distorted.guitar
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Vorgeschichte
Wen nur der Test an sich interessiert, der kann diesen Teil überspringen, weil es hier nur darum geht, wie ich auf diese Phaser als Effekt kam und meine persönliche Meinung, Erfahrung und Einstellung.
Den Small Stone aus der Nano-Serie von Electro Harmonix hatte ich, kurz nachdem ich ihn besaß, doch mal zur Reparatur gegeben, da mir etwas spanisch vorkam, was ich an dem Gerät auszusetzen hatte (Stichwort untruer Bypass). Beim Händler ging das Gerät jedoch mehr oder weniger verschütt. Das war mir allerdings gar nicht mal so unlieb, denn noch einmal bestellt hätte ich den kleinen Small Stone nicht. Auch erschien es mir nicht mehr sonderlich sinnvoll zwei so gleiche Pedale auf dem Board stehen zu haben. Daher nahm ich auch davon Abstand, den großen Small Stone zu bestellen. Nicht zuletzt, weil Platz auf dem Board rar ist.
Nach meinem Test des Micro Amp, der durchaus positiv ausfiel, war der Weg zu MXR alles andere als weit und außerdem haben jene mit dem Phase 90 ebenfalls einen legendären Phaser im Programm. Dazu dieses hosentaschentaugliche Format, joah paßt schon. Allerdings preistechnisch mal mehr mal weniger deutlich über dem Small Stone.
Denn wenn man den Entschluß gefaßt hat, einen Phaser aus dem Hause MXR zu erstehen, ist man noch lange nicht so weit, wie man vielleicht denken mag. Derer gibt es nämlich zahlreiche Varianten. Zunächst gibt es den ordinären Phase 90 mit dem aktuellen Blocklogo von MXR, daneben den Phase 90 mit dem Scriptlogo, in dem ein Schaltkreis nach altem Schema verbaut sein soll. Diesen letzteren - Custom Shop Script Phase 90 genannt - gibt es sowohl mit als auch ohne Leuchtdiode. Das EVH Signaturmodell vereint beide Varianten in einer, denn hier gibt es einen Scriptschalter, der es ermöglicht, zwischen dem Sound des Blocklogo und dem des Scriptlogo zu wechseln. Den Custum Shop Script Phase 90 gibt es dann auch noch als 1974er Reissue. Der Vollständigkeit halber erwähnt sei noch der Phase 100 als großer Bruder. Wenn jetzt die Verwirrung nicht perfekt ist,...
Ich wollte wissen, wie der Klangunterschied zwischen dem Block- und dem Scriptlogo ist, und bestellte die beiden erstgenannten Geräte. Das EVH-Modell wäre eine einfachere Alternative zum Testen gewesen, doch das wollte ich nicht haben. Denn erstens wollte ich kein Signaturemodell, zweitens mißfällt mir die blaue Leuchtdiode, drittens ist es fast das teuerste und viertens möchte ich nur den einen Sound der mir gefällt. Ich ging davon aus, daß mir einer der beiden Phaser besser gefallen müßte. Vielfalt ist für mich nicht wichtig, weil ich eine Ergänzung zu dem Small Stone suchte, den ich bereits habe.
Der Name
Wie die anderen Pedale von MXR besteht der vollständige Name aus einer mehr oder weniger langweiligen alphanumerischen Typenbezeichnung (M-101 bzw. CSP-101S) und einer Kurzbezeichnung (Phase 90 bzw. Script Phase 90). Script heißt in dem Fall nichts anderes als Schreibschrift und bezeichnet die im damaligen Logo verwandt Schriftart. Phase 90 ist aber in beiden Fällen gleich und Programm, denn schließlich geht es um Modulation durch Phasenverschiebung. Genauer gesagt eine Phasenverschiebung um 90 Grad und so kommt das Tierchen zu seinem Namen ;-)
Das Gerät
Die beiden Geräte kommen unterschiedlichen Kartons daher.
Der schwarze und an den Seiten orangefarbene Karton des Phase 90 ist nicht sonderlich groß, aber größer als bei Geräten aus der Nano Serie von Electro Harmonix. Er bietet eine stabile Verpackung und ist an allen Seiten mit Herstelleremblem und Typenbezeichnung bedruckt. Auf der Unterseite sind die Bedienelemente des Micro Amps kurz erklärt und die offizielle Gerätebeschreibung des Herstellers abgedruckt.
Der Script Phase 90 kommt deutlich edler daher, schließlich stammt er aus dem Custom Shop. Der Karton ist etwas kleiner, weil er aus feinerer Wellpappe besteht, sorgfältiger gefaltet und komplett schwarz bis auf den silbernen Aufdruck des Herstellers "MXR Costum Shop". Orangefarbene Aufkleber auf den Seiten verraten, was sich in dem Karton befindet.
Die Kartons sind aber unwichtig, also auf damit.
Beide Geräte sind gleich groß und entsprechen der Größe der Nanopedale von Electro Harmonix, die Zigarettenschachtelklasse. Was mir sehr gut gefällt und sehr stabil wirkt, ist, daß das Gehäuse bis auf die Bodenplatte aus einem Stück besteht. Beide sind überraschend schwer für ihre Größe, schwerer als der vergleichbaren Nanopedale, doch das unterstützt den stabilen Eindruck. Beide Gehäuse sind vollständig ordentlich lackiert. Die Farbe ist bei beiden nicht identisch. Der Phase 90 langt volle Möhre in die Betacarotinkiste, der Script Phase 90 ist etwas heller, nicht ganz so kräftig im Farbton. Der Lack an sich ist auch unterschiedlich. Die Oberfläche des Script Phase 90 ist ganz fein, glatt und seidenmatt, die des Phase 90 glänzt mehr ist gar nicht so eben und gleichmäßig lackiert, doch ich denke, das ist Absicht. Perfekt ist die Lackirung des Custom Shops auch nicht, aber das sind nur kleine Schönheitsfehler. Die unterschiedlichen Logos und Beschriftungen sind jeweils schwarz aufgedruckt.
An der Oberseite sind der Fußschalter und der Speedregler angebracht. Mehr Bedienelemente gibt es nicht. Wie man so hört, soll das auch völlig reichen. Der Regler ist stufenlos und mit sehr leichtem Widerstand zu bedienen. Der Phase 90 bringt noch eine Statusdiode direkt über dem Schalter mit, den Script Phase 90 hatte ich ohne Diode bestellt.
An der Unterseite des Phase 90 sind keinerlei Füße oder ähnliches befestigt. An die Unterseite des Script Phase 90 ist eine Moosgummimatte geklebt.
Die Anschlüsse
Folgendes gilt für beide Geräte gleichermaßen. An den Längsseiten fast mittig sind die Anschlüsse für 6,3 mm Klinkenstecker am Gehäuse festgeschraubt. Rechts Input, links Output. Meine Neutrikklinken sitzen sehr stramm in den Buchsen, das gefällt. Die Buchsen sind mehr oben am Gehäuse montiert. Höher als zum Beispiel bei den Effekten aus der Nano Serie von Electro Harmonix. Diese lassen sich also nicht einfach mit einem Doppelklinkenstecker miteinander verbinden. Schade, doch der Fehler liegt bei Harmonix, denn MXR Effekte waren zuerst da ;-)
Neben der Inputbuchse ist der ist der Stromanschluß, eine Standardhohlsteckerbuchse für Stecker mit einem Innendurchmesser von 2,1 mm und Außendurchmesser von 5,5 mm, minus innen. Der Netzstecker sitzt sehr fest in der Buchse.
Die Anordnung des Stromanschlusses halte für nicht sehr gelungen. Sie erfordert ein Netzgerät mit abgewinkeltem Stecker, wie es keines meiner Netzteil hat, um Effektgeräte platzsparend nebeneinander zu stellen. Dazu wäre die umgekehrte Anordnung von Strom und Input sinnvoller, weil die Stromversorgung doch in der Regel nach vorne weggeht und so erst an dem Klinkenstecker vorbei muß !
Um den Phase 90 oder den Script Phase 90 mit einer Batterie zu betreiben, muß man das Gehäuse aufschrauben. Übrigens ist sogar das Aufschrauben bei beiden Geräten unterschiedlich. Das geht beim Script Phase 90 deutlich geschmeidiger. Im Inneren des Phase 90 (rot) befindet sich in der Mitte oben ein Trimmpotentiometer.
Lieferumfang
Die kleinen Schachteln sind verhältnismäßig voll.
Sie enthalten neben dem Gerät einen kleinen Katalog für MXR-Pedale und einen für Dunlop Wahs. Die beiliegende Garantiekarte ist obligatorisch. Auf der des Script Phase 90 ist der Herstellungstag aufgestempelt. Es war der 26. März 2006. Eine einzelne Werbekarte für den Dunlop Powerbrick ist ebenfalls dabei. Ein Aufkleber fehlt. So viel zur Werbung. Ein separate Bedienungsanleitung sucht man beim Phase 90 vergebens, der Script Phase 90 bringt ein Faltblatt mit, dem man Funktonen, Anschlußmöglichkeiten und Einstellungsvorschläge entnehmen kann.
Für jedes liegt noch ein Aufsatz für den Regler bei, eine Art Gummipfropf, der auf den Regler gesteckt wird, um den Regler einfacher mit dem Fuß bedienen zu können. Der Aufsatz sitzt übrigens sehr stramm darauf und hält am Reglerknopf besser als dieser auf der Potentiometerachse.
Zu guter Letzt ist für den Phase 90 eine selbstklebende Moosgummimatte dabei, welche man bei Bedarf auf die Bodenplatte kleben kann, damit das Pedal nicht wegrutscht oder die Unterseite zerkratzt. Auf dieser Unterlage ist noch ein Aufkleber mit Hinweisen zur korrekten Stromversorgung des Micro Amps. Eine Batterie wird nicht mitgeliefert.
Die Testvorbereitung
Ich werde die beiden Phaser mit meiner Ltd. EC 500 mit Ibanez V1 und V2 testen. Dazu benutze ich Sommer Cable mit Neutrikklinken. Ein Netzgerät von Danelectro DA-1 Zero Hum wird beide mit Strom versorgen.
Ich verbinde dden Phase 90 und den Script Phase mit einem Verbindungsstecker und probiere sie an verschiedenen Stellen in meinem Effektboard aus, um zu sehen, wie sich das auswirkt. Der Verstärker ist ein Diezel VH4. Der Diezel befeuert ein Engl Pro 212 Kabinett.
Die Aufnahmen entstanden mit einem Sennheiser e906 (flat) und wurden über ein M-Audio Firewire 410 in einem Notebook mit Cubase SX aufgezeichnet. Eine nachträglich Klangbearbeitung der Spur in Cubase erfolgte selbstverständlich nicht, die Spuren wurden nur passend zurecht geschnitten.
Der Test
Ich habe die beiden Phaser in Reihe geschaltet und zuerst vor den Verstärker gehängt. Ein Tritt auf den Schalter, die Leuchtdiode des Phase 90 erwacht zum Leben und zeigt deutlich dessen Betriebsbereitschft.
Dem Script Phase 90 sieht man nicht an, daß er eingeschaltet ist. Weder beim Phase 90 von dem Script Phase 90 hört man ein Umschaltgeräusch aus dem Verstärker. Beide Geräte verursachen Nebengeräusche in Form eines leisen Rauschens. Aufnehmen ließ sich das kaum, das zeigt, wie wenig es ins Gewicht fällt. Das Rauschen des Phase 90 ist eine winzige Idee lauter und eine Spur dunkler. Im Bypass ist nicht zu merken, daß die Geräte im Signalweg hängen. Der laut Kartonaufdruck hardwire Bypass funktioniert gut.
Ich fange mit dem Script Phase 90 in der linken Extrempostion an und bin direkt begeistert. Das klingt schon jetzt einfach schön. Der Klang erinnert mich etwas an den meines Small Stone mit dem Colourregler unten, jedoch ohne Lautstärkeeinbußen ! Der Effekt ist deutlich aber nicht aufdringlich. Er fügt sich wunderbar ein. Der Phase 90 klingt da deutlich anders. Er bringt mehr einen eigenen Charakter ein, klingt düsterer und hat auch mehr Wumms. Das geht so weit, daß auch clean der Ton übersteuert und verzerrt.
In dieser Position sind sphärische Klänge möglich. Dreht man den Regler weiter auf, wird die Modulationswelle schneller. Das eignet sich gut für Rhythmusgitarre. Die Bedienungsanleitung schlägt die Postionen auf neun und auf 12 Uhr vor. Mir gefällt die Geschwindigkeit gegen halb elf, elf Uhr herum gut. Ab zwei Uhr sollte man sparsam mit rhythmischen Anschlägen umgehen, die verwischen dann schnell. Bei höchster Modulationsgeschwindigkeit reicht dann ein Anschlag pro Takt. Insgesamt hatte ich den Eindruck, daß der Phase 90 bei gleicher Reglerstellung immer einen Tick schneller als der Script Phase 90 ist.
Vor einem Verzerrer oder einem verzerrten Kanal sind sich die beiden MXR Geräte ähnlicher. Gerade bei hohen Verzerrungsgard fällt der zusätzliche Schub des Phase 90 kaum ins Gewicht. Bei Kanälen mit geringem Gainlevel merkt man es jedoch. Etwas dunkler klingt er nach wie vor. Die Phaser aus dem Hause MXR gefallen mir an dieser Stelle sogar fast besser als mein Small Stone. Sie fügen sich besser ein. Allerdings können sie den abgedrehten Sound eines Small Stone in oberer Colourstellung nicht liefern, der den Ton abstürzen und kaputt klingen läßt.
Aber eigentlich gehören Modulationseffekte ja in den Effektweg eines Verstärkers. Hier macht der Script Phase 90 wieder die bessere Figur. Er klingt clean so gut, wie vor dem Verstärker, der Phase 90 übersteuert. Verzerrt ist der Unterschied noch größer. Der Script Phase 90 klingt so, wie ich mir einen Phaser vorstelle, es macht halt so schön SWIOOSH Der klingt weich und rund und weit. Vielleicht sogar eine Spur zu weich. Der Phase 90 dagegen hebt das Signal zu aller erst stark an und der Phasingeffekt gerät eher in den Hintergrund und ist dezenter. Durch den Lautstärkeanstieg klingt er fetter und druckvoller, aber auch etwas grob und harsch. Das liegt wohl auch an der insgesamt dunkleren Klangfarbe. Allerdings ist er so auch gut zum Betonen von Leadsounds zu gebrauchen. Gerade mit hoher Modulationsgeschwindigkeiten lassen sich mit beiden Geräten sehr abgefahrene Sounds kreieren.
Sinn und Zweck des Trimmpotentiometers im Inneren des Phase 90 hat sich mir nicht vollständig erschlossen. Ich denke, er ist für eine Art Feinabstimmung vorgesehen. Ich habe keine andere Wirkung feststellen können als daß der Effekt futsch ist, wenn man den Trimmer aus der werkseitig eingestellten Position dreht.
Zuletzt habe ich zum Vergleich auch noch einmal den Electro Harmonix Small Stone herangezogen. Ich war überrascht, wie ähnlich dieser dem Script Phase 90 tatsächlich ist. Das wird vor allem der Grund sein, warum mir der Script Phase 90 mehr liegt. Schließlich hat der Small Stone meine Vorstellung eines Phasersounds geprägt. Der Phase 90 klingt eben einfach anders ! Er ist agressiver, düsterer und hat mehr Biss.
Für meine Zwecke ist der Script Phase 90 eindeutig das bessere Gerät. Andere mögen das wiederum ganz anders sehen. Mich stört der Lautstärkeanstieg und die dadurch resultierende Verzerrung des Phase 90 schon sehr. Daher finde ich auch den Aufpreis gerechtfertigt, er ist jeden Cent davon wert. Dafür lohnt es sich auch nicht, den günstigeren zu kaufen und den dann mehr oder weniger aufwendig zum Scriptmodell umzubauen. Aber das ist meine Meinung.
Wer mit dem Gedanken spielt, den Phase 90 zu erwerben oder auszuprobieren, sollte nach Möglichkeit auch den Script Phase 90 einmal anhören. Möglicherweise entdeckt er, daß er beide Sounds gut einsetzen kann. Für solche Fälle ist dann das Signaturemodell vielleicht doch gut und sinnvoll. Mir reicht der Script Phase 90 voll und ganz, von dem Phase 90 werde ich mich wieder trennen.
Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit !
Bis dann dann
Markus
Klangbeispiele:
bei allen Klangbeispielen ist immer zuerst der Script Phase 90 und dann der Phase 90 zu hören.
1. vor Kanal 1 (7 Uhr, 9 Uhr, 12 Uhr, 3 Uhr, 5 Uhr)
2. vor Kanal 4 (7 Uhr, 9 Uhr, 12 Uhr, 3 Uhr, 5 Uhr)
3. vor Kanal 2 und 4 (zwischen zehn und elf herum)
4. nach Kanal 1 in der Effektschleife
5. nach Kanal 4 in der Effektschleife (7 Uhr, 9 Uhr, 12 Uhr, 3 Uhr, 5 Uhr)
6. nach Kanal 4 in der Effektschleife (zwischen zehn und elf herum)
7. Vergleich zum Small Stone (Script Phase 90, dann Small Stone untere Colourstellung, obere Colourstellung und zuletzt Phase 90)
Wen nur der Test an sich interessiert, der kann diesen Teil überspringen, weil es hier nur darum geht, wie ich auf diese Phaser als Effekt kam und meine persönliche Meinung, Erfahrung und Einstellung.
Den Small Stone aus der Nano-Serie von Electro Harmonix hatte ich, kurz nachdem ich ihn besaß, doch mal zur Reparatur gegeben, da mir etwas spanisch vorkam, was ich an dem Gerät auszusetzen hatte (Stichwort untruer Bypass). Beim Händler ging das Gerät jedoch mehr oder weniger verschütt. Das war mir allerdings gar nicht mal so unlieb, denn noch einmal bestellt hätte ich den kleinen Small Stone nicht. Auch erschien es mir nicht mehr sonderlich sinnvoll zwei so gleiche Pedale auf dem Board stehen zu haben. Daher nahm ich auch davon Abstand, den großen Small Stone zu bestellen. Nicht zuletzt, weil Platz auf dem Board rar ist.
Nach meinem Test des Micro Amp, der durchaus positiv ausfiel, war der Weg zu MXR alles andere als weit und außerdem haben jene mit dem Phase 90 ebenfalls einen legendären Phaser im Programm. Dazu dieses hosentaschentaugliche Format, joah paßt schon. Allerdings preistechnisch mal mehr mal weniger deutlich über dem Small Stone.
Denn wenn man den Entschluß gefaßt hat, einen Phaser aus dem Hause MXR zu erstehen, ist man noch lange nicht so weit, wie man vielleicht denken mag. Derer gibt es nämlich zahlreiche Varianten. Zunächst gibt es den ordinären Phase 90 mit dem aktuellen Blocklogo von MXR, daneben den Phase 90 mit dem Scriptlogo, in dem ein Schaltkreis nach altem Schema verbaut sein soll. Diesen letzteren - Custom Shop Script Phase 90 genannt - gibt es sowohl mit als auch ohne Leuchtdiode. Das EVH Signaturmodell vereint beide Varianten in einer, denn hier gibt es einen Scriptschalter, der es ermöglicht, zwischen dem Sound des Blocklogo und dem des Scriptlogo zu wechseln. Den Custum Shop Script Phase 90 gibt es dann auch noch als 1974er Reissue. Der Vollständigkeit halber erwähnt sei noch der Phase 100 als großer Bruder. Wenn jetzt die Verwirrung nicht perfekt ist,...
Ich wollte wissen, wie der Klangunterschied zwischen dem Block- und dem Scriptlogo ist, und bestellte die beiden erstgenannten Geräte. Das EVH-Modell wäre eine einfachere Alternative zum Testen gewesen, doch das wollte ich nicht haben. Denn erstens wollte ich kein Signaturemodell, zweitens mißfällt mir die blaue Leuchtdiode, drittens ist es fast das teuerste und viertens möchte ich nur den einen Sound der mir gefällt. Ich ging davon aus, daß mir einer der beiden Phaser besser gefallen müßte. Vielfalt ist für mich nicht wichtig, weil ich eine Ergänzung zu dem Small Stone suchte, den ich bereits habe.
Der Name
Wie die anderen Pedale von MXR besteht der vollständige Name aus einer mehr oder weniger langweiligen alphanumerischen Typenbezeichnung (M-101 bzw. CSP-101S) und einer Kurzbezeichnung (Phase 90 bzw. Script Phase 90). Script heißt in dem Fall nichts anderes als Schreibschrift und bezeichnet die im damaligen Logo verwandt Schriftart. Phase 90 ist aber in beiden Fällen gleich und Programm, denn schließlich geht es um Modulation durch Phasenverschiebung. Genauer gesagt eine Phasenverschiebung um 90 Grad und so kommt das Tierchen zu seinem Namen ;-)
Das Gerät
Die beiden Geräte kommen unterschiedlichen Kartons daher.
Der schwarze und an den Seiten orangefarbene Karton des Phase 90 ist nicht sonderlich groß, aber größer als bei Geräten aus der Nano Serie von Electro Harmonix. Er bietet eine stabile Verpackung und ist an allen Seiten mit Herstelleremblem und Typenbezeichnung bedruckt. Auf der Unterseite sind die Bedienelemente des Micro Amps kurz erklärt und die offizielle Gerätebeschreibung des Herstellers abgedruckt.
Der Script Phase 90 kommt deutlich edler daher, schließlich stammt er aus dem Custom Shop. Der Karton ist etwas kleiner, weil er aus feinerer Wellpappe besteht, sorgfältiger gefaltet und komplett schwarz bis auf den silbernen Aufdruck des Herstellers "MXR Costum Shop". Orangefarbene Aufkleber auf den Seiten verraten, was sich in dem Karton befindet.
Die Kartons sind aber unwichtig, also auf damit.
Beide Geräte sind gleich groß und entsprechen der Größe der Nanopedale von Electro Harmonix, die Zigarettenschachtelklasse. Was mir sehr gut gefällt und sehr stabil wirkt, ist, daß das Gehäuse bis auf die Bodenplatte aus einem Stück besteht. Beide sind überraschend schwer für ihre Größe, schwerer als der vergleichbaren Nanopedale, doch das unterstützt den stabilen Eindruck. Beide Gehäuse sind vollständig ordentlich lackiert. Die Farbe ist bei beiden nicht identisch. Der Phase 90 langt volle Möhre in die Betacarotinkiste, der Script Phase 90 ist etwas heller, nicht ganz so kräftig im Farbton. Der Lack an sich ist auch unterschiedlich. Die Oberfläche des Script Phase 90 ist ganz fein, glatt und seidenmatt, die des Phase 90 glänzt mehr ist gar nicht so eben und gleichmäßig lackiert, doch ich denke, das ist Absicht. Perfekt ist die Lackirung des Custom Shops auch nicht, aber das sind nur kleine Schönheitsfehler. Die unterschiedlichen Logos und Beschriftungen sind jeweils schwarz aufgedruckt.
An der Oberseite sind der Fußschalter und der Speedregler angebracht. Mehr Bedienelemente gibt es nicht. Wie man so hört, soll das auch völlig reichen. Der Regler ist stufenlos und mit sehr leichtem Widerstand zu bedienen. Der Phase 90 bringt noch eine Statusdiode direkt über dem Schalter mit, den Script Phase 90 hatte ich ohne Diode bestellt.
An der Unterseite des Phase 90 sind keinerlei Füße oder ähnliches befestigt. An die Unterseite des Script Phase 90 ist eine Moosgummimatte geklebt.
Die Anschlüsse
Folgendes gilt für beide Geräte gleichermaßen. An den Längsseiten fast mittig sind die Anschlüsse für 6,3 mm Klinkenstecker am Gehäuse festgeschraubt. Rechts Input, links Output. Meine Neutrikklinken sitzen sehr stramm in den Buchsen, das gefällt. Die Buchsen sind mehr oben am Gehäuse montiert. Höher als zum Beispiel bei den Effekten aus der Nano Serie von Electro Harmonix. Diese lassen sich also nicht einfach mit einem Doppelklinkenstecker miteinander verbinden. Schade, doch der Fehler liegt bei Harmonix, denn MXR Effekte waren zuerst da ;-)
Neben der Inputbuchse ist der ist der Stromanschluß, eine Standardhohlsteckerbuchse für Stecker mit einem Innendurchmesser von 2,1 mm und Außendurchmesser von 5,5 mm, minus innen. Der Netzstecker sitzt sehr fest in der Buchse.
Die Anordnung des Stromanschlusses halte für nicht sehr gelungen. Sie erfordert ein Netzgerät mit abgewinkeltem Stecker, wie es keines meiner Netzteil hat, um Effektgeräte platzsparend nebeneinander zu stellen. Dazu wäre die umgekehrte Anordnung von Strom und Input sinnvoller, weil die Stromversorgung doch in der Regel nach vorne weggeht und so erst an dem Klinkenstecker vorbei muß !
Um den Phase 90 oder den Script Phase 90 mit einer Batterie zu betreiben, muß man das Gehäuse aufschrauben. Übrigens ist sogar das Aufschrauben bei beiden Geräten unterschiedlich. Das geht beim Script Phase 90 deutlich geschmeidiger. Im Inneren des Phase 90 (rot) befindet sich in der Mitte oben ein Trimmpotentiometer.
Lieferumfang
Die kleinen Schachteln sind verhältnismäßig voll.
Sie enthalten neben dem Gerät einen kleinen Katalog für MXR-Pedale und einen für Dunlop Wahs. Die beiliegende Garantiekarte ist obligatorisch. Auf der des Script Phase 90 ist der Herstellungstag aufgestempelt. Es war der 26. März 2006. Eine einzelne Werbekarte für den Dunlop Powerbrick ist ebenfalls dabei. Ein Aufkleber fehlt. So viel zur Werbung. Ein separate Bedienungsanleitung sucht man beim Phase 90 vergebens, der Script Phase 90 bringt ein Faltblatt mit, dem man Funktonen, Anschlußmöglichkeiten und Einstellungsvorschläge entnehmen kann.
Für jedes liegt noch ein Aufsatz für den Regler bei, eine Art Gummipfropf, der auf den Regler gesteckt wird, um den Regler einfacher mit dem Fuß bedienen zu können. Der Aufsatz sitzt übrigens sehr stramm darauf und hält am Reglerknopf besser als dieser auf der Potentiometerachse.
Zu guter Letzt ist für den Phase 90 eine selbstklebende Moosgummimatte dabei, welche man bei Bedarf auf die Bodenplatte kleben kann, damit das Pedal nicht wegrutscht oder die Unterseite zerkratzt. Auf dieser Unterlage ist noch ein Aufkleber mit Hinweisen zur korrekten Stromversorgung des Micro Amps. Eine Batterie wird nicht mitgeliefert.
Die Testvorbereitung
Ich werde die beiden Phaser mit meiner Ltd. EC 500 mit Ibanez V1 und V2 testen. Dazu benutze ich Sommer Cable mit Neutrikklinken. Ein Netzgerät von Danelectro DA-1 Zero Hum wird beide mit Strom versorgen.
Ich verbinde dden Phase 90 und den Script Phase mit einem Verbindungsstecker und probiere sie an verschiedenen Stellen in meinem Effektboard aus, um zu sehen, wie sich das auswirkt. Der Verstärker ist ein Diezel VH4. Der Diezel befeuert ein Engl Pro 212 Kabinett.
Die Aufnahmen entstanden mit einem Sennheiser e906 (flat) und wurden über ein M-Audio Firewire 410 in einem Notebook mit Cubase SX aufgezeichnet. Eine nachträglich Klangbearbeitung der Spur in Cubase erfolgte selbstverständlich nicht, die Spuren wurden nur passend zurecht geschnitten.
Der Test
Ich habe die beiden Phaser in Reihe geschaltet und zuerst vor den Verstärker gehängt. Ein Tritt auf den Schalter, die Leuchtdiode des Phase 90 erwacht zum Leben und zeigt deutlich dessen Betriebsbereitschft.
Dem Script Phase 90 sieht man nicht an, daß er eingeschaltet ist. Weder beim Phase 90 von dem Script Phase 90 hört man ein Umschaltgeräusch aus dem Verstärker. Beide Geräte verursachen Nebengeräusche in Form eines leisen Rauschens. Aufnehmen ließ sich das kaum, das zeigt, wie wenig es ins Gewicht fällt. Das Rauschen des Phase 90 ist eine winzige Idee lauter und eine Spur dunkler. Im Bypass ist nicht zu merken, daß die Geräte im Signalweg hängen. Der laut Kartonaufdruck hardwire Bypass funktioniert gut.
Ich fange mit dem Script Phase 90 in der linken Extrempostion an und bin direkt begeistert. Das klingt schon jetzt einfach schön. Der Klang erinnert mich etwas an den meines Small Stone mit dem Colourregler unten, jedoch ohne Lautstärkeeinbußen ! Der Effekt ist deutlich aber nicht aufdringlich. Er fügt sich wunderbar ein. Der Phase 90 klingt da deutlich anders. Er bringt mehr einen eigenen Charakter ein, klingt düsterer und hat auch mehr Wumms. Das geht so weit, daß auch clean der Ton übersteuert und verzerrt.
In dieser Position sind sphärische Klänge möglich. Dreht man den Regler weiter auf, wird die Modulationswelle schneller. Das eignet sich gut für Rhythmusgitarre. Die Bedienungsanleitung schlägt die Postionen auf neun und auf 12 Uhr vor. Mir gefällt die Geschwindigkeit gegen halb elf, elf Uhr herum gut. Ab zwei Uhr sollte man sparsam mit rhythmischen Anschlägen umgehen, die verwischen dann schnell. Bei höchster Modulationsgeschwindigkeit reicht dann ein Anschlag pro Takt. Insgesamt hatte ich den Eindruck, daß der Phase 90 bei gleicher Reglerstellung immer einen Tick schneller als der Script Phase 90 ist.
Vor einem Verzerrer oder einem verzerrten Kanal sind sich die beiden MXR Geräte ähnlicher. Gerade bei hohen Verzerrungsgard fällt der zusätzliche Schub des Phase 90 kaum ins Gewicht. Bei Kanälen mit geringem Gainlevel merkt man es jedoch. Etwas dunkler klingt er nach wie vor. Die Phaser aus dem Hause MXR gefallen mir an dieser Stelle sogar fast besser als mein Small Stone. Sie fügen sich besser ein. Allerdings können sie den abgedrehten Sound eines Small Stone in oberer Colourstellung nicht liefern, der den Ton abstürzen und kaputt klingen läßt.
Aber eigentlich gehören Modulationseffekte ja in den Effektweg eines Verstärkers. Hier macht der Script Phase 90 wieder die bessere Figur. Er klingt clean so gut, wie vor dem Verstärker, der Phase 90 übersteuert. Verzerrt ist der Unterschied noch größer. Der Script Phase 90 klingt so, wie ich mir einen Phaser vorstelle, es macht halt so schön SWIOOSH Der klingt weich und rund und weit. Vielleicht sogar eine Spur zu weich. Der Phase 90 dagegen hebt das Signal zu aller erst stark an und der Phasingeffekt gerät eher in den Hintergrund und ist dezenter. Durch den Lautstärkeanstieg klingt er fetter und druckvoller, aber auch etwas grob und harsch. Das liegt wohl auch an der insgesamt dunkleren Klangfarbe. Allerdings ist er so auch gut zum Betonen von Leadsounds zu gebrauchen. Gerade mit hoher Modulationsgeschwindigkeiten lassen sich mit beiden Geräten sehr abgefahrene Sounds kreieren.
Sinn und Zweck des Trimmpotentiometers im Inneren des Phase 90 hat sich mir nicht vollständig erschlossen. Ich denke, er ist für eine Art Feinabstimmung vorgesehen. Ich habe keine andere Wirkung feststellen können als daß der Effekt futsch ist, wenn man den Trimmer aus der werkseitig eingestellten Position dreht.
Zuletzt habe ich zum Vergleich auch noch einmal den Electro Harmonix Small Stone herangezogen. Ich war überrascht, wie ähnlich dieser dem Script Phase 90 tatsächlich ist. Das wird vor allem der Grund sein, warum mir der Script Phase 90 mehr liegt. Schließlich hat der Small Stone meine Vorstellung eines Phasersounds geprägt. Der Phase 90 klingt eben einfach anders ! Er ist agressiver, düsterer und hat mehr Biss.
Für meine Zwecke ist der Script Phase 90 eindeutig das bessere Gerät. Andere mögen das wiederum ganz anders sehen. Mich stört der Lautstärkeanstieg und die dadurch resultierende Verzerrung des Phase 90 schon sehr. Daher finde ich auch den Aufpreis gerechtfertigt, er ist jeden Cent davon wert. Dafür lohnt es sich auch nicht, den günstigeren zu kaufen und den dann mehr oder weniger aufwendig zum Scriptmodell umzubauen. Aber das ist meine Meinung.
Wer mit dem Gedanken spielt, den Phase 90 zu erwerben oder auszuprobieren, sollte nach Möglichkeit auch den Script Phase 90 einmal anhören. Möglicherweise entdeckt er, daß er beide Sounds gut einsetzen kann. Für solche Fälle ist dann das Signaturemodell vielleicht doch gut und sinnvoll. Mir reicht der Script Phase 90 voll und ganz, von dem Phase 90 werde ich mich wieder trennen.
Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit !
Bis dann dann
Markus
Klangbeispiele:
bei allen Klangbeispielen ist immer zuerst der Script Phase 90 und dann der Phase 90 zu hören.
1. vor Kanal 1 (7 Uhr, 9 Uhr, 12 Uhr, 3 Uhr, 5 Uhr)
2. vor Kanal 4 (7 Uhr, 9 Uhr, 12 Uhr, 3 Uhr, 5 Uhr)
3. vor Kanal 2 und 4 (zwischen zehn und elf herum)
4. nach Kanal 1 in der Effektschleife
5. nach Kanal 4 in der Effektschleife (7 Uhr, 9 Uhr, 12 Uhr, 3 Uhr, 5 Uhr)
6. nach Kanal 4 in der Effektschleife (zwischen zehn und elf herum)
7. Vergleich zum Small Stone (Script Phase 90, dann Small Stone untere Colourstellung, obere Colourstellung und zuletzt Phase 90)
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