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Nutzungsrechte abtreten: wie könnte man vorgehen?

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Kaputnika
Kaputnika
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Liebes Forum,

man stelle sich folgendes Szenario vor:

Ein Musiker sei von einer PR-Agentur mit der musikalischen Untermalung eines Pressefilms für einen ihrer Kunden (ein bekanntes Fernsehformat) beauftragt worden. Um den Auftrag zu sichern, der ein Türöffner für ihn sein könnte, sichere er per email vorab etwas voreilig „alle Nutzungsrechte“, zeitlich unbegrenzt, für einen geringen Pauschalbetrag zu, wobei er nicht klar festgelegt habe WOFÜR GENAU. Ob nur für eine von ihm produzierte Version/Aufnahme des Songs oder gar für die Komposition als solche bliebe ungeklärt. Er wolle nun in seiner Rechnung an die PR-Agentur den Umfang der Nutzungsrechte festschreiben.

Der Film sei bereits mit seinem Song/ seiner Aufnahme hergestellt worden. Eine weitere Werbeagentur, die mit der CI (Corporate Identity) des Fernsehformats beauftragt sei, wolle nun seinen Song „was Athmosphäre und Stimmung“ angehe als Grundlage verwenden.
Er befürchte nun den totalen Ausverkauf seines Songs zum Spottpreis, und wolle retten was zu retten sei, und frage sich, wie er seine Rechnung formulieren könne um sich abzusichern, und erwäge z.B. folgende Formulierung:


"Mit Begleichung der Rechnung werden der "PR-Agentur XY" zur Verwendung für ihren Kunden "Fernsehformat ABC" zeitlich unbegrenzte Nutzungsrechte an der ausgehändigten "Ausführung/Produktion/Aufnahme" des Songs "Soundso" erteilt." (und eben nicht an der Komposition).


Er frage sich, wie er seine eigene Aufnahme, die Verwendung gefunden habe, hier konkret benennen könne (was könnte er an der Stelle "ausgehändigte Ausführung/Produktion/Aufnahme" schreiben?), und ob er durch diese Formulierung davor gefeit sei, daß seine Komposition ohne seine Genehmigung frei verwendet werden könne (z.b. zur Neuproduktion durch die Werbeagentur, Verwendung in TV-Spots etc.). Er frage sich, welche Formulierung sonst in Frage käme.
Die Gema o.ä. spiele hier übrigens keine Rolle, da der Musiker nicht angemeldet sei.

Dieses Szenario legt nahe, daß es gewiss der erste Auftrag dieser Art für jenen Musiker sein müsste.
Wie könnten wir dem unbeholfenen Neuling ratgeben?

Ich bin mir sicher, er wäre diesem Forum zu tiefem Dank verpflichtet ;)

---------- Post hinzugefügt um 13:37:53 ---------- Letzter Beitrag war um 02:43:05 ----------

ok, ich versuche mal zu konkretisieren:

welche begriffe sollte man verwenden, wenn die nutzungsrechte nur die gelieferte aufnahme des songs umfassen sollen, nicht jedoch den song/ die komposition an sich?

- Track?
- Produktion?
- Aufnahme?
- Ausführung?
- ...?
 
Eigenschaft
 
Gegenfrage: Würde sich der betroffene Musiker bei einem solchen Szenario wirklich auf die Meinungen/Einschätzungen der Musikerboardler als Handlungsvorlage verlassen wollen?

Gruss
TheMystery
 
***
Wie könnten wir dem unbeholfenen Neuling ratgeben?
***

offengesagt kann es hier nur einen seriösen Rat geben: das Investment in einen Fachanwalt nicht zu scheuen.

Nur er kann den Umfang der bereits geleisteten "Zusagen" gegen "Ich-möchte-retten-was-ich-kann" prof. abwägen und fundierte Aussagen machen.

Und da das Projekt offenbar in Zukunft noch ausgebaut werden soll, rentiert sich eine juristische Beratung definitiv.

LG
RJJC
 
das klingt erstmal eher besorgniserregend... leider kann der arme schlucker sich eigentlich auch keinen anwalt leisten. er wird wohl darüber nachdenken.

vielleicht trotzdem ein tip, wie er die rechnung formulieren könnte?

z.b. "es werden mit Begleichung der Rechnung zeitlich unbegrenzte Nutzungsrechte an der produzierten Aufnahme erteilt"

danke soweit
 
Erstmal: Es bestünde für den Urheber und Produzenten/Interpreten absolut kein Grund zur Panik.

Das deutsche Urheberrecht schützt den Urheber sehr stark:

1. Es ist immer das alleinige Problem des Lizenznehmers (Agentur, etc.) ganz genau vertraglich festzuhalten, DASS und v.a. WELCHE Nutzungsrechte er nun GENAU erworben hat. Im Zweifel gelten immer nur die Rechte als übertragen, die für die gemeinsam vereinbarte Nutzung unbedingt notwendig sind (sog. Zweckübertragungstheorie). In der Praxis bedeutet das, dass sich z.B. eine Agentur nicht mal eben mit einem einzeiligen Vertrag, schnell mal ein exklusives, übertragbares und zeitlich, sowie räumlich unbeschränktes Nutzungsrecht einräumen lassen kann, wenn eigentlich nur vereinbart ist, dass ein einzelner Film vertont wird.

2. Welche Rechte nun auch immer eingeräumt wurden, es gilt IMMER ein Anspruch auf angemessene Vergütung. Dieser kann immer auch im Nachhinein (bis zu 3 Jahre nach Vertragsabschluss) gefordert werden. Angemessen ist hier kein dehnbarer Begriff, es muss schon branchenüblich sein. Heranziehen kann man die GEMA-Tarife oder etwa die sog. DMV-Erfahrungsregeln. Als Beispiel: Letztere sehen für eine weltweite Fernsehauswertung Vergütungen ab 120 EUR/Sek vor, alleine für die "Sync-Lizenz" (also die Erlaubnis, eine Komposition überhaupt verwenden zu dürfen). Die einzelnen Nutzungen (Ausstrahlungen, etc.) sind damit noch nicht abgegolten und auch noch keine Master-Rechte (= an den Aufnahmen) berücksichtigt. Anderes Beispiel: Der Composers Club sieht als Mindesthonorar für eine Auftragskomposition inkl. 1 Jahr TV-Rechte für Deutschland im Bereich Werbespots ca. 10.000 EUR vor.

sichere er per email vorab etwas voreilig „alle Nutzungsrechte“, zeitlich unbegrenzt, für einen geringen Pauschalbetrag zu, wobei er nicht klar festgelegt habe WOFÜR GENAU.
Siehe "Zweckübertragunstheorie". In der Praxis wirken sich Unklarheiten immer zu lasten des Verwertes aus und nutzen damit dem Rechteinhaber (Urheber, Produzent, etc.).

Ob nur für eine von ihm produzierte Version/Aufnahme des Songs oder gar für die Komposition als solche bliebe ungeklärt.
Agentur XY würde Vereinbarungen für BEIDES benötigen. Auch hier gilt, in der Praxis gehen schlampige, unscharfe oder sogar gar nicht vorhandene Vereinbarungen zu Lasten des Verwerters. Ich kenne genügend "Pappenheimer" die - trotz teils langer Erfahrung - immer noch glauben sie könnten ein "Werk" kaufen, wie etwa ein Auto und damit machen, was sie wollen.

Er wolle nun in seiner Rechnung an die PR-Agentur den Umfang der Nutzungsrechte festschreiben.
Wie gesagt, das ist nicht das Problem des Urhebers. Normalerweise legen die Lizenznehmer umfangreiche und recht "wasserdichte" Verträge vor, eben weil sie wissen, dass das alles im Zweifel alleine IHR Problem ist. Es gibt aber wie gesagt genügend - auch seriöse - Verwerter, die das aus Unwissen, Zeitdruck, was-auch-immer nicht tun und sich auf solche Einzeiler und mündliche Schnell-Schnell-Vereinbarungen stützen. Das ist ihr Problem, der Urheber sollte "einen Teufel tun" ihnen das Problem abzunehmen. Je mehr er selbst den Umfang der Rechteübertragung einschränkt, desto besser. Wenn er es unnötig konkretisiert, ohne genau zu wissen, was er tut, läuft Gefahr was zu verschenken (nicht wirklich verschenken denn Punkt 2. oben gilt ja IMMER). Man sollte also soweit wie möglich den Umfang der Rechteübertragung einschränken und im Zweifel die Vereinbarung so unkonkret wie möglich lassen.

Ich persönlich würde AUF JEDEN FALL nur von einem EINFACHEN Nutzungsrecht sprechen, das bedeutet NICHT-EXKLUSIV.

Wenn nicht unbedingt und ausdrücklich gefordert, würde ich in die Rechnung GAR NICHTS von Nutzungsrechten schreiben, sondern alleine eine "Musikproduktion" oder "Tonaufnahme" in Rechnung stellen. Dann ist nämlich der Lizenznehmer "im Falle des Falles" in der unkomfortablen Position, belegen zu müssen, dass er überhaupt Nutzungsrechte erworben hat. Die Erstellung einer Musikproduktion und die Übertragung von Nutzungsrechten an dieser sind zwei völlig verschiedene Vorgänge.

Der Film sei bereits mit seinem Song/ seiner Aufnahme hergestellt worden.
Bei Film gilt übrigens, dass ALLEINE die HERSTELLUNG schon vom Urheber zu genehmigen ist. Erwirbt Agentur XY vielleicht dummerweise zu ihrem Nachteil "de jure" NUR dieses Recht?

Eine weitere Werbeagentur, die mit der CI (Corporate Identity) des Fernsehformats beauftragt sei, wolle nun seinen Song „was Athmosphäre und Stimmung“ angehe als Grundlage verwenden.
Eine weitere?! Es stellt sich ganz dringend die Frage, ob der Urheber der Agentur XY überhaupt ein ÜBERTRAGBARES Nutzungsrecht eingeräumt hat! Alleine nach der Zweckübertragungstheorie allerhöchstwahrscheinlich NICHT. Die weitere Agentur hat somit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine gültigen Nutzungsrechte, denn von Agentur XY kann sie diese NICHT bekommen! Das ist ein ganz neuer Verwendungszweck und vermutlich auch ganz anderer Verwerter, der getrennt zu betrachten und zu vergüten ist. Agentur XY denkt vermutlich - ganz der Pappenheimer - "man habe ja alle Rechte erworben und darf nun gänzlich schalten und walten, wie man will." Das könnte natürlich falscher nicht sein, nach dieser Logik könnte man auch EINE normale Windows-Lizenz kaufen und dann selbst beliebig vervielfältigen, verkaufen, sowie all das Dritten erlauben!


Er befürchte nun den totalen Ausverkauf seines Songs zum Spottpreis, und wolle retten was zu retten sei, und frage sich, wie er seine Rechnung formulieren könne um sich abzusichern, und erwäge z.B. folgende Formulierung:
Wie deutlich geworden ist, hat unser Urheber/Produzent alle Trümpfe in der Hand.


"Mit Begleichung der Rechnung werden der "PR-Agentur XY" zur Verwendung für ihren Kunden "Fernsehformat ABC" zeitlich unbegrenzte Nutzungsrechte an der ausgehändigten "Ausführung/Produktion/Aufnahme" des Songs "Soundso" erteilt." (und eben nicht an der Komposition).
Der Urheber sollte IMHO so wenig Rechte wie möglich übertragen: Auf jeden Fall nur ein EINFACHES Nutzungsrecht. Formulierungen wie zeitlich oder räumlich unbeschränkt würde ich vermeiden, wenn es die beispielhafte Agentur XY schluckt. Gut ist die Strategie, nur von der Aufnahme zu sprechen, also nur die Master-Rechte zu übertragen. Im Extremfall hat die Agentur dann gar keine Nutzungsrechte für die Komposition erworben, obwohl sie das müsste.


Er frage sich, wie er seine eigene Aufnahme, die Verwendung gefunden habe, hier konkret benennen könne (was könnte er an der Stelle "ausgehändigte Ausführung/Produktion/Aufnahme" schreiben?), und ob er durch diese Formulierung davor gefeit sei, daß seine Komposition ohne seine Genehmigung frei verwendet werden könne (z.b. zur Neuproduktion durch die Werbeagentur, Verwendung in TV-Spots etc.). Er frage sich, welche Formulierung sonst in Frage käme.
Wie gesagt, ein Urheber ist sowieso vor jeder ungenehmigten Verwendung und v.a. vor jeder nicht oder nicht angemessen vergüteten Nutzung gefeit.

Die Gema o.ä. spiele hier übrigens keine Rolle, da der Musiker nicht angemeldet sei.
Das hingegen wäre äußerst ungünstig. Erstens hätte der Urheber einen äußerst starken "Inkassoapparat" und "Anwalt" an seiner Seite, gegen den praktisch kein noch so großer Verwerter ankommt. Zweitens, wenn es um TV- und Radio geht, da bezahlen die Nutzer sowieso Pauschalen an die GEMA. Im Ergebnis hat der Urheber nur Nachteile und verschenkt erhebliche Ansprüche auf Ausschüttungen.

welche begriffe sollte man verwenden, wenn die nutzungsrechte nur die gelieferte aufnahme des songs umfassen
Das ist nicht so wichtig. Ich würde ganz old school "Tonaufnahme" oder "Musikaufnahme" schreiben.

All das ist meine ganz persönliche und laienhafte Meinung zu dieser beispielhaften Fallkonstruktion.

Teilweise hört sich das sicher nach "Kampf mit harten Bandagen" an. Um nicht missverstanden zu werden: Ich plädiere immer für einen möglichst fairen und menschlich und geschäftlich anständigen Umgang.

In der Praxis ist es jedoch natürlich so, dass Urheber regelmässig "kleine Einzelkämpfer" sind und es mit wirtschaftlich weit überlegenen Verwertern zu tun haben, die oft genug sowieso schon die Bedingungen diktieren können und auch häufig glauben, sie könnten alles machen, was sie wollen. Schon alleine von diesem ungleichen Krätfeverhältnis her gesehen ist also der Urheber fast immer "der kleine David" und somit moralisch "unantastbar". Wenn es "schmutzig" wird, dann geht das von dem aus, der es sich eben leisten kann und das sind naturgemäß meistens die Verwerter. Da finde ich es schon angebracht, sich als "kleiner Urheber" zumindest strategisch möglichst gut zu positionieren, dass man im "Falle des Falles" möglichst gut rechtlich abgesichert ist.

Natürlich ist "Recht haben" nicht gleich "Recht bekommen". Ein gern gebrachtes Argument, das aber überhaupt nicht greift, wenn es darum geht sich von Anfang an rechtlich möglichst günstig zu positionieren. Das ist immer von Vorteil. Das Argument ist aber auch ein Klischee. Wenn die Verwerter die Vereinbarungen falsch und/oder unzureichend treffen, dann meist so grundsätzlich und voll daneben, dass sie SO eindeutig im Unrecht sind, dass sie es sich nicht leisten können, "es drauf ankommen zu lassen."
In der Praxis kann ich da z.B. eine Mitgliedschaft bei "ver.di" empfehlen, da hat man als "Einzelkämpfer" eine Rechtsschutzversicherung, die explizit auch genau solche Fälle abdeckt.
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Ich soll von jenem Musiker, den es natürlich üüüüberhauptnicht gibt, besten Dank bestellen, das ist für eine grobe Einschätzung der Situation sehr hilfreich.
:great:
 

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