist hier sehr tolerant. Seit der cholerische Pole aus dem Zweiten ausziehen musste, gehen hier auch durchaus hohe Lautstärken. Jedenfalls holt niemand die Cops.
Mit dem Miniswitch oben verhält sich die Tele wie eine HSH Strat. Der Quarterpound macht auch im Singlebetrieb eine gute Nummer. Hier klingt die Tele schon sehr nach Melody Maker mit P90. Zusammen geschaltet mit den Rails ist der Quarterpound gut im Spiel, ob die Rails nun als HB´s oder gesplittet im Einsatz ist. Es wäre unsinnig sie mit meinen Old School Telly´s zu vergleichen und schon gar nicht mit einem Engl. Er ist ein reiner Rockamp und die Ergebnisse sind entsprechend. Der mexikanische Ahornhals läßt sich ebenfalls bestens spielen.
Über meinen frisch erworbenen Egnater Renagate 112, über den ich kürzlich berichtet habe,
https://www.musiker-board.de/reviews/380210-review-egnater-renagade-112-65-18-watt.html#post4567686
sieht es etwas anders aus.
Über den Clean Kanal und über die 6L6 klingt die Telecaster ganz klar fenderlike. Ein wenig Reverb im Verstärker und man hat die schönsten Cleansounds mit maximal Headroom, so einfach hatte ich das nicht erwartet. Hier lassen sich auch die Hotrail durch die feinere Klangregelung am Amp viel effizienter regulieren. Da sind schon schnell deutliche Santanasounds im Overdrive Kanal zu hören. Allem Anschein nach sind massive Bridges, wie in alten 80er Schecter Replacementzeiten, ein Garant für ein fettes Sustain. Zumindest in Verbindung mit guten Erlenbodys. Über die EL34 klingt die Telly insgesamt etwas rauher. Ich habe mich spieltechnisch noch nicht von meinem Motorradunfall und den Brüchen in meinem linken Handgelenk erholt, weshalb ich einfachere Rockriffs z. Zeit bevorzuge.
Fazit:
Die gepimpte Telecaster mit den Hotrails und dem Quarterpound hat meine Erwartungen mehr als übertroffen. Es ist schon erstaunlich zu sehen, wie diese Gitarre die feinsten unterschiedlichsten Sounds zaubert, ohne dabei an Charakter zu verlieren. Sicherlich ist sie von ihrer ursprünglichen Bestimmung weit entfernt und das anvisierte Einsatzgebiet erstreckt sich mehr vom Blues über Rock bis zu den ganz bösen Jungs.
Trotzdem liefert sie glaubwürdige Stratocaster- und vor allen Dingen Telecastersounds ab. Die Stimmung ist äußerst stabil und man braucht keinen Doktortitel um die Gitarre optimal einzustellen. Zur optischen Vollkommenheit bekommt sie noch ein schwarzen Pickguard, die in diesen Maßen hier gar nicht so einfach zu bekommen sind. Man sollte sich von dem unscheinbaren Äußeren nicht täuschen lassen. Ich bin mir sicher, dass sie auch vor einem Marshall oder Boogie gute Arbeit verrichtet.
… Modell: Deluxe Blackout Telecaster (customized)
… Serie: Deluxe Serie
… Korpus: Erle
… Hals: 1-teilig Ahorn, modernes C-Profil
… Griffbrett: Ahorn, 9.5 Zoll Radius (241mm)
… 21 Medium Jumbo Bünde
… Tonabnehmer: 2 Seymour Duncan Hot Rail STHR 1b/n f
1 Seymour Duncan Quarterpound SSL-4 RW
… Regler: 1 Volume, 1 Push Pull Tone, 1 Mini Switch, 5-Way Super Switch
… Brücke: Gotho GTC 510 MiJ
… Mechaniken: Ping Standard Cast geschlossen
… Hardware: Chrom
… Schlagbrett: 3-lagig schwarz
… Mensur: 25.5 Zoll (648 mm)
PS.: Sobald ich es endlich geschafft habe mein Cubase neu einzurichten, werde ich versuchen ein paar aussagekräftige Soundfiles nachzureichen. An dieser Stelle Dank an alle geistigen Inspiranten, Helfer und Helferchen, ohne die ich das nicht hinbekommen hätte.
Vorgeschichte:
Eigentlich war ich mir nicht sicher, ob und unter welchem Titel ich dieses Review hier abliefern kann, da es diese Telly serienmäßig gar nicht zu erwerben gibt. Aber da die Gitarre und alle verbauten Teile nagelneu sind, wage ich es trotzdem. Wahre Puristen werden sich jetzt sicher kreidebleich abwenden, aber es war ja nicht meine Vorhaben die eigene Interpretation einer Singlecoiltelly zu verwirklichen. Ich wollte diese Mutter aller Stromgitarren mit fetten Humbuckern und Viertelpfündern bestücken. Also keine leichte Kost.
Body und Neck:
Ich hatte schon das ein oder andere Mal die Blackout Telecaster aus der mexikanischen Deluxe Serie von Fender gesehen. In dem Werk in Ensenada, keine 50 Meilen vor dem Grenzübergang ins gelobte Land, baut Fender seit einigen Jahren hochwertige Gitarren, die sich meiner Meinung nach, nur durch bessere Pickups und dem smarten "Made in USA" Stempel von der US Ware der American Standard Serie unterscheiden. Augenscheinlich ist es auch so, dass sich die beiden Werke, bei Engpässen mit Hardware aushelfen. Ein eben solcher Blackout Body mit Fräsungen für 3 PU´s wurde nun gerade in nagelneuem Zustand im großen Auktionshaus angeboten. Inklusive einem normalen Telecaster loaded Pickguard und einem weiteren, mit der Aussparung für einen weiterer mittleren Single PU.
By telehero, shot with DMC-TZ7 at 2010-03-12
Ein paar Tage später lag das Paket vor mir, der Verkäufer hatte aus irgendwelchen Gründen nur Interesse am Hals und so erwarb ich den Rest zu einem günstigen Preis. Den passenden Hals beschaffte ich im internationalen Teil der Bucht und hatte kurze Zeit später einen nagelneuen Telecaster one-piece-mable deluxe MIM Hals, samt den dazu gehörigen Fendertunern für relativ kleines Geld auf dem Tisch. Somit hatte ich zumindest schon einmal eine funktionstüchtige Tele made in Mexico, wenn auch zuerst einmal nur die 2 PU Version.
Die Pickups:
Die Tonabnehmer und die Schaltung waren das größte Problem, denn ich wollte äusserlich nichts am Outfit ändern, zumindest nicht an der Knobplate und den Reglern. Dass ich eine Menge Schaltungskram in den Fräsungen der Telecaster verpacken musste, war mir klar, aber welche Schaltungen wollte ich denn überhaupt?!
Zuerst einmal die üblichen 5way Stratschaltungen mit reversem Mittelpickup, um in den Zwischenstellungen keinen Brumm aufkommen zu lassen. Dann die Teleschaltung mit Neck und Hals als Single und die üblichen Les Paul Schaltungen, auf Wunsch gesplittet. Und das alles mit nur je einem Master Vol und Tone, sowie einem 5 Wege Schalter.
Für den Hals und Bridgebereich besorgte ich mir ein kalibriertes Pair Seymour Duncan Hot Rails STHR 1b/n f. Telly und als Single und Middle einen Quater Pound Flat SSL-4 RW f. Strats des selben Herstellers. Ich kannte die Hot Rails von anderen Telecastern und wusste, dass sie nicht nur fette Mitten bringen und ohne Ende Power haben, sondern auch gesplittet ganz gut klingen. Die Rails haben mit ihren Klingenmagneten und einer sehr hohen Spulenzahl ein unglaubliches Sustain und klingen im HB-Betrieb sehr fett. Mit 10.9 bzw. 14.8 kOhm haben sie einen wirklich hohen Output.
Der Quarter Pound Flat ist ja der Blackmore PU schlechthin, und der hat gleich zwei in seiner Strat, der mittlere PU Platz ist leer. Der SSL-4 hat doppelt so dicke Magnetpole wie ein normaler Single Coil. Die Polepieces haben einen Durchmesser von einem Viertel Zoll, der Pickup hat einen etwa doppelt soviel Power wie ein üblicher Single. Wenn man ihn hart anfährt hat er viel Punch, ähnlich einem P 90. Er ist allerdings auch ein Pickup, der bei normalen Lautstärken ein schönes volles Clean abliefert und das auch noch mit sauberen Bässen. Später sollte sich zeigen, dass ich bei den Tonabnehmern instinktiv die richtige Wahl getroffen hatte.
Die Bridge:
Der Hals war schnell montiert, ausgerichtet und passte perfekt. Die Fenderhälse aus Mexico liegen wirklich toll in der Hand, ein moderates C Profil, nicht zu dick, nicht zu dünn und eine feine, hauchdünne Lackierung sorgt für ungehinderten Spielspaß (jetzt klinge ich schon wie die Lautendichter von G&B). Nur das originale Fender Bridgeteil erschien mir etwas windig, wie man in Bayern sagen würde. Ich wollte eine Bridge mit sechs einstellbaren Reitern. Die Möglichkeit bot das Fender Teil auch, aber mit der schweren Telebridge GTC 510 von Gotoh, die man allerdings auch genau so schwer bekommt, konnte die Fenderkonstruktion nicht konkurrieren. So wurde die Bridge gegen das massive Teil von Gotho getauscht und der Headstock bekam zwei passende Saitenniederhalter, um die Saiten in einem besseren Winkel an die Tuner zu führen.
By telehero, shot with DMC-TZ7 at 2010-03-12
Die Schaltung:
Die einfachste Lösung wäre wohl gewesen, einen der vielen Pickup- und Gitarrenbauer in Berlin aufzusuchen und die Schaltung für viel Geld einbauen zu lassen. Aber wer hat schon viel Geld und so beschloß ich einen Mittelweg zu suchen, um im Notfall nicht völlig hilflos dazu stehen. Also habe ich mir zuerst einmal Literatur gesucht und mich mit den wichtigsten und grundsächlichen Kenntnissen versorgt. Ich kannte Lemme´s Buch über Gitarrenelektronik und Resonanzfrequenzen von Pickups. Recht schnell war mir klar, dass man sich jahrzehntelange praktische Arbeit nicht in ein paar Tagen oder Wochen anlesen lassen. Ich hatte drei sehr Outputstarke Tonabnehmer, die aber auch schöne und glockige Cleansounds genau wie guten Chrunch und fette Leads bringen sollten. Hatte ich mir das Ganze zu einfach vorgestellt? Ich begann auch hier im Board zu stöbern und landete bei einer Story über die HSH Schaltung einer G&L über die Miles Smiles einmal was geschrieben hatte. Glücklicherweise bekam ich auf meine Anfrage sehr schnelle Hilfe aus unserem südlichen Nachbarland, mit dem uns mehr als nur die gemeinsame Sprache verbindet. Auch dort wird fleißig Gitarre gespielt und gebastelt.
An dieser Stelle noch einmal vielen Dank für Deine Mühe, Miles. Jedenfalls bekam ich nach einigen Tagen regen Schriftverkehrs einen Schaltplan, mit dem ich alle von mir gewünschten Schaltungen ermöglichen konnte. Das war schon einmal mehr als die halbe Miete. Es war geklärt, dass das Ganze nur mit einem Eyb Megaswitch oder einem Fender 5way Super Switch mit mehreren Schaltebenen zu lösen war. Unklar waren die Auswahl der Widerstände und die genaue Zusammensetzung der Elektromik und Poti. Ich entschied mich auf Anraten des örtlichen Gitarrenelektrikers für den Fender, obwohl doppelt so teuer, aber auch robuster und übersichtlicher zu löten.
Ich wollte die Schaltung so einfach wie möglich, am liebsten nicht viel komplizierter als eine normale 5way Stratschaltung, damit keine Fummelei nötig ist. Es sollte noch einmal eine ganze Zeit vergehen, bis ich das gesamte Zeug für die Schaltung, einschließlich der passenden Widerstände, Kondensatoren, Poti und Push Pull gefunden hatte. Letztlich war doch ein Eingeständnis in Form eines Miniswitch nötig, um die Schaltung bequem einzurichten. Der Miniswitch erhielt einen Platz zwischen Vol & Tone, wo er leicht zu erreichen war und nicht stören würde.
Für den Master Volume wurde ein üblicher 500 kOhm CTS gekauft. Als Master Ton kam ein 500 kOhm Push Pull Poti zum Einsatz, das außer dem splitten der Humbucker noch die Funktion hat, den mittleren Pickup in den Mitten und Höhen zu pushen. Die beiden Rails blieben ohne Toneregelung, sie wurden beide gut eingerichtet und lassen sich bestens am Amp regulieren. Der hinzu gefügte Miniswitch, der zwischen den beiden Poti keinerlei Behinderung darstellt, hat nur einen Zweck: er schaltet beide Humbucker ohne Middlepickup im 5 way Switch auf eine anderen Ebene. Somit ist der 5 Way praktisch ein LP/Tele 3 Way Switch, der beide Humbucker schaltet, auch gesplittet.
Der Quarter ist dann nicht mehr aktiv, weil er auf der "Stratebene" des 5 Way Switch verschaltet ist. Mit dem Ton Push Pull lassen sich die Rails jetzt noch splitten, sodass alle Teleschaltungen gehen. Die Schaltung war wirklich gut ausgeführt, von Miles Grundplan, bis zur Umsetzung durch den örtlichen Techniker. Ich habe mich an meine gebräuchlichsten Schalterstellungen schnell gewöhnt. Mit den Miniswitch schalte ich zwischen Strat oder LP/Tele Modus. Mit dem Push Pull lassen sich die Humbucker in jeder Ebene splitten. Also nichts, wobei man länger als einen Wimpernschlag nachdenken muss. Mit der praktischen Umsetzung sieht es dann aber anders aus. Da sollte man wirklich nicht ohne die nötige Erfahrung ran.
Auf der Strat Ebene ist der Quarter Pound reverse zugeschaltet und die Humbucker werden in den Zwischenstellungen automatisch gesplittet (jeweils äußere Spule aktiv). Da der Middle PU reverse gewickelt ist, gibt es keinerlei Geräusch. Auch nicht beim Schalten oder an den Poti. Während dem gesamten Umbau habe ich allerhand über Gitarrenelektrik gelernt, aber es ist schon ratsam bei solchen Erstoperationen einen erfahrenen Elektriker an der Seite zu haben. Ohne ihn hätte ich die Gitarrenschaltung sicherlich nicht verwirklichen können.
By telehero, shot with DMC-TZ7 at 2010-03-12
Handling und Sound:
Zuerst einmal finde ich, daß die Telly ganz gut aussieht, ein schwarzes Pickguard ist bereits auf dem Weg. Die Telecaster ist mit 3840 Gramm gerade einmal 240 Gramm schwerer als das unverbastelte Original. Ich möchte diese Gewichtszunahme der Gotho Bridge zuschreiben, deren schwerer Stahlblock einen sicherlich nicht unerheblichen Betrag zu dem fetten Sustain der Telecaster beiträgt. Die Gitarre hängt völlig ausgewogen am Gurt, der Hals lässt sich bei komfortabler Saitenlage mit Medium Jumbos und 0.10er Saiten bequem und schnell spielen. Der Knochensattel wurde auf diese Saitenstärke eingerichtet und die Rollen an der Bridge, halten den Ton zusammen mit den sauber arbeiteten Tunern, auch bei heftigen Saitenkontakt und starken Bendings immer gut in Tune. Im trockenen Ton kann ich keinen großen Unterschied zu anderen guten Telecastern aus gleichem Holze feststellen, allerdings wirkt sich die schwere massive Bridge noch einmal sehr positiv auf das Sustain aus. Die Feinstimmer mit ihren Rollensatteln lassen eine absolut bund- und oktavreine Stimmung zu.
Als Amps hatte ich meinen neuen Egnater Renagate 112, sowie einen Engl Thunder 320 Reverb zur Verfügung. Natürlich hätte man mit dem Super Switch noch andere Schaltungsvarianten einrichten können, aber das hätte nur zu Verwirrung beigetragen und klanglich nicht viel gebracht. So ist alles sehr übersichtlich: Mini Switch unten, aktiviert die beiden Hot Rails, mit dem Tonpoti lassen sich die Spulen splitten. Auf Gimmicks wie seriell/parallel oder phasenverkehrt habe ich bewußt verzichtet. Wer jetzt denkt: "das kann ja nicht mehr nach Tele klingen!" wird überrascht sein. Natürlich nicht nach Classic Player ´50, aber jedenfalls als Telecaster. Mit den Hotrails klingt die Gitarre bissiger als eine Les Paul, jedenfalls in den Mitten und Höhen, eben Fender. Über den Engl geht´s hier auch ohne Pedale recht schnell in den ruppigen Bereicht.
Das klingt mit einem Boss DS-1 dann schnell mal nach Iron Maiden. Die Hotrails sollen ja auch gar nicht wie PAF klingen. Bei gezogenem Tone Poti verhält sich die Gitarre wie eine gute Telecaster, wenn auch mit etwas mehr Output und "Schmackes", aber auf alle Fälle unverkennbarer "Single-Twäng". Hier gab es mit dem Engl satte Chrunch- und Leadsounds, sobald der Gainregler die High Noon Marke überschritten hatte. Das läßt sich im 3ten Stock Altbau Hinterhof recht gut erproben. Die vorwiegend islamische Nachbarschaft ist hier sehr tolerant. Seit der cholerische Pole aus dem Zweiten ausziehen musste, gehen hier auch durchaus hohe Lautstärken. Jedenfalls holt niemand die Cops.
Mit dem Miniswitch oben verhält sich die Tele wie eine HSH Strat. Der Quarterpound macht auch im Singlebetrieb eine gute Nummer. Hier klingt die Tele schon sehr nach Melody Maker mit P90. Zusammen geschaltet mit den Rails ist der Quarterpound gut im Spiel, ob die Rails nun als HB´s oder gesplittet im Einsatz ist. Es wäre unsinnig sie mit meinen Old School Telly´s zu vergleichen und schon gar nicht mit einem Engl. Er ist ein reiner Rockamp und die Ergebnisse sind entsprechend. Der mexikanische Ahornhals läßt sich ebenfalls bestens spielen.
Über meinen frisch erworbenen Egnater Renagate 112, über den ich kürzlich berichtet habe,
https://www.musiker-board.de/reviews/380210-review-egnater-renagade-112-65-18-watt.html#post4567686
sieht es etwas anders aus.
Über den Clean Kanal und über die 6L6 klingt die Telecaster ganz klar fenderlike. Ein wenig Reverb im Verstärker und man hat die schönsten Cleansounds mit maximal Headroom, so einfach hatte ich das nicht erwartet. Hier lassen sich auch die Hotrail durch die feinere Klangregelung am Amp viel effizienter regulieren. Da sind schon schnell deutliche Santanasounds im Overdrive Kanal zu hören. Allem Anschein nach sind massive Bridges, wie in alten 80er Schecter Replacementzeiten, ein Garant für ein fettes Sustain. Zumindest in Verbindung mit guten Erlenbodys. Über die EL34 klingt die Telly insgesamt etwas rauher. Ich habe mich spieltechnisch noch nicht von meinem Motorradunfall und den Brüchen in meinem linken Handgelenk erholt, weshalb ich einfachere Rockriffs z. Zeit bevorzuge.
Fazit:
Die gepimpte Telecaster mit den Hotrails und dem Quarterpound hat meine Erwartungen mehr als übertroffen. Es ist schon erstaunlich zu sehen, wie diese Gitarre die feinsten unterschiedlichsten Sounds zaubert, ohne dabei an Charakter zu verlieren. Sicherlich ist sie von ihrer ursprünglichen Bestimmung weit entfernt und das anvisierte Einsatzgebiet erstreckt sich mehr vom Blues über Rock bis zu den ganz bösen Jungs.
Trotzdem liefert sie glaubwürdige Stratocaster- und vor allen Dingen Telecastersounds ab. Die Stimmung ist äußerst stabil und man braucht keinen Doktortitel um die Gitarre optimal einzustellen. Zur optischen Vollkommenheit bekommt sie noch ein schwarzen Pickguard, die in diesen Maßen hier gar nicht so einfach zu bekommen sind. Man sollte sich von dem unscheinbaren Äußeren nicht täuschen lassen. Ich bin mir sicher, dass sie auch vor einem Marshall oder Boogie gute Arbeit verrichtet.
… Modell: Deluxe Blackout Telecaster (customized)
… Serie: Deluxe Serie
… Korpus: Erle
… Hals: 1-teilig Ahorn, modernes C-Profil
… Griffbrett: Ahorn, 9.5 Zoll Radius (241mm)
… 21 Medium Jumbo Bünde
… Tonabnehmer: 2 Seymour Duncan Hot Rail STHR 1b/n f
1 Seymour Duncan Quarterpound SSL-4 RW
… Regler: 1 Volume, 1 Push Pull Tone, 1 Mini Switch, 5-Way Super Switch
… Brücke: Gotho GTC 510 MiJ
… Mechaniken: Ping Standard Cast geschlossen
… Hardware: Chrom
… Schlagbrett: 3-lagig schwarz
… Mensur: 25.5 Zoll (648 mm)
PS.: Sobald ich es endlich geschafft habe mein Cubase neu einzurichten, werde ich versuchen ein paar aussagekräftige Soundfiles nachzureichen. An dieser Stelle Dank an alle geistigen Inspiranten, Helfer und Helferchen, ohne die ich das nicht hinbekommen hätte.
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