Hallo Freunde,
mir ist aufgefallen das sich die Melodien von Mittelalter-Musik und Irischer Folklore sehr ähneln. Im Prinzip ist das schon ein sehr eigener Stil an Melodien und Akkordfolgen.
Hallo
Zu den tatsächlichen musikalischen Gegebenheiten und musikgeschichtlichen Zusammenhängen können dir hier vermutlich andere Leute besser Auskunft geben. Allerdings habe ich mir über die Zeit auch einige Gedanken dazu gemacht und evtl. hilft dir etwas davon weiter.
Ich glaube, eines der Probleme, die mit dem Begriff "mittelalterlich" verbunden sind, ist, dass garnicht klar ist, worauf er sich das bezieht. Streng genommen würde es heißen, dass sich das - in Bezug auf Musik - um die Zeit von irgendwo zwischen dem 6.-10. Jhd und dem 15. Jahrhundert bewegt, was an sich ja schon eine gewaltige Zeitspanne ist. Mittelalterliche Musik wäre dann solche, die aus dieser Zeit überliefert ist.
Ich glaube aber das "mittelalterlich", wie es heute verwendet wird, ein Sammelbegriff ist, unter dem tonnenweise unterschiedliche Ansichten und Auffassungen zusammenlaufen, die mit dem eigentlichen, historischen Mittelalter nicht unbedingt viel zu tun haben. Viel mehr handelt es sich wohl um eine Art assoziativen Begriff, der unter anderem verschiedene Cliché Vorstellungen in sich vereint, oder falsche Annahmen, die zum Beispiel aus dem verklärten Mittelalterbild aus Epochen wie der Romantik mitgeschleppt werden (Schau dir zum Beispiel mal folgende Gedichte an:
http://www.zeno.org/Literatur/M/Uhl...Hand)/Balladen+und+Romanzen/Des+Sängers+Fluch http://www.zeno.org/Literatur/M/Uhl...)/Balladen+und+Romanzen/Der+nächtliche+Ritter das erste ist sogar vertont worden von In Extremo und wird von denen als Mittelalter Metal vermarktet, weil das schön dem verklärten Mittelalterbild entspricht).
Ich glaube, die Ähnlichkeit zur irischen Musik könnte ein Ergebnis dieses Sammelbegriffes sein, der neben den spärlichen Überlieferungen zum Beispiel Volkslieder, Gedichtvertonungen mit entsprechender Thematik, Volkslieder, Musik anderer Epochen wie der Renaissance oder dem Barock. oder Musik anderer Kulturen umfasst - wozu dann eben auch die irische/keltische gehört.
Um's noch mal zusammen zufassen: Meiner Ansicht nach kann man zunächst mal zwischen der tatsächlichen mittelalterlichen, überlieferten Musik, die glaube ich zur "alten Musik" gerechnet wird, und mitunter eine historische Aufführungspraxis anstrebt, und der "Populärmusik" unterscheiden. Letztere ist ein Ergebnis von über die Jahrhunderte gewachsenen teils richtigen, größtenteils aber vom jeweiligen Zeitgeist bestimmten Ansichten über die Epoche "Mittelalter". Das was heute darunter verstanden wird, und sich zum Beispiel auch in Rittersfestspielen, historischen Romanen, Mittelaltermärkten oder eben dieser Musik niederschlägt, ist das moderne Bild von einer nicht erlebten Epoche, dass sich aus Clichés, Flaschinterpretationen, Wunschvorstellungen und einem Funken Wahrheit speist.
Das klingt jetzt vielleicht negativer, als ich es tatsächlich meine. Ich wollte nur versuchen klar zu machen, dass der Begriff, in seiner modernen Verwendung zwar durchaus einen historischen Kern enthält, der aber über die Jahrhunderte mit dem verschiedensten Füllmaterial aufgefüllt wurde. Heißt: Die heute als mittelalterich bezeichnete Musik (mal abgesehen eben von dieser "alten" Musik") hat nicht so wirklich viel mit der historischen zu tun. Die Ähnlichkeiten, die dir zu anderen Musikstilen auffallen, liegen wohl darin begründet, dass die besagten Bands einfach das präsentieren, was ihrer Meinung nach dazu passt - gleich, ob das jetzt historisches Material ist, Volkslieder, oder keltische Musik. Es wird auf rekonstruierten historischen Instrumenten überliefertes und eigenes gespielt. Oft werden auch Texte, zu denen keine Melodie existiert interpretiert; oder umgekehrt. Auch das ganze Setting, die Outfits, etc sind vielleicht historisch inspiriert, aber moderne Eigeninterpretationen.
Inwiefern zum Beispiel so Sachen wie Wandervogelbewegung oder spätere Strömung dazu beigetragen haben, wäre noch zu untersuchen.
Hier mal ein paar Beispiele:
http://www.youtube.com/watch?v=FjJkfMo5L3g Palästinalied von Walther von der Vogelweide;soweit ich weiß historisch überliefert
http://www.youtube.com/watch?v=eif6bDzltws eigentlich ein schottisches oder irisches Lied
http://www.youtube.com/watch?v=f-Lb7zewuC8
http://www.youtube.com/watch?v=wk9Z-puSnrA Textvertonung von Goethe
http://www.youtube.com/watch?v=l0tKJJGTtLs Frei erfundener Text; textlich und musikalisch an Chlichés orientiert, dürfte mit richtigem Mittelalter nicht zu tun haben.
http://www.youtube.com/watch?v=vnm5isS2rHM Volkslied, dass evtl. an der Grenze zum Mittelalter liegt
Und die Liste lässt sich beliebig fort führen.
Was ist für diese Melodien Typisch? Sind es die Texte mit einem Besonderen Vers maß? Sind es die Akkorde? Oder ist es eine besondere Tonleiter?
Das überlasse ich weitestgehend den anderen. Eine Hypothese, die nahe läg wäre zum Beispiel, dass beides Bordunmusik ist.
Und was die Metren angeht: Nein, da gibt es nichts festes.
Also was man natürlich machen kann, ist Texte nach dem Muster der Trobadorlyik, der germanischen Stabreimdichtung/der skandinavischen Skaldik, oder der Minnedichtung zu verfassen. Aber wenn es nicht gerade Textvertonungen sind, habe ich das noch nicht gesehen.
Zum mal dazu sagen muss, dass sie die Dichtung, wie wir sie kennen, mit Endreimen und bestimmten Verfußtypen auch erst entwickelt hat. Altgermanische Dichtung funktioniert zum Beispiel wie schon angesprochen mit Stabreimen, was heute etwas gewöhnungsbedürftig erscheint.
Das von dir angeführte Beispiel "Shadow of the Moon" hat zwar tatsächlich eine etwas komplizierte metrische Struktur, die aus verschiedenen hebigen Trochäen besteht, aber ich wüsste nicht, dass das irgendwas historisches ist.