d'Averc
Mod Emeritus
Allgemeines/Geschichte:
Der Fortress ONE mit P/J-Bestückung wurde als einziges Modell der Baureihe von 1991 bis 1999 durchgängig mit unterschiedlichen aktiven und passiven PU/Elektronik-Kombinationen (jedoch vornehmlich MEC) produziert. Man tut ihm mit der Bezeichnung "Budget-Warwick" unrecht, denn bzgl. der Fertigungsqualität wurde und wird m.e. z.b. ein künftiger Streamer nicht besser be- sondern künftig nur höher gehandelt. Auch die Hölzer sind wohl nicht zwangsläufig unedler. Im Gegenteil. Die gesamte Fortress-Baureihe wurde als einzige durchgängig mit Wengé-Hals gefertigt
1994 stieß der Masterman mit aktivem Twin-J und Elektronik dazu. Über den Flashback, die letzte Modellvariante und eigentlich ein vollkommen eigenständiges Instrument, wird gemunkelt, dass von 1996 bis 1998 nur 600 bis 800 Exemplare gefertigt wurden. Ja, und 2000 war dann Schluss. ´Vette wurde preislich im unteren Preissegment platziert und für Fans der Korpusform gibt es nur noch die Chinesischen Fortress-Abkömmlinge.
Fortress Masterman und Flashback: Gemeinsamkeiten und Verarbeitung:
Von oben nach unten: Der Wengé-Hals unterstützt m.e. den mittigen Sound und ist nicht nur Hauptverantwortlicher für den typischen Growl sondern auch für die oft gerühmten "Sangesqualitäten". Warwick sägt übrigens keine schnöden Schlitze in die (recht wenig gewölbten) Griffbretter, sondern die Nuten folgen dem Radius. Ich mag das Shaping. Schmal und rund. Allerdings habe ich auch selbst fleischige Hände mit schmalen, kurzen Fingern. Neuerdings gibt es (abgesehen von den Widenecks) außerdem ein weniger "fleischiges" Profil. Das ist den Fortresses allerdings erspart geblieben. Warwickhälse sind vom Finish her Natur pur. Für mich sehr griffig. Wer es glatter haben will, kann sie wachsen.
Die Trussrodeinstellung (hinter der Headstock-Plastikplakette - mit breitem Schlitzschraubendreher in die Nut fassen - zugänglich) funktioniert nach über 10 Jahren einwandfrei. Läuft butterweich, wie am ersten Tag. Selbst ultraflache Saitenlagen sind möglich. Spricht ebenfalls für die einwandfreie Abrichtung. Beide besitzen den unkaputtbaren Webster-Messingsattel, der die individuelle Höheneinstellung der einzelnen Saiten durch über die einzelnen Zylinderschrauben zulässt. Selbstverständlich sind beide Instrumente sauber bundiert und bundrein, die Stimmhaltigkeit wird durch die zwar unterschiedlichen aber hochwertigen Mechaniken unterstützt. Nach meiner Erfahrung (und bei mir lümmelten sich schon mehrere Instrumente, auch zu Gast, sogar Gitarren, ´rum) sind Warwick-Hälse, vll.auch bedingt durch das offenporige Finish tendenziell klimaanfälliger. man muss u. U. schon zweimal im Jahr nachjustieren.
Zwar wurde mit optischen Anleihen an den Thumb mit seinem recht kleinem Korpus gearbeitet, jedoch konsequent nach dem Prinzip Form-Follows-Function ein eigenständiges Modell konstruiert. Durch das "Riesenhorn" (welches schon´mal Anlass zotiger Bemerkungen gibt) ist das Instrument für quasi jede Trage- und Spielposition perfekt ausbalanciert. Wechsel aus der Waagerechten bis Upright kein Problem. Ein Fortress sitzt und passt. Die Aufnahmen des Straplock-Systems (Dunlop) sind im Korpus versenkt. Auch den "männlichen" Teilen am Gurt gelegentlich ein Tröpfchen Schmierung für die Kugellagerung und Federchen spendieren. Dann tut das Ganze ewig seinen Dienst. Eher reißen zig (Dichtung-)Gummis oder Gurtpins (aus). Und damit sind wir bei der restlichen Verarbeitung. Enge Passungen (besser wäre gepfuscht), sauberes Finish/Lackierungen. Leichte Vorteile für den Masterman. Der dreistreifige Hals wirkt und fühlt sich an, wie aus einem Guß. Beim Flashback ist, bedingt durch die unterschiedliche Holzschnittrichtung, ein mittiger "Fahrbahnmarkierungsstreifen" fühlbar. Stört allerdings nicht und mag manchen u. U. sogar zur Orientierung dienen. Pedanten mögen sich an den langsam unansehnlichen Pickguardschrauben des Flashbacks stören. Da hätten vernickelte oder silber eloxierte natürlich ´was .
Die Kombination des schmalen Halses mit dem zierlichen Korpus hat irgendwie etwas "Erhabenes". Auch wenn man den Dragstrip nicht nutzt, bietet sich der Hals ellenlang und weit bis in die höchsten Lagen zugänglich an. Wenn sich der Ausdruck "Bassgiraffe" manifestiert: Hier ist das Beispiel.
Fortress Masterman
Warwick Fortress Masterman Specs:
Herkunftsland: Deutschland
Body: "Tiger"ahorn, geflammt, rot satiniert
Hals: Wengé (3-streifig) geschraubt (4fach). natur. Wengégriffbrett mit 24 Jumbo-Bünden, Bronze-Silber-Legierung ("Glockenmessing")
Mensur: Longcale 34". Halsbreite Sattel: 38,5 mm. Stringspacing: 19mm.
Näheres: https://www.musiker-board.de/vb/1713435-post2.html
Brücke: Warwick, 2teilig, gold
Mechaniken: Warwick, geschlossen, gold
PU: MEC 1 Twin-J, aktiv
Elektronik: MEC BEC II, 2-Band aktiv 9V
Bedienfeld: 1x Volume/Balance (stacked Poti), je 1x Bässe/Höhen (stacked Poti)
Gewicht: ca. 4 kg
Preis: 570,00 EUR (2004, Vorführmodell)
Konstruktion und Optik:
Der Masterman ist eine klassische Warwick-Bolt-On-Konstruktion. Die goldene Hardware mag Geschmacksache sein, harmoniert m.E. jedoch sehr schön mit den Farben des Halses und des rot satinierten Ahorn-Korpusses. Dieser ist übrigens sehr pflegeleicht (man sieht keine Fettfinger), kein Wachsen, im Normalfall mit Mikrofasertuch nebelfeucht/trocken abwischen.
Das kombinierte Elektronik-/Batteriefach ist aufgeräumt und werkzeuglos mittels Fingernagel im Schnappverschluss blitzschnell zu öffnen. Das ist auch gut so, denn die MEC-Bauteile sind Gourmands. An Alkalyne-Zellen haben sie länger zu knabbern.
Die typische geteilte 3-D-Brücke ist massiv und lässt sich individuell bezüglich der Saitenlage und persönlichen Präferenzen einstellen.
Handling:
Der Masterman schmiegt sich, auch ohne Bauchmulde, seinem Besitzer förmlich an. Wie auf dem Bild zu sehen ist, besitzt er eine abgeschrägte Korpuskante, die dem Unterarm größere Freiheitsgrade bei (halb)hoher Trageweise und insbes. bei einer "spitzen" Anschlagsposition gibt. Der Twin-J ist im sog. "Sweet-Spot" positioniert und nimmt dort zentral die Schwingung des Instruments ab. Durch die breite Auflagefläche für den Daumen kann man recht brückennah spielen. Halsnah ist - abgesehen von der höherliegenden Seite - kein Ankerpunkt vorhanden. Der Masterman ist ausgesprochen leicht zu handeln und das Gewicht spürt man mit einem guten Gurt kaum. Fertig.
Sound:
Jeder Ton kommt klar und definiert, wobei auch mit Unterstützung des 2-Band-EQs ein breites Klangspektrum von grolligen Tiefen bis funkigen Höhen bedient werden kann (meine Amps fahre ich quasi grundsätzlich mit geboosteten Mittenfrequenzen - Bässe und Höhen recht neutral bis leicht abgesenkt). Der Ahornkorpus unterstützt sowohl den Attack als auch das Sustain und stellt eine m.e. excellente Kompromisslösung bei dieser Gegensatzpaarung in Verbindung mit einem reichen Obertonverhalten dar. Die Balance-Regelung ist sehr wirksam. Obwohl die Spulen direkt nebeneinander liegen, hat man quasi das Gefühl, eine Jazzbass-Konfiguration zu regeln.
Alle Soundbeispiele im Schneidersitz von der Couch in den Mikrofoneingang des Soundchips meines Notebooks. Wer es sich antun will, kann zumindest die Unterschiede heraushören.
Obere spule. Höhen neutral - bässe geboostet
Beide Spulen. Höhen ca. 1/4 ´raus - Bässe 1/4 ´rein
Nur die Brückenspule. Bässe voll geboostet, Höhen neutral
Fortress Flashback
Warwick Fortress Flashback Specs:
Herkunftsland: Deutschland
Body: Esche, lackiert (metalflake) blau, Celluloid-Pickguard "Mother of Pearl"
Hals: Wengé (3-streifig) geschraubt (4fach). natur. Wengégriffbrett mit 24 Jumbo-Bünden, Bronze-Silber-Legierung ("Glockenmessing")
Mensur: Longcale 34". Halsbreite Sattel: 38,5 mm. Stringspacing: 19mm.
Näheres: https://www.musiker-board.de/vb/1713435-post2.html
Brücke: 2TEK, silber
Mechaniken: Hipshot Y-Key ultralite, halboffen, silber
PU: 1 MEC Lipstick (Hals), 1 MEC Twin-Lipstick seriell (Brücke), passiv
Elektronik: MEC, passiv
Bedienfeld: je 1x Volume/Balance/Tone
Gewicht: gut 4,5 kg
Preis: 600,00 EUR (2007, gebraucht)
Konstruktion und Optik:
Der Flashback ist der einzige Fortress (und einer der wenigen Warwicks) mit Eschekorpus. Die sehr aufwändige Mehrschichtlackierung (hat mir zuerst auch nicht sooo gefallen) ist schlagfest und absolut pflegearm. Das Pickguard ist Konstruktionsmerkmal (und im Laufe der Jahre leicht echt vergilbt).
Die PUs sind hängend montiert. Die Störanfälligkeit ist natürlich bauartbedingt gegeben, hält sich jedoch in Grenzen.
Bemerkenswert ist die massige 2TEK-Brücke, die nicht nur das Sustain noch einmal merklich erhöht, sondern auch die einzelnen Saiten "entkoppelt" und noch definierter erklingen lässt. Klasse und schade, dass so etwas nicht mehr gebaut wird.
Auch die Hipshot Y-Key ultralite Mechaniken fügen sich optisch prima in das titanfarbige Gesamtbild mit der Brücke und den Knobs ein. Die halboffene Konstruktion passt m.e. optisch sehr gut. Einstellen lässt sich die Reibung ("Gängigkeit") nicht über den üblichen Kreuzschlitz in den Flügeln, sondern mittels eines Inbusschlüsselchens am anderen Ende der Welle.
Handling:
Die Überraschung: Obwohl die Abmessungen natürlich identisch sind, kommt der Flashback als "Trumm" ´rüber. Schon beim Umhängen am Hals mit einer Hand gepackt macht sich das Mehrgewicht deutlich bemerkbar (nix "leichte Esche"). Die Bespielbarkeit des Halses ist natürlich identisch. Am Gurt zieht jedoch deutlich mehr Gewicht. Wenn man mit dem Masterman Rock´n Roll oder Samba tanzen könnte, möchte ich mit dem Flashback höchstens schwoofen (zum Glück bin ich kein Tänzer). Er besitzt auch keine Korpusabschrägung, sondern der Spielarm ruht, bei wiederum (halb)hoher Tragepostion, auf der (angenehm gerundeten) Korpuskante. Das beeinträchtigt einerseits die Agilität hat aber andererseits etwas Bequemes und erinnert mich ein wenig an altmodische US-Amerikanische Brettkonstruktionen.
Sound:
Auch der Flashback liefert ein breites Soundspektrum. Die Lipsticks (praktisch der Ur-Singlecoil - Kern mit Wicklung) bringen von Haus aus eine saubere Tonabnahme mit. Allein über den Hals PU wird ein recht mächtig schiebender Sound erzeugt, vll. ansatzweise vergleichbar mit einem frühen Precision-Bass. Der Twin-Lippstick am Heck liefert "Biss" und ein helles/heiseres Knurren, vll. ein wenig mit einem Rickenbacker zu vergleichen. Zusammen eine feine Kombination mit einer großen Portion Wärme, die sich zwar durchsetzt, aber nicht aufdringlich/schneidend wirkt. Klingt er überhaupt noch wie ein Warwick? Ja, der Growl ist da. Aber der kommt m.e. (wie schon zu Beginn gesagt) vom Hals. Sonst ist er auch vom Sound her vollkommen eigenständig. Beurteilt selbst, soweit es die Aufnahmequalität zulässt:
Hals- und Brückenspulen. Offene Soundblende. Roundwounds
Brückenspulen. Ca. 1/3 geschlossene Höhenblende. Roundwounds
Halsspule. Soundblende halb geschlossen. Flatwounds
Brückenspulen. Soundblende voll auf. Flatwounds
Fazit:
Beiden Instrumenten gemeinsam sind die saubere Verarbeitung und vielfältige Soundmöglichkeiten. Es ist "nur" die Frage, in welche Richtung es gehen soll. Ich sehe leichte Vorteile beim Attack für den Masterman, der sich auch für modernere Sounds und Slapping anbietet. Der Twin-Jazz-PU ist toll. Dafür geht ihm ein wenig die Wärme ab. Das mag aber auch an der Elektronik liegen.
Der Flashback macht seinem Namen alle Ehre. Ohne konkretes Vorbild bedient er vielseitige aber eher traditionell geprägte Soundvorstellungen. Mit erlesenen Komponenten aber ohne elektronischen "Schnickschnack". Ich glaube, dass es auch für Warwick eine Zielgruppe innerhalb und außerhalb der "normalen" Markenfans gibt, die man mit derartigen Konstruktionen ohne Kopieren von Fender-Designs erschließen könnte.
Appendix:
1. Saitenempfehlungen
Ich bin immer dafür, eher die Stärken eines Instruments zu betonen, statt an tatsächlichen oder eingebildete Schwächen herumzudoktoren. Im Extremfall besitzt man das falsche. I.d.S.:
Der Fortress Masterman zeichnet sich durch brilliantes Klang- und reiches Obertonverhalten aus. Natürlich kann er auch böse grollen, aber dafür braucht er keine speziellen, tiefenlastigen Saiten. Mein Tip wären Warwick Black Label, EMP o.a. mit guten Höhen. Gerne auch Nickel, so weniger "Metall/Draht" gewünscht ist.
Der Fortress Flashback ist "braver". Er mag eher ausgewogene Kost mit Schwerpunkt auf den mittleren Gang. D'addario XL, Elixir Nanos fielen mir dort ein. Ich habe gleich auf Thomastik Jazz FW umgerüstet, da der Flashback ja nun mein "Vintätsch-Bass" ist. Dezent fetter Sound, sahnige Mitten, keine kastrierten Höhen, auch die Obertöne werden noch fein dargestellt. Machen genau das, was ich wollte.
Alles meine persönliche Meinung. Saitenpräferenzen sind Geschmackssache.
2. Lesetip Thread Warwick-Fortress MM und Rockbass-Fortress
3. Der Fortress im Warwick-Museum
- Eigenschaft
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