Nachdem ich nun auch lange auf der Suche nach einer passenden Bridge für meine 95er Sheraton war, möchte ich hier meine Erfahrungen weitergeben - vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen.
Vorneweg: Ich habe keine Ahnung, warum Gibson bzw. Epiphone das eine Zeit lang so gemacht haben. In erster Linie betrifft es wohl Epiphones aus den späten 80ern und den 90ern, die noch aus Korea stammen. Mittlerweile besteht das Problem meines Wissens nicht mehr, auch Epiphone hat seit einige Jahren einen 74er Abstand. Nichtdestotrotz gibt es nach wie vor einen Unterschied zwischen Gibson- und Epiphone-Bridges: Epiphone verwendet M8-Bolzen, die oben 6mm breit sind; Gibson allerdings M4-Bolzen, die oben 4mm breit sind - hierzu gibt es aber entsprechende Adapter (siehe z.B.
hier). Für diesen Absatz übernehme ich übrigens keine Garantie, das sind meine subjektiven Einschätzungen
Wer das Pech hat, und eine Gitarre mit 72er-Abstand besitzt, bei der er gerne die Bridge tauschen möchte, der hat verschiedene Möglichkeiten, die ich im folgenden kurz vorstellen möchte:
1. Bridge aufbohren
Das war mein erster Ansatz. Ich hatte eine 74er Graph-Tech-Bridge, die ich mir beim Gitarrentechniker habe aufbohren lassen. Das funktionierte zwar einigermaßen, sah aber katastrophal aus. Aufgrund anderer Bastelarbeiten hatte ich die Bridge irgendwann ziemlich geschrottet (Schadenfrohe seien
hierauf verwiesen
), sodass ich mich von dieser Idee wieder verabschiedet hatte.
Das muss aber erstmal nichts heißen. In einem englischsprachigen Forum hatte ich von jmd gelesen, der die gleiche Idee hatte und dafür hoch gelobt wurde. Während meiner Suche auf dem Gebrauchtmarkt (s. u.) sind mir auch einige Bridges über den Weg gelaufen, die aufgebohrt worden waren - allerdings nur, um den Durchmesser für die Bolzen zu vergrößern, nicht um den Abstand auszugleichen. Nichtsdestotrotz könnte ich mir vorstellen, dass das ordentlich aussehen und funktionieren kann, wenn man das sorgfältig und gewissenhaft macht. Eine Idee, die mir erst später kam, ist dabei folgende: Evtl. könnte man eine M4-Bridge als Ausgangsbasis nehmen, die dann auf M8 und 72mm aufgebohrt wird. Das Spiel der Bolzen dürfte dann relativ gering werden. Zudem kann man evtl. Madenschrauben einsetzen, um die Bridge an den Bolzen zu fixieren.
2. Gitarre modifizieren
Diesen Tipp gab mir der nette Herr vom Epiphone-Support, den ich wegen der genauen Maße meiner Bridge angeschrieben hatte;
"However, I am told that a drop in replacement is very difficult to find. Most people who are changing out the bridge usually modify the guitar to fit the standard size bridge."
Wie man das genau macht, weiß ich nicht. Vermutlich werden die Löcher für die Gewinde ausgefüllt und dann neu gebohrt. Ich habe mich letztendlich dagegen entschieden, da ich Angst hatte, dass sich das zu sehr auf den Sound auswirken wird. Ob dem wirklich so ist, kann ich aber nicht beurteilen. Gerade für Leute, die gerne mit verschiedenen Bridges experimentieren wollen, sicher eine Option! Im Zweifel einfach mal beim Gitarrenbauer nachfragen und sich beraten lassen!
3. Greasy Groove Bridge
Wie oben schon angedeutet, ist die
Greasy Groove-Bridge wohl die einzige 72er Bridge, die man von der Stange auf dem Markt erwerben kann. Leider gibt es die definitiv nur in schwarz, habe extra nachgefragt. Den Hersteller wollte man mir nicht so wirklich verraten; es ist wohl eine Fabrik in Fernost, die man als Privatkunde sicher gar nicht direkt kontaktieren kann.
4. Bridge anfertigen lassen
Bei
ABM teilte man mir mit, dass man mit dem Problem vertraut sei und man Sonder-Anfertigungen machen könnte. Das sind dann auch keine aufgebohrten Teile oder etwas in der Art; die Bridge wird neu mit einem Abstand von 72mm produziert. Nachteil: Der Preis (Farbe: gold) beläuft sich auch 179€!!! Das sei aufgrund des hohen Aufwands einer Einzelanfertigung nicht anders zu machen. Ob dem wirklich so ist, kann ich nicht beurteilen. Mir war es jedenfalls zu viel, auch wenn das für jmd, der gar keine Kompromisse eingehen möchte, vielleicht die Lösung ist! Hier lässt sich dann auch genau auswählen, ob ABR-1 oder Nashville und ob Locking oder nicht. Zudem ist die Farbe variabel.
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass hier bei anderen Herstellern noch was geht. Ich selbst habe sonst nur noch GraphTech angefragt, die das nicht machen. Aber es gibt ja auch noch Schaller, Gotoh, Duesenberg, TonePros, ...
5. Gebrauchtmarkt
Hier bin ich letztendlich fündig geworden! Zunächst: Vielen, vielen Dank an Eggi für seinen Tipp!
Eigentlich naheliegend: Diese Bridges wurden über einen längeren Zeitraum gebaut, also ist es doch recht wahrscheinlich, dass früher auch mal Replacements dafür angefertigt wurden. Und so ist es auch. Zugegebenermaßen habe ich ebay u. Ä. gar nicht beobachtet, sondern mich auf Eggis Tipp hin direkt an
Gregor Hilden gewandt. Der hat tatsächlich einige passende Bridges bei sich in der Schublade liegen. So bin ich schließlich an eine super TonePros-Bridge zu einem fairen Preis (50€) gekommen. Leider geaged, was nicht zur übrigen Hardware passt, aber gut, einen Tod muss man sterben... Auf diese TonePros könnte ich sogar GraphTech-Sättel montieren, was die ursprüngiche Idee war. Jetzt warte ich aber erstmal, ob es so überhaupt zu Problemen mit dem Bigsby kommt. Kurios: Besagte Bride war schon aufgebohrt - und zwar auf 4mm! D.h. die ursprünglichen Öffnungen waren noch kleiner. Wofür man das so gemacht hat, weiß ich nicht. Gregor hatte auch noch einige Bridges da, auf die meine 4M-8M-Adapter (die ich für die TonePros brauchte) nicht gepasst haben. Hier gilt wohl auch: Was irgendwie genormt sein könnte, ist es sicher nicht!
Mein Tipp bzw. Fazit bleibt: Einfach mal die örtlichen Gurus und Gitarrenbauer anschreiben, möglicherweise habe die noch was auf dem Dachboden liegen, was passt!
Ich hoffe, ich konnte dem ein oder anderen, der zukünftig vor dem gleichen Problem steht, ein bisschen Arbeit abnehmen.