[Effekt] Electro Harmonix Stereo Memory Man With Hazarai

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morpheusz
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Electro Harmonix, die Firma für originelle Effekte mit originellen Namen hat mit ihrem mittlerweile legendär gewordenen Memory Man ein Delay geschaffen, das wohl unter den Top Ten der weltweit berühmtesten Delays zu finden ist.
Nach zahlreichen Reissues und Verbesserungen kommt nun wieder mal ein neuer, digitaler Memory Man in die Läden. Und diesmal kein ganz gewöhnlicher...


Vorgeschichte

Vor einem halben Jahr ungefähr habe ich mir mein erstes Delay gekauft. Zuvor war ich immer der Meinung, ich brauche keines, aber dann hat es mich doch überkommen.
Da ich momentan nicht besonders entschlossen war, kaufte ich mir einfach mal wegen günstiger Gelegenheit das Ibanez DL10. Gebraucht aber voll ok. Ein wirklich ordentliches Teil, für den Puristen vielleicht genau das richtige, schöne, analoge Echoklänge erzeugt das Gerät, allerdings auch leider sehr kurze. Bei 300 ms ist Schluss. Das war mir zu wenig. Also war die logische Konsequenz, dass ich im Flohmarkt auf eine Suchanzeige angesprungen bin und es wieder verkauft habe.
Zu Weihnachten sollte dann ein neues Delay her. Aus Zeitgründen kam ich allerdings nicht mehr in den Musikladen und am 11.1. war schon wieder der erste Gig im Anmarsch. Fünf Tage vorher kam mir die Erkenntnis: Verdammt, du hast ja noch gar kein Delay...
Also musste ich wohl oder übel bestellen. Die Auswahl fiel nicht leicht, allerdings hatte ich schon vorher mit dem im Titel genannten Pedal geliebäugelt, aufgrund der guten Onlinedemos und der Tatsache, dass es mir ein wunderbares Experimentierteil zu sein schien und so lag es dann auch schon nach 2 Tagen, am Mittwoch vor der Haustür.
Dazusagen muss ich noch, auch wenn ich etwas abschweife, dass der mitbestellte Small Clone verkratzt war und eine Schraube fehlte. Von Thomann hätte ich so etwas nicht erwartet...
Aber gut, zurück zum Thema:


Erster Eindruck

Der Stereo Memory Man With Hazarai, nennen wir ihn zukünftig aus Einfachkeitsgründen einfach Memory Man kam in einer, für EHX typischen Pappbox mit Aufdruck der Oberseite des Pedals. Gut gepolstert mit Luftpolsterfolie und in eine Plastikhülle eingetütet darin der Effekt, daneben auch ein 9V Netzteil. Zu meiner Verwunderung allerdings kein EHX Netzteil, sondern ein "Ibanez and Boss Replacement Adapter". So oder ähnlich steht es auf dem Netzteil. Noch verwunderlicher: In der Anleitung schreibt Electro Hermonix, es solle ausschließlich das mitgelieferte Netzteil benutzt werden, auch kein anderes passendes EHX Netzteil.. Nun gut, die wenigsten werden das wahrscheinlich befolgen, also weiter.
Das Pedal ist aus der neuen, in China gefertigten Serie. Auch wenn die Beschriftung das typische "Made in NYC, USA" angibt, ist im inneren ein Aufdruck "Made in China" zu finden.
Ehrlich gesagt habe ich das Pedal, aus Gründen auf die ich später noch zu sprechen komme, noch nicht aufgeschraubt, allerdings ist dies beim auch neuen Little Big Muff der Fall. Das Gehäuse ist wesentlich kleiner, wenn man es mit dem eines noramlen Memory Man vergleicht, außerdem besteht das Gehäuse aus wesentlich dickerem Metall als die Standard EHX Effekt, wahrscheinlich ist es gegossenes Aluminium, da bin ich mir aber nicht sicher. Die insgesamt 11 (!) LEDs sitzten fest, genau wie die Buchsen, Schalter und Potis. Die Stabilität ist also zufriedenstellend, was man für ein Gerät mit dem nicht ganz billigen Preis von 215€ aber auch erwarten können sollte.


Funktionen:

Der Memory Man bietet 8 Modes in 3 Sektionen aufgeteilt zur Verfügung, die mit dem durch seine weiße Farbe hervorstechenden Hazarai Poti, einentlich Stufenpoti gewählt werden können. Hier einmal alle aufgezählt:

Echo: Die erste Sektion beinhaltet 3 Modes mit den typischem Echo Effekt.
Mode 1 geht bis 3 Sekunden Delaytime, Mode 2 bis zu einer Sekunde und Mode 3 bis zu 300 ms.

Multi Tap: Auch hier sind normale Echos zu finden, mit dem Unterschied, dass alle Delays gleich laut wie der Originalton ist, sprich die Delays nicht in ihrer Lautstärke abnehmen.
Auch hier wieder 3 Modes, Nummer 1 mit maximal 3 Sekunden Verzögerungszeit, Nummer 2 mit einer und Nummer 3 auch einer Sekunde, mit dem Unterschied, dass man die gespielte Phrase durch halten des Tap-Button reversen kann, also rückwärts wieder abspielen.

Deja Vu: Beinhaltet ein Reverse Delay und einen Looper.
Für alle, die nicht wissen, was ein Reverse Delay ist: Der Effket gibt zwar auch ein Delay ab, spielt es allerdings rückwärts ab. Das klingt sehr exotisch, beschreiben kann man es schwer. Einfach mal ausprobieren, man kann wirklich viel Interessantes rausbekommen.
Das Reverse Delay hat eine maximale Delayzeit von 3 Sekunden.
Der Looper, auf den der Name der Sektion wohl deutlich besser zutrifft, hat eine maximale Aufnahmezeit von 30 Sekunden und bietet natürlich die Möglichkeit zu mehreren Overdubs. Außerdem lässt sich das Augenommene reversen und pitchen, also bis auf das Doppelte verschnellern oder verlangsamen. Verbunden ist das mit einer Oktave hoch bzw. runter.


Mit sechs Potis lassen sich die Delays weiter einstellen:

Blend: Bestimmt den Effektlevel. Ganz zugedreht ist der Effekt praktisch aus, es gibt keine Delays, auf der Mittelstellung ist das erste Delay so laut wie der Originalton und ganz aufgedreht hört man nur die Delays und keinen Originalton. Ein interessantes und gesuchtes Feature, das nicht viele Delay zu bieten haben.

Decay: Auf bayrisch hieße er wahrscheinlich der "Schmankerl-Knopf". Mit diesem Poti werden, je nach Mode, die einzelnen, ungewöhnlichen Extras, die Electro Harmonix eingebaut hat, regeln. Bei den 3 und 1 sekündigen Echo Modes ist das ein zustätzlicher Reverb bei den Delays, beim 300 ms Mode Modulation. In der gesamten Multi Tap Sektion lässt sich bei einer Stellung von über 12 Uhr ein sog. Fade In Effekt einstellen, d.h. die Echos werden ab dem ersten Delay lauter statt leiser, also sozusagen umgedreht zum normalen Delay. Unter 12 Uhr bleibt das Delay wie oben beschrieben. Im Reverse Mode lässt sich die Anzahl der reversten Repeats von 1 bis 25 einstellen, wobei ich ehrlich gesagt da noch nicht ganz durchgestiegen bin. Der Loop lässt sich mit dem Decay Poti durch komplettes Zudrehen reversen und durch komplettes aufdrehen wieder richtig rum drehen.

Filter: Mit dem Filter lassen sich Analog- und Tapeecho Sounds simulieren. Je weiter er zugedreht ist, desto dumpfer werden die Delays, je weiter aufgedreht, desto bassloser, ungefähr nach einem kleinen, alten Radio klingend, werden sie. Auf 12 Uhr Stellung ist das Signal unbeeinflusst.

Repeat: Bestimmt die Anzahl der Repeats, bzw. im Loop Mode das Lautstärkeverhältnis zwischen Loop und Overdub.

Delay: Bestimmt die Delaytime, bzw im Loop der Poti, mit dem man pitchen kann.

Hazarai: Wie oben schon erklärt können mit dem Hazarai-Knob die Modes gewählt werden. Außerdem können durch Druck auf den Hazarai-Knob je ein Preset pro Mode gespeichert und geladen werden. Dies gilt nicht für den Loop Mode.
Ist ein Preset geladen, so leuchtet neben der Mode-LED die Preset-LED auf. Speichert man ein Preset ein, so leuchten alle Mode LEDs auf einmal für eine Sekunde auf.


Außerdem gibt es natürlich noch den Status Fusschalter, mit dem der Memory Man an- und ausgeschaltet werden kann und der Tap/Record Fusschalter, mit dem sowohl das Tempo eingetappt werden kann, als auch Loops aufgenommen werden können.
Im 1 sec + Rev Mode (Multi Tap) ist die Tapfunktion nicht vorhanden, da hier ja die Reverse Funktion den Schalter belegt. Zum Status Switch gibt es die rote On / Off LED, zum Tap / Record Switch eine grüne, im Takt blinkende Beat LED.


Sound:

Das Pedal ist ein digitales Delay, das den alten, analogen Memory Man simulieren soll. Das tut es auch. Egal wie es eingestellt wird, wirklich digital klingt es nie. Viel mehr muss man denke ich nicht zum Delayklang sagen, wer auf analogen Sound steht, wird hier sicher fündig werden. Auf schlechte Qualität stößt man hier sowieso nicht.
Der Bypass scheint relativ gut zu sein, ich habe keinen besonderen Lautstärke- oder Höhenverlust feststellen können, wirklich darauf geachtet habe ich aber auch nicht.
Ich möchte nun, ohne besonders über den Klang der Delays sprechen zu wollen, der denke ich sowieso relativ klar sein dürfte, über die Eigenheiten und speziellen Sounds sprechen, die ich dem Gerät bisher entlocken konnte.
Vorher aber noch, um die Sorgen derer zu stillen, die ein schlechtes Digitalmodelling erwarten: Auf Harmony Central hat ein Tester das Modelling dieses Memory Mans als besser empfunden als die der bisherigen digitalen Erinnerungsmännern. Selber kann ich dazu nicht viel sagen, da ich noch nie einen dieser digitalen EHX Teile gespielt habe, aber ich denke, das könnte hinkommen.
Nun aber zu den Versprochenen experimentellen Dingen, die das Pedal bietet:
Eigentlich ist der Hazarai Memory Man nicht nur ein Delay, sondern auch ein Flanger und ein, aufgepasst, Ring Modulator. Einen Chorussound habe ich bisher nicht finden können, was man eigentlich als erstes erwartet hätte.
Im Modulation Mode (300 ms) lässt sich bei zugedrehtem Delay Poti ein dermaßen heftiger Jet Flanger einstellen, dass ich Angst hatte, mir würde der Speaker zerreißen. Das lässt sich einigermaßen sänftigen, aber vor allem im Lead Kanal ist der Effekt immer noch extrem. Klanglich erinnert das ganze, wer hätte es anders erwartet, an die Electric Misstress. Allerdings muss man dazu sagen, hier hört man doch etwas die digitale Kälte heraus, da ich aber Die Misstress an sich schon recht kalt finde, sei EHX das verziehen.
Nun zu dem, was mich am meisten erstaunt hat: Dreht man im Reverse Mode den Blend Knob voll auf und den Delay Knob unter 9 Uhr erhält man einen Ring Modulator! Mit Decy und Delay (wenn man unter 9 bleibt) lässt sich so einiges schräges hervorzaubern. Wirklich eine nette Dreingabe. Aber auch hier muss man aufpassen, dass es nicht zu extrem wird, bei hoher Lautstärke sehe ich auch hier die Speaker gefährdet.
Die restlichen Sounds, die ich bisher aus dem Gerät gekitzelt habe, liegen zwar alle im relativ normalen Bereich eines Delays, sind aber trotzdem teilweise beeindruckend freakig.


Fazit

Wirklich beeindruckend, dieses Pedal. Es ist eine schier unerschöpflich scheinende Quelle neuer und alter Delay Klänge. Wunderbar für experimentierfreudige Musiker, die eine Alternative zu Boss oder Line 6 suchen.
Durch seinen warmen Klang kann es auch mit Recht den Namen "Memory Man" auf seinem Gehäuse tragen, dass es sich um ein digitales Delay handelt hört man wirklich nicht.
Antesten kann ich wirklich empfehlen.

Ob ich das Gerät behalte, weiß ich noch nicht. Das soll jetzt nicht das ganze Review und den Effekt abwerten und in Frage stellen, sondern ich bin mir nur einfach noch nicht sicher, ob ich so viele Features wirklich brauche.
Die Entscheidung wird wohl in den nächsten Wochen fallen, zumindest solange meine Money Back Garantie noch gilt.
Ein weing werde ich wohl auch noch brauchen, um mich wirklich so lange damit zu beschäftigen, dass es dem Teil auch würdig wird. Nach geschätzt mittlerweile 8 Stunden, in denen ich mich ausführlich damit beschäftigt habe, bin ich zwar schon weit gekommen, alles wichtige habe ich aber immer noch nicht entdeckt, wahrscheinlich zumindest. Und ich würde mich wirklich nicht als schwer von Begriff bezeichnen, dieses Gerät ist für mich bisher das komplexeste.
Wer keine Zeit und Lust hat, sich damit auseinanderzusetzen, sollte es lieber sein lassen, denn er wird nicht glücklich werden.

Hier noch ein schönes Demovideo, auch wenn es vielleicht etwas wenig hilfreich ist, ein schönes Filmchen, wie ich meine:
http://www.youtube.com/watch?v=WGObQs7JNr4
 
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hey man!

richtig kuhle review. viel geschrieben aber gut zu lesen.
wollte schon immer mal mehr darüber erfahren. ich spiele mit dem gedanken mir ein deluxe memory man zu kaufen. aber nach der review könnte man sich auch an das blaue etwas da gewöhnen. kannst du mal bitte probieren, ob du auch so einen effek hinbekommst wie das hier:

http://youtube.com/watch?v=fosr3B0p79A Ab 2:00

Dieses äußert spacig klingende Rauschen.. kann man schlecht beschreiben. wenn du das mit dem hazarai auch noch hinbekommst is mir glaub ich klar, dass ich das lieber kaufe.

cheers,
_ max
 
Hi, hab das grad mal ausprobiert. Ich habs nicht hinbekommen, bin muss ich sagen etwas enttäuscht, beim Modelling von analogen Pedalen ist das eigentlich immer möglich, nicht aber beim Hazarai Memory Man.
Vielleicht hab ichs auch einfach nicht geschafft, weil was falsch eingestellt war, aber eigentlich müsste das ja recht einfach sein.
Der Pitch Effekt im Loop ist allerdings dem Effekt, der im Video gezeigt wird sehr ähnlich und man bekommt noch wesentlich krankere Effekte als den, wenn man etwas rumspielt.
 
mhm.. schade.

dann werd ichs wohl aber so machen wie du. vllt. kann ich das ding im session anspielen.. wenn nich bestell ichs mir und spiel drann rum... wenns nich so gut is, kann mans immer noch zurück schicken und den deluxe kaufen..

danke nochmal für die schnelle antwort und die tolle review :)
 
Zur Vollständigkeit des Reviews:
Der Memory Man With Hazarai hat heute im direkten Vergleich mit dem Line6 Echo Park verloren.
Imo ist der Echo Park die praktischere Variante, mit vergleichbar viel Möglichkeiten für Spielereien, die mich vor allem mehr ansprechen. Auf Loop und Ring Mod muss ich jetzt eben verzichten, da tröstet aber das wesentlich kleinere Gehäuse mit einer trotzdem beinahe ebensoguten Tapping Methode und natürlich der Preis.
Außerdem, und das war am Ende ausschlaggebend, im Klang ist der Echo Park flexibler und beim Memory Man habe ich doch etwas die sauberen Digitaldelays vermisst.
Ich denke, die Entscheidung ist Geschmackssache, wie es in diesem Preisniveau auch zu erwarten war.

Nach wie vor: Anspielen lohnt sich auf jeden Fall!
 

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