LesterW.Polfus schrieb:
Hallo,
Bei rockinger.com kann man ja Pickupbausätze kaufen und nun frage ich mich was für einen Effekt man erziehlt, wenn man :
1. viele Windungen wickelt
2. wenige Windungen wickelt
3. locker wickelt
4. fest wickelt
Danke schonmal im vorraus...
Gruß Lester
Einen Tonabnehmer selber zu wickeln, kann eine recht nette Erfahrung sein. Allerdings ist das eine aufwendige Sache, zumindest wenn es ein hochohmiges PU sein soll, denn 7000 oder 8000 Windungen Lackdraht mit einer Dicke von 0,06325mm ohne Unfall vernünftig zu wickeln stellt eine echte Herausforderung dar!
Eine niederohmige Variante läßt sich mit Drahtstärken von 0,1mm und 2000 bis 3000 Windungen aufbauen, was eine echte Erleichterung darstellt. Allerdings wird dann noch zusätzlich ein Vorverstärker benötigt, da niederohmige Tonabnehmer eine geringere Ausgangsspannung liefern.
Welchen "Sound" das selbstgewickelte Pickup dann hat, ist für die meisten "Bastler" kaum vorherzusagen. Die Anzahl der Windungen ist da nur einer von vielen Parametern. Hier ein Ausschnitt aus Guitar-Letter II zu diesem Thema:
Guitar-Letter II schrieb:
Neben seiner grundsätzlichen Aufgabe als Wandler von mechanischen in elektrische Schwingungen, wirkt der elektromagnetische Tonabnehmer immer auch als Filter. Die qualitative Übertragung der einzelnen Frequenzen sieht so aus:
Beispiel einer Übertragungscharakteristik eines elektromagnetischen Tonabnehmers
Man erkennt, daß ein bestimmter Frequenzbereich besonders gut übertragen wird und daß tiefe Frequenzen bis 1kHz praktisch unbeeinflußt bleiben.
Die Spitze des betonten Bereiches liegt bei der sogenannten Resonanzfrequenz f0. Wie hoch die Spitze ist, wird durch die sogenannte Güte Q beschrieben. Etwas oberhalb der Resonanzfrequenz fällt die Übertragungskurve stark ab. Diese Frequenzen werden also praktisch nicht mehr übertragen! Bei normalen E-Gitarren kann man sagen, daß diese Grenze maximal bei 4kHz liegt. Weniger kommt häufig vor, mehr ist sehr ungewöhnlich. Eine Schaltung mit einer solchen Übertragungscharakteristik nennt man einen Resonanztiefpaß 2. Ordnung.
Für den "Klang" eines Tonabnehmers ist einzig und allein die Lage der Spitze (also f0) und die Güte ausschlaggebend! Je größer die Resonanzfrequenz, desto mehr verschiebt sich die Betonung zu hohen Frequenzen und umgekehrt. Je größer die Güte ist, desto ausgeprägter ist die Spitze und desto mehr werden die Frequenzen um die Resonanzfrequenz herum betont.
Eine solche Übertragungscharakteristik kann man natürlich auch mit jedem Equalizer einstellen. Allerdings kann der nicht mehr im Spektrum vorhandene Frequenzen auch nicht wieder zurück bringen! Wenn der Tonabnehmer das Signal also schon bei 2 kHz bandbegrenzt, kann man gerne mit der Klangeinstellung den Bereich um 3,5 kHz anheben. Wo nichts ist...
Resonanzfrequenz und Güte werden durch die drei Kenngrößen eines elektromagnetischen Tonabnehmers beschrieben:
- Die Induktivität L,
- die Wicklungskapazität C sowie
- den Gleichstromwiderstand R
Die Induktivität wird hauptsächlich durch die Anzahl der Windungen und das verwendete Magnetmaterial bestimmt. Dabei gilt unter anderem: Je mehr Windungen, desto größer die Induktivität.
Der Gleichstromwiderstand wird durch die Anzahl der Windungen und den Durchmesser des Drahtes bestimmt. Je mehr Windungen, desto größer der Gleichstromwiderstand, je dicker der Draht, desto geringer ist sein Widerstand.
Die Wicklungskapazität C hängt ein wenig von der Bauform des Tonabnehmers ab, aber auch hier kann man generell sagen, daß Tonabnehmer mit mehr Windungen eine größere Wicklungskapazität haben. Von ganz entscheidender Bedeutung ist die Isolation des verwendeten Drahtes. Sie wirkt als Dielektrikum und hat somit großen Einfluß auf die resultierende Wicklungskapazität.
Je mehr Windungen ein Tonabnehmer hat, desto größer ist auch die Spannung, die er liefern kann. Die Werte, die man z.B. auf der Webseite von DiMarzio und Gibson findet, sind allerdings mit Vorsicht zu geniessen. Da eine allgemeingültige Referenz fehlt, kann man damit allenfalls die Tonabnehmer dieser Herstellerer untereinander vergleichen!
Der Verlauf der gezeigten Übertragungsfunktion läßt sich also charakterisieren durch
- die Resonanzfrequenz f0,
- die Güte Q und
- die Grundlautstärke (Übertragungsfaktor bei niedrigen Frequenzen, typ. 1)
Bei passiven Tonabnehmern sind diese drei Eigenschaften miteinander verkoppelt. Verändert man zum Beispiel die Anzahl der Windungen, so hat das Einfluß auf alle drei Eigenschaften! Mehr Draht heißt in der Regel auch größere Induktivität und damit kleinere Resonanzfrequenz.
Die Art und Weise wie gewickelt wird, ist häufig Gegenstand von Spekulationen. Handgewickelten Tonabnehmern (scattered wound) wird häufig ein besserer Klang nachgesagt. Wie dieser zustandekommen soll, kann jedoch kaum jemand wirklich sauber erklären.
Aus technischer Sicht stellt sich die Sache wie folgt dar:
1. Gleichstromwiderstand
Eine "wilde" Wicklung wird eventuell dafür sorgen, daß der resultierende Widerstand ein wenig größer ausfällt. Die Abweichungen sind in der Regel kleiner als 1%
Den größten Einfluß übt der Widerstand auf die Güte aus.
2. Induktivität
Neben der Spulengeometrie (Querschnitt und Länge) geht die Anzahl der Windungen in die Bestimmung der Indutivität ein. Hier ein Beispiel für eine lange Zylinderspule:
L=(µ*N^2*A)/l
Auch wenn die Windungszahl hier quadratisch eingeht, kann ein Einfluß der Art und Weise wie gewickelt wird, nicht entnommen werden. Also, 5000 Wicklungen sind für die Induktivität 5000 Wicklungen. Hier ist kein Unterschied!
3. Kapazität
Die Wicklungskapazität des Tonabnehmers ist eine sehr komplizierte Sache. Wenn man es genau machen will, muß man eigentlich von einer verteilten Kapazität sprechen. Sie ist also das Resultat vieler kleiner Teilkapazitäten, die sich zwischen den einzelnen Windungen ergeben. Das Wickelschema scheint hier also schon einen Einfluß auszuüben. Damit ergibt sich ein Einfluß auf die Lage der Resonanzfrequenz.
Letztendlich ist aber nur die Summe aller Kapazitäten für die resultierende Übertragungscharakterisatik ausschlaggebend. Etwas wirklich anderes wird durch das "handwickeln" nicht wirklich erreicht. Wenn ein solches PU eine etwas größere Kapazität aufweist, so kann das auch durch einen zusätzlichen Kondensator erreicht werden!
4. Induktionsspannung
Gemäß Formel 1-1 in Guitar-Letter I spielt auch hier die Anzahl der Windungen eine Rolle (je mehr, desto "lauter"). Der Betrag der Induktionsspannung ist jedoch auch nicht vom Wickelschema abhängig!
5. Mikrofonie
Ob und wie stark ein Pickup zu Mikrofonie neigt, hängt stark davon ab, wie fest die Wicklung ist. Hier gilt also, je fester, desto besser.
Aber: Nach ganz fest, kommt ganz schnell ganz ab!
Gute Produkte sind aus diesem Grund mit Wachs oder Kunstharz vergossen. Aber auch diesen Tonabnehmern wird von einigen Musikern (ohne technische Begründung) ein gewisser "sterieler" Klang nachgesagt. How ever...
Schlußfolgerung
Warum handgewickelte Tonabnehmer besser klingen sollen, läßt sich aus technischer und physikalischer Sicht nicht wirklich nachvollziehen!
Das einzige was man wirklich sagen kann, ist daß die Streuung bei handgewickelten Typen erheblich größer ausfällt. Ob man auf diese Weise eine größere Anzahl von Tonabnehmern mit gleichen Eigenschaften herstellen kann, darf zu Recht bezweifelt werden!
Den Klang berechnen
Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und ein paar Formeln für den elektromagnetischen Tonabnehmer zusamengestellt. Für das klangliche Endergebnis muß immer vom belasteten Fall ausgegangen werden. Hier taucht dann auch der Lastwiderstand RL (ca. 300kOhm in typ. Gitarren) auf. Die Lastkapazität wurde mit der Wicklungskapazität zusammengefaßt und als resultierende Kapazität C eingeführt. Wenn also das PU 70pF hat und das Kabel 500pF dann ist C=70pF+500pF=570pF.
Aus diesen Formeln kann man deutliche erkennen, wie die einzelnen Zusammenhänge sind.
Ulf