zum Beispiel der Snare-Teppich.
In den ursprünglichen Cajones aus Peru gab es keinen eingebauten Snare-Effekt. Der Schnarr- oder Scheppersound ergab sich mehr oder weniger aus der Schraub-Justierung einer vergleichsweise spröden Schlagplatte (evt. vergleichbar mit einem Sizzle-Effekt bei Becken mit Nieten in Ausbohrungen).
Was heute den Diskussionsrahmen ein wenig verengt ist der dominante Wunsch nach dem schlagzeug-imitierenden Sound. Dadurch wird das Cajon zu einem Ersatz für etwas und Beurteilungen des Sounds und seiner Qualität sind nicht in erster Linie aus musikalischer Offenheit heraus motiviert.
Da hilft mir die Anfertigung eines Cajons auch nicht beim Custombauer. Er kann mir sicherlich auf meine Größe passende Box bauen, aber das hilft mir als Anfänger ohne klangliches Verständnis doch nicht?
Seit ca. anderthalb Jahren leite ich einen offenen Drum-Circle mit Jugendlichen, die jeweils einige Monate in einer Arbeits- bzw. Berufsförderungsmaßnahme verbringen. Außer Congas, Surdos und einer größeren Menge an sog. Kleinpercussion haben sich nach und nach Cajones "ins Sortiment geschlichen" teilweise welche, die im Rahmen eines Projekts selbst gebaut wurden und auch Prototypen, die ich mitgebracht habe. Dabei handelt es sich im Grunde um diverse, von Holz umgebene Hohl-Volumina, deren Formen auf Vorstellungen bzgl. bequemer Spielbarkeit zurückgehen. Einige klingen punchy, andere ein wenig hohl, bei einem gibt es ab einer gewissen Schlaghärte Surr-Geräusche (die, weil sie auf Schlampigkeit beim Bauen beruhen, als ärgerlich wahrgenommen werden), bei einem anderen hat jemand aus Versehen die Füße auf die Schlagplatte geklebt usw. usw. Wenn wir miteinander trommeln, benutze ich seit einiger Zeit ein conga-ähnliches Cajon mit großem Volumen, mit dem ich den richtigen Congas inzwischen den Status-Rang abgelaufen habe, da sich außer per Surdo mit nichts anderem ein derart fundamentaler Bass erzeugen lässt. Einzig die sog. offenen Töne sind nicht konkurrenzfähig, aber Kantensounds und Slaps sind extrem "farbig" und setzen sich gut durch. Kürzlich wurde deshalb kollektiv der Wunsch nach solchen Cajones für jeden Teilnehmer geäußert.
Warum ich das erzähle: die Kids haben begriffen, dass in einem musikalischen Kontext jedes "Ding-Dang-Dum-Bam-Klirr" grandios zur Geltung kommen kann. Und sie entwickeln ein Gefühl für den individuellen Gegenstand, den man ggf. auf bestimmte (z. B. zurückhaltende) Weise behandeln muss, damit seine Eigenschaften als Wohlklang wahrnehmbar werden. Was ihnen auf das konkrete Beispiel bezogen noch nicht sooo klar ist (
), ist der Umstand, dass man für die guten Kantensounds erstmal durch diverse Schmerzen muss (und zwar regelmäßig bis im Hirn die De-Sensibilisierung greift). Es klingt halt weniger das Cajon als vielmehr der Mensch (der sich mittels Bewusstsein und Üben zum Musiker entwickeln kann).
Ich finde, dass man sich all das für den Kontext der Cajon-Wahl zunächst bewusst machen sollte am Ende hoffentlich das Begreifen des Cajons als Idee von Freiheit und nicht als Markenartikel. Irgendwann sitzt man dann vielleicht tatsächlich auf der edelfurnierten Traum-Kiste, die klanglich nichts zu wünschen übrig lässt, und ist bereit, den Preis zu zahlen. Meine Erfahrung ist allerdings so, dass ich zwar jedes Cajon als Einzelstück angehe, aber strikt vermeide, Musikern anzubieten, ihren Vorstellungen gemäß zu bauen. Selbstverständlich diskutiere ich gerne mit ihnen und nehme Anregungen als Inspiration mit in die Werkstatt, aber in der konkreten Umsetzung entstehen/entstanden bei mir stets Widerstände gegen alles, was beispielsweise die Ganzheitlichkeit eines Instruments auflöst.
Allerdings habe ich auch nichts dagegen, wenn jemand nun mal das Geld hat um sich ein teuere Instrument zu kaufen, obwohl er nicht so gut ist, wie sein Gegenüber.
Ich sammle tolle Instrumente und bin oft gerne bereit, sorgfältige Arbeit, inspirierende Philosophie und Konsequenz der Umsetzung preislich zu honorieren. Es gibt den psychologischen Effekt, dass wir dem, wofür wir viel gezahlt haben, mehr Respekt entgegenzubringen geneigt sind, als dem, was wir billig bekommen können. Letztlich geht es aber um das Gefühl für Werte und ihre Aneignung. Irgendwie habe ich dabei ein grundsätzliches Bedürfnis nach Sachgemäßheit, was die Bedingungen der Herstellung inklusive der Situation des betreffenden Herstellers einschließt. Daraus ergibt sich für mich: Musiker, die mir gefallen, kriegen meine Kisten so gut wie geschenkt, und bei jemandem, dem ich sein Status-Denken deutlich ansehe, ärgert es mich, wenn er gleich mit irgendeinem Preislimit (z. B. im mittleren Markt-Segment) ankommt, das er sich aufgrund einer Beiträge-Auswertung in Internet-Foren abgeleitet hat
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Grüße
olliB.
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Bisher war es so, dass Leute, die eine Cajon von mir maßgefertigt haben wollten zuerst einmal auf den stets vorhandenen "Probekisten" klopften, wobei sich diese baulich, optisch und klanglich mitunter stark unterscheiden, um ein breites Spektrum vorliegen zu haben, mit dem man arbeiten kann.
Zudem sehe ich ja beim Testen der Probekisten auch schon, wie der jeweilige Kunde in punkto Cajon unterwegs ist, und
Mit Deiner Seite suggerierst Du aber, dass es auch via Fernkontakt zum Wunsch-Cajon kommen kann.
um daraus eine gut klingende Kiste zu bauen.
"Gut klingend" will ich nicht bestreiten. Aber ich glaube, dass durch die Synthetisierung von eingeholten Kundenwünschen nicht unbedingt das Cajon entsteht, was sich der Kunde aussuchen würde, wenn Du ihm erneut die Wahl zwischen einem Sortiment von sagen wir 20 verschiedenen Kisten ähnlicher Qualität ließest. Selbstverständlich wird immer eine besondere Beziehung zu dem Gegenstand bestehen, den der Meister "für einen persönlich" geschaffen hat. Es steigt auch die Bereitschaft, sich auf genau dieses Instrument einzulassen und Kritik ggf. zurückzustellen aber gerade Anfänger (wie z. B. Drummerle) würden sich aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen vielleicht bei jedem Test anders entscheiden.
mein erster Tipp an Drummerle der, sich auf möglichst viele Kisten zu setzen und sie zu spielen, da auch ich der Meinung bin, dass man so am ehesten herausfinden kann, was einem gefällt und was eben nicht.
Weil ich davon ausgehe, dass Du Deine Tipps nicht nur deshalb abgibst, um in dem Zusammenhang für Deine Produkte zu werben, interessiert mich halt, wie es beispielsweise weitergehen würde, wenn sich bei Dir dann jemand mit der Wahrnehmung meldete, dass ihm beim Ladentest eines von zwei Exemplaren des Modells Mario Cortes von LP am meisten zugesagt habe. Nicht das teurere Kevin Richard Signature (bei dem sei sowieso ein unschönes Saitensingen zu hören gewesen), sondern das günstigere wobei 210 Euros eigentlich schon den Rahmen des ursprünglich vorgesehenen Budgets sprengen würden.
Grüße
olliB.