LennyNero
HCA Gitarre: Racks & MIDI
Und wer wäre überhaupt in der Lage dazu ?
Ich (Student) in keinem Fall ...
Na das ist mal eine Argumentationsgrundlage.
Generell können wir alle davon ausgehen: wir brauchen unser Instrument nicht um zu überleben, ggf. wäre Verzicht eine Option. Aber da muss man ja selber zurückstecken.
Irgendwann ist dein Studium mal fertig, ich hoffe für dich (und andere), dass der "geiz ist geil" Gedanke etwas am zurück gehen sein wird, denn auch du magst doch irgendwann einen fair bezahlten Job haben.
Nun, ein Boykott bewirkt doch aber gerade hier nichts. Glaubt wirklich jemand, daß sinkende Umsätze und Erlöse für HÖHERE Löhne sorgen?
Wenn die Käufer ihr Geld bei der Konkurrenz (die hoffentlich besser bezahlt, und bei einem hessischen Musikaliengroßhändler war ich letztens zum Vorstellungsgespräch, da hatten wir uns auch schon sehr konkret über die Gehaltsfrage unterhalten... es waren definitiv mehr als 1100 Brutto. So oder so, Warwick hat in der Branche einen schlechten, sehr schlechten Ruf, die vielen Stellenanzeigen sollten da jeden nachdenklich stimmen) ausgeben, werden die früher oder später mehr Leute einstellen (bzw. müssen ihre ordentlich bezahlten Leute nicht entlassen).
Wenn das genügend Leute mitmachen (und der Arbeitgeber den Grund der Umsatzrückgänge mitbekommt), wird er gegensteuern können.
Von da aus: ja, es wird für höhere Löhne sorgen, wenn nicht bei der Firma selbst, dann eben bei der Konkurrenzfirma, die diese Firma kaputt gemacht hätte.
BTW: Ein Unternehmen kann die Gründung eines Betriebsrates gar nicht verhindern, es sei denn, es schafft es, eine unmotivierte und schlecht bezahlte Belegschaft auch noch einzuschüchtern. Da diese aber offensichtlich nichts zu verlieren hat (wenn Hartz IV mehr bietet), kann doch jede Drohung nur ins Leere gehen.
Irgendetwas an der Sache stinkt gewaltig...
Was ein Unternehmer kann/nicht kann, was die Angestellten machen/nicht machen .. können /dürfen, das ist nicht zwingend Deckungsgleich.
"Nichts zu verlieren" stimmt dann auch nicht, denn eine Arbeitsstelle erfüllt häufig ja auch noch eine soziale Funktion. Wenn du, bzw. dein Bekanntenkreis das Glück hatte wenige/keine Arbeitslose zu haben, dann wird dir dementsprechend auch nicht auffallen wieviele dieser Menschen sozial verarmen.
Hinzu kommt, das viele Arbeitslosigkeit (trotz der schweren Zeiten) immer noch als Makel ansehen, und deshalb lieber einen schlechten Job annehmen anstatt daheim zu bleiben.
Letzten Endes bleibt aber auch immer noch die Hoffnung, das es in der Firma ja vielleicht auch besser werden kann.
Okay, wer sich nun über schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen bei Warwick aufregt und deswegen einen Boykott anzettelt, dem möchte ich mal seinen Schuhschrank sehen. Vielleicht ein bischen Adididas, Puma und Co?
Also bitte, Jungs!
"Man kann das Haus sowieso nicht auf einmal Schlüsselfertig bauen, deshalb fange ich gar nicht erst an"?
Klar kann man nicht auf einen Schlag anfangen alles zu ändern, aber man kann irgendwann einfach damit anfangen. Ob das jetzt die Sportartikelhersteller trifft oder einen Musikalienhersteller und -großhändler... sollte jeder für sich selbst entscheiden.
Darauf zu warten, das andere einen das Regeln, oder einfach zu hoffen "mich wird es schon nicht treffen", ist im Grunde etwas blauäugig.
In diesem Sinne fällt mir noch ein anderer Aspekt ein, der nicht unter den Tisch fallen sollte: Es ist immer noch der Einzelne, der für sich entscheidet, zu diesen Bedingungen zu arbeiten oder eben nicht. Ich glaube nicht, dass Warwick die Leute zwangsrekrutiert.
Warum also entscheidet der Einzelne, zu diesen Bedingungen zu arbeiten?
Tja, eigene Nase anpacken: Oftmals weil es als cool empfunden wird, in der "Branche" zu arbeiten. Ich habe das alles durch: Als Student für 700 Mark (!) 60-Stunden-Wochen Vollzeit gearbeitet, weil es damals mein Einstieg in die Tonstudio-Branche war (technisch, nicht musikalisch). War ich bescheuert? Unter "normalen" Bedingungen: Ja. Aus individueller Sicht: Nein. Ich habe gelernt wie nie zuvor, ich habe mir einen Namen gemacht. Was dann später auch zu ordentlich bezahlten Jobs (bei anderen Arbeitgebern) geführt hat.
Heute bin ich aus dieser Branche beruflich raus, dafür in einer anderen (seit 16 Jahren selbständig), wo mir ähnliche Dinge begegnen. Ich habe in meiner eigenen Firma Mediengestalter ausgebildet, und ich unterrichte nebenher an der Uni Design-Studenten. Und was kennzeichnet Branchen, die üblicherweise Mediengestalter und Kommunikationsdesigner brauchen? Ha... der Cool-Faktor. "Ich bin in der Werbung", man "pitcht" sich von Auftrag zu Auftrag, ist natürlich "Art Director" usw. blabla. Und was wird in genau dieser Branche angekreidet? Genau: Unbezahlte Jahrespraktika etc.p.p.
Also sollte mal jeder erst seine Motivation hinterfragen, warum er wo hin will, und warum er welche Einschränkungen in Kauf nimmt. Es wollen nämlich, wegen Cool-Faktor, einfach verdammt viele dahin, und das - Marktwirtschaft - senkt die Preise.
Würde Warwick keine hübschen Instrumente herstellen, sondern irgendwelches langweiliges Sanitär-Installations-Zeugs, wäre die Situation möglicherweise anders.
Mag zum Teil auch zutreffen und bei meinen o.g. Gehaltsverhandlungen war ich auch durchaus dazu bereit beim Gehalt auch Abstriche zu machen (Was braucht man um mit der Arbeit zufrieden zu sein? Für mich (und wohl die meisten anderen) ist es eine Mischung aus der/den Aufgabe(n), die Kollegen (und Vorgesetzten)... also das Klima unter den Mitarbeitern, der Arbeitsweg und das Gehalt. Hat man ein gutes Arbeitsklima, einen Job bei dem man mit etwas arbeitet das einem Spaß macht, so ist man durchaus auch bereit Abstriche zu machen).
Warwick ist möglicherweise nicht das einzige schwarze Schaf in der Branche, der Ruf ist aber Branchenweit... übel.
Nicht zu vergessen ist aber auch: die Firma sitzt nicht gerade in einer "Boom"-gegend, Angebot und Nachfrage ergeben da halt auch viele Menschen, die bereit sind sich unter Wert zu verkaufen (sieht auch besser aus als eine Lücke im Lebenslauf).
@Be.em
Da hats Du natürlich recht. Ich denke aber der Punkt sind hier nicht die dünnen Jahre durch die man sich "wurschteln" muß, mit Praktika oder schlecht bezahlten Jobs, sondern dass auch qualifizierte Arbeit häufig nicht mehr ihren gerechten Lohn findet.
Ich finde das genau dann ankreidenswert wenn sich auf dem Rücken dieser Arbeitnehmer wenige die Säcke vollmachen - indem sie die Arbeitsmarksituation ausnutzen!
Es sagt sich nämlich so einfach "keiner muss den Job annehmen" aber wer will denn tatsächlich ne Lücke im Lebenslauf hinnehmen? Der Lohn steht nicht in meinem Lebenslauf, da steht nur wo ich gearbeitet hab - und wann nicht. Ich beneide niemand der in so einer Situation ist. Und die Firmen dürfen das nicht ausnutzen!
Eben.
Man muss ich auch Gedanken machen, was solche Löhne weiterhin bedeuten:
Erinnert ihr euch an das Mädel mit dem Bass, bei dem die Mutter H4 zurückzahlen musste, weil sich die junge Dame den Bass erarbeitet hatte? Die Frau hat 800 Euro bekommen und obendrauf H4. Wenn eine studierte Kraft bei Warwick 1100 Brutto (!!!!) verdient, muss man sich fragen wieviel unstudierte Mitarbeiter dort verdienen... und ob da nicht auch noch welche immer wieder zum Amt laufen müssen, da sie mit H4 ihr mageres Gehalt aufbessern müssen?
Was würden uns Mindestlöhne bringen, wenn die Firmen das sowieso umgehen würden und der Staat (also alle) die Differenz bezahlen müssen?