Hier mein Testbericht vom 906 und 606:
Hallo Forum,
nachdem ich - obwohl selber Gitarrist und Bassist - bisher die E-Gitarren immer mit dem abgenommen habe, was gerade da war oder was der Künstler mitgebracht hat, habe ich nun mal selber in genau dieser Richtung investiert. Bin dabei ziemlich in die Vollen gegangen und habe mir vor einer Woche beim Musikalienhändler meines Vertrauens für EUR 168,- ein Sennheiser e906 gegönnt - Ihr wisst schon, das mit dem Wahlschalter für "normal", "bright" und "soft".
Abends der erste Test zuhause. Bei all meinen bisherigen Tests stand der o.a. Soundwahlschalter in Stellung "normal".
Erstmal vor einen kleinen Übungsamp gehängt, einen Crate mit 15W und 8-Zöller, der aber eigentlich ganz gut klingt, nur nicht besonders füllig. Ich habe das Mikro von oben über den Amp gehängt und habe verschiedene Stellen für die Abnahme ausprobiert. Der "sweet spot" lag dann bei ca. 80/20 in der Nähe der Speakermitte, gaaaanz leicht schräg nach aussen gedreht. Dann ohne weitere Klangregelung am Pult das Mikro auf der PA (eigentlich eine kleine Gesangsanlage) lauter gemacht - wow, toller Sound für den ersten Versuch mit mittelmäßigem Amp und kleiner Gesangsanlage. Alle Frequenzen der Gitarre sind da, es klingt gleichzeitig klar und druckvoll (im Rahmen dessen, was diese kleine PA hergibt). Das Sennheiser 906 überträgt einfach den gesamten relevanten Frequenzbereich und färbt nicht so stark wie andere populäre Gitarrenmikros. Im weiteren Verlauf des Tests spiele ich mit ein paar Cleansounds und einer Menge Crunch und kriege auf Anhieb und kinderleicht gute Ergebnisse hin.
Dann, leicht übermütig geworden, hänge ich das Mikro vor einen kleinen Bassamp, den Warwick BlueCab 20 mit 20W und 10-Zöller. Der ist nicht besonders laut, aber er klingt ganz ordentlich, man vermisst keine Tiefen im Spektrum (wie gesagt: solange man leise spielt, so bis in die Bereiche einer dezenten Jazzband, würde ich sagen - in einer lauten Rockband ist er zwar zu hören, aber dann fehlt es deutlich an Tiefen, wie ich selbst erfahren habe, als ich den Winzling mal dazu missbrauchte). Machen wir es kurz: Wieder auf Anhieb überzeugende Ergebnisse, der Bass klang, wie er klingen musste (und konnte) auf der Gesangsanlage, und das ganze ohne Rumschrauben am EQ!
Feedback war in der ganzen Zeit absolut kein Thema, und das, obwohl die eine Box der PA recht nah bei dem Mikro war und ich durchaus Schub gegeben habe. Das macht natürlich neugierig auf mehr.
Am Samstag dann Beschallung einer sechsköpfigen Cover-Rockband bei einem Bikerfest. Es war brutal heiss, aber das nur am Rande. Wichtiger war da schon, dass die Bühne für sechs Leute echt winzig war. Die Band hat zwei Gitarristen, einer wollte unbedingt, dass ich seinen Marshall per Recording-Out abnehme. Na gut, kriegt halt der andere das Sennheiser. Der postierte seine 4*12er dann zwischen der Front-PA und dem Schlagzeug, jeweils 50 bis 70cm Abstand zu beidem - erwähnte ich bereits, dass die Bühne sch... eng war?
Soundcheck: Bei dieser Box kannte ich den "sweet spot" noch nicht, und lange experimentieren war nicht an dem Tag, also einfach auf die vermutete Stelle gehalten, die bei ca. 70/30 zur Mitte des Speakers hin liegt. Dann rüber zum Pult spaziert, eingepegelt, den Regler hochgeschoben - mal wieder wow! Alles da, alles klingt, nichts nervt am Sound. Genau so würde ich in einem Trio für Rock oder Blues die Gitarre klingen lassen wollen! Erst später, als die anderen Instrumente dazukommen, forme ich den Sound dieser Gitarre ein wenig. Aber das ist kinderleicht, da man nicht gegen das Mikro "anmischen" muss, sondern man bekommt alles geboten, was die Gitarre und der Amp an Frequenzen so anzubieten haben und wählt einfach aus, was man bedämpft (um im Mix Platz für die anderen Instrumente zu machen) oder was man anhebt (um die Gitarre hervorzuheben).
Ich habe ja schon beschrieben, dass ich das Mikro in äusserst geringem Abstand hinter der Main PA stehen hatte. Ich habe eigentlich erwartet, dass ich mir für diese organisatorische Sünde Feedbacks im tiefmittigen Bereich einhandle. Aber nichts dergleichen. Zu keinem Zeitpunkt. Nichtmal ansatzweise. Habe ich bereits erwähnt, dass ich begeistert bin?
Ich habe mir später zuhause die Aufnahmen von dem Gig angehört - die Gitarrenspur klingt einfach gut, und (was fast noch wichtiger ist) ich habe dieses Ergebnis innerhalb von drei Minuten erzielt, inclusive Aufbau des Mikrofons und des Stativs! Also gute Ergebnise in kurzer Zeit und ohne Mühe und (mit diesem Mikro) fast ohen Erfahrung! Die Abnahme der anderen Gitarre über den Recording Out dagegen kommt auf dem Multitracker flach und leblos und etwas steril herüber, wenn man es direkt miteinander vergleicht. Auch das Übersprechen vom Schlagzeug ist okay. Wenn man die ungünstige Postierung auf der Bühne bedenkt, sogar richtig gut!
Fazit und Ausblick: Das Sennheiser e906 hat mich auf Anhieb überzeugt! Die Ergebnisse an der Gitarre und am Bass waren absolut überzeugend, und das ohne Geschraube am Pult! Selbst unerfahrene Mischer können damit innerhalb von Minuten einen guten Sound bekommen. Feedback war zu keinem Zeitpunkt ein Thema, und das, obwohl ich das Mikro unter denkbar ungünstigen Verhältnissen eingesetzt habe! Ermutigt durch diese Ergebnisse, habe ich mir ein Sennheiser e606 bestellt - dasselbe Mikro, nur ohne den Soundwahlschalter. Da ich bisher aber alle Tests in Stellung "normal" gemacht habe, bekomme ich für gerade mal 105,- EUR den Sound, der sich so bewährt hat. Am 28. und 29. Juli bin ich mit den beiden Mikros dann bei drei verschiedenen Bands unterwegs und werde berichten! Ich bin schonmal gespannt!
Viele Grüße
Jo
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Hier ein erster Kurztest des e606 im Vergleich zum e906:
Sieht ähnlich aus, klingt aber anders! Das 606 ist ebenfalls ein gut klingendes Mikrofon, das ich für einen Kurztest vor den Gitarrenamp gehängt habe. Ganz gob betrachtet, klingen die beiden Mikros vergleichbar. Im Direktvergleich der beiden Kontrahenten werden Unterschiede deutlich:
- das 606 ist leiser als das 906
- das 606 klingt in den Tiefen nicht so kräftig wie das 906
- in den Höhen klingt das 606 nicht so fein wie das 906
Die Datenblätter und Frequenzschriebe der beiden Mikros machen den Unterschied dann auch klar:
- die Empfindlichkeit des 906 liegt über 50% über der des 606 (na gut, muss man halt den Input Gain für das 606 um knappe 2dB lauter stellen)
- der Abfall zu den Tiefen hin erfolgt beim 606 steiler
- der Abfall in den Höhen erfolgt beim 606 früher
- der Peak zwischen 4 und 5 kHz ist beim 606 wesentlich deutlicher ausgeprägt als beim 906
Diese Daten erklären näherungsweise den ausgewogeneren, "ruhigeren" und ausgeglicheneren Sound des 906 im Vergleich zum 606, welches etwas mittiger und grober herüberkommt. Wobei, wie gesagt, auch das 606 ein gut klingendes Mikro für die Abnahme eines Gitarrenamps ist. Aber das 906 gefällt mir noch besser. In wilderen Musikrichtungen werde ich das 606 nochmal rausholen. Aber erstmal wird noch ein 906 gekauft!
Viele Grüße
Jo