Live-Band PA versus „Disco“ PA

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Im letzten Jahr hat sich nach meiner Erfahrung sehr viel an die Anforderungen an PA's je nach Einsatzzweck - also Band oder DJ geändert. Ist man, so die sehr häufig zulesende und zu hörende Meinung bisher davon ausgegangen, dass eine PA für eine Live Band leistungsfähiger sein sollte, als eine PA für Musik von Platte/CD/Notebook, so sehe ich heute immer mehr die Anforderungen genau umgekehrt.
Als DJ habe über das letzte Jahr gesehen immer mehr (Stück für Stück) PA Pegel Probleme erlebt.
Da ich häufiger in der Kombination Band und DJ auftrete, habe ich oft den direkten Vergleich.
Reicht die PA (über alle Marken und Größen hinweg) für die Band (Cover Rock & Pop) alle mal aus, so ist man bei "Disco" ganz schnell am Ende. Die Dimensionierung der PA passte eigentlich immer an die bekannten und typischen Band Rider Anforderungen und Hallen (300 Pax bis 2500 Pax). Nur all zu häufig haben der Band Toni und ich dann bei "Disco-Mucke" Gebete an den "Lautstärken Gott" gesendet - "Herr gib uns Pegel".
Dieses habe ich eigentlich bei allen "typischen" Rider PA's (TWA, K&F, Mackie, KME; Fohhn, AZ u.v.m.) erlebt.

An Fasching diese Jahr wurde es immer mehr deutlich..
Band PA - ausgelegt für ca. 800 Pax - Saal für max. 600 Pax - super Sound - sehr guter Band Pegel - ca. noch 40% Headroom nach oben - ca. 500 pax im Saal. DJ übernimmt nahtlos von der Band. Nach kurzer Zeit kommt der Song: "Was geht ab (Atzen)" - ca. 350 -400 Pax auf der Tanzfläche vor der Bühne. Es fehlen plötzlich gefühlte 15db Pegel!!!
Erst der Toni - Regler werden raufgezogen - dann wilde Handzeichen zu mir - dann drehe ich am Mischpult den Output voll hoch. Kaum Pegeländerung auf der Tanzfäche. Nach 1 Minute kommt der erste Gast am DJ Pult vorbei und sagt: "mach mal lauter"......... Den Rest kann sich sicher jeder denken - ca. 30% der aktuellen "Massen-Party" Mucke, waren einfach zu leise.

Dieses ist nur ein Beispiel von vielen, dich ich im letzen Jahr erlebt habe.

Meine Annahme ist, dass immer mehr aktuelle Musik von CD/MP3 heute so hoch komprimiert ist, dass die Limiter in den Anlagen schnell und permanent über den Liedzeitraum und über das gesamte Frequenspektrum dicht machen. Wogegen bei Live Musik kurzfristige Pegelspitzen durch die Limiter durchgehen und die Musik dadurch insgesamt lauter wirkt/ist.

Ich würde das gerne mal generell weiter hier diskutieren, ohne dabei auf Anlagentypen (LA, Horntops usw.), Anzahl der Subwoofer, Markennamen usw. usw. eingehen zu wollen. Soviel sei nur noch mal gesagt, die PA Dimensionierung ist für Live Musik immer mehr als ausreichend (genügend Headroom) gewesen und hat mehr als gepasst. Die letzen Jahre für DJ Business auch - jedoch heutzutage immer weniger.
Daher der von mir angenommene Paradigmenwechsel.

Topo :cool:
 
Eigenschaft
 
Ich werde mal einen anderen Aspekt in den Raum:

'Wie laut muss es denn sein und wie laut darf es denn sein?
 
kann topos Feststellung nur unterstreichen, ich hab bei DJ viel früher clippende Subs und muss zu gunsten des Sounds die Tops "einbremsen", so ist die ganze Schose zu leise.
Bei unseren Bands hab ich keine Pegelprobs und schonmal gar nicht bei den Subs.
Was auch ein Grund für die Beobachtungen seien kann ist daß sich rockiger Gitarrensound einfach lauter anhört als so eine Disco-Atzen Scheibe :rolleyes:
LG
Jens
 
Ich würde mal behaupten, dass liegt an den ultra-komprimierten modernen Produktionen welche an sich schon überhaupt keinen Headroom mehr habe, verbunden mit teilweise irrwitzigen Disco-Pegeln
 
Natürlich fordert die totkomprimierte Konservenmugge der heutigen Zeit die Anlagen weit mehr, als Material mit höherer Dynamik. Die Sache mit dem Dauerbetrieb der Limiter wurde schon angesprochen und auch die modernen Schaltnetzteil-Amps darf man nicht vergessen, die einfach Dauerleistung nicht können, weil sie vom Elko leben.


Aber ein weiterer Aspekt: Gewöhnungseffekt

Menschleins Gehör hat kein Maß für absolute Pegel, sondern ist auf Lautstärkeunterschiede ausgerichtet. Totkomprimierte Musik kommt einem also nach einer Weile Mörderpegel nicht mehr so laut vor, weil die entsprechenden Peaks fehlen. Gegensätzliches Extrem wäre ein Klassik-Konzert, bei dem es einen nach einer leisen Passage förmlich aus den Schuhen reisst, wenn die Blechbläser einsetzen. :D
Und das, obwohl der RMS-Pegel ungleich niedriger liegt.



domg
 
Schaltnetzteil-Amps darf man nicht vergessen, die einfach Dauerleistung nicht können, weil sie vom Elko leben.

Das würde ich unterschreiben.


Aber ein weiterer Aspekt: Gewöhnungseffekt

Das auch.
Interessant wäre es mal eine Pegelmessung inkl. Beobachtung der Limiter zu machen.

Bei den meisten VA die ich betreue habe ich nach wie vor eher Probleme mit unterdimensionierten PAs ohne Reserven für die Band, vor allem bei den Bässen (es sei denn, ich habe das Material selbst geplant), das übliche DJ-Set ist mir meist sogar zu laut, macht also pegelmäßig absolut keine Probleme.
Allerdings spielen da zwei Faktoren rein: Meistens sind hier "Eisenschweine" im Einsatz und die engagierten DJs spielen in etwa das, was die Band auch macht. Also 70er bis 90er, teils sehr dynamisches Material.

Asche über mein Haupt, beim DJ habe ich noch nicht gemessen, bandmäßig liegen die Pegel aber eher selten über 100, bei härterem Rock 105dB RMS.
 
Du hast es ja auch ganz schön beschrieben, alle schreien rum, grölen den Text mit.

Und wie ist das, wenn die Band spielt, normal stehen die Leute vorne und tanzen oder klatschen, aber schreien normalerweise nicht 4 Minuten den Text mit.
Man versucht der Band ja auch zuzuhören weil es nunmal keine Konserve ist, die man rauf und runter hört.

Wenn das Publikum laut ist, muss man auch die Pa weiter aufdrehen und wie laut so Menschen sein können ist ja auch klar, verdopplung der "Membranfläche" +3db so ungefähr

2 sind 3 db lauter als einer;
4 6gb lauter als einer;
8pax 9db,
16pax 12db; (verdopplung der Lautstärke)
32pax 15db;
64pax 18db;
128pax 21db ( verviefachung der Lautstärke)

Das sind nun so grobe Rechenwerte, dazu kommt noch das 450 Leute den Schall schonmal gut dämpfen, wenn er auf sie trifft.


wenn ich mich nun nicht irre, dann erzeugt eine Verdopplung der Entfernung eine Verminderung der Schalldrucks von 6db

Die Menschliche Stimme bringt einen Schalldruck von bis zu 126db bei 10cm entfernung, im Durchschnitt sind 110db machbar auf 10cm. In einem Meter Entfernung sind das dann 20db weniger, also grob 90db.

Wenn nun 130 Leute schreien kommen wieder die 20db von oben dazu. Also sind wir bei grob 110 db die nun von der Menschenmenge ausgehen vielleicht etwas wenig weil nicht alle in die selbe Richtung rufen usw.

Die Pa macht 120 db in einem Meter Entfernung was nen brauchbarer Wert ist. Rechnet man nun eine Entfernung von 4 Metern(gering geschätzt) hat man dort schon einen Verlust von -12Ddb, also kommen nurnoch 108 in den ersten Reihen an, wobei die Menschen mit 110+-3 db schreien/singen. Kein wunder das denen das zu leise ist, da sie ja schon lauter als die Pa, sind. der Effekt wird bei größerer Fläche, mehr Schreiern/Sängern und mehr Entfernung zu den Boxen noch gravierender.


Ich hoffe mal meine Begründung ist jetzt nicht zu weit hergeholt.
 
Ich habe eben für einen anderen Thread mal kurz einen Screenshot gemacht. Wenn man sich hier einmal den Unterschied von "Die Atzen/Disco Pogo" zu den anderen Songs anschaut, wird der kleine Unterschied deutlich, der doch eben dieses beschriebenen PA-Probleme verursacht.


Topo :cool:
 
Ich habe eben für einen anderen Thread mal kurz einen Screenshot gemacht. Wenn man sich hier einmal den Unterschied von "Die Atzen/Disco Pogo" zu den anderen Songs anschaut, wird der kleine Unterschied deutlich, der doch eben dieses beschriebenen PA-Probleme verursacht.

Tja... Gibt dem Netzteil wenig Chance, die Elkos zu laden... lol
Die Leistung wird drastisch einbrechen, eben auf das Niveau, das die Stromlieferfähigkeit des Netzteils vorgibt und an der Stelle liegen alte Eisenschweine ggü. modernen Amps klar vorne. Also besorg' Dir größere Daub Amps, 1200er Dynacord PAA und ähnliche Bleiplatten... :D


domg
 
Du Sch... Jetzt weiß ich, was ich mir unter extremer Kompression vorstellen kann... Ist bestimmt für die Wiedergabe auf Mobiltelefonen optimiert ;)
 
moin moin,

den Trend zum totkomprimieren gibts ja nicht erst seit diesem Jahrtausend, das hat man (unter anderem) beim Schlager schon vor 15+ Jahren gesehn ^^

Der nächste Punkt ist (wurde ja auch schon angesprochen): Nur was hinten reingeht, kann auch vorn wieder rauskommen!!!
Als Beispiel Eisenschwein gegen Fliegengewicht nehm ich mal Crown MA-5000VZ gegen Lab 14000:
- die Crown liefert 2 x 2,5kW @ 2Ohm und zieht dabei >20A
- die Lab liefert 2 x 7kW @ 2Ohm und zieht dabei maximal 16A
... hab ich jetzt im Unterricht nicht aufgepaßt, oder ... ???

Von daher bleib ich bei der Methode Eisenschweine werden mit Faktor >1,5 und Leichtgewichte mit Faktor >3 bis 4 dimensioniert, vor allem wenn es um Bass geht.

grüße, humi
 
Okay, wenn die Band spielt ist es laut, wenn der DJ spielt, nicht. Kenne ich auch so (ich war Bandmitglied :)). Für mich liegt der Grund klar auf der Hand: in beiden Fällen ist zwar die Saal-PA an, aber wenn die Band spielt ,sind zusätzlich die Bühnenmonitore an, und, viel wesentlicher: die Band produziert Direktschall, und zwar in unserem Fall nicht zu knapp.

Du (topo) sprichst von 15dB Unterschied; ich kann das nicht nachrechnen oder abschätzen, ob das ein realistischer Pegelunterschied aufgrund fehlenden Direktschalls und Monitoring ist. Aber naheliegend ist es ja nun doch, daß es mit Live-Band lauter ist als ohne.

Harald
 
Du (topo) sprichst von 15dB Unterschied; ich kann das nicht nachrechnen oder abschätzen, ob das ein realistischer Pegelunterschied aufgrund fehlenden Direktschalls und Monitoring ist

Hm ne, 15dB ist verdammt viel. Du hast schon recht, das spielt auch mit rein. Aber je größer die PA (und entsprechend der Raum, der damit beschallt wird), desto weniger ist das ein Faktor. Die Probleme kommen, wie oben schon beschrieben und gezeigt, wohl eher aus einer anderen Ecke: Der Trend - den's auch früher schon gab - ging einfach weiter und wie die Grafik von topo zeigt, sind wir schon an einem ziemlich extremen Punkt. Und dann eben die Geschichte mit der Technik.

MfG, livebox
 
Ich schrieb gefühlte 15 db - damit meinte ich den Faktor 1,5 bei der gehörten/gefühlten Lautstärke (10 db mehr = gefühlte doppelte Lautstärke).


Wie sehen eigentlich heute "moderne" Limiter Konzepte aus?
Wenn der Hochtöner eine Signalspitze abbekommt und der Limiter greift, wird dann nur der HT geregelt oder wird dann über den gesamten Bereich dicht gemacht? Ich vermute, dass das eben nicht nur am Bass liegt.
Welche Limiter sind üblicherweise bei "aktivem Besteck" (RCF, FBT usw. usw.) verbaut?

Topo :cool:
 
moin moin,

Limiter wirken wie auch früher zu analogen Zeiten nicht auf die Summe, sondern sind immer auf den "Weg" ausgelegt. Da es ja hier nur um den Schutz der "Lastübertrager" geht. Einige Hersteller (z.Bsp. Digam, ...) bieten bei ihren DSP's noch die Möglichkeit für RMS und Peak getrennte Thresholds zu setzen.

Bei Leuten denen ich vertrau (egal ob DJ oder Band-FOH'ler), schalte ich die Limiter im DSP aus (bzw. die stehen dann kurz vor der Clipgrenze des Amps), da es sonst zu einer deutlich hörbaren Bescheidung der (selten vorhandenen) Dynamik kommt. Damit läuft halt z.Bsp. ein Bass auch mal mit 1,5kW auch wenn der nur 600W "verträgt".
Bei Dryhire geht nur eins - Limiter auf "sicher" einstellen und das Material schützen - egal wie es klingt. Diese Strategie fahren scheinbar auch alle Hersteller von "aktiv" Systemen, weil die sonst arm würden an den Rep-Kosten.

grüße, humi
 

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