gearhead
Registrierter Benutzer
Vergangenen Spätsommer war ich in Köln und in einem dort ansässigen großen Musikladen. Mit einem niedrigen Kontostand im Hinterkopf schlich ich durch die Reihen aufgestellter Instrumente. Als mein Blick dann über die Insel voller Squier-Gitarren schweifte, fiel mir die Squier Tele Custom ins Auge und sofort klingelte was bei mir: Da war doch was...
Kurzerhand hab ich mir das Modell mit zwei P90-Abnehmern genommen (erfahrungsgemäß sprechen mich Humbucker nicht sonderlich an) und mich an einen Fender Hot Rod Deluxe zurückgezogen - und kam mindestens zwanzig Minuten später mit einem breiten Grinsen wieder heraus. Mein Entschluss stand fest: "Die musste haben!" Da mein Kontostand aber sehr weit unten war, musste ich das zeitlich nach hinten verschieben. Also musste ich sie mit einem sehnsüchtigen Blick zurücklassen. Als meine finanzielle Lage wieder eine derart große Investition zuließ, hab ich sie mir via Internet bestellt. Im Oktober schließlich wurde sie mir für 219,- frei Haus geliefert.
Das ist jetzt ein halbes Jahr her, seitdem hat sie viele Bandproben mitgemacht, war bereits live im Einsatz und hat bei mir ein (mittlerweile verhältnismäßig objektives) Bild hinterlassen. Wie das aussieht, möchte ich hier gerne schildern.
.:Konstruktion:.
Die Form der Gitarre entspricht - wie der Name sagt - der klassischen Fender Telecaster, was aber auch fast das einzige ist, was sie mit dem Original zu tun hat.
Die Gitarre ist alles in einem sehr sauber verarbeitet. Der Hals passt sauber in die Halstasche, das große Pickguard schlägt keine Wellen oder dergleichen, die Bunddrähte sind gut abgerichtet, alles sitzt gerade und fest. Eine kleine Enttäuschung stellt allerdings die Lackierung dar: Lässt der Name "Butterscotch Blonde" doch auf eine halbtransparente Lackierung schließen, ist die billig wirkende Squier-Farbe doch sehr wenig räumlich. Zudem sind an einigen Stellen dunkle Einschlüsse zu erkennen, wo der helle Lack durch schwarze Schmutz(?)-Pigmente unterbrochen wird. Circa vier bis fünf solcher Stellen habe ich am Korpus bisher entdeckt. Allerdings ist die Lackierung ansonsten sehr sauber ausgeführt: Plan und ohne jegliche Wellen. Der abschirmende Graphitlack im Innern wirkt etwas lieblos aufgetragen, verrichtet seine Arbeit aber gut (siehe unten).
Die verbaute Hardware wirkt solide, wenn auch dem Preis entsprechend günstig.
.:Klang:.
Wer nur die harten Fakten liest, wird sich fragen, warum Squier die Gitarre "Telecaster" genannt hat - ob der Name wirklich nur an der Formgebung hängt? Das mag sein, bei der Custom II aber ist noch einiges mehr von der Tele drin:
Die P90-Abnehmer klingen weniger offen als gewöhnliche Tele-Pickups, verfügen aber trotzdem - vor allem am Steg - über genügend Transparenz, ohne muffig zu klingen. Und gerade hier am Steg twangt es auch noch Tele-like, trotzdem bleibt der Klang eigenständig. Die Bässe in der Halsposition klingen im Bandgeüfge manchmal etwas undefiniert, haben damit aber im Singlenote-Spiel wenig Probleme, was gerade im Bereich von Jazz und Blues - ohja, das geht mit ihr auch! - von Vorteil ist.
Der wesentlich höhere Output gegenüber Singlecoils prädestiniert die Squier geradezu zu angezerrten Klängen. Clean erinnert sie mich immer ein wenig an Minihumbucker. Die Dynamik der Gitarre überzeugt: Sie spricht gut auf die Anschlagsstärke an und auch die Volume-Regler helfen in der Bedienung. So spiele ich sie meist in nur einem Kanal und mache die Verzerrung abhängig von der Regler-Position. Leider verschluckt sie dabei aber nicht unerheblich viele Höhenanteile. Das kann man aber sicherlich mit einem besseren Ersatzpoti beheben.
Eine so große Flexibilität hätte ich von dieser Gitarre nie erwartet. Blues ist genauso gut drin wie Grunge-Klänge und Punk-Zerre. Aber mit etwas mehr Gain lässt sich auch ein schönes Rockbrett fahren. Was man vergebens sucht, ist der Eierschneidersound, den man vom Bridge-PU sonstiger Teles kennt. Auch an einem Marshall mit vielen Höhen klingt sie nie schrill oder gar schmerzhaft im Ohr.
Ich spiele meist zumindest angezerrt in einem Proberaum mit Neonröhre, die sonst ja meist zu Brummen und Rauschen führen. Die Nebengeräusche für Soapbar-Pickups sind dafür aber sehr begrenzt und fallen höchstens in Momenten der Stille auf.
.:Haltbarkeit / Praxis:.
Wie erwähnt spiele ich sie jetzt seit über einem halben Jahr als Hauptgitarre. Mindestens zweimal pro Woche wird sie außer Haus bewegt, wird in Bandproben eingesetzt, hat schon Live-Erfahrungen gemacht und nimmt und gibt Unterricht
Bisher ist nichts defekt - was nach einem halben Jahr natürlich auch nicht sein sollte - der Lack macht erstaunlich viel mit, ohne es einem mit üblen Kratzern heimzuzahlen, auch wenn davon mittlerweile einige zu sehen sind. Allerdings fällt mir auf, dass die Lackierung bereits jetzt nachgilbt (ist unterm Pickguard dunkler als anderswo), ebenso das Holz des Halses, was aber beides nicht unbedingt als negativ zu verstehen ist. Die matte Lackierung am Hals, die schnelles Gleiten ermöglichen soll, schützt zwar nur rudimentär gegen äußere Gewalteinwirkung, sorgt aber zweifellos für ein schönes Spielgefühl; da klebt nichts an der Hand. Das für eine Gitarre in dieser Preislage relativ üppige C-Profil liegt gut in der Hand. Nur eines beunruhigt mich manchmal: Die Bunddrähte zeigen einen überdurchschnittlich hohen Verschleiß. Wie sich das weiterentwickelt bleibt abzuwarten, noch sind sie aber sehr gut zu spielen. Ein weiteres Manko ist der Sattel, der aus sehr billigem Kunststoff gefertigt ist. Zu Beginn hat der auch das Stimmen erschwert, nachdem ich beim ersten Saitenwechsel aber etwas Graphit in die Kerben gegeben habe, ist das aber vorbei. Die Mechaniken halten die Stimmung auch über lange Dauer stabil, selbst nach Transporten im Winter ist erneutes Stimmen kaum notwendig.
Die Gurtpins halten den Gurt (der meines Erachtens übrigens sehr stilvoll ist und 10,- extra kostet ) selbst live zuverlässig. Security-Locks verbaue ich zunächst nicht.
.:Fazit:.
Die Squier Telecaster Custom II ist eine wirklich gute Gitarre - nicht relativ zum Preis, sondern absolut -, die nicht nur für die Anfänger der Gitarre eine echte Alternative zum einschlägigen Vorschlag der Yamaha Pacifica, sondern auch für Fortgeschrittene ein wirklich gutes Arbeitsgerät darstellt. Nach leichten Modifikationen ist sie auch bedingungslos als Hauptgitarre einsetzbar und bei dem Preis muss man sich um großen Wertverfall durch Macken keine Gedanken machen. Das gute Stück ist in jedem Fall eine Empfehlung zum Anspielen, und wenn sie nur eine Existenz als Backup fristet, was bei mir die Idee war, am Ende hat sie meine USA-Strat vertrieben
.:Plus + :.
.:Minus - :.
Kurzerhand hab ich mir das Modell mit zwei P90-Abnehmern genommen (erfahrungsgemäß sprechen mich Humbucker nicht sonderlich an) und mich an einen Fender Hot Rod Deluxe zurückgezogen - und kam mindestens zwanzig Minuten später mit einem breiten Grinsen wieder heraus. Mein Entschluss stand fest: "Die musste haben!" Da mein Kontostand aber sehr weit unten war, musste ich das zeitlich nach hinten verschieben. Also musste ich sie mit einem sehnsüchtigen Blick zurücklassen. Als meine finanzielle Lage wieder eine derart große Investition zuließ, hab ich sie mir via Internet bestellt. Im Oktober schließlich wurde sie mir für 219,- frei Haus geliefert.
Das ist jetzt ein halbes Jahr her, seitdem hat sie viele Bandproben mitgemacht, war bereits live im Einsatz und hat bei mir ein (mittlerweile verhältnismäßig objektives) Bild hinterlassen. Wie das aussieht, möchte ich hier gerne schildern.
.:Konstruktion:.
Die Form der Gitarre entspricht - wie der Name sagt - der klassischen Fender Telecaster, was aber auch fast das einzige ist, was sie mit dem Original zu tun hat.
- Korpus: Agathis
- Hals: Ahorn, einteilig, geschraubt, Skunk-Stripe
- 22 Bünde
- Mechaniken: ölgelagert, no name
- Pickups: 2x Seymour Duncon Designed P90 Soapbar Singlecoils
- Schaltung: Gibson-gleich (Unabhängige Volume- und Tone-Regelung, Toggle-Switch am oberen Korpushorn)
- Fender-Mensur (648mm)
- Farbe: Butterscotch Blonde
- Made in Indonesia
Die Gitarre ist alles in einem sehr sauber verarbeitet. Der Hals passt sauber in die Halstasche, das große Pickguard schlägt keine Wellen oder dergleichen, die Bunddrähte sind gut abgerichtet, alles sitzt gerade und fest. Eine kleine Enttäuschung stellt allerdings die Lackierung dar: Lässt der Name "Butterscotch Blonde" doch auf eine halbtransparente Lackierung schließen, ist die billig wirkende Squier-Farbe doch sehr wenig räumlich. Zudem sind an einigen Stellen dunkle Einschlüsse zu erkennen, wo der helle Lack durch schwarze Schmutz(?)-Pigmente unterbrochen wird. Circa vier bis fünf solcher Stellen habe ich am Korpus bisher entdeckt. Allerdings ist die Lackierung ansonsten sehr sauber ausgeführt: Plan und ohne jegliche Wellen. Der abschirmende Graphitlack im Innern wirkt etwas lieblos aufgetragen, verrichtet seine Arbeit aber gut (siehe unten).
Die verbaute Hardware wirkt solide, wenn auch dem Preis entsprechend günstig.
.:Klang:.
Wer nur die harten Fakten liest, wird sich fragen, warum Squier die Gitarre "Telecaster" genannt hat - ob der Name wirklich nur an der Formgebung hängt? Das mag sein, bei der Custom II aber ist noch einiges mehr von der Tele drin:
Die P90-Abnehmer klingen weniger offen als gewöhnliche Tele-Pickups, verfügen aber trotzdem - vor allem am Steg - über genügend Transparenz, ohne muffig zu klingen. Und gerade hier am Steg twangt es auch noch Tele-like, trotzdem bleibt der Klang eigenständig. Die Bässe in der Halsposition klingen im Bandgeüfge manchmal etwas undefiniert, haben damit aber im Singlenote-Spiel wenig Probleme, was gerade im Bereich von Jazz und Blues - ohja, das geht mit ihr auch! - von Vorteil ist.
Der wesentlich höhere Output gegenüber Singlecoils prädestiniert die Squier geradezu zu angezerrten Klängen. Clean erinnert sie mich immer ein wenig an Minihumbucker. Die Dynamik der Gitarre überzeugt: Sie spricht gut auf die Anschlagsstärke an und auch die Volume-Regler helfen in der Bedienung. So spiele ich sie meist in nur einem Kanal und mache die Verzerrung abhängig von der Regler-Position. Leider verschluckt sie dabei aber nicht unerheblich viele Höhenanteile. Das kann man aber sicherlich mit einem besseren Ersatzpoti beheben.
Eine so große Flexibilität hätte ich von dieser Gitarre nie erwartet. Blues ist genauso gut drin wie Grunge-Klänge und Punk-Zerre. Aber mit etwas mehr Gain lässt sich auch ein schönes Rockbrett fahren. Was man vergebens sucht, ist der Eierschneidersound, den man vom Bridge-PU sonstiger Teles kennt. Auch an einem Marshall mit vielen Höhen klingt sie nie schrill oder gar schmerzhaft im Ohr.
Ich spiele meist zumindest angezerrt in einem Proberaum mit Neonröhre, die sonst ja meist zu Brummen und Rauschen führen. Die Nebengeräusche für Soapbar-Pickups sind dafür aber sehr begrenzt und fallen höchstens in Momenten der Stille auf.
.:Haltbarkeit / Praxis:.
Wie erwähnt spiele ich sie jetzt seit über einem halben Jahr als Hauptgitarre. Mindestens zweimal pro Woche wird sie außer Haus bewegt, wird in Bandproben eingesetzt, hat schon Live-Erfahrungen gemacht und nimmt und gibt Unterricht
Bisher ist nichts defekt - was nach einem halben Jahr natürlich auch nicht sein sollte - der Lack macht erstaunlich viel mit, ohne es einem mit üblen Kratzern heimzuzahlen, auch wenn davon mittlerweile einige zu sehen sind. Allerdings fällt mir auf, dass die Lackierung bereits jetzt nachgilbt (ist unterm Pickguard dunkler als anderswo), ebenso das Holz des Halses, was aber beides nicht unbedingt als negativ zu verstehen ist. Die matte Lackierung am Hals, die schnelles Gleiten ermöglichen soll, schützt zwar nur rudimentär gegen äußere Gewalteinwirkung, sorgt aber zweifellos für ein schönes Spielgefühl; da klebt nichts an der Hand. Das für eine Gitarre in dieser Preislage relativ üppige C-Profil liegt gut in der Hand. Nur eines beunruhigt mich manchmal: Die Bunddrähte zeigen einen überdurchschnittlich hohen Verschleiß. Wie sich das weiterentwickelt bleibt abzuwarten, noch sind sie aber sehr gut zu spielen. Ein weiteres Manko ist der Sattel, der aus sehr billigem Kunststoff gefertigt ist. Zu Beginn hat der auch das Stimmen erschwert, nachdem ich beim ersten Saitenwechsel aber etwas Graphit in die Kerben gegeben habe, ist das aber vorbei. Die Mechaniken halten die Stimmung auch über lange Dauer stabil, selbst nach Transporten im Winter ist erneutes Stimmen kaum notwendig.
Die Gurtpins halten den Gurt (der meines Erachtens übrigens sehr stilvoll ist und 10,- extra kostet ) selbst live zuverlässig. Security-Locks verbaue ich zunächst nicht.
.:Fazit:.
Die Squier Telecaster Custom II ist eine wirklich gute Gitarre - nicht relativ zum Preis, sondern absolut -, die nicht nur für die Anfänger der Gitarre eine echte Alternative zum einschlägigen Vorschlag der Yamaha Pacifica, sondern auch für Fortgeschrittene ein wirklich gutes Arbeitsgerät darstellt. Nach leichten Modifikationen ist sie auch bedingungslos als Hauptgitarre einsetzbar und bei dem Preis muss man sich um großen Wertverfall durch Macken keine Gedanken machen. Das gute Stück ist in jedem Fall eine Empfehlung zum Anspielen, und wenn sie nur eine Existenz als Backup fristet, was bei mir die Idee war, am Ende hat sie meine USA-Strat vertrieben
.:Plus + :.
- Klang
- Verarbeitung
- Nebengeräuscharmut
- Optik
- Hardware
- Preis
- Werkseinstellung
.:Minus - :.
- Lackierung
- Sattel
- Potis
- Bundabrieb --> Meine Meinung dazu sei zu relativieren, ist meine erste Neu-Gitarre
- Eigenschaft
Anhänge
-
DSC_0037.jpg106,7 KB · Aufrufe: 1.428
-
DSC_0039.jpg104,6 KB · Aufrufe: 1.020
-
DSC_0040.jpg93,3 KB · Aufrufe: 858
-
DSC_0019_komp.jpg176,6 KB · Aufrufe: 919
-
DSC_0022_komp.jpg89,4 KB · Aufrufe: 881
-
DSC_0023_komp.jpg174,1 KB · Aufrufe: 873
-
DSC_0036.jpg148,2 KB · Aufrufe: 823
-
DSC_0033.jpg125,4 KB · Aufrufe: 895
Zuletzt bearbeitet: