Hi,
Dr. Böhm Orgeln stammen zumeist aus den 70er und 80er Jahren. Dr. Böhm selbst hat sich Anfang der 80er Jahre aus dem Unternehmen zurückgezogen, danach nannete sich das Unternehmen nur noch "Böhm". Es ging konkurs und später wurde die heutige "Böhm International AG" gegründet. Diese hat vor einigen Tagen Insolvenz angemeldet.
Nunja, der Orgelmarkt ist klein. Kaum einer will heute noch Orgel spielen - leider. Die großen Orgel-Flaggschiffe (oder Schlachtschiffe) von heute, wie die "Emporio 600" von Böhm kann man auch kaum bezahlen. Den genauen Preis weiß ich nicht, aber ich habe was von rund 50.000 Euro gehört (?).
Aber das war ja nicht die Frage.
Bei den ebay-Orgeln muß man aufpassen, daß man keine kaputte Orgel bekommt. Die lassen sich zwar in der Regel reparieren, wenn man mit Meßgerät und Lötkolben umgehen kann, denn es ist meist recht einfache Analogtechnik, aber wer das nicht kann und will, der sollte dann von Orgeln die als "defekt", "leicht defekt" oder so verkauft werden, die Finger lassen.
Im Angebot sind meist zwei Typen: die nT-Serie oder die DS-Serie.
Bei der nT-Serie gab es: BnT (einmaualig), CnT (zweimanualig), DnT (zweimanualig), FnT (dreimanualig), GnT (viermanualig). Eine Übersicht findet man im Netz unter:
http://www.paradiesportal.de/dr_boehm_nt-reihe.40.html
Man muß schon etwas aufpassen, was man für ein Modell kauft. Die Bezeichnung reicht nicht aus! Es waren Bausatzorgeln, die die Leute selbst zusammengelötet und zusammengebaut haben. Da ist fast jede anders ausgestattet! Auf den Bildern bei ebay sieht man meist mehr oder auch weniger verschiedene weiße Knöpfe. Wenn man sich etwas auskennt, sieht man daran schon auf den ersten Blick in etwa den Ausbauzustand. Genaueres kann aber nur ein Blick ins Innere verraten. Also: vorher am besten angucken. Sieht man da einen wirren Drahtverhau, dann sicherheitshalber: Finger weg. Es sei denn man ist wirklich ein guter Bastler!
Bei den DS-Modellen (TopSound, StarSound etc.) ist es nicht ganz so kritisch. Das waren auch Selbstbauorgeln, aber manches war schon digital gelöst, wie etwa die Tastaturabfrage, so daß die Verharfung nicht mehr wie bei den nT-Modellen aus HF-Litze bestand, sondern aus einem bzw. mehreren ICs und und wenigen Kabeln.
Diese Orgeln sind meist ähnlich ausgebaut. Vieles war Standard, aber man konnte auch einiges zusätzliche einbauen. Am besten also auch: vor dem Kauf reingucken!
Die Böhm-Orgeln haben alle einen typischen Klang. Die alten nT-Modelle hatten als Basis einen Sägezahngenerator, was einen recht aggressiven Klang bedeutet; die DS-Modell haben einen Rechteckgenerator.
Der Sinus klingt auch sehr speziell, was an der Art der Filterung liegt. Es ist kein "Hammond-Sound".
Bei den nT-Modellen hat man immer Rest an Obertönen drin, was hier typisch klingt. Es gibt auch Modelle mit einem Sinus-Generator. Von außen erkennbar an einem Schalter mit der Bezeichnung "Sinus". Aber Vorsicht!. Wenn der Schalter da ist, bedeutet das nicht, daß auch der Generator drin ist. Also ausprobieren und auf Klangänderungen achten oder in die Orgel gucken. Der Sinusgerator fällt sofort auf: eine riesige Platine mit 12 darauf steckenden Platinen.
Bei der DS-Serie ist der Sinus auch nicht sauber. Auch das liegt an der Filterung aus Rechtecksignalen durch einfache RC-Glieder. Hier gab es auch einen Zusatz: "aktive Sinusfilterung". Das erkennt man von außen gar nicht. Wenn man die Orgel aufmacht stecken auf dem Orgelcomputer 12 Platinen zur Sinusfilterung. Das fällt sofort ins Auge.
Wenn man bei der nT oder DS diese Filterung drin hat, dann hat man eine Sinus der nicht sauberer sein kann! Aber das bedeutet auch wieder einen besonderen Klang - eben nicht "Hammond-Sound", da eine Hammond keinen reinen Sinus erzeugt.
Die meisten Orgeln haben ein Schlagzeug ("Klopfgeist"). In den nT Orgel ist dies oft ein guter "Böhmat". Die DS sind meist mit einer abgespeckten Version ausgestattet.
Hat die Orgel die "DigiDrums", dann hat sie ein super Schlagzeug drin: 32 Rhythmen in je 5 Variationen.
Hat die Orgel gar "Chopin" drin, dann nix wie kaufen! Das ist ein Arpeggiator mit 49 verschiedenen Mustern und ein Akkordautomat ebenfalls mit 49 Mustern. Zudem gibt's eine Funktion, die je nach gespieltem Akkord auf dem UM, den OM-Tönen einen Akkord im OM hinzufügt....
Ich würde sagen:
Wenn die Orgel keine defekte hat, klingt sie gut. Wenn die Orgel komplett mit allen Zusätzen ausgebaut ist, hat man ein Instrument mit riesigen Möglichkeiten.
Man muß es aber auch mögen. Es ist klar, daß man mit der analogen Technik nicht so getreue Nachbildungen erzeugen konnte wie heute mit der modernen Samplingtechnik. Ich würde das eher als einen "typischen 80er Jahre Sound" bezeichnen. Aber heute sind ja teilweise die 80er "in". Man muß sich nur die vielen Coverversionen von 80er-Jahre Songs etc. angucken....
So, jetzt habe ich genug geschwafelt.
Gute Infos - insbesondere wenn die Orgel mal "spinnt", oder sie "kaputt" ist, - gibts unter der Rubrik "Dr. Böhm" im Forum:
http://www.analogorgel.de/orgel/ Speziell für nT-Modelle der Thread:
http://www.analogorgel.de/orgel/viewtopic.php?t=100. Speziell für DS-Modelle der Thread:
http://www.analogorgel.de/orgel/viewtopic.php?t=416.
Achja, nochwas: ein Tipp: Einfach mal eine Böhm ausprobieren und sich vom Klang begeistern lassen...