smartin
HCA-Gitarrenbau
Wegen Nachfrage hier direkt die nächste Doku.
Vorab sei gesagt: Bundabrichtung ist eine Stilfrage... das hält jeder Gitarrenbauer etwas anders, hat seine Lieblingswerkzeuge und eigene Vorgehensweisen - auch verschiedene Konstruktionsweisen verlangen andere Werkzeuge und Abläufe. Ich dokumentiere jetzt hier nur meine Art an einem konkreten Beispiel. Vielleicht schließen sich ja auch Kollegen an und kopieren ihre Beiträge rein oder schreiben selbst was (murle, Burki?! )
Mein Ausgangsbeispiel: Eine Gitarre mit Ahornhals, geschraubt. Prinzipiell kann meine Vorgehensweise auf alle Schraubhälse angewendet werden.
Die Vorrichtungen: Für Schraubhälse sind die Anforderungen an den Arbeitsplatz recht schlicht. Wir brauchen nur eine klassische Halsauflage. Achtung: Die Mechaniken sollten keinen Kontakt zum Tisch haben... andernfalls abbauen.
Wer sich an Gitarren mit geklebten Hälsen versuchen will, braucht zur korrekten Ausführung ein Stufensystem, dass eine gerade, großflächige Auflage ermöglicht. Manche helfen sich mit Zeitschriften und Bücherstapeln. Ich nehme eine Vorrichtung... die kleinen Gummiauflagen sind höhenverstellbar und können alle an das Profil der Gitarre angepasst werden. (hier nur zur Demonstration aufgelegt)
PTS !!! "Protect The Surface": Bei Palisander (oder vergleichbar) kann man sich den dicken Schutzpanzer aus Tape etwas sparen, wenn man vorsichtig ist. Bei Ahornhälsen ohne Lack (oder mit Mattlack) empfiehlt es sich sie komplett abzukleben, da Abrichtung eine recht schmutzige Angelegenheit ist und sich das Holz gerne verfärbt. Man kann bei Ahorn auch nur begrenzt mit Stahlwolle reinigen. Bei Palisandergriffbrettern kann der gesamte Dreck abschließend problemlos mit Stahlwolle entfernt werden. Hier mit vollständig abgeklebtem Hals:
Da es sich um ein Kundeninstrument mit tadelloser Kopfplattenlackierung handelt und wir hier mit Metallspänen arbeiten, empfiehlt es sich auch alle empfindlichen Oberflächen zu schützen:
Die Werkzeuge: Ich nutze zwei Abrichtblöcke im korrekten Griffbrettradius (gemessen mit Radienlehre). Der lange Block dient zur Gesamtabrichtung, der kurze zur partiellen Abrichtung von kurzen Stellen. Ich nutze zusätzlich einen dicken Edding (Erklärung später), diverse Kronenfeilen (zum Verrunden der Bünde nach dem Schleifen) und eine Bundkantenfeile. Die Bundkantenfeile wird nicht immer benötigt. Damit werden eventuell entstehende Kanten an den Bundenden abgefeilt. Ihre Seitenkanten sind verrundet und ohne Zähne. Dazu kommt Schleifpapier in 100, 240, 400, (800 optional), 1500 - entweder selbstklebend oder eben mit doppelseitigem Klebeband.
Zusätzlich erforderlich ist ein Haarlineal mit 500mm Länge. Diese sind leider sehr teuer, aber bei Ebay manchmal für etwa 70€ erhältlich - das ist dann zwar chinesiche Qualität und für die Industrie zu ungenau, aber für den Instrumentenbau reichen die ganz, ganz locker. Im Werkzeughandel kosten die etwa 200-400€. Wichtig ist, dass mindestens eine Seite schräg angeschliffen und die Messerkante poliert ist, um die Auflagefläche zu reduzieren.
Los gehts:
Ich schwärze die Bundoberfläche, weil....
....man im Lichtspaltverfahren mit dem Haarlineal dann mehr sehen kann und man es später sowieso machen muss.
Wir sehen, dass der Hals nicht gerade eingestellt ist. Das tun wir also soweit, bis die Spalte nur noch durch unterschiedliche Bundhöhen entstehen. Ist der Hals verzogen kann man hier den Hals so einstellen, dass er unter Saitenlast dann eine gerade Oberfläche erzeugt. Das ist allerdings nur für erfahrene Abrichter zu empfehlen.
Los geht die Grobabrichtung mit 100er Papier. Es ist darauf zu achten nicht zuviel Druck anzuwenden und den Schleifblock stets parallel zur Halsmittelachse zu führen.
Es wird solange geschliffen, bis auch die letzte schwarze Farbe herunter ist. Meist sind das nicht so schöne Kerben, sondern sogar kleine Flächen auf den Bünden.
Ist das Schliffbild einheitlich, kann auf die nächste Schleifstufe mit 240er gewechselt werden:
Wieder werden die Bünde geschwärzt und mit dem Haarlineal geprüft ob wir uns der sauberen "Ebene" nähern.
Nach dem wieder ein einheitliches Schliffbild entstanden ist, wird auf 400er Papier gewechselt, wieder mit Haarlineal überprüft, wieder geschwärzt.
Das Schliffbild ist nun deutlich feiner. Es ist beim 400er Papier auch darauf zu achten, dass wirklich eine einheitliche Oberfläche entsteht und nicht irgendwo schwarze Flecken übrig bleiben. Auf das Haarlineal ist regelmäßig aufzulegen um zu Prüfen ob alle Bünde gleichmäßig hoch sind.
Ist die Bundoberfläche übers gesamte Griffbrett okay, wird wieder geschwärzt. Es geht nun an die Verrundung der Bünde.
Ich erzeuge eine gleichmäßige Verrundung über alle Bünde, indem ich mich an dem verbleibenden, schwarzen Strich orentiere. Man muss es dabei nicht übertreiben...beim Polieren wir die Restfläche auch noch verrundet.
Ist über alle Bünde gleichmäßig verrundet, wir vorpoliert. Das mache ich mit 1500er Nassschleifpapier (angefeuchtet) und dem Zeigefinger:
Nach dem Vorpolieren, wird Feinpoliert.... das mache ich mit der Maschine. Man kann das auch mit Stahlwolle machen. Ich schließe der Feinpolitur immer noch eine leichte Mattierung mit 0000er Stahlwolle an, weil sich mehrere Kunden über zu glatte Bünde beschwert haben - Ich hielt das für quatsch, aber es kann tatsächlich ein Problem werden die Saiten NICHT zu benden, wenn die Bundoberfläche zu glatt ist. Ist und bleibt Geschmackssache... ich vermeide aber gern Probleme
Vom Prinzip her ist das Griffbrett jetzt fertig abgerichtet. Es wird abschließend nochmal mit dem Haarlineal geprüft ob wir "eben" sind. Danach kann ich das Klebeband entfernen und es ist damit gereinigt. Bei Palisandergriffbrettern ohne Abklebung reinigt man nun mit 000er und 0000er Stahlwolle.
Anschließend mit Spiritus nachreinigen (bei Nitro mit Naptha), Griffbrett ölen und Schmutzreste wegwischen.
Fertig!
PS: Bitte unterschätzt das Thema nicht.... Abrichtung ist kein Kinderspiel, auch wenn sie einfach aussieht. Wer es richtig machen will braucht gutes Werkzeug, Geduld und Präzision. Und wie Dan Erlewine immer so schön sagt: PRACTICE ON SCRAP ONLY!
PPS: Fehler bitte melden (per PN)...ich korrigiere dann.
Tschüß...
Vorab sei gesagt: Bundabrichtung ist eine Stilfrage... das hält jeder Gitarrenbauer etwas anders, hat seine Lieblingswerkzeuge und eigene Vorgehensweisen - auch verschiedene Konstruktionsweisen verlangen andere Werkzeuge und Abläufe. Ich dokumentiere jetzt hier nur meine Art an einem konkreten Beispiel. Vielleicht schließen sich ja auch Kollegen an und kopieren ihre Beiträge rein oder schreiben selbst was (murle, Burki?! )
Mein Ausgangsbeispiel: Eine Gitarre mit Ahornhals, geschraubt. Prinzipiell kann meine Vorgehensweise auf alle Schraubhälse angewendet werden.
Die Vorrichtungen: Für Schraubhälse sind die Anforderungen an den Arbeitsplatz recht schlicht. Wir brauchen nur eine klassische Halsauflage. Achtung: Die Mechaniken sollten keinen Kontakt zum Tisch haben... andernfalls abbauen.
Wer sich an Gitarren mit geklebten Hälsen versuchen will, braucht zur korrekten Ausführung ein Stufensystem, dass eine gerade, großflächige Auflage ermöglicht. Manche helfen sich mit Zeitschriften und Bücherstapeln. Ich nehme eine Vorrichtung... die kleinen Gummiauflagen sind höhenverstellbar und können alle an das Profil der Gitarre angepasst werden. (hier nur zur Demonstration aufgelegt)
PTS !!! "Protect The Surface": Bei Palisander (oder vergleichbar) kann man sich den dicken Schutzpanzer aus Tape etwas sparen, wenn man vorsichtig ist. Bei Ahornhälsen ohne Lack (oder mit Mattlack) empfiehlt es sich sie komplett abzukleben, da Abrichtung eine recht schmutzige Angelegenheit ist und sich das Holz gerne verfärbt. Man kann bei Ahorn auch nur begrenzt mit Stahlwolle reinigen. Bei Palisandergriffbrettern kann der gesamte Dreck abschließend problemlos mit Stahlwolle entfernt werden. Hier mit vollständig abgeklebtem Hals:
Da es sich um ein Kundeninstrument mit tadelloser Kopfplattenlackierung handelt und wir hier mit Metallspänen arbeiten, empfiehlt es sich auch alle empfindlichen Oberflächen zu schützen:
Die Werkzeuge: Ich nutze zwei Abrichtblöcke im korrekten Griffbrettradius (gemessen mit Radienlehre). Der lange Block dient zur Gesamtabrichtung, der kurze zur partiellen Abrichtung von kurzen Stellen. Ich nutze zusätzlich einen dicken Edding (Erklärung später), diverse Kronenfeilen (zum Verrunden der Bünde nach dem Schleifen) und eine Bundkantenfeile. Die Bundkantenfeile wird nicht immer benötigt. Damit werden eventuell entstehende Kanten an den Bundenden abgefeilt. Ihre Seitenkanten sind verrundet und ohne Zähne. Dazu kommt Schleifpapier in 100, 240, 400, (800 optional), 1500 - entweder selbstklebend oder eben mit doppelseitigem Klebeband.
Zusätzlich erforderlich ist ein Haarlineal mit 500mm Länge. Diese sind leider sehr teuer, aber bei Ebay manchmal für etwa 70€ erhältlich - das ist dann zwar chinesiche Qualität und für die Industrie zu ungenau, aber für den Instrumentenbau reichen die ganz, ganz locker. Im Werkzeughandel kosten die etwa 200-400€. Wichtig ist, dass mindestens eine Seite schräg angeschliffen und die Messerkante poliert ist, um die Auflagefläche zu reduzieren.
Los gehts:
Ich schwärze die Bundoberfläche, weil....
....man im Lichtspaltverfahren mit dem Haarlineal dann mehr sehen kann und man es später sowieso machen muss.
Wir sehen, dass der Hals nicht gerade eingestellt ist. Das tun wir also soweit, bis die Spalte nur noch durch unterschiedliche Bundhöhen entstehen. Ist der Hals verzogen kann man hier den Hals so einstellen, dass er unter Saitenlast dann eine gerade Oberfläche erzeugt. Das ist allerdings nur für erfahrene Abrichter zu empfehlen.
Los geht die Grobabrichtung mit 100er Papier. Es ist darauf zu achten nicht zuviel Druck anzuwenden und den Schleifblock stets parallel zur Halsmittelachse zu führen.
Es wird solange geschliffen, bis auch die letzte schwarze Farbe herunter ist. Meist sind das nicht so schöne Kerben, sondern sogar kleine Flächen auf den Bünden.
Ist das Schliffbild einheitlich, kann auf die nächste Schleifstufe mit 240er gewechselt werden:
Wieder werden die Bünde geschwärzt und mit dem Haarlineal geprüft ob wir uns der sauberen "Ebene" nähern.
Nach dem wieder ein einheitliches Schliffbild entstanden ist, wird auf 400er Papier gewechselt, wieder mit Haarlineal überprüft, wieder geschwärzt.
Das Schliffbild ist nun deutlich feiner. Es ist beim 400er Papier auch darauf zu achten, dass wirklich eine einheitliche Oberfläche entsteht und nicht irgendwo schwarze Flecken übrig bleiben. Auf das Haarlineal ist regelmäßig aufzulegen um zu Prüfen ob alle Bünde gleichmäßig hoch sind.
Ist die Bundoberfläche übers gesamte Griffbrett okay, wird wieder geschwärzt. Es geht nun an die Verrundung der Bünde.
Ich erzeuge eine gleichmäßige Verrundung über alle Bünde, indem ich mich an dem verbleibenden, schwarzen Strich orentiere. Man muss es dabei nicht übertreiben...beim Polieren wir die Restfläche auch noch verrundet.
Ist über alle Bünde gleichmäßig verrundet, wir vorpoliert. Das mache ich mit 1500er Nassschleifpapier (angefeuchtet) und dem Zeigefinger:
Nach dem Vorpolieren, wird Feinpoliert.... das mache ich mit der Maschine. Man kann das auch mit Stahlwolle machen. Ich schließe der Feinpolitur immer noch eine leichte Mattierung mit 0000er Stahlwolle an, weil sich mehrere Kunden über zu glatte Bünde beschwert haben - Ich hielt das für quatsch, aber es kann tatsächlich ein Problem werden die Saiten NICHT zu benden, wenn die Bundoberfläche zu glatt ist. Ist und bleibt Geschmackssache... ich vermeide aber gern Probleme
Vom Prinzip her ist das Griffbrett jetzt fertig abgerichtet. Es wird abschließend nochmal mit dem Haarlineal geprüft ob wir "eben" sind. Danach kann ich das Klebeband entfernen und es ist damit gereinigt. Bei Palisandergriffbrettern ohne Abklebung reinigt man nun mit 000er und 0000er Stahlwolle.
Anschließend mit Spiritus nachreinigen (bei Nitro mit Naptha), Griffbrett ölen und Schmutzreste wegwischen.
Fertig!
PS: Bitte unterschätzt das Thema nicht.... Abrichtung ist kein Kinderspiel, auch wenn sie einfach aussieht. Wer es richtig machen will braucht gutes Werkzeug, Geduld und Präzision. Und wie Dan Erlewine immer so schön sagt: PRACTICE ON SCRAP ONLY!
PPS: Fehler bitte melden (per PN)...ich korrigiere dann.
Tschüß...
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