StÖfn
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Vorwort
Als dieser Bass vor einigen Monaten bei mir ankam, war mir klar, dass ich ein Review dazu schreiben müsste. Aber was mir nicht ganz so klar war, war die Frage, wie so etwas auszusehen hat. Schließlich haben wir es ja hier nicht mit einem Bass zu tun den man mit Holzarten, Sattelbreite und Tonabnehmerbestückung einfach einordnen kann. Viele Leser werden möglicherweise noch nie einen Bass von Gibson in der Hand gehabt haben. So fehlen die Vergleichswerte, die man bei einem Bass der in weitestem Sinne der Fendertradition entspricht ja immer hat. Außerdem ist es kein neues Instrument. Nicht alles ist original und viele Dinge ergeben sich eben erst mit der Zeit. Also kam ich zu dem Entschluss meinem Review eine etwas andere Form als gewöhnlich zu geben. Beginnen möchte ich da wie ich dieses Instrument bekam und gehe dann in den eigentlichen Test über. Ich hoffe ihr werdet gut Unterhalten und Informiert.
Gibson und E-Bässe
Gibson ist natürlich sehr bekannt für Gitarren. Les Paul, SG und die ES-335 haben definitiv die Rockgeschichte geprägt und gehören bis heute zu den beliebtesten E-Gitarrenmodellen. Bei so einem großen Erfolg mit 6 Saiten war es nahe liegend auch Bässe in das Programm zu nehmen. Leo Fender hat es mit dem P-Bass in den 50er Jahren ja vorgemacht. Herr Fender, der gute Bässe für günstiges Geld anbot ist nicht zuletzt auch zu verdanken, dass der E-Bass sich überhaupt durchsetzte. Genau da liegt dann aber das Problem für Gibson. Fender war eben ein Frühaufsteher und prägte mit seinem Instrument die Soundvorstellungen.
Der EB-0 und sein Schwestermodell der EB-3 mit einem zweiten Tonabnehmer, waren einfach anderst. Mahagoni Korpus verleimt mit einem Mahagoni Hals der nur 30,5" lang war. Dazu noch ein fetter Humbucker und fertig, so könnte man die Konstruktion im groben skizziren. Eben alles was einen Bass interessant macht, aber leider auch massenunkompatibel. So blieben die Bässe etwas für Individualisten. Noch nicht einmal 15.000 EB-3s wurden gebaut.
"Paket für Sie"
Da stand ich also, mal wieder ohne grüne Karte am Hauptzollamt und wartete bei gefühlten 40 Grad Celsius darauf dass der Zollbeamte mir mein Paket gibt. Das erste Mal, dass ich den Bass in natur sah war dann ganz unromantisch. Nur Koffer auf, kurz schauen und bestätigen, dass es sich um das handelt was da auf der Rechnung steht.
Mit dem Bleifuß dann Zuhause angekommen das ganze noch einmal in Ruhe. In dem Koffer steckte tatsächlich ein Gibson EB-3 von 1971. Nach kurzem befühlen und optischen checken kommt natürlich der erste zaghafte Saitenkontakt zustande. Ich dachte nur, "Das ist es!"
Daten:
- Korpus: Honduras Mahagoni (1 Teil)
- Hals: Honduras Mahagoni (3 Teile), 30,5" Shortscale
- Griffbrett: Palisander mit Dot-Inlays, 19 Bünde
- Mechaniken: Schaller M4 mit Gibsonprägung
-Tonabnehmer: EB Humbucker aka Mudbucker am Hals und EB mini Humbucker am Steg
- 2x Volume, 2x Tone; 3 Wegeschalter. Ursprünglich eine 4 Positionen Filterschaltung
Hals und Korpus sind aus Hondurasmahagoni, das Griffbrett aus Palisander. Dazu kommen zwei Humbucker Tonabnehmer, am Steg der kleine 'Minihumbucker' und am Halsende der große so genannte 'Mudbucker'. Das alles hatten die EB-3 Bässe von 1960 bis 1972 gemeinsam. Beim '71er ist das erste auffällige Detail natürlich diese Kopfplatte, die wie bei einer Konzertgitarre 'durchbrochen' ist. Das macht den Hals leichter. Die Konstruktionsbedingte Kopflastigkeit wird so enorm eingeschränkt. Eben diese Kopfplatte gibt den 70-71er EB-3s ihren Beinamen "Slothead".
Der Hals an sich ist auch etwas Besonderes. Normalerweise hat Gibson einteilige Hälse an den EB-3 Bässen verbaut. Aber hier finden sich drei Teile aus Mahagoni. Das war so wie das Holz aussieht aber sicher keine Sparmaßnahme. Der mittlere Halsstreifen geht dann unbeirrt bis zur Kopfplattenspitze durch, die beiden äußeren mussten sich der Fräse ergeben. Links und rechts sind, wie üblich, zwei kleine Streifen Holz angeleimt und das ganze Gebilde wurde natürlich in die 'Open Book' Kopfplattenform gebracht.
Das Gibson Logo, in der Mitte der Kopfplatte, mit geschlossenem B und O, ist aus Mother of Toilet gefertigt. Aber noch wirklich eingelegt.
Die Mechaniken sind Schaller M4, mit Gibsonlogo und 90° abgespreizten Füßchen. Die Achse wird im Mittelsteg der Kopfplatte von einer Einschlaghülse entgegen genommen.
Eine Trussrod-Glocke mit "EB-3" Aufschrift in schönster Grundschulschrift, verdeckt den sehr gut arbeitenden Trussrod. Leider ist sie bei mir gerissen so dass, sie nur noch von A und D Saite gehalten wird.
Der Sattel ist Nylon. Bei meinem Instrument ist eine kleine Ecke abgebrochen. Das Tut der Bespielbarkeit aber keinen Abbruch und ist nur ein kosmetischer Mangel.
Auf dem Feingemasertem Palisandergriffbrett sitzen 19 Bünde. Sie sind super abgerichtet, recht Flach und halten wohl auch noch ein paar Jahre. Das Griffbrett ist mit Zelluloid eingebunden, schwarze kleine Dots markieren die Lagen. Bei genauem hinsehen bemerkt man wie wenig das Binding vergilbt ist, der Nitrolack dafür sehr.
Dots aus dem gleichen Material wie das Gibsonlogo markieren die Lagen.
korpusseitig werden die Saiten von der "Two-Point-Bridge" entgegen genommen. Auch bei meinem Bass macht sie ihrem Spitznamen alle ehre "Evertilt". Die Standbolzen haben einen zu kleinen Durchmesser für die Löcher in der Bridge. Also wird die Brücke schief und setzt auf dem Korpus auf. Was allerdings in diesem fall gar kein Problem darstellt. Ausgestattet ist die Bridge mit Nylon Böckchen. Die Einstellschraube für die G-Saite ging wohl mal verloren, wurde aber vom Vorbesitzer durch eine passende Schraube mit zwei Muttern ersetzt.
Zum Schutz des Korpusses ist ein fünf lagiges Griffbrett montiert. Leider hat es den Lack nicht auf der entgegen gelegenen Seite geschützt. Jahrelanges Daumenauflegen hat hier den Nitrolack durchgescheuert. Der Nitrolack wird mit den Jahren wirklich Glashart und zerfällt an dieser Stelle bei Berührung mit dem Daumennagel regelrecht zu Staub. Das ganze mag vielleicht nicht schön aussehen, zumal das relativ weiche Mahagoni auch schon leiden musste, klingt aber alles nicht anders als ein hochglazpoliertes Instrument.
Der große 'Mudbucker' am Hals ist berühmt und berüchtigt. In seinem Gehäuse ist jede Menge Draht und das bringt mit unter einen Widerstand von über 30kΩ. An meinem kleinen 20Watt Übungsverstärker Zuhause fällt klippingfreies Spielen bei voll aufgedrehtem Volumenpoti damit schon mal aus. Der Tonabnehmer ist derselbe wie er auf allen EB-3 Bässen verbaut wurde. Hier findet sich nur ein Plastikrahmen der eine Fräsung für eine Blechgrundplatte verbirgt. Sie dient der Höheneinstellung des Tonabnehmers, ein Sinnvolles Merkmal, dass 60er Bässe alle nicht hatten.
Der Mini Humbucker läuft mit 8,5kΩ noch recht moderat. Und ist wie die meisten Gibson PUs mit einem Einbaurahmen fixiert.
Der Vintage-Faktor
Ich komme, bevor wir uns an den Sound wagen zu einem wichtigen Punkt. Es ist kein neuer Bass. Es hat einige kleine Macken hier und da. Er war auch nicht sehr gut eingestellt.
Bevor ich mir so ein altes Schätzchen also um den Bauch hänge kontrolliere ich erst einmal den Sitz der Gurtknöpfe. In meinem Fall war der Gurtpin am Halsende durch eine Lederschlaufe ersetzt wurden. Mit ein wenig Restholz und Leim habe ich einen neuen Allparts Gibsonknopf eingeschraubt. Nachdem der Bass nun an mir hing und alles gestimmt war stellte ich fest das da diverse Teile klapperten.
Der Mudbucker war wohl mal zu hochgestellt wurden. Die Federn zur Höhenverstellung klapperten in der Fräsung lose herum. Also habe ich das behoben, um festzustellen dass die Federn schon recht altersschwach waren. Der Abnehmer wackelte hin und her und erzeugte so Feedback. Silikonschlauch löst jetzt das Problem.
Auch war der E-Fachdeckel nicht so fest wie er sein sollte. In all den Jahren wurde er wohl öfter geöffnet und geschlossen. Die Löcher waren ausgenudelt. Also habe ich auch hier ein wenig Mahagoni eingeleimt und so finden die Schrauben wieder halt.
Auch kann es sein das sich die Bridge noch weiter krümmt. Da ist dann etwas know how gefragt. Denn einfach eine neue kaufen geht nicht.
Der Bass ist zwar ein absolut robuster Player so wie wir ihn jetzt hier haben. Von einem Freund aus England bekomme ich noch ein Paar Standbolzen das genau für meinen Bass aus Edelstahl gefertigt wird. Man muss eben kreativ sein. Denn wer will schon eine neue Hipshot installieren? (Die einzige Bridge die ohne Bohren auf alte Gibsonbässe passt und noch hergestellt wird) Oder 300$ für eine Schaller 460 ausgeben?
Ich habe auch schon überlegt mich der durchgescheuerten stelle über den PUs zu widmen. Aber eine neue Lackierung fällt aus. Zu teuer und in jedemfall nicht so schön. Also habe ich den Rat eines Freundes angenommen und das Mahagoni einfach geölt. So wurde es dunkler und sticht nicht mehr so stark in das Auge.
Das kritischste ist aber denke ich immer noch die Tatsache dass der Varitone Schalter nicht dran ist. Dieser Schalter verwaltete ursprünglich die Tonabnehmer in 4 Postitionen mit Hilfe einer Spule und eines Kondensators. Das führte zu sehr muffigen und nicht unbedingt praxistauglichen Sounds. Der Andy Fraser "All Right Now"-Sound ist nicht möglich mit einem Unmodifizierten EB-3. Auch hatte Jack Bruce wohl nicht in allen seinen Bässen eine unmodifizierte Schaltung.
Ich bin sehr zufrieden mit dem 3 Wege Toggle. Aber den Sammler von Welt interessiert so ein Instrument nicht mehr.
Wer vor hat einen alten Bass zu kaufen, egal ob Gibson oder sonstiges, der sollte sich im klaren sein, dass man sich noch einmal hinsetzen muss um ihn vernünftig spielbereit zu machen. Bei Fender und Co hat man aber den entscheidenden Vorteil so ziemlich jedes Ersatzteil zu einem relativ vernünftigen Preis zu bekommen.
Sound
Aber ihr Fragt euch sicher schon; "Wie klingt der jetzt?"
Ich habe einem Freund einmal kurz darauf geantwortet: "Wie ein Kontrabass mit mächtig viel Sustain." Dieser Satz trifft den Nagel auch auf den Kopf. Ich spiele recht dünne Flatwounds auf dem Bass. Sie stehen ihm sehr gut und betonen seine Stärken. Eben kein Pianobassklang sondern ein holziger, verrauchter Charakterton.
Trocken stellt man erst einmal folgendes fest: Der Bass ist laut. Es gibt natürlich auch neue E-Bässe die unverstärkt schon laut sind aber der EB-3 hat einen so gut artikulierten Ton, so ausgewogen und tiefgehend wie es kaum ein anderer Bass trocken rüber bringt. Das Sustain ist sehr lang, am Ende aber wunderbar harmonisch ausklingend.
Gehen wir an den Verstärker stellt sich heraus: Der trocken schon vermittelte Kontrabassklang wird über den Mudbucker mit einer Extraportion Bass rübergebracht. Es stimmt übrigens was viele sagen; Der Mudbucker matscht schon, klingt dumpf und ist schwer hand zuhaben. Er braucht einen kompetenten Amp als Partner. Die 30kOhm Draht bringen so viel Output das viele Amps verzerren oder gar klippen. Der Bass der herausgedrückt wird bringt viele Amps an ihre Grenzen. Mann muss seinen Amp gut einstellen. Ich habe einen JMP Superbass mit 100 Watt, den Peter Linnemann mir modifiziert hat. Dieses Setup klappt gut. Und vor allem vermittelt sie warum der Mudbucker so ist wie er ist. In den Anfangsjahren des E-Basses waren Bassverstärker in ihrer Entwiklung noch nicht so weit. Sie hatten wenig Leistung und brachten auch keine statten Tiefbässe herüber. Also löste Gibson das Problem mit dem Mudbucker, er hatte viel Output, das brachte mehr Bass in das Signal. Die Höhen brauchte niemand weil sie nur eine allzustarke Verzerrung hörbar machten.
Etwas Old-School Motown geht auf dem EB-3 mit Superbass so was von gut und authentisch! Der Wahnsinn. An einem SVT kann ich mit dem Mudbucker auch schon fast Fender Rhodes mäßige Sounds erzeugen da das Sustain so lang und gleichmäßig ist.
Der Mudbucker entspricht in der Tat nicht dem Trend. Aber eines muss ich noch sagen; Der Mudbucker ist meiner Meinung nach auf dieselbe Stufe zu stellen wie der berühmte "PAF" Tonabnehmer von Gibson. Einfach ein Tonabnehmer wie er heute überhaupt nicht mehr gebaut wird.
Der Minihumbucker am Steg ist im Grunde ein heißer Firebird Tonabnehmer. Hier schaut einen von unten auch ein Patentnummer Aufkleber an. Der kleine hat natürlich mehr Höhen als der große Kollege am Hals. Dieser Holzton wird von den Tiefmitten in die Hochmitten geschoben. Es klingt wunderbar dynamisch und eben holzig. Der Kleine kann auch verzerrt richtig fetzen. Grade mit Flatwounds, diesem Minihumbucker und einem vollaufgerissenen Superbass klingt der EB-3 irgendwie der Zeit voraus. Einen so holzbetonten High Gain Bass Sound gab es wohl noch nie.
Aber Clean gehen hier die Funklinien schnell und zügig von der Hand.
Das schönste an einem EB-3 ist das er zwei Tonabnehmer hat. Man muss eben nicht immer den Mudbucker Solo spielen sondern kann sich die Höhen des Minihumbuckers dazumischen. Dieses Feature macht den EB-3 dann doch nicht so Praxisuntauglich. Wie gesagt; Ein Stock EB-3 hatte nicht die Möglichkeit die Tonabnehmer einfach so zusammen zumischen. Grade in der Varitone Switch Stellung wo beide Tonabnehmer aktiviert waren kam noch eine Filterspule für den Mudbucker zum Einsatz.
Zum Schluss
Die Preise für einen vernünftigen Player EB-3 zwischen 1965 und 1968 liegen realistischer Weise (inkl. Zoll, Versand, Steuern) irgendwo Zwischen 1500 und 2000 . Ein Slothead zum bespielen kann man dagegen schon ab 1200 haben.
Ich persönlich finde den Preis für einen SG Reissue Bass da schon unverschämt. Aber es gibt ja Leute die einen neuen Bass haben wollen. Wer auf Hochglanz Lack und Bling Bling verzichten kann bekommt für wenig Geld ein Instrument das sicher besser klingt als der SG Reissue.
Ich bin sehr zufrieden mit meinem Slothead. Ob Jazz, Blues oder auch Hardrock. Er macht alles mit. Natürlich stempelt er überall seine eigene Note auf. Aber das ist wonach ich gesucht habe. Mein Sound. Ein unverwechselbarer ehrlicher Sound mit viel Charakter. Das kann ein EB-3. Anhören sollte man sich so ein Instrument sicher einmal wenn man die Chance dazu hat. Vielleicht entdeckt so mancher da seinen Traumbass.
Wer grade nicht die Gelegenheit hat in den nächsten Musikladen zu fahren und einen Vintage EB-3 anzuspielen, kann ja mal in folgende Anspieltipps hören:
Cream - Live in der Abberty Hall bei ihrem Abschiedskonzert hört man einen wirklich super EB-3 Sound.
Free - Bei Fire and Water gibt es BBC Bonus Tracks wo man den EB-3 sehr gut hören kann. Der die eigentliche Platte hat Fraser mit einem EB-2 gespielt.
David Bowie - Auf Ziggy Stardust spielt Trevor Bolder einen EB-3, sogar einen wie den hier vorgestellten mit Slothead.
Dazu natürlich noch ein paar Bilder!
Vielen dank für euere Zeit.
Fragen beantworte ich sehr gerne genauso wie ich mich auf euer Feedback freue.
Als dieser Bass vor einigen Monaten bei mir ankam, war mir klar, dass ich ein Review dazu schreiben müsste. Aber was mir nicht ganz so klar war, war die Frage, wie so etwas auszusehen hat. Schließlich haben wir es ja hier nicht mit einem Bass zu tun den man mit Holzarten, Sattelbreite und Tonabnehmerbestückung einfach einordnen kann. Viele Leser werden möglicherweise noch nie einen Bass von Gibson in der Hand gehabt haben. So fehlen die Vergleichswerte, die man bei einem Bass der in weitestem Sinne der Fendertradition entspricht ja immer hat. Außerdem ist es kein neues Instrument. Nicht alles ist original und viele Dinge ergeben sich eben erst mit der Zeit. Also kam ich zu dem Entschluss meinem Review eine etwas andere Form als gewöhnlich zu geben. Beginnen möchte ich da wie ich dieses Instrument bekam und gehe dann in den eigentlichen Test über. Ich hoffe ihr werdet gut Unterhalten und Informiert.
Gibson und E-Bässe
Gibson ist natürlich sehr bekannt für Gitarren. Les Paul, SG und die ES-335 haben definitiv die Rockgeschichte geprägt und gehören bis heute zu den beliebtesten E-Gitarrenmodellen. Bei so einem großen Erfolg mit 6 Saiten war es nahe liegend auch Bässe in das Programm zu nehmen. Leo Fender hat es mit dem P-Bass in den 50er Jahren ja vorgemacht. Herr Fender, der gute Bässe für günstiges Geld anbot ist nicht zuletzt auch zu verdanken, dass der E-Bass sich überhaupt durchsetzte. Genau da liegt dann aber das Problem für Gibson. Fender war eben ein Frühaufsteher und prägte mit seinem Instrument die Soundvorstellungen.
Der EB-0 und sein Schwestermodell der EB-3 mit einem zweiten Tonabnehmer, waren einfach anderst. Mahagoni Korpus verleimt mit einem Mahagoni Hals der nur 30,5" lang war. Dazu noch ein fetter Humbucker und fertig, so könnte man die Konstruktion im groben skizziren. Eben alles was einen Bass interessant macht, aber leider auch massenunkompatibel. So blieben die Bässe etwas für Individualisten. Noch nicht einmal 15.000 EB-3s wurden gebaut.
"Paket für Sie"
Da stand ich also, mal wieder ohne grüne Karte am Hauptzollamt und wartete bei gefühlten 40 Grad Celsius darauf dass der Zollbeamte mir mein Paket gibt. Das erste Mal, dass ich den Bass in natur sah war dann ganz unromantisch. Nur Koffer auf, kurz schauen und bestätigen, dass es sich um das handelt was da auf der Rechnung steht.
Mit dem Bleifuß dann Zuhause angekommen das ganze noch einmal in Ruhe. In dem Koffer steckte tatsächlich ein Gibson EB-3 von 1971. Nach kurzem befühlen und optischen checken kommt natürlich der erste zaghafte Saitenkontakt zustande. Ich dachte nur, "Das ist es!"
Daten:
- Korpus: Honduras Mahagoni (1 Teil)
- Hals: Honduras Mahagoni (3 Teile), 30,5" Shortscale
- Griffbrett: Palisander mit Dot-Inlays, 19 Bünde
- Mechaniken: Schaller M4 mit Gibsonprägung
-Tonabnehmer: EB Humbucker aka Mudbucker am Hals und EB mini Humbucker am Steg
- 2x Volume, 2x Tone; 3 Wegeschalter. Ursprünglich eine 4 Positionen Filterschaltung
Hals und Korpus sind aus Hondurasmahagoni, das Griffbrett aus Palisander. Dazu kommen zwei Humbucker Tonabnehmer, am Steg der kleine 'Minihumbucker' und am Halsende der große so genannte 'Mudbucker'. Das alles hatten die EB-3 Bässe von 1960 bis 1972 gemeinsam. Beim '71er ist das erste auffällige Detail natürlich diese Kopfplatte, die wie bei einer Konzertgitarre 'durchbrochen' ist. Das macht den Hals leichter. Die Konstruktionsbedingte Kopflastigkeit wird so enorm eingeschränkt. Eben diese Kopfplatte gibt den 70-71er EB-3s ihren Beinamen "Slothead".
Der Hals an sich ist auch etwas Besonderes. Normalerweise hat Gibson einteilige Hälse an den EB-3 Bässen verbaut. Aber hier finden sich drei Teile aus Mahagoni. Das war so wie das Holz aussieht aber sicher keine Sparmaßnahme. Der mittlere Halsstreifen geht dann unbeirrt bis zur Kopfplattenspitze durch, die beiden äußeren mussten sich der Fräse ergeben. Links und rechts sind, wie üblich, zwei kleine Streifen Holz angeleimt und das ganze Gebilde wurde natürlich in die 'Open Book' Kopfplattenform gebracht.
Das Gibson Logo, in der Mitte der Kopfplatte, mit geschlossenem B und O, ist aus Mother of Toilet gefertigt. Aber noch wirklich eingelegt.
Die Mechaniken sind Schaller M4, mit Gibsonlogo und 90° abgespreizten Füßchen. Die Achse wird im Mittelsteg der Kopfplatte von einer Einschlaghülse entgegen genommen.
Eine Trussrod-Glocke mit "EB-3" Aufschrift in schönster Grundschulschrift, verdeckt den sehr gut arbeitenden Trussrod. Leider ist sie bei mir gerissen so dass, sie nur noch von A und D Saite gehalten wird.
Der Sattel ist Nylon. Bei meinem Instrument ist eine kleine Ecke abgebrochen. Das Tut der Bespielbarkeit aber keinen Abbruch und ist nur ein kosmetischer Mangel.
Auf dem Feingemasertem Palisandergriffbrett sitzen 19 Bünde. Sie sind super abgerichtet, recht Flach und halten wohl auch noch ein paar Jahre. Das Griffbrett ist mit Zelluloid eingebunden, schwarze kleine Dots markieren die Lagen. Bei genauem hinsehen bemerkt man wie wenig das Binding vergilbt ist, der Nitrolack dafür sehr.
Dots aus dem gleichen Material wie das Gibsonlogo markieren die Lagen.
korpusseitig werden die Saiten von der "Two-Point-Bridge" entgegen genommen. Auch bei meinem Bass macht sie ihrem Spitznamen alle ehre "Evertilt". Die Standbolzen haben einen zu kleinen Durchmesser für die Löcher in der Bridge. Also wird die Brücke schief und setzt auf dem Korpus auf. Was allerdings in diesem fall gar kein Problem darstellt. Ausgestattet ist die Bridge mit Nylon Böckchen. Die Einstellschraube für die G-Saite ging wohl mal verloren, wurde aber vom Vorbesitzer durch eine passende Schraube mit zwei Muttern ersetzt.
Zum Schutz des Korpusses ist ein fünf lagiges Griffbrett montiert. Leider hat es den Lack nicht auf der entgegen gelegenen Seite geschützt. Jahrelanges Daumenauflegen hat hier den Nitrolack durchgescheuert. Der Nitrolack wird mit den Jahren wirklich Glashart und zerfällt an dieser Stelle bei Berührung mit dem Daumennagel regelrecht zu Staub. Das ganze mag vielleicht nicht schön aussehen, zumal das relativ weiche Mahagoni auch schon leiden musste, klingt aber alles nicht anders als ein hochglazpoliertes Instrument.
Der große 'Mudbucker' am Hals ist berühmt und berüchtigt. In seinem Gehäuse ist jede Menge Draht und das bringt mit unter einen Widerstand von über 30kΩ. An meinem kleinen 20Watt Übungsverstärker Zuhause fällt klippingfreies Spielen bei voll aufgedrehtem Volumenpoti damit schon mal aus. Der Tonabnehmer ist derselbe wie er auf allen EB-3 Bässen verbaut wurde. Hier findet sich nur ein Plastikrahmen der eine Fräsung für eine Blechgrundplatte verbirgt. Sie dient der Höheneinstellung des Tonabnehmers, ein Sinnvolles Merkmal, dass 60er Bässe alle nicht hatten.
Der Mini Humbucker läuft mit 8,5kΩ noch recht moderat. Und ist wie die meisten Gibson PUs mit einem Einbaurahmen fixiert.
Der Vintage-Faktor
Ich komme, bevor wir uns an den Sound wagen zu einem wichtigen Punkt. Es ist kein neuer Bass. Es hat einige kleine Macken hier und da. Er war auch nicht sehr gut eingestellt.
Bevor ich mir so ein altes Schätzchen also um den Bauch hänge kontrolliere ich erst einmal den Sitz der Gurtknöpfe. In meinem Fall war der Gurtpin am Halsende durch eine Lederschlaufe ersetzt wurden. Mit ein wenig Restholz und Leim habe ich einen neuen Allparts Gibsonknopf eingeschraubt. Nachdem der Bass nun an mir hing und alles gestimmt war stellte ich fest das da diverse Teile klapperten.
Der Mudbucker war wohl mal zu hochgestellt wurden. Die Federn zur Höhenverstellung klapperten in der Fräsung lose herum. Also habe ich das behoben, um festzustellen dass die Federn schon recht altersschwach waren. Der Abnehmer wackelte hin und her und erzeugte so Feedback. Silikonschlauch löst jetzt das Problem.
Auch war der E-Fachdeckel nicht so fest wie er sein sollte. In all den Jahren wurde er wohl öfter geöffnet und geschlossen. Die Löcher waren ausgenudelt. Also habe ich auch hier ein wenig Mahagoni eingeleimt und so finden die Schrauben wieder halt.
Auch kann es sein das sich die Bridge noch weiter krümmt. Da ist dann etwas know how gefragt. Denn einfach eine neue kaufen geht nicht.
Der Bass ist zwar ein absolut robuster Player so wie wir ihn jetzt hier haben. Von einem Freund aus England bekomme ich noch ein Paar Standbolzen das genau für meinen Bass aus Edelstahl gefertigt wird. Man muss eben kreativ sein. Denn wer will schon eine neue Hipshot installieren? (Die einzige Bridge die ohne Bohren auf alte Gibsonbässe passt und noch hergestellt wird) Oder 300$ für eine Schaller 460 ausgeben?
Ich habe auch schon überlegt mich der durchgescheuerten stelle über den PUs zu widmen. Aber eine neue Lackierung fällt aus. Zu teuer und in jedemfall nicht so schön. Also habe ich den Rat eines Freundes angenommen und das Mahagoni einfach geölt. So wurde es dunkler und sticht nicht mehr so stark in das Auge.
Das kritischste ist aber denke ich immer noch die Tatsache dass der Varitone Schalter nicht dran ist. Dieser Schalter verwaltete ursprünglich die Tonabnehmer in 4 Postitionen mit Hilfe einer Spule und eines Kondensators. Das führte zu sehr muffigen und nicht unbedingt praxistauglichen Sounds. Der Andy Fraser "All Right Now"-Sound ist nicht möglich mit einem Unmodifizierten EB-3. Auch hatte Jack Bruce wohl nicht in allen seinen Bässen eine unmodifizierte Schaltung.
Ich bin sehr zufrieden mit dem 3 Wege Toggle. Aber den Sammler von Welt interessiert so ein Instrument nicht mehr.
Wer vor hat einen alten Bass zu kaufen, egal ob Gibson oder sonstiges, der sollte sich im klaren sein, dass man sich noch einmal hinsetzen muss um ihn vernünftig spielbereit zu machen. Bei Fender und Co hat man aber den entscheidenden Vorteil so ziemlich jedes Ersatzteil zu einem relativ vernünftigen Preis zu bekommen.
Sound
Aber ihr Fragt euch sicher schon; "Wie klingt der jetzt?"
Ich habe einem Freund einmal kurz darauf geantwortet: "Wie ein Kontrabass mit mächtig viel Sustain." Dieser Satz trifft den Nagel auch auf den Kopf. Ich spiele recht dünne Flatwounds auf dem Bass. Sie stehen ihm sehr gut und betonen seine Stärken. Eben kein Pianobassklang sondern ein holziger, verrauchter Charakterton.
Trocken stellt man erst einmal folgendes fest: Der Bass ist laut. Es gibt natürlich auch neue E-Bässe die unverstärkt schon laut sind aber der EB-3 hat einen so gut artikulierten Ton, so ausgewogen und tiefgehend wie es kaum ein anderer Bass trocken rüber bringt. Das Sustain ist sehr lang, am Ende aber wunderbar harmonisch ausklingend.
Gehen wir an den Verstärker stellt sich heraus: Der trocken schon vermittelte Kontrabassklang wird über den Mudbucker mit einer Extraportion Bass rübergebracht. Es stimmt übrigens was viele sagen; Der Mudbucker matscht schon, klingt dumpf und ist schwer hand zuhaben. Er braucht einen kompetenten Amp als Partner. Die 30kOhm Draht bringen so viel Output das viele Amps verzerren oder gar klippen. Der Bass der herausgedrückt wird bringt viele Amps an ihre Grenzen. Mann muss seinen Amp gut einstellen. Ich habe einen JMP Superbass mit 100 Watt, den Peter Linnemann mir modifiziert hat. Dieses Setup klappt gut. Und vor allem vermittelt sie warum der Mudbucker so ist wie er ist. In den Anfangsjahren des E-Basses waren Bassverstärker in ihrer Entwiklung noch nicht so weit. Sie hatten wenig Leistung und brachten auch keine statten Tiefbässe herüber. Also löste Gibson das Problem mit dem Mudbucker, er hatte viel Output, das brachte mehr Bass in das Signal. Die Höhen brauchte niemand weil sie nur eine allzustarke Verzerrung hörbar machten.
Etwas Old-School Motown geht auf dem EB-3 mit Superbass so was von gut und authentisch! Der Wahnsinn. An einem SVT kann ich mit dem Mudbucker auch schon fast Fender Rhodes mäßige Sounds erzeugen da das Sustain so lang und gleichmäßig ist.
Der Mudbucker entspricht in der Tat nicht dem Trend. Aber eines muss ich noch sagen; Der Mudbucker ist meiner Meinung nach auf dieselbe Stufe zu stellen wie der berühmte "PAF" Tonabnehmer von Gibson. Einfach ein Tonabnehmer wie er heute überhaupt nicht mehr gebaut wird.
Der Minihumbucker am Steg ist im Grunde ein heißer Firebird Tonabnehmer. Hier schaut einen von unten auch ein Patentnummer Aufkleber an. Der kleine hat natürlich mehr Höhen als der große Kollege am Hals. Dieser Holzton wird von den Tiefmitten in die Hochmitten geschoben. Es klingt wunderbar dynamisch und eben holzig. Der Kleine kann auch verzerrt richtig fetzen. Grade mit Flatwounds, diesem Minihumbucker und einem vollaufgerissenen Superbass klingt der EB-3 irgendwie der Zeit voraus. Einen so holzbetonten High Gain Bass Sound gab es wohl noch nie.
Aber Clean gehen hier die Funklinien schnell und zügig von der Hand.
Das schönste an einem EB-3 ist das er zwei Tonabnehmer hat. Man muss eben nicht immer den Mudbucker Solo spielen sondern kann sich die Höhen des Minihumbuckers dazumischen. Dieses Feature macht den EB-3 dann doch nicht so Praxisuntauglich. Wie gesagt; Ein Stock EB-3 hatte nicht die Möglichkeit die Tonabnehmer einfach so zusammen zumischen. Grade in der Varitone Switch Stellung wo beide Tonabnehmer aktiviert waren kam noch eine Filterspule für den Mudbucker zum Einsatz.
Zum Schluss
Die Preise für einen vernünftigen Player EB-3 zwischen 1965 und 1968 liegen realistischer Weise (inkl. Zoll, Versand, Steuern) irgendwo Zwischen 1500 und 2000 . Ein Slothead zum bespielen kann man dagegen schon ab 1200 haben.
Ich persönlich finde den Preis für einen SG Reissue Bass da schon unverschämt. Aber es gibt ja Leute die einen neuen Bass haben wollen. Wer auf Hochglanz Lack und Bling Bling verzichten kann bekommt für wenig Geld ein Instrument das sicher besser klingt als der SG Reissue.
Ich bin sehr zufrieden mit meinem Slothead. Ob Jazz, Blues oder auch Hardrock. Er macht alles mit. Natürlich stempelt er überall seine eigene Note auf. Aber das ist wonach ich gesucht habe. Mein Sound. Ein unverwechselbarer ehrlicher Sound mit viel Charakter. Das kann ein EB-3. Anhören sollte man sich so ein Instrument sicher einmal wenn man die Chance dazu hat. Vielleicht entdeckt so mancher da seinen Traumbass.
Wer grade nicht die Gelegenheit hat in den nächsten Musikladen zu fahren und einen Vintage EB-3 anzuspielen, kann ja mal in folgende Anspieltipps hören:
Cream - Live in der Abberty Hall bei ihrem Abschiedskonzert hört man einen wirklich super EB-3 Sound.
Free - Bei Fire and Water gibt es BBC Bonus Tracks wo man den EB-3 sehr gut hören kann. Der die eigentliche Platte hat Fraser mit einem EB-2 gespielt.
David Bowie - Auf Ziggy Stardust spielt Trevor Bolder einen EB-3, sogar einen wie den hier vorgestellten mit Slothead.
Dazu natürlich noch ein paar Bilder!
Vielen dank für euere Zeit.
Fragen beantworte ich sehr gerne genauso wie ich mich auf euer Feedback freue.
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