Ist es heute noch sinnvoll Fugen zu komponieren?

turko
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https://www.musiker-board.de/harmonielehre-analyse-muth/490443-beethovens-kompositionstechnik-2.html
/klaus111

Ich weiß nicht, ob es noch vorrangig hier noch um das eigentlich Ausgangsthema geht, oder ob sich der Thread mittlerweile zur Fragestellung "Wozu brauchen wir heute noch Fugen" hochgeschwungen hat ... im Falle des Zweiteren, hier meine kurze persönliche Einschätzung:

Ich finde die Fragestellung - und ich versuche, freundlich zu formulieren - ungeschickt und wenig zweckmäßig. BRAUCHEN im Sinne einer Lebensnotwendigkeit tun wir Fugen natürlich nicht. Genauso wenig wie Techno-Beats, oder Musik überhaupt als Ganzes. Und daß sich die Musik seit den Zeiten Bachs verändert hat, entwickelt, WEITER(?)-entwickelt, und daß Fugen deshalb nicht mehr ganz so hip ´rüberkommen, wie zu Bachs Zeiten, wird auch keiner bestreiten wollen.

ABER: Was sich NICHT verändert hat, sind die Grundprinzipen der Musik: Metrik, Kadenzen, grundlegende Harmonik, Spannung/Entspannung. Und jeder, der Freude daran hat, sich mit diesen Dingen näher zu beschäftigen, sei es aktiv oder passiv, wird bei einer gelungenen Fuge oder auch nur bei fugalen Elementen in einem Musikstück entzückt und erfreut sein. Dem Aktiven wird es ein Ansporn sein, sich selber mit der Bauanleitung zu beschäftigen und sich daran zu versuchen.

Insoferne wird die Fuge NIE aus der Mode kommen, weil sie ein kompliziertes Kompositions-Tool für Komponisten ist. Eines, mit dem man erst einmal umgehen können muß ...

Worauf ich persönlich allerdings warte, ist die "Modernisierung" der Fuge. Ich suche schon lange nach modernen Fugenformen, finde aber keine, die (zumindest ICH) mir gerne freiwillig anhöre würde. Im Jazz hat wohl Maynard Ferguson ein wenig damit experimentiert ... aber letztlich läßt die Fuge wohl im Jazz zu wenig Raum für persönliche Gestaltung/Improvisation, und ist zu sehr kompositorisch vorherbestimmt, als daß sie sich dort etablieren hätte können.

Kurz: Für Leute, die Spaß und Freude an Musik haben, die spannend (!) ist, wird die Fuge nicht so schnell ersetzbar sein. Gleich, was zur selben Zeit anderswo gehört, oder besser, konsumiert wird.

LG, Thomas
 
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Ich weiß nicht, ob es noch vorrangig hier noch um das eigentlich Ausgangsthema geht, oder ob sich der Thread mittlerweile zur Fragestellung "Wozu brauchen wir heute noch Fugen" hochgeschwungen hat ... im Falle des Zweiteren, hier meine kurze persönliche Einschätzung:

Ich finde die Fragestellung - und ich versuche, freundlich zu formulieren - ungeschickt und wenig zweckmäßig. BRAUCHEN im Sinne einer Lebensnotwendigkeit tun wir Fugen natürlich nicht. Genauso wenig wie Techno-Beats, oder Musik überhaupt als Ganzes. Und daß sich die Musik seit den Zeiten Bachs verändert hat, entwickelt, WEITER(?)-entwickelt, und daß Fugen deshalb nicht mehr ganz so hip ´rüberkommen, wie zu Bachs Zeiten, wird auch keiner bestreiten wollen.

ABER: Was sich NICHT verändert hat, sind die Grundprinzipen der Musik: Metrik, Kadenzen, grundlegende Harmonik, Spannung/Entspannung.[...]

Naja, turko, sowas kann nur jemand behaupten, dem die Geschichte der europäischen Kunstmusik seit der Moderne gänzlich unbekannt ist.

Warum Fuge? Bach ist nicht der große Komponist, weil er so brav seine Hausaufgaben im Fugenstudium gemacht hat, sondern weil er die Fuge weiterentwickelt hat. Schöpferisch tätig war. Etwas geschaffen hat, was vorher in dieser Form nicht da war. Bach hat tatsächlich einen eigenständigen künstlerischen Beitrag zum Kulturschaffen seiner Zeit geliefert. Jemand, der barocke Fugenkunst imitiert, tut das nicht.

Eine Weiterentwicklung der Fuge macht meiner Meinung nach deshalb wenig Sinn, weil sie eine tonale Form ist, die sich aus dem Spannungsverhältnis Tonika - Dominante ergibt. Deshalb finde ich z.B auch, dass etwa Ligetis Kanons und fugenähnliche Formen im Grunde keine Weiterentwicklung darstellen, sondern auf einem historischen Missverständnis beruhen.

Insoferne wird die Fuge NIE aus der Mode kommen, weil sie ein kompliziertes Kompositions-Tool für Komponisten ist. Eines, mit dem man erst einmal umgehen können muß ...

Weil Kunst von "können" kommt?

:)
 
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Weil Kunst von "können" kommt?
:)

Genau. Komponieren ist zu einem bestimmten und nicht zu vernachlässigenden Teil HANDWERK. Das muß man sich erst einmal aneignen bzw. angeeignet haben. Ob dann aus dem, was man macht, KUNST wird, ist in aller Regel fraglich ...
 
...Komponieren ist zu einem bestimmten und nicht zu vernachlässigenden Teil HANDWERK ...
eben drum!! wer die Grundlagen/Historie/Tradition/... verweigert/negiert/nicht kennt/..., dem fehlt schlicht ein Teil vom Handwerk.

Aber sich mit "altem Kram" zu befassen, paßt halt nicht zur Schnäppchen-Kultur...
 
Genau. Komponieren ist zu einem bestimmten und nicht zu vernachlässigenden Teil HANDWERK. Das muß man sich erst einmal aneignen bzw. angeeignet haben. Ob dann aus dem, was man macht, KUNST wird, ist in aller Regel fraglich ...

Den handwerklichen Aspekt des Komponierens sehe ich allerdings eher in der Form einer Notwendigkeit über das Wissen von Notation und die Möglichkeiten der Instrumente. Eben praktischen Aspekten. Sicher jedoch nicht in musikalischer Ästhetik. Zudem beruft sich alles Handwerk auf den Bestand der Verwendbarkeit von Dingen. Da sich Kunst jedoch im kreativen Schaffensprozess und schöpferischen Eigenwert manifestiert, kann alles Verwendbare logischerweise lediglich als Medium musikalischer Äußerung und äußerliches Erscheinungsbild Kunst begleiten, nicht jedoch deren Substanz darstellen. Somit ist die Aussage, Kunst käme von "können" gemeint in einem handwerklichen Sinne der Aneignung von Wissen falsch.

Ich frage mich ohnehin schon länger, ob die Phrase "Kunst kommt von können" seit dem 20. Jahrhundert nicht den antimodernistischen Reflex einer Gesellschaft darstellt, die die Autonomie des Kunstwerks gerne durch eine Form von zweckdienlicher Vergesellschaftung ersetzt sehen würde - zu welchem Zweck aus historischen künstlerischen Neuwerten ästhetische Postulate abgeleitet werden sollen, die man dem Künstler aufzuerlegen sucht.

eben drum!! wer die Grundlagen/Historie/Tradition/... verweigert/negiert/nicht kennt/..., dem fehlt schlicht ein Teil vom Handwerk.

Aber sich mit "altem Kram" zu befassen, paßt halt nicht zur Schnäppchen-Kultur...

Bezüglich dem Aspekt von Bildung stimme ich zu: auch ein zeitgenössischer Komponist sollte die Vergangenheit kennen - allerdings aus der Idee heraus, sie nicht zu kopieren, sondern um zu wissen, wo er künstlerischen Neuwert schaffen kann.
 
"Moderne" Fugenthemen und fugenhafte Verarbeitungen/Gebilde/etc. gibt es durchaus.

http://www.youtube.com/watch?v=Ae8Oeafkc0Q

http://www.youtube.com/watch?v=-hJiwHVyHis

http://www.youtube.com/watch?v=7XdaFR6mIC4

http://www.youtube.com/watch?v=wAohmw0CLoo
(Piazzolla hat die Eigenart sehr lange Themen zu schreiben, in denen die Quintfallsequenzen quasi enthalten sind ;) )

http://www.youtube.com/watch?v=YXpSL20IvRM
(nicht ganz fuge, aber ähnlich)

http://www.youtube.com/watch?v=nzUeUNHoSOc
*hust* ;) ab 0:56

http://www.youtube.com/watch?v=341k8SxKnO0&feature=relmfu
*hust*...

http://www.youtube.com/watch?v=vblQssylAHw

http://www.youtube.com/watch?v=Ga_280If08A

Es ist aber weiterhin die Frage, wer es wofür braucht. Mir ist das "Neuland entdecken müssen" wie es manche Komponisten betreiben ziemlich egal. Deswegen komponiere ich mein Zeug so wie es mir gefällt. Ich habe weder Anspruch dem Publikum zu gefallen (vielleicht ein bisschen), noch (und vor allem nicht) der Avantgarde zu gefallen und in ihr Rektum (wir gebrauchen ja schöne Worte hier) zu kriechen. Also muss die Frage vielleicht jeder für sich beantworten. Nicht jeder Komponist braucht Kontrapunkt um gut zu sein. Auch Schubert war ein mieser Kontrapunktiker und ist trotzdem ein großartiger Komponist. Mich interessiert es halt, deswegen beschäftige ich mich damit und da es ja mit meiner Ausbildung konform geht, umso besser. Da ist es mir, wie gesagt, egal, was andere fordern, oder davon halten.
 
Ja, ich habe ja selbst schon auf "moderne Fugen" hingewiesen; und bleibe ich bei der Feststellung, dass eine Fuge als tonal konstituiertes Formmittel im atonalen/atonikalen Kontext wenig Sinn macht. Im tonalen Kontext widerrum neigt sie dazu, historische Stile zu imitieren und kombinieren.

"Müssen" ist natürlich das falsche Wort in diesem Zusammenhang (das ich allerdings auch nicht verwendet habe): so wenig, wie jemand Musik machen muss, muss er einen künstlerischen Beitrag schaffen wollen oder jemandem gefallen wollen. Das eine ist dem anderen ja nicht inhärent.

Gefallen will ich allerdings schon. Vornehmlich ein paar Leuten, die ich kenne. Und: vor allem mir.

:D
 
Sicherlich ist es für den ein oder anderen nützlich sich mit dem Fugen-Aufbau (harmonisch sowie formal) zu beschäftigen und er kann dadurch sein handwerkliches Können auf jeden Fall vervollständigen. Ob er dadurch künstlerisch wertvollere Musik macht ist eine ganz andere Sache. Wie Stadtmensch schon sagte, auch die Fuge ist lediglich ein Medium für musikalische Äußerungen und das in einer sehr eingeschränkten Form. Man denke nur an die vorgegebenen harmonischen sowie formalen Parameter der Konstelation Dux-Comes.
Für meinen Teil als improvisierender Musiker ist der nicht fugengebundene Kontrapunkt als Kompositions/Improvisations-Technik das wesentlich interessantere, flexiblere/ausbaufähigere Mittel zum Zweck.
 
Die fuge ist, wie auch andere formen, ein kind ihrer zeit. Ais dem lehrbetrieb ist sie, so scheint es, nicht wegzudenken.
Schon das 20.jh. zieht den kompromisslosen linearen kontrapunkt vor, der auch das populäre bereichern könnte, wo es immer noch vertikal nach schema "Melodie, bass, akkordisch/rhythmische begleitung" zugeht.
Ich empfinde manchmal schon die unvermeidliche fuge in Händels werken als erheiternd, Beethovens fugen (op.106 und 133) sind für spieler und hörer ermüdend, und Liszts chromatische teufelsfuge in seiner sonate kommt auch nicht sehr weit.
 
... Für meinen Teil als improvisierender Musiker ist der nicht fugengebundene Kontrapunkt als Kompositions/Improvisations-Technik das wesentlich interessantere, flexiblere/ausbaufähigere Mittel zum Zweck ...
Mein Beitrag weiter oben zielt einfach darauf:
Wenn Du die "formale Fuge" nicht kennen würdest, könntest Du diese Aussage nicht treffen... - die Fuge ist einfach eine extrem typische Form, der geneigte Musiker MUSS diese Form kennen.

Ob und was er daraus macht steht dann auf einem ganz anderen Blatt.
 
Günter Sch.;5998889 schrieb:
... und Liszts chromatische teufelsfuge in seiner sonate kommt auch nicht sehr weit.

Da meinst Du sicher diese eine Passage in der h-Moll Sonate....
Schließe mich aber Deiner Meinung an. Insgesamt ist gerade die h-Moll Sonate eines seiner Werke, die ich für weniger gelungen halte.
Das Werk wurde beschrieben als "eine Dampfmaschine, die viel Dampf erzeugt, doch auf der Stelle stehen bleibt".
 
...bleibe ich bei der Feststellung, dass eine Fuge als tonal konstituiertes Formmittel im atonalen/atonikalen Kontext wenig Sinn macht. Im tonalen Kontext widerrum neigt sie dazu, historische Stile zu imitieren und kombinieren.

Im atonalen/atonikalen Kontext eine Fuge schreiben zu wollen halte ich ebenfalls für widersinning. Die "Neigung" im tonalen Kontext historische Stile zu imitieren muß eben entschärft werden, wenn man das nicht möchte. Ich denke, daß hier noch lange nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Man kann aber wohl davon ausgehen, daß man das Spannungsverhältnis zwischen Tonika und Dominante und den Leitton entschärfen bzw. opfern muß.

Paul Hindemith hat ja z.B. eine eigenes tonales System begründet und 1942 mit dem Zyklus "Ludus tonalis" eine Gegenstück zum WTK von J.S.Bach geschaffen.
Er läßt die Fugen nach dem von ihm entwickelten System der Tonverwandtschaften aufeinanderfolgen. (Er leitete die chromatische Tonleiter aus den Obertönen her: Vater, Söhne, Enkel, Urenkel).
http://de.wikipedia.org/wiki/Unterweisung_im_Tonsatz#Die_Reihe_1_als_Tabelle

Keine Quintbeantwortung mehr in seinen Fugen und der Tritonus ist auch entmachtet.

Hier einige Beispiele:

Fugue in G aus Ludus tonalis
Fuge aus Piano Sonata No. 3 von Glenn Gould interpretiert


Andere Wege, die Tonika-Dominant-Spannung zu mindern und den Leitton zu entmachten kamen aus der afroamerikanischen Musik:
Septakkorde (kleine) als Tonika und Subdominante, Harmonisierung der Blues-Tonleiter (Subtonika, modale Progressionen).

Das Prinzip, daß eine Stimme ein Thema vorstellt und dann nacheinander auch die anderen Stimmen dieses Thema auf den Weg bringen, eine Art von "Jagd" beginnt (fuga = Flucht), die Themen sich sogar eng auf den Fersen sind (Engführung), bis alles in Harmonie endet, dieses formgebende Prinzip ist doch hochinteressant! Es wird m.E. überleben und dürfte immer wieder auch für neue Tonalitäten interessant sein.

Die Fuge wird von zeitgenössischen Komponisten momentan wenig beachtet, doch die Fugenkompositionen der Meister leben und wirken nach wie vor mit großer Kraft. Da ist schon nachvollziehbar, wenn sich mancher das Ziel setzt, ein selbst erstelltes Thema in ähnlich Weise auszuarbeiten - und zwar freiwillig, einfach weil es Spaß macht! Ohne den Anspruch, zum "Fortschritt" der Musik beizutragen.

Ja, Kunst "kündet" und (handwerkliches) "können" reicht nicht aus. Doch "können" ist ja auch schon etwas und von da aus kann es ja noch weiter gehen...
Warum also keine Nokia- oder Lady-Gaga-Fugen? Hört sich doch interessant an, auch wenn 300 Jahre alte Musik das Vorbild war.

Mein Fazit: Es kann heute durchaus noch Sinn machen, Fugen zu schreiben, ob innovativ oder nachahmend.

Viele Grüße
Klaus
 
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Hi Klaus,

das war ein sehr inspirierender Beitrag von Dir!

Meine Konklusion: der Melodie zugrunde liegende Rhythmus und der zeitliche Ablauf der kanonischen Einsätze haben hierarchisch gesehen absolute Priorität vor irgendwelchen harmonischen Gesetzmäßigkeiten und "funktionieren" im Fugenkontext auch ohne Letztere zu beachten.

Außerdem gibt es, aus welchem Grund auch immer (z.B. Unzufriedenheit mit Managern oder Plattenbosse), genügend Anlässe konventionelle Fugen zu schreiben, die gleichwohl ihrer historischen Verstaubtheit gerne gehört werden.
Beispiel dazu: http://www.youtube.com/watch?v=XT_zu4AlYbM
 
Warum soll eine Atonale Fuge nicht sinnvoll sein? Was zwingt die Fuge zu Dominant-Tonika Harmonik? Waren die ersten Fugen nicht modal, sodass die Gattung schon zu Bachs Zeit als altmodisch galt?

Warum kann denn das Kontrasubjekt sich nicht mit dem Thema beißen? Ist doch auch spannend. Der Effekt der Fuge funktioniert im Atonalen Kontext genau so wie im strengen Kontrapunkt. Atonale Musik ohne innere Organisation ist wertlos, sowas kann doch jeder improvisieren. Warum also nicht auch auf alte, sich als gut erwiesene Formen zurückgreifen um neue Musik zu schreiben?

Die Fuge ist keine Form für sich, sondern eine Herangehensweise zur Sinnvollen Verarbeitung eines oder mehrerer Musikalischer Ideen.
Zu oft wird die Fuge als Kochrezept betrachtet und ist daher verdammt zu stagnatisieren. Die meisten "Regeln" die wir in der Schule lernen "bricht" Bach schon im ersten Contrapunkt der Kunst der Fuga. Freiher betrachtet kann eine Fuge unendlich vielseitig sein!

Das Studium der Fugentechnik ist mMn für jeden Komponisten unerlässlich, weniger wegen historischem Wert oder Kontrapunktischer Technik, sondern mehr um zu lernen wie man Musikalische Ideen sinnvoll organisiert. Grade die Thematische Verarbeitung ist ja der Schwachpunkt vieler junger Komponisten, die zwar die Clichès kennen, aber deren Musik keine innere Struktur hat, und höchstens als Filmmusik brauchbar wäre. Eine Gute Fuge ist der Inbegriff Musikalischer Struktur, da jeder Takt und jede Linie mit dem Thema in Verbindung steht.
Ganz ehrlich, mir fällt kein großer Komponist ein der nicht Bach und seine Fugen und Inventionen studiert hat.
 
Hi Cudo,

freut mich sehr, daß ich Dich inspiriren konnte!

Deiner Konklusion kann ich mich nur anschließen. Für die Fugenkomposition kann die Harmonik sekundär bis unbedeutend sein.

Hier ein Beispiel einer (hektischen) Fuge über ein 12töniges Thema, welche auf Wunsch von Horowitz geschrieben wurde. (update: Video wurde gelöscht, hier ein alternativer Link: Barber sonata last mvt Horowitz)
Der auf dem Video grinsende Virtuose Marc-Andre Hamelin scheint sagen zu wollen: "Spiel das mal nach!"
Geschrieben wurde die Fuge von Samuel Barber, der sonst sehr harmonisch komponiert hat. (Sein Adagio for Strings kennt fast jeder.)

Recht harmonisch (und wieder mit Quintbeantwortung) klingen auch die Fugen von Schostakowitsch und das ohne an Bach oder andere zu erinnern. Die originelle Themenwahl seines Zyklus (op.87) macht es möglich.

Beispiele:

No.1 C major
No.7 A major
No.9 E major


Warum soll eine Atonale Fuge nicht sinnvoll sein?
Richtig, sie ist nur widersinnig, für eine Fuge im engeren/strengeren Sinne.

Waren die ersten Fugen nicht modal...
Ich habe nach vergeblich nach einem Beispiel gesucht. Die Bezeichnung "Fuge" gibt es noch nicht so lange und war anfangs noch sehr unscharf. Ein Vorläufer der Fuge hieß Ricercar, Hörbeispiel hier.

Atonale Musik ohne innere Organisation ist wertlos...
Grade die Thematische Verarbeitung ist ja der Schwachpunkt vieler junger Komponisten, die zwar die Clichès kennen, aber deren Musik keine innere Struktur hat...
Das kann man nur unterstreichen und eine innere nachvollziehbare Struktur zu finden wird i.d.R. schwerer, wenn die strukturbildenen Kräfte der Dur-Moll-Tonalität wegfallen. Die Fuge kann sehr gut dazu dienen, den Sinn für Strukturen zu schärfen und somit ist die Fugenkomposition heute noch aus einem Grund mehr berechtigt.

Viele Grüße
Klaus
 
Ja, ein bemerkenswertes Stück, das mir ebenfalls harmonisch genug ist. Auch interessant, daß die Sonate ".. seine einzige Auseinandersetzung mit der Zwölftonmusik darstellt..." (Wikipedia)

Nach Beachtung der strengen Zwölftonregeln klingt die Fuge für mich nicht. Wäre interessant, zu untersuchen, wie sie komponiert ist. Vielleicht kommt man mal an die Noten. Zum Heraushören habe ich jedenfalls keine Lust... :D

Viele Grüße
Klaus
 
Das wäre kein Problem, ich habe sie in unserer Hochschulbibliothek schon gesehen. Wenn ich mich nicht irre, habe ich sogar versucht, das Ding irgendwie vom Blatt zu spielen und dann frustriert aufgegeben ;)
 
Das Studium der Fugentechnik ist mMn für jeden Komponisten unerlässlich, weniger wegen historischem Wert oder Kontrapunktischer Technik, sondern mehr um zu lernen wie man Musikalische Ideen sinnvoll organisiert. Grade die Thematische Verarbeitung ist ja der Schwachpunkt vieler junger Komponisten, die zwar die Clichès kennen, aber deren Musik keine innere Struktur hat, und höchstens als Filmmusik brauchbar wäre. Eine Gute Fuge ist der Inbegriff Musikalischer Struktur, da jeder Takt und jede Linie mit dem Thema in Verbindung steht.
Ganz ehrlich, mir fällt kein großer Komponist ein der nicht Bach und seine Fugen und Inventionen studiert hat.

Ich habe meine Kontrapunkt- und Tonsatzaufgaben gemacht, Fugen und Sonatensatzformen und den ganzen Krempel schreiben müssen. Für meine musikalische Entwicklung hat mir das: Null gebracht. Weder schreibe noch verarbeite ich thematisch, Filmmusik schon gar nicht, und in meinen jüngeren Werken stehen sich oft gigantische Abbrüche von Zusammenhangslosigkeit gegenüber.

Fugue, que me veux-tu?


 
... Für meine musikalische Entwicklung hat mir das: Null gebracht ...
Woher weißt Du das?
Ist Deine Entwicklung schon fertig?
...bzw. hast Du Deinen Sarg schon bestellt?

In meinem Studium kam einiges vor, da mich zu diesem Zeitpunkt gewaltig genervt hat, nach 30-40 Jahren war es toll, davon schon gehört bzw. damit schon gearbeitet zu haben.
 

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