[Review] Sign-Guitars Nardcaster

Xanadu
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Prolog

Ein Besuch bei einem Gitarrenbauer ist leicht mit "ungewollten" Nebeneffekten verbunden, da möchte man eigentlich nur ein Poti einer alten Gitarre austauschen lassen, sieht dann aber dort eine Gitarre dort stehen, die man unbedingt haben muss. In meinem Fall eine gebrauchte Nardcaster, die dort als Kommissionsware stand. Der Listenpreis für eine ähnliche, aktuelle Gitarre liegt bei 1820€. Meine Nardcaster ist knapp 10 Jahre alt, wobei man ihr das Alter aber überhaupt nicht ansieht, sie könnte auch erst ein Jahr ein alt sein, Bünde und Gesamtzustand sind sehr gut, lediglich der Lack hat ein paar Risse bekommen

Fakten

Die "harten" Fakten der Gitarre:

… Erlekorpus, zweiteilig
… Ahornhals mit Palisandergriffbrett
… Geschraubter Hals
… Häussel PUs, SSH-Bestückung
… Kürzere Mensur als "normal", 638mm
… 1x Volume, 2x Tone (Push/Pull-Funktion)
… 22 Bünde

Die Korpus ist ein Zwischending aus Strat, Jaguar und anderen Formen und liegt gut am Körper, auch dank der typischen "Bierbauchfräsung" einer Strat. Sehr schön ist auch der elegante, stetige Übergang vom Hals zum Korpus, dieser fühlt sich an wie bei einer Neck-Through Konstruktion und macht auch das Greifen von sehr hohen Lagen angenehm. Insgesamt ist sie angenehm leicht, meine wiegt knapp 3,3 kg. Die Tonabnehmer und Potis sind übrigens, anders als bei den meisten Strats, nicht am Pickguard befestigt, sondern direkt im Holz verankert. Durch die kürzere Mensur lässt sie sich auch mit dickeren Saiten einfach und ohne großen Kraftaufwand spielen.

Trocken angespielt fällt direkt eine angenehme "Vibration" der Gitarre auf, ohne dass dies auf Kosten des Substain zu gehen scheint, schön. Die PUs werden über einen Fünfwegschalter ausgewählt, wobei es einige besondere Kombinationen gibt: In Position 3 wird eine Spule des Humbuckers mit dem Mittel-SC zusammengeschaltet, in 2 und 4 ebenso eine Spule des Humbuckers mit dem entsprechenen SC. Der Push/Pull Poti regelt eine Spule des Humbuckers zurück, was den Sound ausdünnt und trockener klingen lässt (beim Humbucker alleine geschaltet) bzw. im Kombination mit einem SC den Humbucker wieder als "abgeschwächten" Humbucker klingen lässt und allgemein etwas Bässe zurücknimmt. In Position 3 führt dies zu einem extrem dumpfen Klang, eigentlich unbrauchbar, aber mir gefällt der muffige Sound und ich setze ihn ab und zu ein.

Klang

Den Klang einer so vielseitigen Gitarre zu beschreiben ist nicht einfach. Mein erster Eindruck: Sie klingt "groß" und "professionell". Schon bei den ersten Akkorden an einem kleinen Röhrenamp weckte sie bei mir sofort die Assoziation, dass man sich damit genau so und ohne weitere Effekte auch auf eine große Bühne stellen und eine gute Show darbieten könnte. Die Nardcaster spricht schnell sein, zeigt ein sehr gutes Substain und wirft mit Obertönen praktisch nur so um sich, was zu einem brillanten, saftigen Klang führt. Wow, hier scheint wirklich im Gesamtsystem nichts verloren zu gehen, so kann man herrlich Töne stehen und ausklingen lassen.

Etwas mehr im Detail:

Wenn ich sie mit meiner Fender USA Standard Strat vergleiche dann klingen die Häussel SCs doch im ersten Eindruck ähnlich, im zweiten zeigt sich jedoch etwas mehr "Glocke", sie sind eine Spur "heißer", trotzdem "ausgewogen", aber immer noch für den cleanen Einsatz ebenso geeignet wie im verzerrten Bereich. Der Humbucker geht natürlich stärker zur Sache, dank der Kombination mit den SCs kann man aber auch hier schöne cleane Leadsachen spielen. Irgendwie erinnert mich der Klang des Humbuckers alleine auch etwas an den Klang einer SG. Position 4 und "Pull" gehen wiederrum etwas in "Tele-Richtung", aber natürlich weicher.

Insgesamt also schon ein "stratartiger" Klang, aber mit einer eigenständigen Note.

Fazit

"Vielseitig" wird als Gitarrenbeschreibung fast schon inflationär gebraucht, eine Strat ist vielseitig wegen ihrer drei SCs, eine Tele auch, da deren beiden SCs "extremere" Sound ermöglichen… Die Nardcaster zeigt diese Eigenschaft tatsächlich, ihr kann man tatsächlich eine Menge unterschiedliche Klänge entlocken.

Bei Gitarren dieser Preisklasse stellen sich Fragen wie "Ist sie gut?" oder "Ist sie sauber verarbeitet?" gar nicht erst, das sind Selbstverständlichkeiten. Die Frage lautet eher "Lohnt sich der Kauf und die Mehrausgaben, beispielsweise verglichen mit einer Fender USA Standard Strat?". Meine Meinung: Eindeutig ja. Meine Nardcaster ist eine bodenständige Gitarre ohne großen Poserfaktor (obwohl man sich so eine natürlich auch bauen lassen kann), die aus "normalen", klassischen Bestandteilen -Erlekorpus, Schraubhals etc.- das Optimum herausholt. Hier merkt man, dass der Gitarrenbauer sein Handwerk versteht. Die Nardcaster kopiert keine andere Gitarre -wobei man fast nur verlieren kann- und klingt eigenständig. Insgesamt ist dies meine erste Gitarre, die ich wirklich Musikinstrument im klassischen Sinne nennen möchte, die nicht einfach nur gut, sondern deren Klang auch dieses Bisschen mehr an schwer beschreibbarem, vielleicht nicht einmal messbaren, perfekten, brillanten Klang mitbringt. Ja, die Investition hat sich eindeutig gelohnt.

Epilog
Möchte jemand eine praktisch unbenutzte Fender New Standard USA Strat kaufen? :D Brauch ich jetzt nicht mehr.

EDIT
Übrigens: Davon, dass die Kausalkette mit "Poti -> Nardcaster" noch nicht abgeschlossen ist, sondern noch eine weitere Stufe "Nardcaster -> ..." folgt berichte ich euch später einmal ausführlich. :)
 
Eigenschaft
 

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Super Review :great: Super Gitarre !

Die sixty4 hat auch vor einigen Monaten mein Interesse geweckt aber leider noch keine "anspielen" können.

lg,NOMORE
 

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