willow
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Erlauchte Freunde des Vollkommensten unter den botanisch-basierten Kunstwerken!
Mittlerweile sind einige Tage vergangen, seit sich meine Musikantenseele eine neue Wirtin gesucht hat - welche mittlerweile einen beträchtlichen Teil ihres Volumens beherbergt.
Neue Erfahrungen haben gelegentlich die angenehme Eigenart, neue Erkenntnisse zu begünstigen; eine für mich als Gitarristen elementare möchte ich euch nicht vorenthalten und dementsprechend meinen Ausführungen auf Seite 1 hinzugefügt wissen. Anhand eines konkreten Beispiels, bzw. einer kleinen Erzählung aus meinem Leben, wenn man die nachfolgenden Zeilen denn fast schon hochtrabend so bezeichnen mag, soll dies nun geschehen.
Ich zähle mich - dies sei vorab erwähnt - zu jener Sorte Mensch, welche die späte Stunde liebt. Morgenstund mag Gold im Munde haben; doch ist es mir stets schwer gefallen, die eher störrisch erscheinenden ersten Zeitabschnitte des so genannten Tags dazu zu bewegen, mich von deren merkwürdigem metallischen Frühstücksschmaus profitieren zu lassen. Wie dem auch sei; diese meine Eigenschaft bringt es mit sich, dass ich den Übergang vom Tag zur Nacht nicht als jenen von der Wach- zur Ruhezeit zu interpretieren im Stande bin. In vertrauter Regelmäßigkeit ertönen so auch jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, ruhige Atemzüge von der anderen Seite meines Nachtlagers, während ich selbst noch nicht das konkrete Bedürfnis nach Schlaf verspüre. Ergänzt wird die momentane Geräuschkulisse nur durch das leise Summen des Laptops und die geschäftigen aber dezibelschwachen Laute meiner Finger auf der Tastatur, wie die Klicklaute geflüsterten Swahilis. Dieser Zustand - und langsam nähere ich mich jener Kernaussage, welche diese nächtlichen Beschreibungen hoffentlich zur rechtfertigen mag - hat einen sehr angenehmen Effekt auf das Gehör des Bewohners der industrialisierten Welt. Es herrscht Stille. Die tagtägliche Geräuschkulisse, deren unvermeidliche Anwesenheit unsere Ohren zur strikten Selektion zwingt und ihr wahres Potenzial regelrecht verdampft, ist nicht mehr da. Verbringt man nun einige Stunden in dieser relativen Geräuschlosigkeit, regeneriert die gebeutelte Anatomie des komplexen Hörorgans mitsamt der zuständigen Hirnregion, vermag ihren Fokus von der Erfüllung ihres kommunikativen Frondienstes und den Presslufthämmern an Schnellzuggleisen auf ungeahnte, nur im entspannten Zustand erahnbare Nuancen der außerordentlichen Welt des Klangs zu lenken.
Und ebenjener Zustand ist es, liebe Freunde, in dem ein meisterlich zusammengefügtes Instrument aus erlesenen und von Könnerhand bearbeiteten Hölzern sein wahres Potenzial zu entfalten vermag. Die elektrische Gitarre solider Bauart nur in Kombination mit einem entsprechenden Verstärker als vollwertiges Instrument zu betrachten, halte ich nach den Erfahrungen des letzten Monats allerhöchstens für die halbe Wahrheit. Denn hat man dem Ohr erst die vorab beschriebene Ruhephase gegönnt, so ist die Zeit gekommen, sich behutsam aus den warmen Decken zu schälen, möglichst ohne grummelnde Geräusche bei etwaigen zurückgelassenen Schläferinnen oder auch Schläfern zu erzeugen die bequemste unter den absurderweise als solchen bezeichneten Jogginghosen überzustreifen, und sich - mit der Instrumententasche im Anschlag - lautlosen Schrittes in die Küche zu begeben, wo man erst erneut zu atmen wagt, nachdem die Türe zum Flur geschlossen ist.
Das erste Indiz für die neugewonnenen schier übermenschlichen Fähigkeiten ist das Zusammenzucken, mit welchem der Körper die unerwartete Lautstärke des detailliert in seine akustischen Strukturen auflösbaren Geräuschs des sich öffnenden Reißverschlusses der Transporthülle der sehnlichst erwarteten, sorgsam umhuldigten Götzenstatuette der Gitarrengottheit quittiert. Hat man dann die Batterie aus der unerträglich hämmernden Küchenuhr entfernt, kann man sich endlich dem widmen, was diesen merkwürdigen Aufwand zu später Stunde um ein vielfaches aufzuwiegen vermag: Den unerhörten Schichten und Lagen, den Wallungen und Rundungen, den zahllosen Glocken und Harfen, aus denen der Klang einer guten E-Gitarre besteht; sowie deren fragiler, komplexer Reaktion auf die jeweiligen Details der Methode, mit welcher man die Saiten in holde Schwingung zu versetzen und zu erhalten beliebt.
Den allermeisten von euch werden meine Ausführungen keine Offenbarung bedeuten. Doch mir hat sich eine neue Dimension aufgetan, in welcher ich meine wunderbare Strat genießen kann, welche sich perfekt mit der betäubend lautstarken Welt der Verstärker ergänzt, da sie diese für einige Stunden in wunderbarste Irrelevanz entrückt. Diese spezielle, puristische Form der Freude am Instrument hatte ich bis vor kurzem nur mit geringen Einschränkungen als Privileg der rein akustischen Zunft intensiv resonierender Dünnwändler angesehen; doch dem ist nicht so.
Ich kann also nur jedem dazu raten, sich auf diese Art instrumentalen Erlebens mit vorangehender Stillekur einzulassen. Falls es heute dafür dann doch zu spät sein sollte, so beginnt morgen Abend auch noch eine Nacht.
willow
Mittlerweile sind einige Tage vergangen, seit sich meine Musikantenseele eine neue Wirtin gesucht hat - welche mittlerweile einen beträchtlichen Teil ihres Volumens beherbergt.
Neue Erfahrungen haben gelegentlich die angenehme Eigenart, neue Erkenntnisse zu begünstigen; eine für mich als Gitarristen elementare möchte ich euch nicht vorenthalten und dementsprechend meinen Ausführungen auf Seite 1 hinzugefügt wissen. Anhand eines konkreten Beispiels, bzw. einer kleinen Erzählung aus meinem Leben, wenn man die nachfolgenden Zeilen denn fast schon hochtrabend so bezeichnen mag, soll dies nun geschehen.
Ich zähle mich - dies sei vorab erwähnt - zu jener Sorte Mensch, welche die späte Stunde liebt. Morgenstund mag Gold im Munde haben; doch ist es mir stets schwer gefallen, die eher störrisch erscheinenden ersten Zeitabschnitte des so genannten Tags dazu zu bewegen, mich von deren merkwürdigem metallischen Frühstücksschmaus profitieren zu lassen. Wie dem auch sei; diese meine Eigenschaft bringt es mit sich, dass ich den Übergang vom Tag zur Nacht nicht als jenen von der Wach- zur Ruhezeit zu interpretieren im Stande bin. In vertrauter Regelmäßigkeit ertönen so auch jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, ruhige Atemzüge von der anderen Seite meines Nachtlagers, während ich selbst noch nicht das konkrete Bedürfnis nach Schlaf verspüre. Ergänzt wird die momentane Geräuschkulisse nur durch das leise Summen des Laptops und die geschäftigen aber dezibelschwachen Laute meiner Finger auf der Tastatur, wie die Klicklaute geflüsterten Swahilis. Dieser Zustand - und langsam nähere ich mich jener Kernaussage, welche diese nächtlichen Beschreibungen hoffentlich zur rechtfertigen mag - hat einen sehr angenehmen Effekt auf das Gehör des Bewohners der industrialisierten Welt. Es herrscht Stille. Die tagtägliche Geräuschkulisse, deren unvermeidliche Anwesenheit unsere Ohren zur strikten Selektion zwingt und ihr wahres Potenzial regelrecht verdampft, ist nicht mehr da. Verbringt man nun einige Stunden in dieser relativen Geräuschlosigkeit, regeneriert die gebeutelte Anatomie des komplexen Hörorgans mitsamt der zuständigen Hirnregion, vermag ihren Fokus von der Erfüllung ihres kommunikativen Frondienstes und den Presslufthämmern an Schnellzuggleisen auf ungeahnte, nur im entspannten Zustand erahnbare Nuancen der außerordentlichen Welt des Klangs zu lenken.
Und ebenjener Zustand ist es, liebe Freunde, in dem ein meisterlich zusammengefügtes Instrument aus erlesenen und von Könnerhand bearbeiteten Hölzern sein wahres Potenzial zu entfalten vermag. Die elektrische Gitarre solider Bauart nur in Kombination mit einem entsprechenden Verstärker als vollwertiges Instrument zu betrachten, halte ich nach den Erfahrungen des letzten Monats allerhöchstens für die halbe Wahrheit. Denn hat man dem Ohr erst die vorab beschriebene Ruhephase gegönnt, so ist die Zeit gekommen, sich behutsam aus den warmen Decken zu schälen, möglichst ohne grummelnde Geräusche bei etwaigen zurückgelassenen Schläferinnen oder auch Schläfern zu erzeugen die bequemste unter den absurderweise als solchen bezeichneten Jogginghosen überzustreifen, und sich - mit der Instrumententasche im Anschlag - lautlosen Schrittes in die Küche zu begeben, wo man erst erneut zu atmen wagt, nachdem die Türe zum Flur geschlossen ist.
Das erste Indiz für die neugewonnenen schier übermenschlichen Fähigkeiten ist das Zusammenzucken, mit welchem der Körper die unerwartete Lautstärke des detailliert in seine akustischen Strukturen auflösbaren Geräuschs des sich öffnenden Reißverschlusses der Transporthülle der sehnlichst erwarteten, sorgsam umhuldigten Götzenstatuette der Gitarrengottheit quittiert. Hat man dann die Batterie aus der unerträglich hämmernden Küchenuhr entfernt, kann man sich endlich dem widmen, was diesen merkwürdigen Aufwand zu später Stunde um ein vielfaches aufzuwiegen vermag: Den unerhörten Schichten und Lagen, den Wallungen und Rundungen, den zahllosen Glocken und Harfen, aus denen der Klang einer guten E-Gitarre besteht; sowie deren fragiler, komplexer Reaktion auf die jeweiligen Details der Methode, mit welcher man die Saiten in holde Schwingung zu versetzen und zu erhalten beliebt.
Den allermeisten von euch werden meine Ausführungen keine Offenbarung bedeuten. Doch mir hat sich eine neue Dimension aufgetan, in welcher ich meine wunderbare Strat genießen kann, welche sich perfekt mit der betäubend lautstarken Welt der Verstärker ergänzt, da sie diese für einige Stunden in wunderbarste Irrelevanz entrückt. Diese spezielle, puristische Form der Freude am Instrument hatte ich bis vor kurzem nur mit geringen Einschränkungen als Privileg der rein akustischen Zunft intensiv resonierender Dünnwändler angesehen; doch dem ist nicht so.
Ich kann also nur jedem dazu raten, sich auf diese Art instrumentalen Erlebens mit vorangehender Stillekur einzulassen. Falls es heute dafür dann doch zu spät sein sollte, so beginnt morgen Abend auch noch eine Nacht.
willow
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