DerOnkel
HCA Elektronik Saiteninstrumente
Die Pickup-Database
Einleitung
Elektromagnetische Tonabnehmer für die Elektrogitarre und den Elektrobaß gibt es wie Sand am Meer. Wenn man den Werbeaussagen der vielen Hersteller glauben darf, dann hat jeder "die" ultimative Lösung in Sachen Sound im Angebot, was häufig durch entsprechende Namen und blumige Beschreibungen unterstrichen wird.
Viel wichtiger als irgendwelche "Sprüche" sind jedoch die elektrischen Daten dieser Sensoren, denn immerhin handelt es sich ja um technische Geräte, deren Eigenschaften sich sehr gut charakterisieren lassen. Aber gerade diese Angaben bleiben die Hersteller ihren Kunden in der Mehrzahl schuldig. Sind die Daten bekannt, so werden sie häufig nicht veröffentlicht, um das eigene Produkt nicht vergleichbar zu machen. Oftmals sind die Daten auch gar nicht bekannt, da die - meist kleinen - Hersteller nicht über das notwendige Wissen und die Gerätschaften zur Bestimmung dieser Daten verfügen.
An dieser Stelle möchte ich den Versuch starten, diesem "Mißstand" ein wenig abzuhelfen.
1. Messungen
Die Bestimmung der elektrischen Daten eines Tonabnehmers ist nicht ganz einfach, da er insgesamt betrachtet eine Impedanz darstellt, die sowohl kapazitiv oder induktiv wirken kann. Es ist daher unumgänglich, Messungen bei verschiedenen Frequenzen vorzunehmen!
Bild 1: Verwendete MeßgeräteGleichstromwiderstand R
Am leichtesten läßt sich der Gleichstromwiderstand messen, auch wenn er die geringste Aussage zum Übertragungsverhalten liefert. Hier beträgt die Meßfrequenz 0Hz. Es handelt sich also um eine Gleichstrommessung. Der Gleichstromwiderstand wurde grundsätzlich mit dem Digitalmultimeter M-4650 der Firma Metex bestimmt.
Induktivität L
Um die Induktivität des Tonabnehmers ohne eine aufwändige Wechselstrommeßreihe zu ermitteln, wird ein Induktivitätsmeßgerät benötigt, welches mit einer möglichst geringen Frequenz arbeitet. Nur dann kann der kapazitive Anteil der Impedanz vernachlässigt werden. Viele Induktivitätsmeßgeräte verwenden eine feste Frequenz von 1kHz, was für eine seriöse Bestimmung der Induktivität unzureichend ist. Besser wären 100Hz oder weniger. Nimmt man einen Tonabnehmer mit L=3H und C=100pF an, so macht der kapazitive Blindleitwert bei einer Frequenz von 100Hz nur noch 0,01% des induktiven Blindleitwertes aus. Diese Frequenz ist also durchaus geeignet und verspricht einen vergleichsweise geringen Fehler.
Ich verwende für diese Messungen ein Meterman LCR55, welches nur im Bereich 20H mit einer Frequenz von 100Hz genutzt wird, denn in kleineren Bereichen wird hier auch mit 1kHz gearbeitet. Das Ergebnis wird mit einem Korrekturfaktor von 0,85 multipliziert, der sich empirisch aus dem Vergleich einiger Messungen mit einer hochwertigen RLC-Meßbrücke ergeben hat.
Kapazität C
Für die Bestimmung der Kapazität gelten vergleichbare Verhältnisse, wie bei der Induktivität. Allerdings wird hier eine möglichst große Meßfrequenz benötigt. Um einen Fehler von 0,01% zu erreichen, ist bei dem eben angenommenen Tonabnehmer eine Frequenz von gut 850kHz erforderlich. Handelsübliche Kapazitätsmeßgeräte, wie sie auch schon in besseren Multimetern enthalten sind, nutzen im relevanten Kapazitätsbereich bis 2µF eine Frequenz von 1kHz. Wer der Kapazität unseres Beispieltonabnehmers mit einem solchen Meßgerät zu Leibe rückt, wird mit einem Ergebnis von 8,4nF "belohnt", was ja nur das 84-fache der eigentlichen Kapazität ist! Tja, wer mißt, mißt Mist!
Es soll tatsächlich schon Hersteller gegeben haben, die mit solchen Mondwerten hausieren gegangen sind. Sie zeugen also nicht von Kompetenz ihrer "Ermittler", sondern von schlichter elektrotechnischer Ahnungslosigkeit! Wie gut, daß die betreffenden Damen und Herren keine Bremsen für Autos entwickeln!
Die Schlußfolgerung aus den eben gemachten Überlegungen ist so einfach wie deprimierend: Die Kapazität eines Tonabnehmers läßt sich mit herkömmlichen Meßgeräten nicht ermitteln! Diese Erkenntnis ist auch der Grund dafür, daß man in der Regel nur Angaben zur Induktivität findet. Wer nicht bereit ist, mehrere Tausend Euro für einen geeigeten Meßplatz auszugeben oder mit elektrotechnischem Sachverstand andere indirekte Wege zu beschreiten, der muß auf diese Messung einfach verzichten.
Diese Tatsache ist nun allerdings nicht so dramatisch, denn der Tonabnehmer wird immer mit einer externen kapazitiven Last in Form des Instrumentenkabels betrieben. Diese ist mit einer Kapazität von 500 bis 1000pF locker um den Faktor 10 größer, als die gesamte Kapazität normaler Tonabnehmer. Der resultierende Fehler bei der Berechnung der Resonanzfrequenz bleibt bei typischen Humbuckern unter 5%. Bei Single-Coils ist der Fehler immer kleiner als 10%.
Man kann diesen Fehler weiter minimieren, indem man das Kapazitätswiderstandsverhältnis bekannter Tonabnehmer statistisch auswertet und die Kapazität mit Hilfe dieses Ergebnisses aus dem Gleichstromwiderstand abschätzt. Ich verwende für eine Spule zur Zeit einen Wert von 16,1fF/Ohm. Der mir bekannte "Protomatic-V"-Humbucker von Aria hat einen Widerstand von 11,8kOhm. Damit ergibt sich eine Kapazität von 16,1fF/Ohm*11,8kOhm/2 = 95pF. Da beide Spulen in Reihe geschaltet sind, ist die Kapazität dann nur halb so groß, also 47,5pF, was ziemlich genau dem originalen Wert entspricht. Wendet man diese Daten auf den Stratocastertonabnehmer an, wie er von Helmuth Lemme charakterisiert wurde, so erhält man eine Kapazität von 92pF. Der Fehler beträgt hier nur 18pF.
Magnetische Polarität
Spätestens wenn man mehrere Tonabnehmer miteinander kombinieren möchte, sollte man, neben der elektrischen Polarität, auch über die magnetische Polarität informiert sein. Hier tritt jedoch leicht eine gewisse Verwirrung auf. Als Meßgerät der Wahl bietet sich der sogenannte Kompass an, den man heute auch schon für wenig Geld in einigen Supermärkten erwerben kann. Wie man die Messung vornimmt, zeigt das nächste Bild am Beispiel eines Single-Coil.
Bild 2: Feststellung der magnetischen Polarität mit Hilfe eines Kompass
Wie man sieht, zeigt die "Südnadel" des Kompass auf die Pole des Tonabnehmers. Folglich sind bei diesem Tonabnehmer die Südpole zu den Saiten ausgerichtet! Aber stimmt das wirklich?
Fakt ist, daß man nach der Entdeckung der Magnetit-Nadel, das Ende der Nadel, welches nach Norden zeigte, konsequenterweise auch als Nordpol der Nadel bezeichnete. Erst später entdeckte man, daß sich nur gegensätzliche Pole anziehen. Jetzt hatte man zwei Nordpole, die aus physikalischer Sicht nicht zusammenpassten. Da man die Bezeichnung der Kompassnadel beibehalten hat, folgt daraus, daß unser geografischer Nordpol tatsächlich ein magnetischer Südpol ist!
Für unser Messung der magnetischen Polarität in Bild 2 bedeutet diese Erkenntnis, daß bei dem Tonabnehmer die Nordpole zu den Saiten hin ausgerichtet sind.
2. Simulation
Das, was man im allgemeinen als "Klang" eines Tonabnehmers bezeichnet, wird aus technischer Sicht durch das sogenannte Übertragungsverhalten beschrieben. Hier spielen jedoch mehrere Effekte eine Rolle, die nicht ausschließlich den elektrischen Eigenschaften des Tonabnehmers zuzuordnen sind.
Die nachfolgenden Daten sind teilweise das Ergebnis einer Simulation in der, mit Hilfe der ermittelten elektrischen Daten des Tonabnehmers und einer angenommenen Belastung, die Resonanzfrequenz (fd) und die Spitze der Resonanz (G(fd)) berechnet wurden. Dabei wurde von der typischen Schaltung einer Elektrogitarre ausgegangen, die über ein Kabel mit dem Eingang eines Verstärkers verbunden ist:
Bild 3: Standardschaltung mit Tonblende und Lautstärkeeinsteller
Für diese Schaltung wurden folgende Werte verwendet:
Da die Kapazität des Instrumentenkabels eine maßgebliche Rolle bei der entstehenden Klangeinfärbung spielt, stellte sich die Frage, welchen Wert man als Referenz zugrunde legen sollte. Die Entscheidung fiel dann zu Gunsten eines 6 Meter langen Kabels "Sommer The Spirit", welches einen Kapazitätsbelag von 78pF/m aufweist. Damit ergibt sich eine Lastkapazität von CK=468pF.
Die Potentiometer PT und PV haben bei Single-Coils einen Kennwiderstand von 250kOhm und bei Humbuckern 500kOhm. Der Tonabnehmer wird in dieser Schaltung durch die Elemente Ls, Rs und Cs repräsentiert. Im weiteren Verlauf werden sie kurz als L, R und C bezeichnet.
Das Ergebnis einer Simulation kann sehr vielschichtig sein. Im Normalfall ist es vollkommen ausreichend zu wissen, wo sich die Resonanzfrequenz befindet und wie stark die Resonanzspitze ausgeprägt ist. Das läßt sich mit zwei einfachen Zahlen sagen. Wie es aussieht, wenn man die - teilweise ungeliebte - Tonblende "zu" macht, läßt sich natürlich auch berechnen. Wieder zwei Zahlen! Und bei einem Humbucker besteht die Möglichkeit, ihn in insgesamt drei Modi zu betreiben: In Reihe, als Single-Coil und Parallel. Damit ergeben sich 3x(2+2)=12 Zahlen, die im Grunde genommen alles Wesentliche aussagen. Schöner ist natürlich immer ein nettes Bild, denn selbiges sagt ja bekanntlich mehr als tausend Worte...
Betrachten wir dazu das obere Diagramm in Bild 4. Hier sind insgesamt drei Paare von Amplitudengängen eines Humbuckers dargestellt. Mit der üblichen Reihenschaltung der beiden Spulen (Serial, Blau) entsteht eine Resonanz bei einer Frequenz von etwas mehr als 3kHz. Die Spitze beträgt dabei 6dB (Damit hätten wir schon unsere ersten zwei Zahlen gefunden)! Das heißt, der Tonabnehmer "betont" den Frequenzbereich von 2kHz bis 4kHz besonders. Die tiefen Frequenzen unter 1kHz bleiben quasi unbeeinflußt. Ab einer Frequenz von 5kHz wird das Signal immer stärker gedämpft. Man kann also sagen, daß größere Frequenzen quasi nicht mehr übertragen werden.
Wie sich die Verhältnisse darstellen, wenn man die Tonblende "zu" macht, zeigt die gepunktete blaue Linie. Hier liegt die Resonanz bei einer Frequenz von 500Hz mit einer Spitze von 4,5dB. Mit diesen Erkenntnissen stellt die Deutung der anderen beiden Paare kein Problem mehr dar.
Bild 4: Amplitudengang und potentieller Resonanzverlauf
Wer einen Tonabnehmer kauft, darf jedoch nicht erwarten, daß sich genau die Resonanzen einstellen, die in den oberen Amplitudengängen beispielhaft dargestellt wurden. Schon ein Kabel mit einem anderen Kapazitätsbelag oder eine andere Kabellänge verändert die kapazitive Belastung und damit auch die Lage der Resonanzen. Mancher wird jetzt fragen: "Aber wenn das so schwanken kann, wozu ist diese Angabe denn gut?" Die Antwort darauf ist ganz einfach: Mit dieser quasi standardisierten Belastung lassen sich verschiedene Tonabnehmer leicht miteinander vergleichen!
Um zu beurteilen, wie sich die Resonanz eines speziellen Tonabnehmers unter verschiedenen kapazitiven Belastungen entwickelt, kann das untere Diagramm herangezogen werden. Es zeigt quasi das klangliche Potential des Tonabnehmers auf. Als Referenz dient wieder das schon bekannte "Sommer The Spirit".
Wie ist das Diagramm jetzt zu verstehen? Ganz einfach!
Bei einer Kabellänge von 6m ergibt sich eine Resonanzfrequenz von rund 3kHz (abzulesen an der roten Kurve und der rechten Achse) mit einer Spitze von 6,2dB (abzulesen an der blauen Kurve und der linken Achse). Wird das Kabel um 2m verlängert (+2x78pF), dann verringert sich die Resonanz auf 2,8kHz und die Spitze steigt auf 6,8dB. Generell kann man sagen, daß sich die Resonanzfrequenz mit steigender Kabellänge verringert und die Spitze erhöht sich. Damit kann man leicht abschätzen, wie sich dieser Tonabnehmer bei verschiedenen Lasten verhält.
Mit diesem Kombi-Diagramm hat man also eine sehr gute Übersicht über die wichtigsten klanglichen Eigenschaften des Tonabnehmers.
3. Die Daten...
... sind leider nicht Bestandteil dieses Beitrages. Da es in der Natur der Sache liegt, daß eine solche Datenbank wächst und gewissen Korrekturen unterworfen ist, verweise ich an dieser Stelle einfach auf die entsprechenden Seiten bei den Guitar-Letters.
Fazit
Mit diesem Beginn einer Tonabnehmerdatenbank erhält man erstmalig die Möglichkeit, verschiedene Tonabnehmer objektiv miteinander zu vergleichen. Daß verschiedene Hersteller darüber nicht glücklich sein werden, liegt auf der Hand. Vielleicht nimmt der eine oder andere das ja zum Anlaß, doch elektrische Daten zu veröffentlichen. Das wäre in jedem Fall im Sinne des Verbrauchers!
Ulf
Einleitung
Elektromagnetische Tonabnehmer für die Elektrogitarre und den Elektrobaß gibt es wie Sand am Meer. Wenn man den Werbeaussagen der vielen Hersteller glauben darf, dann hat jeder "die" ultimative Lösung in Sachen Sound im Angebot, was häufig durch entsprechende Namen und blumige Beschreibungen unterstrichen wird.
Viel wichtiger als irgendwelche "Sprüche" sind jedoch die elektrischen Daten dieser Sensoren, denn immerhin handelt es sich ja um technische Geräte, deren Eigenschaften sich sehr gut charakterisieren lassen. Aber gerade diese Angaben bleiben die Hersteller ihren Kunden in der Mehrzahl schuldig. Sind die Daten bekannt, so werden sie häufig nicht veröffentlicht, um das eigene Produkt nicht vergleichbar zu machen. Oftmals sind die Daten auch gar nicht bekannt, da die - meist kleinen - Hersteller nicht über das notwendige Wissen und die Gerätschaften zur Bestimmung dieser Daten verfügen.
An dieser Stelle möchte ich den Versuch starten, diesem "Mißstand" ein wenig abzuhelfen.
1. Messungen
Die Bestimmung der elektrischen Daten eines Tonabnehmers ist nicht ganz einfach, da er insgesamt betrachtet eine Impedanz darstellt, die sowohl kapazitiv oder induktiv wirken kann. Es ist daher unumgänglich, Messungen bei verschiedenen Frequenzen vorzunehmen!
Bild 1: Verwendete Meßgeräte
Am leichtesten läßt sich der Gleichstromwiderstand messen, auch wenn er die geringste Aussage zum Übertragungsverhalten liefert. Hier beträgt die Meßfrequenz 0Hz. Es handelt sich also um eine Gleichstrommessung. Der Gleichstromwiderstand wurde grundsätzlich mit dem Digitalmultimeter M-4650 der Firma Metex bestimmt.
Induktivität L
Um die Induktivität des Tonabnehmers ohne eine aufwändige Wechselstrommeßreihe zu ermitteln, wird ein Induktivitätsmeßgerät benötigt, welches mit einer möglichst geringen Frequenz arbeitet. Nur dann kann der kapazitive Anteil der Impedanz vernachlässigt werden. Viele Induktivitätsmeßgeräte verwenden eine feste Frequenz von 1kHz, was für eine seriöse Bestimmung der Induktivität unzureichend ist. Besser wären 100Hz oder weniger. Nimmt man einen Tonabnehmer mit L=3H und C=100pF an, so macht der kapazitive Blindleitwert bei einer Frequenz von 100Hz nur noch 0,01% des induktiven Blindleitwertes aus. Diese Frequenz ist also durchaus geeignet und verspricht einen vergleichsweise geringen Fehler.
Ich verwende für diese Messungen ein Meterman LCR55, welches nur im Bereich 20H mit einer Frequenz von 100Hz genutzt wird, denn in kleineren Bereichen wird hier auch mit 1kHz gearbeitet. Das Ergebnis wird mit einem Korrekturfaktor von 0,85 multipliziert, der sich empirisch aus dem Vergleich einiger Messungen mit einer hochwertigen RLC-Meßbrücke ergeben hat.
Kapazität C
Für die Bestimmung der Kapazität gelten vergleichbare Verhältnisse, wie bei der Induktivität. Allerdings wird hier eine möglichst große Meßfrequenz benötigt. Um einen Fehler von 0,01% zu erreichen, ist bei dem eben angenommenen Tonabnehmer eine Frequenz von gut 850kHz erforderlich. Handelsübliche Kapazitätsmeßgeräte, wie sie auch schon in besseren Multimetern enthalten sind, nutzen im relevanten Kapazitätsbereich bis 2µF eine Frequenz von 1kHz. Wer der Kapazität unseres Beispieltonabnehmers mit einem solchen Meßgerät zu Leibe rückt, wird mit einem Ergebnis von 8,4nF "belohnt", was ja nur das 84-fache der eigentlichen Kapazität ist! Tja, wer mißt, mißt Mist!
Es soll tatsächlich schon Hersteller gegeben haben, die mit solchen Mondwerten hausieren gegangen sind. Sie zeugen also nicht von Kompetenz ihrer "Ermittler", sondern von schlichter elektrotechnischer Ahnungslosigkeit! Wie gut, daß die betreffenden Damen und Herren keine Bremsen für Autos entwickeln!
Die Schlußfolgerung aus den eben gemachten Überlegungen ist so einfach wie deprimierend: Die Kapazität eines Tonabnehmers läßt sich mit herkömmlichen Meßgeräten nicht ermitteln! Diese Erkenntnis ist auch der Grund dafür, daß man in der Regel nur Angaben zur Induktivität findet. Wer nicht bereit ist, mehrere Tausend Euro für einen geeigeten Meßplatz auszugeben oder mit elektrotechnischem Sachverstand andere indirekte Wege zu beschreiten, der muß auf diese Messung einfach verzichten.
Diese Tatsache ist nun allerdings nicht so dramatisch, denn der Tonabnehmer wird immer mit einer externen kapazitiven Last in Form des Instrumentenkabels betrieben. Diese ist mit einer Kapazität von 500 bis 1000pF locker um den Faktor 10 größer, als die gesamte Kapazität normaler Tonabnehmer. Der resultierende Fehler bei der Berechnung der Resonanzfrequenz bleibt bei typischen Humbuckern unter 5%. Bei Single-Coils ist der Fehler immer kleiner als 10%.
Man kann diesen Fehler weiter minimieren, indem man das Kapazitätswiderstandsverhältnis bekannter Tonabnehmer statistisch auswertet und die Kapazität mit Hilfe dieses Ergebnisses aus dem Gleichstromwiderstand abschätzt. Ich verwende für eine Spule zur Zeit einen Wert von 16,1fF/Ohm. Der mir bekannte "Protomatic-V"-Humbucker von Aria hat einen Widerstand von 11,8kOhm. Damit ergibt sich eine Kapazität von 16,1fF/Ohm*11,8kOhm/2 = 95pF. Da beide Spulen in Reihe geschaltet sind, ist die Kapazität dann nur halb so groß, also 47,5pF, was ziemlich genau dem originalen Wert entspricht. Wendet man diese Daten auf den Stratocastertonabnehmer an, wie er von Helmuth Lemme charakterisiert wurde, so erhält man eine Kapazität von 92pF. Der Fehler beträgt hier nur 18pF.
Magnetische Polarität
Spätestens wenn man mehrere Tonabnehmer miteinander kombinieren möchte, sollte man, neben der elektrischen Polarität, auch über die magnetische Polarität informiert sein. Hier tritt jedoch leicht eine gewisse Verwirrung auf. Als Meßgerät der Wahl bietet sich der sogenannte Kompass an, den man heute auch schon für wenig Geld in einigen Supermärkten erwerben kann. Wie man die Messung vornimmt, zeigt das nächste Bild am Beispiel eines Single-Coil.
Bild 2: Feststellung der magnetischen Polarität mit Hilfe eines Kompass
Wie man sieht, zeigt die "Südnadel" des Kompass auf die Pole des Tonabnehmers. Folglich sind bei diesem Tonabnehmer die Südpole zu den Saiten ausgerichtet! Aber stimmt das wirklich?
Fakt ist, daß man nach der Entdeckung der Magnetit-Nadel, das Ende der Nadel, welches nach Norden zeigte, konsequenterweise auch als Nordpol der Nadel bezeichnete. Erst später entdeckte man, daß sich nur gegensätzliche Pole anziehen. Jetzt hatte man zwei Nordpole, die aus physikalischer Sicht nicht zusammenpassten. Da man die Bezeichnung der Kompassnadel beibehalten hat, folgt daraus, daß unser geografischer Nordpol tatsächlich ein magnetischer Südpol ist!
Für unser Messung der magnetischen Polarität in Bild 2 bedeutet diese Erkenntnis, daß bei dem Tonabnehmer die Nordpole zu den Saiten hin ausgerichtet sind.
2. Simulation
Das, was man im allgemeinen als "Klang" eines Tonabnehmers bezeichnet, wird aus technischer Sicht durch das sogenannte Übertragungsverhalten beschrieben. Hier spielen jedoch mehrere Effekte eine Rolle, die nicht ausschließlich den elektrischen Eigenschaften des Tonabnehmers zuzuordnen sind.
Die nachfolgenden Daten sind teilweise das Ergebnis einer Simulation in der, mit Hilfe der ermittelten elektrischen Daten des Tonabnehmers und einer angenommenen Belastung, die Resonanzfrequenz (fd) und die Spitze der Resonanz (G(fd)) berechnet wurden. Dabei wurde von der typischen Schaltung einer Elektrogitarre ausgegangen, die über ein Kabel mit dem Eingang eines Verstärkers verbunden ist:
Bild 3: Standardschaltung mit Tonblende und Lautstärkeeinsteller
Für diese Schaltung wurden folgende Werte verwendet:
CT=22nF, RT=0Ohm, Rin=1MOhm, Cin=0pF
Da die Kapazität des Instrumentenkabels eine maßgebliche Rolle bei der entstehenden Klangeinfärbung spielt, stellte sich die Frage, welchen Wert man als Referenz zugrunde legen sollte. Die Entscheidung fiel dann zu Gunsten eines 6 Meter langen Kabels "Sommer The Spirit", welches einen Kapazitätsbelag von 78pF/m aufweist. Damit ergibt sich eine Lastkapazität von CK=468pF.
Die Potentiometer PT und PV haben bei Single-Coils einen Kennwiderstand von 250kOhm und bei Humbuckern 500kOhm. Der Tonabnehmer wird in dieser Schaltung durch die Elemente Ls, Rs und Cs repräsentiert. Im weiteren Verlauf werden sie kurz als L, R und C bezeichnet.
Das Ergebnis einer Simulation kann sehr vielschichtig sein. Im Normalfall ist es vollkommen ausreichend zu wissen, wo sich die Resonanzfrequenz befindet und wie stark die Resonanzspitze ausgeprägt ist. Das läßt sich mit zwei einfachen Zahlen sagen. Wie es aussieht, wenn man die - teilweise ungeliebte - Tonblende "zu" macht, läßt sich natürlich auch berechnen. Wieder zwei Zahlen! Und bei einem Humbucker besteht die Möglichkeit, ihn in insgesamt drei Modi zu betreiben: In Reihe, als Single-Coil und Parallel. Damit ergeben sich 3x(2+2)=12 Zahlen, die im Grunde genommen alles Wesentliche aussagen. Schöner ist natürlich immer ein nettes Bild, denn selbiges sagt ja bekanntlich mehr als tausend Worte...
Betrachten wir dazu das obere Diagramm in Bild 4. Hier sind insgesamt drei Paare von Amplitudengängen eines Humbuckers dargestellt. Mit der üblichen Reihenschaltung der beiden Spulen (Serial, Blau) entsteht eine Resonanz bei einer Frequenz von etwas mehr als 3kHz. Die Spitze beträgt dabei 6dB (Damit hätten wir schon unsere ersten zwei Zahlen gefunden)! Das heißt, der Tonabnehmer "betont" den Frequenzbereich von 2kHz bis 4kHz besonders. Die tiefen Frequenzen unter 1kHz bleiben quasi unbeeinflußt. Ab einer Frequenz von 5kHz wird das Signal immer stärker gedämpft. Man kann also sagen, daß größere Frequenzen quasi nicht mehr übertragen werden.
Wie sich die Verhältnisse darstellen, wenn man die Tonblende "zu" macht, zeigt die gepunktete blaue Linie. Hier liegt die Resonanz bei einer Frequenz von 500Hz mit einer Spitze von 4,5dB. Mit diesen Erkenntnissen stellt die Deutung der anderen beiden Paare kein Problem mehr dar.
Bild 4: Amplitudengang und potentieller Resonanzverlauf
Wer einen Tonabnehmer kauft, darf jedoch nicht erwarten, daß sich genau die Resonanzen einstellen, die in den oberen Amplitudengängen beispielhaft dargestellt wurden. Schon ein Kabel mit einem anderen Kapazitätsbelag oder eine andere Kabellänge verändert die kapazitive Belastung und damit auch die Lage der Resonanzen. Mancher wird jetzt fragen: "Aber wenn das so schwanken kann, wozu ist diese Angabe denn gut?" Die Antwort darauf ist ganz einfach: Mit dieser quasi standardisierten Belastung lassen sich verschiedene Tonabnehmer leicht miteinander vergleichen!
Um zu beurteilen, wie sich die Resonanz eines speziellen Tonabnehmers unter verschiedenen kapazitiven Belastungen entwickelt, kann das untere Diagramm herangezogen werden. Es zeigt quasi das klangliche Potential des Tonabnehmers auf. Als Referenz dient wieder das schon bekannte "Sommer The Spirit".
Wie ist das Diagramm jetzt zu verstehen? Ganz einfach!
Bei einer Kabellänge von 6m ergibt sich eine Resonanzfrequenz von rund 3kHz (abzulesen an der roten Kurve und der rechten Achse) mit einer Spitze von 6,2dB (abzulesen an der blauen Kurve und der linken Achse). Wird das Kabel um 2m verlängert (+2x78pF), dann verringert sich die Resonanz auf 2,8kHz und die Spitze steigt auf 6,8dB. Generell kann man sagen, daß sich die Resonanzfrequenz mit steigender Kabellänge verringert und die Spitze erhöht sich. Damit kann man leicht abschätzen, wie sich dieser Tonabnehmer bei verschiedenen Lasten verhält.
Mit diesem Kombi-Diagramm hat man also eine sehr gute Übersicht über die wichtigsten klanglichen Eigenschaften des Tonabnehmers.
3. Die Daten...
... sind leider nicht Bestandteil dieses Beitrages. Da es in der Natur der Sache liegt, daß eine solche Datenbank wächst und gewissen Korrekturen unterworfen ist, verweise ich an dieser Stelle einfach auf die entsprechenden Seiten bei den Guitar-Letters.
Fazit
Mit diesem Beginn einer Tonabnehmerdatenbank erhält man erstmalig die Möglichkeit, verschiedene Tonabnehmer objektiv miteinander zu vergleichen. Daß verschiedene Hersteller darüber nicht glücklich sein werden, liegt auf der Hand. Vielleicht nimmt der eine oder andere das ja zum Anlaß, doch elektrische Daten zu veröffentlichen. Das wäre in jedem Fall im Sinne des Verbrauchers!
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