Cadfael
HCA Bass Hintergrundwissen
Hallo,
der ein oder andere wundert sich vielleicht, mich in der Drummer-Ecke anzutreffen. Meine Musikerlaufbahn begann ich aber 1978 als Drummer. Als ich jetzt bei www.drumarchive.com auf einen alten MAXWIN by Pearl Katalog stieß, genau den Katalog, den ich vor 32 Jahren immer und immer wieder verschlungen hatte, entschloss ich mich eine "Retrospektive" über mein damaliges Drum Set zu schreiben.
Vorgeschichte
Vor 30 und mehr Jahren waren Musikinstrumente ungleich teurer als heutzutage. Es gab kein Internet, keine Foren oder Online-Händler. In einer kleinen Stadt am Linken Niederrhein blieb als Informationsquelle für Neueinsteiger nur das ebenso kleine Musikgeschäft.
Dort drückte man mir 1977 auf Anfrage besagten MAXWIN by Pearl Schlagzeugkatalog in die Hand. Immer und immer wieder rechnete ich durch, was ich mir vielleicht leisten könnte, verglich die wenigen verfügbaren Daten.
Nach der Konfirmation hatte ich stolze 1000 DM zusammengespart (was einer heutigen Kaufkraft von ca. 1000 bis 1500 Euro entspricht!), wofür ich so eben das MAXWIN 505 Set mit HiHat und einem Ride Becken bekam.
Das Set
Geliefert wurde das Set - wie heutzutage auch - in einem großen Karton. Das 505 bestand aus einer 14x5,5" Metall-Snare, einer 20" Bass Drum, zwei 12"x8" und 13"x9" Hängetoms, sowie einem 16"x16" Standtom. Neben Snare-Ständer, Tomhaltern, HiHat- und Fußmaschine komplettierte ein Beckenständer das Set.
Während Snare und Standtom 8 Stimmschrauben besaßen, wiesen die Hängetoms und die Bass Drum nur 6 Stimmschrauben auf. Die gleichen Stimmblöcke findet man übrigens immer noch auf den Thomann Millenium Sets!
Die Kessel
Aus wie viel Lagen die vier Holzkessel gefertigt waren, weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich aber, dass die Innenseiten der Toms und Bass Drum extrem rau waren. Die Trommeln sahen aus wie das, was sie waren: Einfaches Sperrholz ...
Bespannt waren die Kesselaußenflächen mit Naugahyde, einer Art Kunstleder. Das 505er Set gab es in den Farben Schwarz, Blau und Rot, wobei ich mich (wie abgebildet) für Schwarz entschied.
Die Spannreifen der Toms waren aus relativ leichtem Stahl geformt. Gleiches galt für die gesamte Snare. Den Spannmechanismus für den Snare Teppich kann man wohl am treffendsten mit "spartanisch" beschreiben.
Die Snare und Toms hatten einen Filzdämpfer, der über einen Federstahlmechanismus angepresst werden konnte. Eine völlig sinnlose Konstruktion, da der Federstahl nach kurzer Zeit ermüdete und die Schrauben sich immer von selbst lösten.
Becken
Die Becken waren einfach nur grotten schlecht! Sie klangen nicht nur miserabel, sondern waren auch noch leicht und dünn - geboren zum verbiegen. Als ich endlich neue HiHat Becken bekam, stellte sich die nächste böse Überraschung ein.
Hardware
Die leichte einstrebige HitHat-Maschine hatte nie den stabilsten Eindruck gemacht; ihr Hobby war es, sich vom Drumset zu entfernen. Mit "normal schweren" Becken konnte die Feder im Inneren der Maschine dem Druck des oberen Beckens nicht standhalten. Die Feder war selbst im Ruhezustand immer leicht eingedrückt. Zudem löste sich die Halterung für das Fußpedal langsam auf.
Die Fußmaschine - deren Rückholfedern genauso schlecht waren wie die Feder der HiHat-Maschine - hatte ein weiteres Manko. Das Gerippe aus Druckguss war aus so schlechtem Material, dass die Fußmaschine irgendwann einfach mitten durchbrach. Über die hakeligen Kugellager schweigen wir besser.
Für ein Crash Becken wäre der mitgelieferte einstrebige Beckenständer völlig unbrauchbar gewesen. Er tanzte bereits bei Ride Becken und ein Schlag auf's Crash hätte ihn umgeschmissen.
Dummerweise waren die Arme des Snare Ständers nicht um 90° gedreht. So kam es, dass das Material sich im Laufe der Zeit wie ein warmer Schokoriegel verbog. Am Anfang konnte man zwar noch nachbiegen, mit jeder Korrektur wurden die Arme aber weicher.
Die Tom-Halter waren aus Sechskantstahl. Das untere Teil hatte einen Kugelkopf, der vom Ausleger umschlossen wurde. Die mangelnde Qualität führte auch hier zum langsamen Neigen der Toms. Die Anpressschrauben gaben ebenfalls nach einiger Zeit ihren Geist auf.
Die Maxwin Stimmschrauben hatten einen Vierkant. Nachdem der Stimmschlüssel aus Druckguss sich zerlegt hatte fand ich zum Glück heraus, dass man auch Heizungsschlüssel zum Stimmen benutzen kann. Auch den Justier-Flügelschrauben an Standtomfüßen und Hardware war nur ein begrenztes Leben geschenkt - wenn sie nicht die dünnen Stahlrohre zerdrückten. Die Nieten an den Gelenken trugen ihren Namen zu Recht.
Veränderungen
Lese ich heutzutage die Ideen und Wünsche junger Musiker, erinnert mich das immer wieder an meine eigene Jugend. Statt ein vernünftiges kleines Set zu haben, kauft man dieses und jenes Teil dazu. Das Set wird an den dringendsten Stellen geflickt und ausgebaut, die Basis bleibt aber gleich schlecht.
Zuerst gaben die billigen Felle den Geist auf. Am Anfang konnte ich mich (als armer Schüler) noch damit behelfen ohne Resonanzfelle zu spielen. Man darf nicht vergessen, dass zu jener Zeit das Spielen ohne Resonanzfell sogar populär war. Es gab "Funk-Sets", die ab Werk keine Resonanzfelle hatten.
Die Schlagfelle der Toms stattete ich - sobald ich genug Geld hatte - mit den damals äußerst populären REMO PinStripe Fellen aus. Das gab einen relativ vollen und runden Klang. Um die unteren Spannreifen trotzdem montieren zu können, klemmte ich Lego-Bausteine zwischen Böcke und Spannreifen. Fehlendes Geld muss man durch Ideen ersetzen. Auf die Snare kam ein Evans Fell - was den Klang aber nur sehr bedingt verbesserte.
Da sowohl Spannreifen, Spannblöcke wie auch Spannschrauben von schlechter Qualität waren, war andauerndes Nachstimmen Pflicht.
Die unrunden Holzkessel machten das Aufziehen von Fellen nicht einfach, das Kunstleder verschlimmerte die Situation noch. So entschied ich mich das Kunstleder zu entfernen und stattdessen einfach DeCeFix aufzukleben. Lackierte Holzkessel waren groß in Mode (Sonor Palisander oder Steward Copelands TAMA Set). Das verbesserte zwar nicht den Klang, aber das Aussehen. Glanzstück war dann irgendwann die Pearl Snare mit Parallelabhebung!
HiHat- und Fußmaschine wurden durch stabile Modelle von Pearl ersetzt, die Tomhalterung durch eine (viel zu schwere und teure) Sonor Halterung, was die Formstabilität der Bass Drum nicht erhöhte. Hinzu kamen TAMA Beckenständer, die ich preiswert ergattern konnte.
Da ein bezahlbares 10" Tom auf dem flachen Land einfach nicht zu kriegen war, folgte irgendwann noch ein zweites 12" Tom, das in der Tiefe auf 6,5" reduziert wurde.
Dieses Set spielte ich dann bis 1984. Anfang der 1980er hatte ich bereits angefangen nebenbei Gitarre zu spielen. Als es ans Studium im fernen Münster ging beschloss ich, meine Karriere als Drummer an den Nagel zu hängen und auf die für Studentenbuden besser geeignete Gitarre umzusteigen.
Dass es kaum noch MAXWIN Drum Sets gibt liegt wohl daran, dass sich 99% aller Sets im Laufe weniger Jahre verzogen und zerlegt haben dürften? Trotzdem denke ich freundlich an dieses Set zurück, denn es hat mich die ersten Jahre meines Musikerlebens begleitet.
Schuld an der positiven Retrospektive könnte auch dieses Foto sein, das "einen alten Mann" sowohl an sein Drum Set, als auch an die langjährige Freundin (die Beziehung hielt immerhin länger als das Drum Set!) erinnert:
Nachwort
Zwischenzeitlich habe ich auf mehreren "modernen Billig-Sets", wie dem Magnum Economy Set, gespielt. Auch wenn es kaum zu begreifen ist - dieses 250 Euro Set liegt auf weit höherem Niveau als mein Drum Set von vor 30 Jahren!
Selbstverständlich steht es mir nicht zu im Drum-Bereich Ratschläge zu erteilen. Ich verstehe sehr wohl (aus eigener Erfahrung) die Rufe: "Kauf dir besser ein vernünftiges Set!" Blicke ich 30 Jahre zurück, komme ich jedoch zu dem Schluss: Ein schlechtes Drum Set ist besser als kein Drum Set.
Gruß
Andreas
der ein oder andere wundert sich vielleicht, mich in der Drummer-Ecke anzutreffen. Meine Musikerlaufbahn begann ich aber 1978 als Drummer. Als ich jetzt bei www.drumarchive.com auf einen alten MAXWIN by Pearl Katalog stieß, genau den Katalog, den ich vor 32 Jahren immer und immer wieder verschlungen hatte, entschloss ich mich eine "Retrospektive" über mein damaliges Drum Set zu schreiben.
Vorgeschichte
Vor 30 und mehr Jahren waren Musikinstrumente ungleich teurer als heutzutage. Es gab kein Internet, keine Foren oder Online-Händler. In einer kleinen Stadt am Linken Niederrhein blieb als Informationsquelle für Neueinsteiger nur das ebenso kleine Musikgeschäft.
Dort drückte man mir 1977 auf Anfrage besagten MAXWIN by Pearl Schlagzeugkatalog in die Hand. Immer und immer wieder rechnete ich durch, was ich mir vielleicht leisten könnte, verglich die wenigen verfügbaren Daten.
Nach der Konfirmation hatte ich stolze 1000 DM zusammengespart (was einer heutigen Kaufkraft von ca. 1000 bis 1500 Euro entspricht!), wofür ich so eben das MAXWIN 505 Set mit HiHat und einem Ride Becken bekam.
Das Set
Geliefert wurde das Set - wie heutzutage auch - in einem großen Karton. Das 505 bestand aus einer 14x5,5" Metall-Snare, einer 20" Bass Drum, zwei 12"x8" und 13"x9" Hängetoms, sowie einem 16"x16" Standtom. Neben Snare-Ständer, Tomhaltern, HiHat- und Fußmaschine komplettierte ein Beckenständer das Set.
Während Snare und Standtom 8 Stimmschrauben besaßen, wiesen die Hängetoms und die Bass Drum nur 6 Stimmschrauben auf. Die gleichen Stimmblöcke findet man übrigens immer noch auf den Thomann Millenium Sets!
Die Kessel
Aus wie viel Lagen die vier Holzkessel gefertigt waren, weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich aber, dass die Innenseiten der Toms und Bass Drum extrem rau waren. Die Trommeln sahen aus wie das, was sie waren: Einfaches Sperrholz ...
Bespannt waren die Kesselaußenflächen mit Naugahyde, einer Art Kunstleder. Das 505er Set gab es in den Farben Schwarz, Blau und Rot, wobei ich mich (wie abgebildet) für Schwarz entschied.
Die Spannreifen der Toms waren aus relativ leichtem Stahl geformt. Gleiches galt für die gesamte Snare. Den Spannmechanismus für den Snare Teppich kann man wohl am treffendsten mit "spartanisch" beschreiben.
Die Snare und Toms hatten einen Filzdämpfer, der über einen Federstahlmechanismus angepresst werden konnte. Eine völlig sinnlose Konstruktion, da der Federstahl nach kurzer Zeit ermüdete und die Schrauben sich immer von selbst lösten.
Becken
Die Becken waren einfach nur grotten schlecht! Sie klangen nicht nur miserabel, sondern waren auch noch leicht und dünn - geboren zum verbiegen. Als ich endlich neue HiHat Becken bekam, stellte sich die nächste böse Überraschung ein.
Hardware
Die leichte einstrebige HitHat-Maschine hatte nie den stabilsten Eindruck gemacht; ihr Hobby war es, sich vom Drumset zu entfernen. Mit "normal schweren" Becken konnte die Feder im Inneren der Maschine dem Druck des oberen Beckens nicht standhalten. Die Feder war selbst im Ruhezustand immer leicht eingedrückt. Zudem löste sich die Halterung für das Fußpedal langsam auf.
Die Fußmaschine - deren Rückholfedern genauso schlecht waren wie die Feder der HiHat-Maschine - hatte ein weiteres Manko. Das Gerippe aus Druckguss war aus so schlechtem Material, dass die Fußmaschine irgendwann einfach mitten durchbrach. Über die hakeligen Kugellager schweigen wir besser.
Für ein Crash Becken wäre der mitgelieferte einstrebige Beckenständer völlig unbrauchbar gewesen. Er tanzte bereits bei Ride Becken und ein Schlag auf's Crash hätte ihn umgeschmissen.
Dummerweise waren die Arme des Snare Ständers nicht um 90° gedreht. So kam es, dass das Material sich im Laufe der Zeit wie ein warmer Schokoriegel verbog. Am Anfang konnte man zwar noch nachbiegen, mit jeder Korrektur wurden die Arme aber weicher.
Die Tom-Halter waren aus Sechskantstahl. Das untere Teil hatte einen Kugelkopf, der vom Ausleger umschlossen wurde. Die mangelnde Qualität führte auch hier zum langsamen Neigen der Toms. Die Anpressschrauben gaben ebenfalls nach einiger Zeit ihren Geist auf.
Die Maxwin Stimmschrauben hatten einen Vierkant. Nachdem der Stimmschlüssel aus Druckguss sich zerlegt hatte fand ich zum Glück heraus, dass man auch Heizungsschlüssel zum Stimmen benutzen kann. Auch den Justier-Flügelschrauben an Standtomfüßen und Hardware war nur ein begrenztes Leben geschenkt - wenn sie nicht die dünnen Stahlrohre zerdrückten. Die Nieten an den Gelenken trugen ihren Namen zu Recht.
Veränderungen
Lese ich heutzutage die Ideen und Wünsche junger Musiker, erinnert mich das immer wieder an meine eigene Jugend. Statt ein vernünftiges kleines Set zu haben, kauft man dieses und jenes Teil dazu. Das Set wird an den dringendsten Stellen geflickt und ausgebaut, die Basis bleibt aber gleich schlecht.
Zuerst gaben die billigen Felle den Geist auf. Am Anfang konnte ich mich (als armer Schüler) noch damit behelfen ohne Resonanzfelle zu spielen. Man darf nicht vergessen, dass zu jener Zeit das Spielen ohne Resonanzfell sogar populär war. Es gab "Funk-Sets", die ab Werk keine Resonanzfelle hatten.
Die Schlagfelle der Toms stattete ich - sobald ich genug Geld hatte - mit den damals äußerst populären REMO PinStripe Fellen aus. Das gab einen relativ vollen und runden Klang. Um die unteren Spannreifen trotzdem montieren zu können, klemmte ich Lego-Bausteine zwischen Böcke und Spannreifen. Fehlendes Geld muss man durch Ideen ersetzen. Auf die Snare kam ein Evans Fell - was den Klang aber nur sehr bedingt verbesserte.
Da sowohl Spannreifen, Spannblöcke wie auch Spannschrauben von schlechter Qualität waren, war andauerndes Nachstimmen Pflicht.
Die unrunden Holzkessel machten das Aufziehen von Fellen nicht einfach, das Kunstleder verschlimmerte die Situation noch. So entschied ich mich das Kunstleder zu entfernen und stattdessen einfach DeCeFix aufzukleben. Lackierte Holzkessel waren groß in Mode (Sonor Palisander oder Steward Copelands TAMA Set). Das verbesserte zwar nicht den Klang, aber das Aussehen. Glanzstück war dann irgendwann die Pearl Snare mit Parallelabhebung!
HiHat- und Fußmaschine wurden durch stabile Modelle von Pearl ersetzt, die Tomhalterung durch eine (viel zu schwere und teure) Sonor Halterung, was die Formstabilität der Bass Drum nicht erhöhte. Hinzu kamen TAMA Beckenständer, die ich preiswert ergattern konnte.
Da ein bezahlbares 10" Tom auf dem flachen Land einfach nicht zu kriegen war, folgte irgendwann noch ein zweites 12" Tom, das in der Tiefe auf 6,5" reduziert wurde.
Dieses Set spielte ich dann bis 1984. Anfang der 1980er hatte ich bereits angefangen nebenbei Gitarre zu spielen. Als es ans Studium im fernen Münster ging beschloss ich, meine Karriere als Drummer an den Nagel zu hängen und auf die für Studentenbuden besser geeignete Gitarre umzusteigen.
Dass es kaum noch MAXWIN Drum Sets gibt liegt wohl daran, dass sich 99% aller Sets im Laufe weniger Jahre verzogen und zerlegt haben dürften? Trotzdem denke ich freundlich an dieses Set zurück, denn es hat mich die ersten Jahre meines Musikerlebens begleitet.
Schuld an der positiven Retrospektive könnte auch dieses Foto sein, das "einen alten Mann" sowohl an sein Drum Set, als auch an die langjährige Freundin (die Beziehung hielt immerhin länger als das Drum Set!) erinnert:
Nachwort
Zwischenzeitlich habe ich auf mehreren "modernen Billig-Sets", wie dem Magnum Economy Set, gespielt. Auch wenn es kaum zu begreifen ist - dieses 250 Euro Set liegt auf weit höherem Niveau als mein Drum Set von vor 30 Jahren!
Selbstverständlich steht es mir nicht zu im Drum-Bereich Ratschläge zu erteilen. Ich verstehe sehr wohl (aus eigener Erfahrung) die Rufe: "Kauf dir besser ein vernünftiges Set!" Blicke ich 30 Jahre zurück, komme ich jedoch zu dem Schluss: Ein schlechtes Drum Set ist besser als kein Drum Set.
Gruß
Andreas
- Eigenschaft
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: