Uralte Konzertgitarre "Arthur John"

Jiko
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Jaja... evtl. hat sie ja noch jemand auf eBay beobachtet oder so. In aller Eile wegen Zeitmangel an einem Tag habe ich morgens auf alle möglichen beobachteten Auktionen geboten (ich bin ja den restlichen Tag nicht da gewesen) und noch unterwegs gedacht "Argh, bin isch denn so beklöppelt, so viel auf Zeugs zu bieten, das isch jarnisch brauche?"
Tjoa...
War wohl in der Tat ausreichend. An diesem Tag habe ich bei eBay 130€ auf verschiedene Sachen rausgeschossen - unter anderem diese ziemlich alte Konzertgitarre. Der Vorbesitzer hat sie auf das Jahr 1920 geschätzt und ich habe keinerlei Hinweise gefunden, von wann sie tatsächlich ist.
Auf dem Zettel im Inneren steht:
Arthur John
Instrumentenmacher
Hamburg 6
Schanzenstr. 103 Hansa 7146​

Vollmassiv:
Decke Fichte
Korpus Ahorn, leicht geflammt
Echtholzbinding
Ich kann nicht beurteilen, was für ein Holz für den Hals verwendet wurde, aber es ist hell und wurde schwarz lackiert.
Und sie ist extremst leicht. Definitiv die leichteste meiner Gitarren.

Die Bundstäbe standen zuerst allesamt über (wohl lange nicht genutzt und der klassische Fall von trocknendem Holz), was ich dann erstmal behoben habe, was auch nicht allzu schwer war, da diese in der Tat "vintage" sind. Es ist ein flacher Draht (also nicht die "Pilz"-Form der heutigen Bünde), welcher relativ gut herauszubekommen war, einfach zur kürzen war und nun passt das wieder.
Die Mechaniken sind trotz Ölung nicht gerade leichtgängig.
Die Brücke ist für heutige Konzertgitarren natürlich ungewöhnlich - sie hat "Bridge Pins". Ursprünglich waren werde drin, die aussahen, als wären sie von Hand geschnitzt worden, außerdem waren die Punkte aus echtem Perlmutt. Aaaaaber - davon waren leider nurnoch drei da, weshalb ich sie gegen neue ausgetauscht habe. Die alten liegen aber noch hier :)
Das Problem war erstmal, da Nylonsaiten draufzubekommen. Ich habe mich am "Knibbeln" der Saitenenden versucht, was aber garnicht so einfach war. Zukünftig werde ich auch Nylonsaiten mit Ballends zurückgreifen (z.B. https://www.thomann.de/de/la_bella_830_folk_singer_black_nylon.htm ).
Es fehlt auch noch die Stegeinlage, momentan liegen die direkt auf dem vorderen, erhöhten Teil von der Brücke auf, was aber halbwegs passt. Der Schlitz für die Stegeinlage ist relativ klein - das wird nicht einfach, da einen passenden Ersatz zu finden. Ich habe mir einen Rohling gekauft, dann entschieden - ne, der kommt in die Kiste mit den Gitarrenkleinteilen, da brauche ich was anderes.

Joa... genug geredet... ich würde mich über Meinungen / Hinweise / whatever freuen.
Und hier (endlich :D) ein paar Fotos:
 
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Zuletzt bearbeitet:
Auf jeden Fall ein schönes Stück! Was du dir aber auch immer wieder anzutun scheinst, Jiko :)
Ich mag solche alten Gitarren , und in letzter Zeit auch wieder mehr die Modelle mit Nylonsaiten. Die folgende, eine Hau von 1935, habe ich leider nicht abgekriegt!
Viel Spaß damit, Dieter
 

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Hi Jiko,

die ist hübsch, deine neue da!

Ich bin mir aber gar nicht so sicher, ob das wirklich eine Nylonstring ist. Die Bridgepins und auch die Korpusform könnten auch auf eine Parlorgitarre hinweisen die im original vllt. mal mit Steelstrings bespannt war. Gibt es keine "Einschnitte" von Stahlsaiten von den Bridgepins in Richtung Steg?

So einer kleinen Parlor oder "0" bin ich auch schon seit einiger Zeit auf der Spur - habe aber die richtige für mich noch nicht entdeckt ;)

Viel Spaß damit :great:

Greetz :)
 
hi,
tolle gitarre hast du da!
von der form her erinnert sie wirklich stark an eine konzertgitarre von ende 18. bis höchstens ende 19. jh.
ich denke aber, dass konzertgitarren um 1920 schon anders aussahen. insgesamt bauchiger, der hals noch etwas dicker. die form der kopflplatte kommt mir auf den ersten blick für eine konzertgitarre dieser zeit auch ungewöhnlich vor, ich hätte sie mir breiter gedacht.
das was mich am meisten "stört" ist der steg. eine konzertgitarre mit steg, wo die saiten nicht "durchgefädelt" werden, ist für eine konzertgitarre eh ungewöhnlich.
alle konzertgitarren aus ungefähr dieser zeit, die ich bisher gesehen habe, hatten einen - ich sag mal - typischen konzertgitarrensteg, d.h. außen nicht spitz zulaufend (natürlich geschmackssache... findet man bei den früheren, wie zB der von giuliani auch nicht, aber die gitarre wäre mit geburtsjahr 1920 ja schon nach torres..) und vor allem keine bridgepins.

nur so meine spekulation. ich schließe mich eher peter an ;) :D

wie klingt sie denn?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin mir relativ sicher, dass sie eher weniger auf Stahlsaiten ausgelegt ist, da...:
1) Der Sattel, der von den Einkerbungen her besser zu den Nylonsaiten (bzw. früher eben Darmsaiten) passt
2) Der Blick mit dem Spiegel ins Innere - dem Bracing würde ich kaum Stahlsaiten zutrauen wollen
3) Beim Bearbeiten der Bünde ist aufgefallen, dass das Bundmaterial ziemlich weich ist - in Verbindung mit Stahlsaiten wäre das wohl ziemlich ungesund für diese.

Zum Bracing habe ich gerade Bilder gesucht, die dem in der Gitarre am ehesten entsprechen und dabei bin ich ausgerechnet auf diese Seite gestoßen:
http://www.earlyromanticguitar.com/erg/components.htm
Speziell dieses Bild für das Bracing:
http://www.earlyromanticguitar.com/erg/pics/bigpics/Staufer-bracing.jpg

Never put steel strings on a classical guitar; bridge pins do not indicate whether the guitar is steel or nylon strung.
Niemals Stahlsaiten auf eine klassische Gitarre aufziehen; Bridge Pins zeigen nicht, ob die Gitarre auf Stahl- oder Nylonsaiten ausgelegt ist
Bridge Ties are used in modern classical guitars; the strings are tied to a block of wood with holes to feed the strings. The tie bridge was also used in Baroque guitars from the 1700's and older.
Brücken zum Binden werden in modernen klassischen Gitarren verwendet; die Saiten werden um einen Holzblock mit Löchern gebunden. Die "Binde-Brücke" wurde auch auf Barock-Gitarren aus den 1700ern und früher verwendet.


Very commonly, the neck of 19th century guitars was painted black on the back.
Üblicherweise wurden Hälse der Gitarren des 19ten Jahrhunderts schwarz bemalt auf der Rückseite.
Passt.
Typically, original frets were not as tall, and were more square-shaped.
Die typischen originalen Bundstäbe waren nicht so groß und waren eher rechteckig geformt.
Hatte ich auch schon erwähnt. So ähnlich.


Ob die Gitarre da nicht evtl. sogar noch älter ist als erwartet? Es ist ja leider kein Hinweis auf das Alter zu finden und über "Arthur John" habe ich ebenfalls nichts entdecken können.
 
interessant, interessant....
zu 2) das "bracing" sieht hauptsächlich wenig ausgereift aus. aus heutiger sicht würde man so weder stahl- noch nylonsaitengitarren bauen, denk ich. das spricht auf jeden fall für ein datum, zu dem torres noch nicht (oder nicht überall) konvention war.

Bridge Pins zeigen nicht, ob die Gitarre auf Stahl- oder Nylonsaiten ausgelegt ist
richtig, sie zeigen erstmal nicht wirklich was. aber häufiger sind bei konzertgitarren ab spätestens 1920 modelle ohne pins anzutreffen. wie das vorher war weiß ich nicht. giulianis gitarre hatte jedenfalls auch keine pins :D

seh ich das richtig, dass sie nur 18 bünde hat? waren dann irgendwann nicht 19 üblich?

Ob die Gitarre da nicht evtl. sogar noch älter ist als erwartet?
sieht fast so aus, wenn es keine andere erklärung für das ganze gibt, dann würd ich sie eher auf mitte/ende 19.jh schätzen.

e: ja wie klingt sie denn nun eigentlich?
 
Zuletzt bearbeitet:
Mal so am Rande: Stimmstabil ist echt was anderes.

[HWOS] g30rG;3813847 schrieb:
interessant, interessant....
zu 2) das "bracing" sieht hauptsächlich wenig ausgereift aus. aus heutiger sicht würde man so weder stahl- noch nylonsaitengitarren bauen, denk ich.
In der Tat - auf der verlinkten Seite stand auch, dass die damaligen Saiten einen deutlich niedrigeren Saitenzug hatten und dass man Low Tension Saiten aufziehen soll. OK - die gerade sind jetzt Normal Tension.
Ich werde nochmal versuchen, irgendwie den Vorbesitzer zu erreichen und zu befragen. Aber es bleibt fraglich, ob er etwas darüber weiß.

seh ich das richtig, dass sie nur 18 bünde hat? waren dann irgendwann nicht 19 üblich?
Ja, sind 18 Bünde. Habe mir dabei nichts gedacht, weil ich noch mehr 18 Bünde-Gitarren habe.
[HWOS] g30rG;3813847 schrieb:
e: ja wie klingt sie denn nun eigentlich?
Uff... ja... Klänge beschreiben...
Der Korpus ist relativ klein und entsprechend bietet die Gitarre keinen allzu kräftig bassreichen Ton, sondern eher einen höhenreichen Klang, welcher allerdings nicht dünn klingt. An manchen Stellen aber ein bisschen zu mittig.
Ich werde demnächst mal ein Video machen, auch wenn Youtube nicht gerade als Klangwunder-Video-Seite bekannt ist :D

Ich frage mich, wie die Gitarre mit Low Tension Saiten klingt, die ja "originaler" wären.
 
Hi Jiko,

wenn du einen ganz "originalen" Klang haben willst, müsstest du wahrscheinlich echte Darmsaiten aufziehen - aber das würde stimmen, stimmen, stimmen bedeuten ... :D

Und nein, ich kann dir keine günstigen Darmsaiten besorgen - so wie du auch sicher keinen echten Speyerling günstiger bekommst :D

Greetz :)
 
Nein, also echte Darmsaiten wollte ich als Vegetarier auch nicht auf der Gitarre haben :D
Habe jetzt mal den Vorbesitzer angeschrieben und gefragt, was er so darüber weiß und wie er auf die Schätzung "1920" kommt.
 
Moin Jiko,

wenn es für Dich von Interesse ist, versuche ich in HH mal ein wenig hinsichtlich des Instrumentenmachers zu stöbern ... :gruebel:

Freundliche Grüße,
Greg
 
Das würde mich sehr freuen. Ich hatte auch schon im Hinterkopf, dass ich da mal irgendwen kontaktiere, aber Hamburg ist von hier aus doch nicht gerade einfach zu erreichen, sodass alles via Mail laufen müsste... :redface:

EDIT:
So - Antwort bekommen. War im Besitz einer Sinti-Familie und das Alter geht auf die Schätzung eines Gitarrenbauers zurück.
Ich werde jetzt mal bei dem anfragen, dessen Seite mit alten Gitarren ich da oben gepostet hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Moin Jiko,

wie ich schon in meiner PN schrieb, finde ich in HH praktisch keine Hinweise auf den Gitarrenbauer Arthur John. Ich kann Dir aber aufgrund des Aufklebers sagen, dass dieser aufgrund der Angaben zu Telefonnetz (!) und Rufnummer auf einen Zeitraum um die 20er Jahre hindeutet, es sei denn, der gute Mann hat seine (älteren) Aufkleber auch noch später verwendet ... oder die Gitarre in diesem Zeitraum "nur überarbeitet" ...

Ich habe außerdem noch einen Forums-Kollegen (Rudolf Bode) aus einem anderen Forum (nein, KEIN anderes Musiker-Forum :D) angeschrieben und um Hilfe gebeten. Er ist ein (Zupf)Instrumentenbauer aus dem Odenwald (das ist gar nicht so weit weg von Dir, oder) und das ist seine Antwort:

"ich habe so eine Gitarre in dieser Richtung schon vermutet. Es handelt sich hier um eine typische Vertreterin ihrer Zeit (ausgehendes 19. Jhd. bis frühes 20. Jhd.) Solche Gitarren wurden mit Metallsaiten bezogen. Man sieht das ganz deutlich an den Mechaniken (keine Beinwellen), am Steg (Stecker statt Knüpfsteg) und an der Korpusform. Der Kollege hat aber gut daran getan, sie trotzdem mit Nylonsaiten zu beziehen, denn diese Gitarren halten dem höheren Zug der Metallsaiten selten auf Dauer stand. Sollte er jedoch trotzdem mit Metallsaiten sein Glück versuchen wollen, möge er bitte die weichsten Saiten nehmen, die er bekommen kann."

Freundliche Grüße,
Greg
 
Solche Gitarren wurden mit Metallsaiten bezogen. Man sieht das ganz deutlich an den Mechaniken (keine Beinwellen), am Steg (Stecker statt Knüpfsteg) und an der Korpusform

Da hat sich meine Vermutung wohl bestätigt ... ;)

Greetz :)
 
Da hat sich meine Vermutung wohl bestätigt ... ;)

Greetz :)

tjaa.

aber ich sehe noch nicht ganz, warum diese korpusform nur bei solchen gitarren vorkommen soll. etwas vorher sahen die auch so aus.
der steg mit den pins ist auch kein eindeutiges kriterium.
für den fachmann scheinen es klare hinweise zu sein, also akzeptier ich das mal so :)
mich freut, dass er die gitarre auch etwas älter schätzt als 1920, und dass er die geschichte mit dem saitenzug ähnlich bewertet wie ich :)
 
[HWOS] g30rG;3818637 schrieb:
tjaa.
aber ich sehe noch nicht ganz, warum diese korpusform nur bei solchen gitarren vorkommen soll. etwas vorher sahen die auch so aus.
der steg mit den pins ist auch kein eindeutiges kriterium.
für den fachmann scheinen es klare hinweise zu sein, also akzeptier ich das mal so :)
mich freut, dass er die gitarre auch etwas älter schätzt als 1920, und dass er die geschichte mit dem saitenzug ähnlich bewertet wie ich :)

Moin zusammen,

ich selbst verstehe davon noch zu wenig, aber zur Korpusform weist mein Forums-Kollege (und Instrumentenbauer) Rudolf Bode darauf hin, dass man, wenn man ganz genau hinsieht, leichte Unterschiede in den Proportionen, Formen und Halsausführungen feststellen kann. Wenn man jahrelang von Berufs wegen mit solchen Instrumenten zu tun hatte, schärft sich - wie in jedem Beruf - der Blick dafür.

Zum Einwand, "der steg mit den pins sei auch kein eindeutiges kriterium" meint Rudolf ...

"Darm- und Nylonsaiten hatten hinten niemals eine Schlinge, Kugel oder Knoten. Sie werden durch ein Loch im Steg gezogen und dann mit einem speziellen Knoten befestigt (=geknüpft, daher Knüpfsteg). Wir kennen das von der Konzert- und von der Wandergitarre her.
Metallsaiten haben hinten im Regelfall entweder eine Kugel oder einen kleinen Ring (Gitarrensaiten, Ball-End) oder eine Schlinge (Mandoline etc.)."


... und hofft, dadurch noch zu ein wenig mehr Klarheit beigetragen zu haben.

Freundliche Grüße,
Greg
 
Das widerspricht aber dem, was der hier (Profi, was alte Gitarren angeht) sagt (Zitate oben):
http://www.earlyromanticguitar.com/erg/components.htm
Und da sind definitiv Gitarren dabei zu Zeiten, als Stahlsaiten nicht verwendet wurden und die trotzdem einen solchen Steg haben. Die mit dem "Knüpfsteg" sind die in der spanischen Gitarrenbauweise.


The bridge pin is a pointed small stick of wood with a decorative ivory or mother or pearl round dot on the top. To use it, you tie a knot at the end of the string, and thread the string through the hole toward the soundhole side, far enough down to clear the pin. The bridge pin wedges the string against the bridge, and holds it in place by catching on the knot.

Und ich weiß jetzt nicht, was eine "Beinwellenmechanik" ist, aber die Dinger sehen praktisch genauso aus, wie bei zwei Framus-Konzertgitarren und einer Höfner-Konzertgitarre in meinem Besitz. Da würde ich den Unterschied definitiv nicht suchen.

Außerdem - der Sattel ist original (ist an der Seite wie der Hals schwarz) und passt von den Einkerbungen her perfekt zu den Nylonsaiten.
 
Hi Jiko,

"Beinwelle" bedeutet nach meiner Kenntnis, dass das Teil, auf das die Saite aufgewickelt wird aus Bein (Knochen) oder wie heute meist aus Kunststoff ist. Die Wellen deiner Gitarre sehen mir (zumindest in meiner Vergrößerung) nach Metall aus - so wie hier:

Lizzy_03.jpg


Greetz :)
 
Jo, aber die von meinen beiden Framus-Konzertgitarren und meiner Höfner-Konzertgitarre sind auch aus Metall.
 
Das giltet nicht! :eek:

Na ja ... vllt hat man zu bestimmten Zeiten einfach eingebaut was da war ... :confused: ... kA ...

Greetz :)
 
Jo, aber die von meinen beiden Framus-Konzertgitarren und meiner Höfner-Konzertgitarre sind auch aus Metall.

kannst noch Hopf , Klira und Musima hinzufügen. Dürfte bis in die 70er üblich gewesen sein;)

Armer Peter.........., ist in der "Plastikzeit" aufgewachsen:D
 

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