Kurzweil SP-76

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Liebe Festgemeinde,
über meine Person habt Ihr ja beim Roland RD-150 schon gelesen. Auch jetzt bin ich noch sehr zufrieden mit dem Instrument, nur hatte ich schon länger den Wunsch, noch ein paar zusätzliche Sounds zu haben. Außerdem wurde die letzte Zeit mein Verlangen nach was kleinem und leichten immer stärker. Einerseits um nicht immer dieses Riesen-Getue zu haben, wenn 70kg Equipment 3 Treppen hoch und runter müssen, um meinen Rücken zu schonen und um die Abdeckung meines Rhodes Mark I nicht kaputt zu machen. Das Roland wär zwar eine schöne Ergänzung da oben drauf, aber viel zu schwer.
Das Prinzip war schnell klar: 76 Tasten, 10-15kg, was natürlich Hammermechanik (außer beim RD-300SX) ausschließt. Eigentlich war angedacht ein Masterkey (Roland A-37 oder CME UF-7) plus Expander (MicroPiano, JV1010, XV2020), bis mir das Kurzweil SP-76 gebraucht angeboten wurde. Aus Preisgründen und der Robustheit hab ich diese Lösung jetzt vorgezogen - und entsprechend werde ich das SP-76 jetzt bewerten, nämlich mehr oder weniger als Masterkey, das nicht viel können muss, weil ich nicht viel brauch, und das zufällig schon ein MicroPiano eingebaut hat :D

Also los gehts.
1.) Klang
a) Akustikpiano: befriedigend bis gut. Schon etwas in die Jahre gekommen, nicht ausgesprochen realistisch, sondern eher auf Zusammenspiel, Durchsetzungskraft und wohl auch knappen Speicherplatz getrimmt. Wie auch immer, das Ergebnis kann sich mit dem Einsatzzweck im Hinterkopf durchaus hören lassen - klassische Pianisten suchen natürlich besser doch nochmal woanders. Anstatt dass man wie beim Roland für die Pianoklänge verschiedene Stimmungen wählen kann, gibt es unterschiedlich gestimmte fertige Sounds. Vom Flügelklang liegen verschiedene Variationen vor, Grand Piano (mit 2 Stimmungen), Stage Piano (ebenfalls 2 Stimmungen), Bright Piano, Sustain Piano und Tack Piano (Honky Tonk), außerdem zwei Layersounds Piano & Strings. Hier gibt es wieder zwei fertige Sounds, anstatt selbst Layer erstellen zu können.

b) Vintage: ausreichend (Orgeln), befriedigend (E.-Grand) bis gut (E.Pianos). Die E-Pianos sind alle keine gesampelten Rhodes, sondern FM-Sounds von DX-7 oder D-50 und Konsorten, namentlich Classic E.P., Dyno E.P., Hard Dyno E.P., Tremolo Digital E.P., Stereo Hard E.P.und Digital E.P., außerdem Digital E.P. und String Pad als Layer. Dadurch sind sie natürlich etwas in die Jahre gekommen, klingen aber durchaus ganz gut. Ich hab, wie ich ja weiter oben auch geschrieben habe, mit dem E-Piano meines RD-150 auch einige positive Überraschungen erlebt. Vielleicht passiert das mit dem Kurzen auch...
Es gibt außerdem verschiedene Electric Grand Sounds, Tight E.G., Bright E.G., Warm E.G., Digital E.G., die alle ganz gut klingen, aber nicht unbedingt wie ein CP80, vor allem der charakteristische Bass fehlt. Wenn sie ein Kawai gesampelt haben, hab ich natürlich nix gesagt :D
Desweiteren vorhanden sind sechs Orgelsounds, 2x Rock Organ, 2x Ballad Organ, einmal Percussion Organ und einmal Organ & Piano. Geht schon mal, muss aber wirklich nicht sein, denn übertrieben nach Orgel klingt das nicht.
Clavinet und Wurlitzer gibts leider nicht. Schade.

c) Sonstige Sounds: befriedigend. Zweimal Fast Strings, einmal Touch Strings, Stereo Slow Strings und zwei Pads. Kann man durchaus verwenden, reißt aber wahrscheinlich keinen total vom Hocker.

Insgesamt erhält man hier etwas angestaubte, aber dennoch gut klingende Sounds, die natürlich wieder eine andere Handschrift als Sounds von Yamaha oder Roland haben. Grundsätzlich ist mir aufgefallen, dass die Werkseinstellungen von sowohl Hall als auch Anschlagsdynamik totaler Schmarrn sind. Man bekommt kein FF raus und hat viel zu viel Hall auf allen Sounds. Das sollte man unbedingt noch ändern...

2. Tastatur: sehr gut. Hier kann das SP-76 wirklich voll punkten. Natürlich ist keine Hammermechanik drin, aber die Tasten fühlen sich dennoch hochwertig an und sind ausreichend straff. Selbst ich als verwöhnter Ex-Klassiker, der 16 Jahre seines Lebens auf verschiedensten Klavieren und Flügeln gespielt hat, spiel darauf gerne. Exakt geführt und nicht so wackelig - das war also neben dem Metallgehäuse der Hauptgrund, warum ich mich fürs SP-76 entschieden hab.

3. Technisches
a) Effekte: Es gibt 8 verschiedene Effektprogramme, die dann in ihrer Intensität verstellt werden können. In Prinzip gibts Hall und Chorus, sowie eine Kombination aus Hall und Echo, mit dem vielsagenden Namen "Deep Space". Alle hab ich nicht durchprobiert, die die ich bis jetzt gehört hab, klingen aber ganz gut. Grundsätzlich bin ich allerdings mit Effekten relativ sparsam...
Pitchbend und Mod sind als Ribbons vorhanden, allerdings reagieren die internen Sounds nicht drauf. Naja, dafür ist man froh drüber, wenn ein Expander dran hängt.
b) Soundschrauberei: An den Sounds gibts nicht viel zu schrauben. Ist ja auch ein Stagepiano.
c) Veränderung der Einstellungen ist nicht schwer, die Bedienlogik ist halt etwas anders als bei Roland oder Hammond-Suzuki.
d) MIDI: Was ich ganz fein finde, ist die aufgeklebte Liste von MIDI-Steuerungsbefehlen. Sonst ists relativ einfach gehalten, zwei Zonen, mehr nicht. Dafür einige Controlleranschlüsse, selbst wenn die internen Sounds mal wieder nicht drauf reagieren. Dafür sind sie immerhin da. Genauer konnte ich mich damit noch nicht beschäftigen, da ich keinen Expander habe. Bei Fragen kann ichs aber gerne mittels Handbuch Auskunft geben.
e) Sonstiges: Netzteil ist extern. Brauchts das?

4. Was es sonst noch zu sagen gibt.
Großer Vorteil und mit kaufentscheidend war die Bauweise. Rundum alles Metall, bis auf die Kunstoff-Seitenteile. Das war mir dann doch lieber als das A-37 komplett aus Kunststoff, oder das CME, wo man schlimme Sachen vom Boden hört. Dafür ist das Kurze etwas schwerer, jedoch sind 12,5kg schon in Ordnung.
Optisch gefällt es mir gut. Ein violettes Keyboard, auf dem auch noch Kurzweil steht, hat nicht jeder, auch die Verarbeitung scheint in Ordnung zu sein. Notenhalter gibts keinen, aber mal ehrlich, wer will denn den Schrott, den die meisten da mitliefern? Da ist Kurzweil wenigstens ehrlich...

5. Fazit:
Bühnentauglichkeit 100%, daran sollte eigentlich so schnell nichts kaputt gehen. Außerdem ist die Transportierbarkeit perfekt. Wie schon oben angesprochen, 12,5kg sind zwar schwerer als die Masterkeys, dafür scheint es robuster zu sein. Das Gehäuse ist erfreulich kompakt - um ein Haar hätte es sogar ins Case für meine Hammond XB-2 gepasst. Die Sounds sind so eine Sache...entweder man mag sie, oder man mag sie nicht. Mit den Pianos kann man sich aber auf jeden Fall noch sehen lassen, beim Rest kommts drauf an.
Wohnzimmertauglichkeit ist Ansichtssache. Boxen sind keine eingebaut, aber so ein kleines lila Ding macht sich sicher ganz gut. Hässlich ist es auf keinen Fall, mir gefällts gut. Holzfurnierfreaks sollten aber vielleicht woanders suchen...

Wie soll man dieses kleine Piano jetzt bewerten?
Für mich wars mehr oder weniger der goldene Schnitt. Ich wollte was kleines und leichtes, von daher war Hammermechanik natürlich draußen und 76 Tasten der beste Kompromiss. Gleichzeitig sollte es robust sein und nicht die Welt kosten.
Hier hab ich etwas weniger als für ein A-37 gezahlt und schon Sounds integriert, bzw. einen ähnlichen Betrag wie für das CME UF-7 und ein MicroPiano hingelegt. Das SP-76 ist robust, vielleicht robuster als die anderen zwei. und die internen Sounds sind zumindest für den Anfang absolut in Ordnung. Um einen kleinen Expander zu verwalten, sollten die MIDI-Möglichkeiten auch ausreichen, also hat es den Zuschlag bekommen.
Sicherlich ist das SP-76 nicht mehr die absolute Sternstunde des Tasteninstrumentenbaus, erschien mir aber für meine Anforderungen die beste Lösung. Ja und natürlich hat die Optik auch mitgespielt, ich gebs ja zu, auch wenn das CME in rot-metallic und das Roland in silber auch ganz schick sind. Purple rulez.

Für einen 100er mehr wären zwar Yamaha S03 oder Roland Juno-D mit vermutlich frischeren Sounds drin gewesen, jedoch mit Synthitasten und nur deren 61. Für Synths, Pads und Clavinet etc. ist das egal, aber fürs Akustikpiano hab ich doch ganz gerne etwas mehr Spielraum. Für das gesparte Geld werd ich mir eine Tasche und ein Case kaufen :D

Nachtrag: Nach einer kurzen Tastendrück-Session hab ich Hall weggeschnitten und am Chorus gedreht - und ich muss sagen, die alten DX-Sounds machen sich gut.
 
Eigenschaft
 
Verehrte Tastenakrobaten!

Mein Kurzweil hat seinen ersten richtigen Gig hinter sich!
Der allererste zählt nicht, denn da kam schon beim Gitarre stimmen der Satz "O, des is aba laut". Nach so einer Flüsteraktion den Klang zu beurteilen wäre ungerecht.
Nun ja, diesmal also mit richtiger Band (Jazzquintett mit Sängerin, Repertoire Standards bis Bebop) und richtiger PA - der Bühnensound kam über ein paar alte 15"er ElectroVoice Monitore und eine 15/3er EV direkt hinterm Schlagzeuger (die haben meistens Rockkonzerte :D), und wir hatten vernünftige Bühnenlautstärke. Das SP-76 ging einfach über DI und Stagebox ins Pult.

Also der erste positive Eindruck schon mal beim Aufbauen: Ich brauch nur einmal gehen! Yippi! Kurzweil im 1. Rockbag, Eisenwaren im 2. Rockbag, Noten vor Ort. Das Set steht nach 5 Min ohne Hilfe... So müsste das immer sein, mein geliebtes Fender Rhodes! Ha! :twisted:

Dann:
Soundcheck. Hui! Klingt ja doch nach Klavier. Nur das externe Netzteil mit dem dünnen Draht macht mir Sorgen. Wenn da wer drauftritt...:eek:

Gig:
Der Pianosound hat ein Riesenproblem, nämlich das Sustain. Schon ganz kurz, nachdem man die Töne angeschlagen hat, sind sie schon wieder weg. Der "Sustain Piano"-Patch macht das ein wenig besser, aber gut ist das noch lange nicht. Schlecht, wenn die Sängerin ein Faible für langsame Stücke hat und einfach kein Sound da ist.

Sonst nur ein kleiner Kritikpunkt: Das piano- oder pianissimo-Sample matscht ein wenig.
Sobald man aber etwas stärker anschlägt, macht der Klang auf und ich beginne zu verstehen, warum viele immer noch auf die Kurzweil-Samples schwören:
Der Klang ist präsent, ohne jedoch aggressiv zu knallen, lässt den anderen Instrumenten noch etwas Luft, ohne total nach Plastik zu klingen - mir gefällts. Bei den Soli fällt auf, dass die obersten Töne etwas dünn klingen, sonst bin ich zufrieden, habe meinen Spaß, spiele mir den &%$§ ab und baue zum Schluss zufrieden in 5 Min. wieder ab und trag den ganzen Kram ganz allein zum Auto :cool:

Noch ein Wort zur Tastatur: Ich hab ja oben schon über meine musikalische Karriere geschrieben, habe die (Proben-)Woche vor dem Gig sogar noch an einem netten Steinway verbracht und lasse natürlich überhaupt nichts über eine gute Hammermechanik kommen...
...aber...
ich komme mit den halbgewichteten Tasten ganz gut zurecht. Natürlich kann man sich nicht "in die Tasten fallen lassen" und das Ganze fühlt sich für "alte" (haha) Pianisten auch etwas "gummiartig" an - die Dynamikkontrolle geht aber in Ordnung. Man hat da sicher kein MP-8 vor sich, aber man muss eben auch nur gut ein Drittel schleppen.

Also wie gesagt, ich war mit einer Einschränkung (Sustain) ganz zufrieden, ziehe dennoch für Gigs, bei denen ich den Aufwand betreiben kann / will mein Roland vor. Hammermechanik ist Hammermechanik. Und Sustain hat das RD-150 zwar auch zu wenig, aber immer noch mehr als das Kurzweil.

Und nun wünsche ich eine gute Nacht.
 

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