bernie49
Registrierter Benutzer
Review Fretless Bass Eastwood EUB-1
Vorgeschichte
Warum habe ich den Baß gekauft? Dazu muß ich zurück ins Jahr 1975 gehen. Damals sah ich einen ungewöhnlichen Baß auf dem Platten-Cover von Bob Dylan's Live Album "Before the Flood", begleitet von The Band. Der Bassist Rick Danko spielte ein Modell der Firma Ampeg, einen "Scroll Bass" AMUB-1. Nicht nur das einzigartige Aussehen, auch besonders der warme weiche kontrabaßähnliche Klang hatten mich total fasziniert. Damals spielte ich noch gar nicht Baß, aber dieses Instrument zu besitzen war seither ein Jugendtraum. Später geriet der Wunsch mehr oder weniger in Vergessenheit, denn ich hatte ja inzwischen meinen Fender PB und den Höfner Violinbaß. Doch dann erst vor kurzem entdeckte ich zufällig im Internet eine Seite von Bruce Johnson, einem Amerikaner, der diese Bässe in Handarbeit nachbaute.
http://xstrange.com/amb1.html
Inzwischen scheint er sie seit Jahren nicht mehr zu bauen, auch der Preis wäre für mich nicht erschwinglich gewesen. Ich schrieb eine Email an Bruce, der sie offenbar weitergeleitet hatte an Michael (Mike) Robinson. Er ist der Gründer der Firma Eastwood Guitars in Kanada, die sich spezialisiert hat auf die Repliken alter und besonders seltener Gitarren und Bässe, die schon lange nicht mehr produziert werden.
http://www.myrareguitars.com/affordableBASS.html
Die Firma Eastwood hat viele Händler weltweit, auch in Deutschland gibt es zwei. Ich kaufte meinen Baß bei Arne von Brill von Taranaki Guitars in Langwedel-Etelsen (bei Bremen). Der Mail-Kontakt war stets sehr prompt und freundlich. Die Antworten kamen meist schon innerhalb von 10 Minuten!
http://www.taranaki-guitars.de/
Besonderheiten
Das einzigartige am Original Ampeg "Scroll Bass" sind einige bemerkenswerte Features, die kein anderer Baß hat:
1. Die Kopfplatte ist der eines Kontrabasses nachempfunden mit dem offenen Wirbelkasten und der Schnecke. Außerdem stehen die Stimmwirbel nach hinten, ebenfalls wie beim Kontrabaß.
2. Die f-Löcher sind ausgefräst, man kann also durch sie hindurchsehen bzw. den Baß sogar damit tragen, wenn man in sie hineingreift.
Dieses alte Modell gab es sowohl bundiert (AMB-1) als auch fretless (AMUB-1). Es wurde nur von 1968 bis 1969 in Stückzahlen von wenigen Hundert gebaut und ist dementsprechend extrem selten. Als Sammlerstück ist er vielleicht noch in den USA erhältlich, wenn man Glück hat, aber nur ab etwa 2.500 $ aufwärts.
Auch das Modell von Eastwood ist als bundierter (EEB-1) oder als fretless (EUB-1) Baß lieferbar. Leider hat man bei der Replik auf die Schnecke verzichtet, aus welchen Gründen auch immer (Copyright?). Wahrscheinlich wäre damit der Baß aber sehr kopflastig geworden. Inzwischen habe ich erfahren, daß ursprünglich von Ampeg sogar anstatt der Schnecke eine Kopfplatte geplant war, die derjenigen am Eastwood Bass entspricht: Oben hat sie eine dreieckige Form, sodaß sich der Buchstabe "A" (für AMPEG) erkennen läßt. (siehe Fotos)
Der offene Wirbelkasten wie beim Kontrabaß und die charakteristischen f-Löcher sind jedoch exakt dem Original nachempfunden, ebenso wie die gesamte Form des Korpus mit dem riesigen Pickguard und den Potis. Es gibt übrigens nur zwei davon, genau wie beim Fender PB: je eins für Volume und Tone. So muß es sein, das reicht vollkommen!
Ich habe mich für das Fretless Modell entschieden, weil ich schon zwei andere E-Bässe mit Bünden habe. Außerdem ist der Kontrabaß mein Hauptinstrument. Mein erster Eindruck war übrigens, daß eine unsaubere Intonation auf einem E-Baß viel deutlicher zu hören ist als auf einem Kontrabaß. Es gibt auch zum Glück wegen der Optik keine Hilfslinien auf dem Griffbrett wie bei anderen Fretless Bässen, nur oben am Rand sind die üblichen kleinen Punkte angebracht.
Korpus
Der Korpus ist dreiteilig massiv und besteht aus Mahagoni (= engl. mahogany). Die Lackierung wirkt einwandfrei und makellos. Die Maserung der drei Teile ist zwar nicht perfekt optisch abgestimmt, aber allzuviel darf man wohl in dieser Hinsicht selbst bei einem teuren Fender nicht erwarten.
Die äußere Korpusform wirkt freundlich "knubbelig" und "weiblich", nicht so aggressiv wie die spitzen Formen der modernen Bässe. Sie hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Fender Jaguar oder Mustang Korpus. Daraus kann man schließen, daß sogar Ampeg die Idee dieser Form von Fender "ausgeliehen" hat.
Es stehen zwei Farben zur Auswahl: 3-tone sunburst oder schwarz.
Hals
Der Hals aus Ahorn sitzt perfekt in der Halstasche. Er ist genau wie beim PB mit dem Korpus verschraubt mittels vier Schrauben und einer Halsplatte. Die schwarze (empfindliche) Lackierung ist spiegelblank und einwandfrei, ich konnte selbst bei genauer Prüfung keine Fehler entdecken. Die Halsspannschraube ist zugänglich nach Entfernen der Abdeckung über dem Sattel.
Das Griffbrett aus Palisander (rosewood) ist sehr gut verarbeitet und sauber abgerichtet. Es gibt keine Bundmarkierungs-Streifen, nur kleine Punkt-Markierungen auf dem Rand des Halses. Die Länge (long scale) ist identisch mit einem Fender Precision fretless, in der fretted Version hat es die üblichen 20 Bünde. Mit einem Schneider-Bandmaß habe ich die Hals-Maße mit denen meines Precision vergleichen und habe die gleichen Werte ermittelt. Im Vergleich zum alten Fender PB fühlt sich der Hals aber subjektiv schlanker an, vielleicht habe ich auch falsch gemessen? Die Firmen-Angabe lautet jedenfalls 1 5/8 Zoll.
Mechaniken & Brücke
Die Mechaniken sind die üblichen heute verwendeten im Grover Style. Sie arbeiten einwandfrei, sind leicht zu drehen und äußerst stimmstabil. Es gibt also nichts daran zu meckern. Sie sind - wie auf den Fotos ersichtlich - nicht wie bei den meisten Bässen auf der Kopfplatte von hinten angeschraubt, sondern seitlich daran, mit den Stimmwirbleln nach hinten, ähnlich wie bei einem Kontrabaß.
Die Brücke ist eine exakte Kopie des einfachen Fender "Blechwinkels", der auch am PB und JB verwendet wird. Natürlich erfüllt sie ihre Funktion, aber nicht ganz nach meinen Wünschen. Da ich dieses Bauteil - auch beim Fender - als Schwachpunkt empfinde, entschloß ich mich zum Austausch. Am günstigsten dafür schien mir die Brücke 201B-4 von Gotoh (siehe dazu auch mein gesondertes Review). Dazu mußte das Pickguard etwas weiter ausgeschnitten werden - eine Arbeit, die ich lieber einem Fachmann überließ:
http://www.guitar-hospital.de/
Gleichzeitig ließ ich von ihm einige Kleinteile ersetzen, die nach seiner Meinung nicht von bester Qualität waren: den Lautstärke- und den Ton-Poti (je 4,50 EUR) sowie die Klinkenbuchse (1,60 EUR). Dazu kam der Arbeitslohn von 20 EUR für alle notwendigen Arbeiten. Das alles war jedoch eine lohnenswerte Investition.
Tonabnehmer
Der Pickup - bezeichnet als Single Alnico EW-Humbucker - ist offenbar vom Typ Soapbar. Beim ersten Blick darauf war ich enttäuscht, die schwarze Abdeckung schien aus Plastik zu sein. Als ich später versehentlich eine kleine Schramme reinmachte, entdeckte ich, daß sie offenbar aus Messing ist. Die Maße sind ungewöhnlich klein, nämlich 72 x33 mm. Ein Ersatz in dieser Größe dürfte damit schwer zu finden sein, allerdings ist in der Holzfräsung noch etwas Luft.
Den Ton-Charakter würde ich als Preci-ähnlich einstufen, nur nicht ganz so knurrig. Bei der Lautstärke fiel mir auf, daß er wesentlich lauter ist als der in meinem PB.
Verarbeitung
siehe die Punkte: Korpus, Hals, Mechaniken & Brücke
Bespielbarkeit
Mit einem Gewicht von 3,5 kg hat der EUB-1 für meine Begriffe das Idealgewicht, nicht zu leicht und nicht zu schwer. Zum Vergleich: mein "Fender-Klotz" PB wiegt stolze 4,9 kg! Durch die ausgefrästen f-Löcher wurden sicher auch noch einige Gramm eingespart.
Der Baß wurde mir spielfertig geliefert, d.h. die Einrichtung war schon recht gut. Es gab keine dead spots oder schnarrenden Saiten, wie man es gelegentlich von anderen Bässen hört.
Sound
Wie immer ist dieser schwer in Worte zu fassen. Natürlich hängt auch so viel ab von den verwendeten Saiten. Für mich kommen auf diesem Baß nur Flatwounds in Frage, um damit möglichst nahe an einen Kontrabaß-Sound heranzukommen. Das gelingt tatsächlich sehr gut mit meinen D'Addario Chromes. Den Klang empfinde ich als angenehm warm und dunkel, aber nicht dumpf - eben wie ein richtiger Baß klingen sollte. Er singt außerdem so wunderbar, daß es eine reine Freude ist. Erstaunlicherweise lassen sich sogar noch bei Bedarf einige Höhen herauskitzeln bei aufgedrehtem Ton-Poti. Selbst trocken (ohne Amp) gespielt läßt er nichts zu wünschen übrig.
Preis
Sowohl der EUB-1 als auch der EEB-1 kosten bei Eastwood in Kanada je 699 $ plus 99 $ Versand. Zum Zeitpunkt meiner Bestellung im Oktober 2008 war der Kurs etwa 1 EUR = 1,50 $. Der zu zahlende Preis beim deutschen Händler Taranaki Guitars betrug damals genau 555 EUR, auch nachdem der EUR/$-Kurs sich danach verändert hatte. Die Wartezeit betrug fast 7 Wochen.
Nachteile
Entgegen den ursprünglichen Angaben von Eastwood in Kanada wurde der Baß nicht in Korea sondern in China produziert. Das wurde inzwischen auf der Webseite korrigiert. Auch wurde mir auf Nachfrage glaubhaft versichert, daß die Qualität in den China Werken überwacht wird und genauso gut sei wie früher in Korea. Einen kleinen Fehler hatte mein Baß dennoch: Schon nach vier Tagen hatte sich die Mutter des Ton-Poti von ganz alleine gelöst, mußte also nachgezogen werden. Danach war dann alles OK. Na ja, das kann passieren, darf es aber nicht.
Wenn auch die Verarbeitung - besonders von Korpus und Hals - sehr gut ist, scheint wohl die Qualität einiger der verwendeten Bauteile (Potis und Klinkenbuchse) nicht die allererste Wahl zu sein. An diesem "Pfennigskram" sparen offenbar viele Hersteller, aber Eastwood sollte daran lieber nicht sparen!
Fazit
Seit ich ihn Ende November erhielt, spiele ich fast täglich stundenlang auf dem EUB-1, während mein Fender einsam in seinem Ständer wartet. Der fretless Sound ist einfach genial!
Trotz der winzigen geringen Mängel (siehe Nachteile) bin ich mit diesem Baß so sehr zufrieden, daß ich ihn mir noch einmal kaufen würde, aber nur zum alten Preis. Den neuen Preis finde ich ein bißchen zu teuer. Soeben sehe ich: Heute am 2. Februar 2009 steht er bei 699 EUR, vorher war er sogar bei 720 EUR. Für diesen Preis hätte ich ihn wohl nie gekauft!
Mir kam es nicht so sehr darauf an, einen möglichst auffälligen seltenen Baß zu spielen, sondern es waren hauptsächlich der besondere Sound und die einzigartige wunderbare Form, die mich zum Kauf veranlaßten. Ich weiß, ein Risiko war dabei, wenn man vor dem Kauf das Instrument noch nie in die Hand genommen hat. Eine Rückgabe wäre jedoch kein Problem gewesen seitens des deutschen Händlers Arne von Brill von Taranaki Guitars.
Schlußwort
Ich bitte um Nachsicht, falls ich wichtige Details vergessen habe. Auf Nachfrage werde ich gerne das Fehlende ergänzen. Auch bitte ich um Verständnis für die epische Länge des gesamten Reviews, sie erschien mir aber dennoch sinnvoll.
Leider sind die Farben aller Fotos nicht ganz natürlich geworden, denn ich hatte meine Kamera auf automatischen Weißabgleich eingestellt anstatt auf Glühbirnen-Licht.
Mit meinem Review habe ich mir bewußt über 10 Wochen Zeit gelassen, damit es nicht während der ersten Euphorie in eine Lobhudelei ausartet. Ich kann diesen nicht ganz billigen Baß auch nicht jedem empfehlen, man muß schon (wie ich) ein bißchen "verrückt" sein nach dem alten Vintage-Sound und dieser außergewöhnlichen Form! Jemand beschrieb sie einmal mit "strange, but beautiful" und das sagt alles!
bernie49
Vorgeschichte
Warum habe ich den Baß gekauft? Dazu muß ich zurück ins Jahr 1975 gehen. Damals sah ich einen ungewöhnlichen Baß auf dem Platten-Cover von Bob Dylan's Live Album "Before the Flood", begleitet von The Band. Der Bassist Rick Danko spielte ein Modell der Firma Ampeg, einen "Scroll Bass" AMUB-1. Nicht nur das einzigartige Aussehen, auch besonders der warme weiche kontrabaßähnliche Klang hatten mich total fasziniert. Damals spielte ich noch gar nicht Baß, aber dieses Instrument zu besitzen war seither ein Jugendtraum. Später geriet der Wunsch mehr oder weniger in Vergessenheit, denn ich hatte ja inzwischen meinen Fender PB und den Höfner Violinbaß. Doch dann erst vor kurzem entdeckte ich zufällig im Internet eine Seite von Bruce Johnson, einem Amerikaner, der diese Bässe in Handarbeit nachbaute.
http://xstrange.com/amb1.html
Inzwischen scheint er sie seit Jahren nicht mehr zu bauen, auch der Preis wäre für mich nicht erschwinglich gewesen. Ich schrieb eine Email an Bruce, der sie offenbar weitergeleitet hatte an Michael (Mike) Robinson. Er ist der Gründer der Firma Eastwood Guitars in Kanada, die sich spezialisiert hat auf die Repliken alter und besonders seltener Gitarren und Bässe, die schon lange nicht mehr produziert werden.
http://www.myrareguitars.com/affordableBASS.html
Die Firma Eastwood hat viele Händler weltweit, auch in Deutschland gibt es zwei. Ich kaufte meinen Baß bei Arne von Brill von Taranaki Guitars in Langwedel-Etelsen (bei Bremen). Der Mail-Kontakt war stets sehr prompt und freundlich. Die Antworten kamen meist schon innerhalb von 10 Minuten!
http://www.taranaki-guitars.de/
Besonderheiten
Das einzigartige am Original Ampeg "Scroll Bass" sind einige bemerkenswerte Features, die kein anderer Baß hat:
1. Die Kopfplatte ist der eines Kontrabasses nachempfunden mit dem offenen Wirbelkasten und der Schnecke. Außerdem stehen die Stimmwirbel nach hinten, ebenfalls wie beim Kontrabaß.
2. Die f-Löcher sind ausgefräst, man kann also durch sie hindurchsehen bzw. den Baß sogar damit tragen, wenn man in sie hineingreift.
Dieses alte Modell gab es sowohl bundiert (AMB-1) als auch fretless (AMUB-1). Es wurde nur von 1968 bis 1969 in Stückzahlen von wenigen Hundert gebaut und ist dementsprechend extrem selten. Als Sammlerstück ist er vielleicht noch in den USA erhältlich, wenn man Glück hat, aber nur ab etwa 2.500 $ aufwärts.
Auch das Modell von Eastwood ist als bundierter (EEB-1) oder als fretless (EUB-1) Baß lieferbar. Leider hat man bei der Replik auf die Schnecke verzichtet, aus welchen Gründen auch immer (Copyright?). Wahrscheinlich wäre damit der Baß aber sehr kopflastig geworden. Inzwischen habe ich erfahren, daß ursprünglich von Ampeg sogar anstatt der Schnecke eine Kopfplatte geplant war, die derjenigen am Eastwood Bass entspricht: Oben hat sie eine dreieckige Form, sodaß sich der Buchstabe "A" (für AMPEG) erkennen läßt. (siehe Fotos)
Der offene Wirbelkasten wie beim Kontrabaß und die charakteristischen f-Löcher sind jedoch exakt dem Original nachempfunden, ebenso wie die gesamte Form des Korpus mit dem riesigen Pickguard und den Potis. Es gibt übrigens nur zwei davon, genau wie beim Fender PB: je eins für Volume und Tone. So muß es sein, das reicht vollkommen!
Ich habe mich für das Fretless Modell entschieden, weil ich schon zwei andere E-Bässe mit Bünden habe. Außerdem ist der Kontrabaß mein Hauptinstrument. Mein erster Eindruck war übrigens, daß eine unsaubere Intonation auf einem E-Baß viel deutlicher zu hören ist als auf einem Kontrabaß. Es gibt auch zum Glück wegen der Optik keine Hilfslinien auf dem Griffbrett wie bei anderen Fretless Bässen, nur oben am Rand sind die üblichen kleinen Punkte angebracht.
Korpus
Der Korpus ist dreiteilig massiv und besteht aus Mahagoni (= engl. mahogany). Die Lackierung wirkt einwandfrei und makellos. Die Maserung der drei Teile ist zwar nicht perfekt optisch abgestimmt, aber allzuviel darf man wohl in dieser Hinsicht selbst bei einem teuren Fender nicht erwarten.
Die äußere Korpusform wirkt freundlich "knubbelig" und "weiblich", nicht so aggressiv wie die spitzen Formen der modernen Bässe. Sie hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Fender Jaguar oder Mustang Korpus. Daraus kann man schließen, daß sogar Ampeg die Idee dieser Form von Fender "ausgeliehen" hat.
Es stehen zwei Farben zur Auswahl: 3-tone sunburst oder schwarz.
Hals
Der Hals aus Ahorn sitzt perfekt in der Halstasche. Er ist genau wie beim PB mit dem Korpus verschraubt mittels vier Schrauben und einer Halsplatte. Die schwarze (empfindliche) Lackierung ist spiegelblank und einwandfrei, ich konnte selbst bei genauer Prüfung keine Fehler entdecken. Die Halsspannschraube ist zugänglich nach Entfernen der Abdeckung über dem Sattel.
Das Griffbrett aus Palisander (rosewood) ist sehr gut verarbeitet und sauber abgerichtet. Es gibt keine Bundmarkierungs-Streifen, nur kleine Punkt-Markierungen auf dem Rand des Halses. Die Länge (long scale) ist identisch mit einem Fender Precision fretless, in der fretted Version hat es die üblichen 20 Bünde. Mit einem Schneider-Bandmaß habe ich die Hals-Maße mit denen meines Precision vergleichen und habe die gleichen Werte ermittelt. Im Vergleich zum alten Fender PB fühlt sich der Hals aber subjektiv schlanker an, vielleicht habe ich auch falsch gemessen? Die Firmen-Angabe lautet jedenfalls 1 5/8 Zoll.
Mechaniken & Brücke
Die Mechaniken sind die üblichen heute verwendeten im Grover Style. Sie arbeiten einwandfrei, sind leicht zu drehen und äußerst stimmstabil. Es gibt also nichts daran zu meckern. Sie sind - wie auf den Fotos ersichtlich - nicht wie bei den meisten Bässen auf der Kopfplatte von hinten angeschraubt, sondern seitlich daran, mit den Stimmwirbleln nach hinten, ähnlich wie bei einem Kontrabaß.
Die Brücke ist eine exakte Kopie des einfachen Fender "Blechwinkels", der auch am PB und JB verwendet wird. Natürlich erfüllt sie ihre Funktion, aber nicht ganz nach meinen Wünschen. Da ich dieses Bauteil - auch beim Fender - als Schwachpunkt empfinde, entschloß ich mich zum Austausch. Am günstigsten dafür schien mir die Brücke 201B-4 von Gotoh (siehe dazu auch mein gesondertes Review). Dazu mußte das Pickguard etwas weiter ausgeschnitten werden - eine Arbeit, die ich lieber einem Fachmann überließ:
http://www.guitar-hospital.de/
Gleichzeitig ließ ich von ihm einige Kleinteile ersetzen, die nach seiner Meinung nicht von bester Qualität waren: den Lautstärke- und den Ton-Poti (je 4,50 EUR) sowie die Klinkenbuchse (1,60 EUR). Dazu kam der Arbeitslohn von 20 EUR für alle notwendigen Arbeiten. Das alles war jedoch eine lohnenswerte Investition.
Tonabnehmer
Der Pickup - bezeichnet als Single Alnico EW-Humbucker - ist offenbar vom Typ Soapbar. Beim ersten Blick darauf war ich enttäuscht, die schwarze Abdeckung schien aus Plastik zu sein. Als ich später versehentlich eine kleine Schramme reinmachte, entdeckte ich, daß sie offenbar aus Messing ist. Die Maße sind ungewöhnlich klein, nämlich 72 x33 mm. Ein Ersatz in dieser Größe dürfte damit schwer zu finden sein, allerdings ist in der Holzfräsung noch etwas Luft.
Den Ton-Charakter würde ich als Preci-ähnlich einstufen, nur nicht ganz so knurrig. Bei der Lautstärke fiel mir auf, daß er wesentlich lauter ist als der in meinem PB.
Verarbeitung
siehe die Punkte: Korpus, Hals, Mechaniken & Brücke
Bespielbarkeit
Mit einem Gewicht von 3,5 kg hat der EUB-1 für meine Begriffe das Idealgewicht, nicht zu leicht und nicht zu schwer. Zum Vergleich: mein "Fender-Klotz" PB wiegt stolze 4,9 kg! Durch die ausgefrästen f-Löcher wurden sicher auch noch einige Gramm eingespart.
Der Baß wurde mir spielfertig geliefert, d.h. die Einrichtung war schon recht gut. Es gab keine dead spots oder schnarrenden Saiten, wie man es gelegentlich von anderen Bässen hört.
Sound
Wie immer ist dieser schwer in Worte zu fassen. Natürlich hängt auch so viel ab von den verwendeten Saiten. Für mich kommen auf diesem Baß nur Flatwounds in Frage, um damit möglichst nahe an einen Kontrabaß-Sound heranzukommen. Das gelingt tatsächlich sehr gut mit meinen D'Addario Chromes. Den Klang empfinde ich als angenehm warm und dunkel, aber nicht dumpf - eben wie ein richtiger Baß klingen sollte. Er singt außerdem so wunderbar, daß es eine reine Freude ist. Erstaunlicherweise lassen sich sogar noch bei Bedarf einige Höhen herauskitzeln bei aufgedrehtem Ton-Poti. Selbst trocken (ohne Amp) gespielt läßt er nichts zu wünschen übrig.
Preis
Sowohl der EUB-1 als auch der EEB-1 kosten bei Eastwood in Kanada je 699 $ plus 99 $ Versand. Zum Zeitpunkt meiner Bestellung im Oktober 2008 war der Kurs etwa 1 EUR = 1,50 $. Der zu zahlende Preis beim deutschen Händler Taranaki Guitars betrug damals genau 555 EUR, auch nachdem der EUR/$-Kurs sich danach verändert hatte. Die Wartezeit betrug fast 7 Wochen.
Nachteile
Entgegen den ursprünglichen Angaben von Eastwood in Kanada wurde der Baß nicht in Korea sondern in China produziert. Das wurde inzwischen auf der Webseite korrigiert. Auch wurde mir auf Nachfrage glaubhaft versichert, daß die Qualität in den China Werken überwacht wird und genauso gut sei wie früher in Korea. Einen kleinen Fehler hatte mein Baß dennoch: Schon nach vier Tagen hatte sich die Mutter des Ton-Poti von ganz alleine gelöst, mußte also nachgezogen werden. Danach war dann alles OK. Na ja, das kann passieren, darf es aber nicht.
Wenn auch die Verarbeitung - besonders von Korpus und Hals - sehr gut ist, scheint wohl die Qualität einiger der verwendeten Bauteile (Potis und Klinkenbuchse) nicht die allererste Wahl zu sein. An diesem "Pfennigskram" sparen offenbar viele Hersteller, aber Eastwood sollte daran lieber nicht sparen!
Fazit
Seit ich ihn Ende November erhielt, spiele ich fast täglich stundenlang auf dem EUB-1, während mein Fender einsam in seinem Ständer wartet. Der fretless Sound ist einfach genial!
Trotz der winzigen geringen Mängel (siehe Nachteile) bin ich mit diesem Baß so sehr zufrieden, daß ich ihn mir noch einmal kaufen würde, aber nur zum alten Preis. Den neuen Preis finde ich ein bißchen zu teuer. Soeben sehe ich: Heute am 2. Februar 2009 steht er bei 699 EUR, vorher war er sogar bei 720 EUR. Für diesen Preis hätte ich ihn wohl nie gekauft!
Mir kam es nicht so sehr darauf an, einen möglichst auffälligen seltenen Baß zu spielen, sondern es waren hauptsächlich der besondere Sound und die einzigartige wunderbare Form, die mich zum Kauf veranlaßten. Ich weiß, ein Risiko war dabei, wenn man vor dem Kauf das Instrument noch nie in die Hand genommen hat. Eine Rückgabe wäre jedoch kein Problem gewesen seitens des deutschen Händlers Arne von Brill von Taranaki Guitars.
Schlußwort
Ich bitte um Nachsicht, falls ich wichtige Details vergessen habe. Auf Nachfrage werde ich gerne das Fehlende ergänzen. Auch bitte ich um Verständnis für die epische Länge des gesamten Reviews, sie erschien mir aber dennoch sinnvoll.
Leider sind die Farben aller Fotos nicht ganz natürlich geworden, denn ich hatte meine Kamera auf automatischen Weißabgleich eingestellt anstatt auf Glühbirnen-Licht.
Mit meinem Review habe ich mir bewußt über 10 Wochen Zeit gelassen, damit es nicht während der ersten Euphorie in eine Lobhudelei ausartet. Ich kann diesen nicht ganz billigen Baß auch nicht jedem empfehlen, man muß schon (wie ich) ein bißchen "verrückt" sein nach dem alten Vintage-Sound und dieser außergewöhnlichen Form! Jemand beschrieb sie einmal mit "strange, but beautiful" und das sagt alles!
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