Kann ich mir auch gut vorstellen, daß irgendein Sender im Rahmen eines Gutmenschenangriffs mit dazugehöriger Einladung zur Ablasszahlung sich dieses Projektes annimmt.
Aber soweit ich die Initiatoren verstanden habe, ist ihr Statement mehrdeutiger. Mehr Bewusstsein für die Wertschätzung von Ressourcen zu schaffen, nicht lediglich zu zeigen, dass man Kultur auch aus Müll schaffen kann. Letzteres ist ja durchaus auch hierzulande, allerdings (noch) mit "airbag", öfter zu sehen.
Wir können uns den Luxus gönnen, aus Müll Kunst und Kultur zu schaffen. Dort sind sie aber in der Notwendigkeit, es zu tun. Ganz andere Liga.
Den Vergleich Manufakurgeigen China heute -Manufakturgeigen vor 100 Jahren in Deutschland finde ich nur bedingt brauchbar. Mag zutreffend für den Bau einer solchen Geige sein. Für den Produktionsablauf und dessen rein materielles Ergebnis. Vielleicht sollte man auch zwischen preiswerten und billigsten Produktionen unterscheiden. Aber ich will auf die veränderte Anspruchshaltung hinaus.
Die hiesigen Manufakturgeigen von vor 100 Jahren sieht man in der Bucht, in Wertschätzungsforen.. etc. Viele davon sind noch im Umlauf, werden im wahrsten Wortsinne auf irgendeine Art wertgeschätzt, weil der Hauch von Alter und Geschichte sie umgibt, wobei in ihnen vermutlich sogar weniger handwerkliches Know-How steckt, als in heutigen Manufakturgeigen. Häufig haben sie noch Griffbretter, die aus preiswerteren aber schneller nachwachsenden Hölzern gemacht sind. Und ich halte es für gut möglich, dass so manches Mal ein altes Schätzchen rein von der baulichen Substanz unverdientermassen mehr Geld einbringt, als ein baulich eventuell besseres Chinamodell. Warum? Weil es "Falten hat"
.
Andererseits hat sich nach meiner Beobachtung eine gigantische Anspruchshaltung hierzulande etabliert, die selbst bei Billigstem viel erwartet. Vor etlichen Jahren, als ich noch ein TV-Gerät besass, fiel mir auf, dass der Trend von "das darfst Du Dir wert sein" bereits in " das musst Du Dir wert sein" ausgewachsen war. (Wie mag das wohl inzwischen aussehen, im TV)
. Und ich erlebe diese "Erziehungsergebnisse" in meinem Arbeitsleben sehr eindeutig und z.T. regelrecht brachial. Daher auch meine Bedenken, wohin eventuell unsere Kundenansprüche an Thomann führen könnten. Ob das zunächstmal sehr gute Feedback-Instrument der Offenheit für Kundenbedürfnisse eventuell überstrapaziert werden könnte.
Ob eine, stark konturiert!!!,
"Ich will, dass dieses 69,-Euroset bitte schön so klangvoll und leichtgängig sein soll, wie ´ne Guarneri" -Haltung nicht doch einen gewissen Marktdruck auslöst, der dann über das Unternehmen schlussendlich beim Hersteller ( und damit meine ich genau den Hersteller: den Arbeiter, seine Arbeitsbedingungen, seine Entlohnung) und den Rohstoffen (Ebenholzgriffbrett ? ) landet. Und dieses Set dann u.U. nach einem halben Jahr trotzdem im Müll, und nicht einmal im Buchtumlauf landet. Könnte ja so sein, oder…
Und damit wären wir wieder beim "landfillharmonic". Welch facettenreicher Name überhaupt. Für mich besteht der Clou dieses Orchesters weniger darin, dass sie aus Schrott Instrumente bauen, die teilweise recht gut klingen (meine erste Gitarre, 60 DM neu, drei Jahre lang wacker gespielt, klang mit Abstand schlechter, als diese `Gitarre´ aus dem Film, die aus zwei größeren runden Keks?dosen gemacht ist). Vielmehr finde ich ihre Konsequenz beeindruckend. Ja gut, sei mal dahingestellt, ob wirklich jeder von diesen "Schrott"-Instrumentalisten sein Instrument soooo heiß und innig liebt, und nicht doch lieber ein amtliches hätte. Aber mit diesem Orchester führen sie uns vor, daß unser ganzer Materialhype fragwürdig ist. Sicht- und hörbar. Sie reden nicht, sie tun es, wenn auch aus der Not heraus. Ein sinnstiftendes Projekt, sowohl im baulichen als auch im Musik praktizierenden Bereich. Von Ressourcenschwund und dessen gravierenden Implikationen zu reden, ist hierzulande inzwischen fast schon anrüchig. Lästiges Thema, wahlweise stimmt man schnell zu, damit´s schneller wieder vom Tisch ist, oder wird aggressiv, weil´s einen ja selbst angeht. Man ahnt´s ja alles längst, was der letzte Bericht des Club of Rome hergab. Und mit Angst lässt´s sich auch nicht gut vorwärts schauen. Wir können uns bedauern, dass wir so reich sind, aber die so glücklich ausschauen. Wäre es nicht für uns ungleich viel leichter, das Beste aus dem zu machen, was wir haben?
… da Cello in der Rubrik "Helden auf dem Instrument" auf diesen Thread als Diskussionsthread verwiesen hat, habe ich mir das hier mal gegönnt.
Grüße
Kylwalda