Bacchus#777
Drums, Crowdfunding
Wir sind Musiker. Und bei Musikern geht es natürlich nicht nur um's Musikmachen selbst, sondern auch um's Fachsimpeln über Technik, Equipment und vieles mehr. Fast täglich laben wir uns an Berichten, Tests und Reviews, um herauszufinden, was wir uns als nächstes kaufen, was neu auf dem Markt ist oder bald auf den Markt kommt, oder um einfach nur unseren Horizont zu erweitern. Aber auf was greifen wir eigentlich zurück? User-Reviews, Youtube Videos, Zeitschriften, Newsletter, Internetmagazine, Foren, die Liste ist fast unendlich lang. Diese Art der Informationsverbreitung ist heutzutage dank des Internets natürlich unglaublich einfach und für jedermann verfügbar.
Doch wie entstehen diese hochwertigen Tests, die uns das vermitteln wollen, was man eigentlich selbst nur durch stundenlanges Ausprobieren herausfinden kann?
Das Musiker-Board war zu Besuch bei Bonedo (www.bonedo.de), dem Fachmagazin für Musiker und hat das Team 2 Tage beim Testen von E-Drumsets begleitet, um herauszufinden, was eigentlich hinter einem solchen Test steht.
Dieser Bericht soll dazu dienen, einen Einblick in die Testroutinen von großen Magazinen zu bieten und daraus zu lernen, was uns da eigentlich präsentiert wird, worauf alles basiert und am Besten auch einen Anstoß zu geben, wie man seine eigenen Tests und/oder Reviews gegebenenfalls besser machen kann.
Tag 1:
Das ganze Fand statt in den Gaga-Studios in Hamburg, ein Tonstudio in dem schon viele deutsche Größen wie Die Ärzte, Farin Urlaub, Sportfreunde Stiller, Rosenstolz, uvm. aufgenommen haben. Sogar mit Simply Red wurde gearbeitet. Daher ist das Studio sehr gut ausgestattet und es war viel Raum, um die insgesamt 6 verschiedenen E-Drumsets unterzubringen, zu fotografieren, zu filmen und zu verkabeln.
Los geht das Ganze natürlich mit dem Auspacken und Aufbauen der Sets. Und hier geht es schon mit dem eigentlichen Testen los. Wie sind die Sets verpackt? Was ist an Zubehör dabei, das den Aufbau gegebenenfalls erleichtert? Hier werden schon von den Verpackungen Fotos geschossen, um nachher zu schauen und vergleichen zu können. Bei sechs Sets bleibt nicht viel Zeit für mentale Impressionen, da muss ein wenig nachgeholfen werden, um einen effizienten und objektiven Test erstellen zu können.
Nun geht es also an den eigentlichen Aufbau. Hierbei wird natürlich schon darauf geachtet, wie das Set aufgebaut wird, ob der Aufbau intuitiv ist oder ellenlange Anleitungen gebraucht werden. Auch geht es um die Qualität der Teile: passt alles zusammen? Muss viel geschraubt und justiert werden, oder passt alles simpel aneinander? Was würde man sich wünschen, was den Aufbau erleichtern würde? Ist das Set mobil, wenn es ein mal aufgebaut ist, oder muss man alles wieder abbauen und einpacken? Wie wird das Set verkabelt? Sind alle nötigen Beschriftungen vorhanden, oder muss man viel lesen und herumprobieren?
Parallel dazu werden permanent Notizen gemacht. Was fällt positiv und was fällt negativ auf? Im Endeffekt wird natürlich versucht, alle Aspekte abzudecken, um ein möglichst gutes Bild des Produktes erstellen zu können.
Nachdem alles aufgebaut wurde, folgt das Fotografieren. Hierzu gibt es nicht allzu viel zu sagen, es werden vernünftige Fotos vor einer Leinwand vom Gesamtbild und Detail gemacht, um dem Leser zu zeigen, wie das Produkt aussieht.
Jetzt geht es in die aktive Testphase. Die Sets werden auf Herz und Nieren getestet. Dazu setzen sich die Tester an die jeweiligen Produkte und fangen erstmal locker an, alles intuitiv auszuprobieren und kennenzulernen. Das geht den ganzen Tag so, es werden Notizen gemacht, sich gegenseitig ausgetauscht und analysiert. Weiter geht es mit Extrafunktionen: was kann mein Modul eigentlich noch? Wie leicht ist es, auch komplexere Funktionen zu nutzen, ist alles gut beschrieben und verständlich?
Bei technischen Problemen wird auch gerne auf die Hersteller zurückgegriffen, die mit Rat und Tat bei Seite stehen. So hatten wir zwischendurch Leute von Yamaha und Roland am Telefon, die uns bei Fragen zu Technik und Hardware weitergeholfen haben.
Auch ich als Drummer durfte ran.
Tag 2:
Nachdem die Sets gut kennengelernt wurden, werden ein paar Beats mit verschiedenen Sounds aufgenommen, um einfach einen Vergleich zu haben. Es werden für alle Trommeln alle Presets mit mündlicher Erklärung dazu aufgenommen, um später alles Revue passieren zu lassen und einen guten Eindruck zum Schreiben des eigentlichen Tests zu haben. In diesem Fall haben das alle Schlagzeuger im Wechsel gemacht, die Sets wurden untereinander aufgeteilt.
Nachdem das passiert ist, werden Videoaufnahmen gemacht. Dazu kam ein Videoteam ins Studio, das Vorbereitungen mit der Ausleuchtung, Technik und allem, was dazugehört getroffen haben. Was aufgenommen wird, wird anhand der am Vortag aufgenommenen Samples entschieden. Welche Sounds sind erwähnenswert, was ist besonders gut und spiegelt wieder, was die Kunden sich wünschen bzw. worauf die Kunden viel wert legen? Hier werden dann natürlich auch die passenden Beats zu den passenden Sounds gespielt, um wiederzuspiegeln, wie die Sachen einsetzbar sind. Also ein Rockset mit einem Rockbeat, ein Latinset mit einem Latinbeat, und so weiter.
Nachdem alles im Kasten ist, wird das Video natürlich produziert und geschnitten. Der Bericht wird von den Testern verfasst, die als freie Autoren für Bonedo arbeiten. Die fertigen Tests gehen dann an die jeweiligen Redakteure der Fachbereiche, die das ganze natürlich Lesen und ggf. korrigieren lassen. Bonedo hat ca. 30 feste Mitarbeiter in ihrem Netzwerk, die aus freien Autoren und Redakteuren bestehen. Sind die Berichte abgesegnet, finden sie samt der Audio - und Videofiles ihren Weg in's Internet auf die Seite von Bonedo und vor die Augen der Leser.
Das Wichtigste bei diesen Tests ist wohl die mentale Vorbereitung. Es muss eine Liste erstellt werden, welche Aspekte im Test ergriffen werden sollen und diese Liste muss ständig up-to-date gehalten werden. Beim Testen werden auch permanent neue Sachen unter die Aspekte in den Listen eingetragen, um später nichts zu vergessen.
Durchaus positiv muss ich die Athmosphäre im Studio erwähnen. Alle arbeiten sehr entspannt und locker miteinander, es wird sich nicht zu sehr gestresst. Der Zeitplan steht zwar, aber der Test soll so gut und informativ wie möglich werden, das wissen auch die Leute von Bonedo, und deshalb wird sich Zeit genommen. Und ich denke, genau diese Lockerheit und Zeit braucht man auch, um sich wirklich auf ein Produkt einzulassen und nicht an Information Overflow zu ersticken. Denn schließlich geht es darum, den Kunden und Musikern einen hochwertigen und objektiven Eindruck von einem Produkt zu verschaffen, das man sich selbst nur durch mühseliges eigenes Testen verschaffen kann.
Hier noch ein paar Fotos aus dem gesamten Prozess:
Am Ende vom zweiten und letzten Tag durfte mir Ralf Schluenzen von Bonedo noch Rede und Antwort stehen. Hier das Interview in Textform für euch:
Musiker-Board: Hallo Ralf! Erzähl doch mal, wer bist Du? Was ist Bonedo und wie arbeitet ihr?
Ralf: Bonedo ist ein Fachmagazin für Musiker im Internet. Gegründet wurde es 2008 von Hansi Tietgen und mir. Wir wurden von Thomann quasi verpflichtet, das zu machen. Der Grund dafür ist, dass für unseren Markt verlässliche Information immer weniger werden. Die Printmagazine erreichen immer weniger Leute, die haben weniger Möglichkeiten, sich auszubreiten. Deshalb ist Thomann an den Hansi, der vorher schon Planet Guitar, eine Gitarrenseite betrieben hat und mich, ich hab früher Produktmarketing und Marketing für verschiedene Hersteller gemacht, herangetreten, und hat gefragt, ob wir nicht Lust haben, ein unabhängiges Musikermagazin zu entwickeln. Und wir beide wussten erstmal gar nicht worum es geht. Thomann? Unabhängiges Musikermagazin? Aber dann kam es auch zu uns durch, denn klar, wenn man mal darüber nachdenkt: es ist Thomann egal, ob sie Fender, Gibson, Ibanez, Roland oder Yamaha, oder eine beliebige Marke verkaufen, solange denn der Musiker was kauft. Und wann kauft der Musiker etwas? Wenn er weiß, warum er etwas braucht, und wenn er weiß, dass er sich auf die Produktinformationen verlassen kann.
Und das war die Triebfeder des ganzen. Das fanden wir faszinierend. Dann haben wir fast ein Jahr bevor die Seite im Dezember 2008 online gegangen ist erstmal Vorbereitungen getroffen. Wir haben analyisert: was braucht man, was finden wir gut, was finden wir schlecht? Und wir hatten auch sehr moderne Konzepte, die wir allerdings glücklicherweise nicht verfolgt haben. Es kam ein klassisches Fachmagazin dabei heraus, aber eben im Internet. Mit Einbindung von Bildern, Audio und Video.
Dann überlegten wir, was wir überhaupt an Leuten brauchen, um solch ein Projekt vernünftig durchzuführen? Da haben wir gesagt, wir wollen nicht Leute wie uns, die früher mal Musik gemacht haben, sondern wir brauchen Leute, die jetzt Musik machen. Wir sind also losgegangen und haben ganz gezielt nach Profimusikern geschaut, oder zumindest sehr erfahrenen Musikern, Produzenten, all solche Leute. Es sind bei uns sogar deutlich verschiedene Altersstufen vorhanden. Wir haben einen PA Tester, den Rudolf Steinmetz, der hat schon in den siebziger Jahren aktiv gearbeitet, der hat also unfassbar viel Erfahrung. Und wir haben ganz junge Leute in den Zwanzigern im Software - und Recordingbereich. Leute, aus dem vollen Leben gegriffen, die wissen, worauf es ankommt. Unser Keyboard Tester hat in Berklee studiert, die Liste geht noch lang weiter.
Also im Endeffekt Leute, die eben wissen... (lacht) ... Stagetime! Worauf kommt es an? Im Studio, was nervt mich, was brauche ich?
Mein Hintergrund ist, dass ich seit den 90ern im Markt bin. Hat im Studium schon im Musikladen einen Job und habe dort dann verschiedene Firmen kennengelernt. Ich war kurz bei Yamaha, dann bei Steinberg sechs Jahre, dann bei TC Electronics. In allen Firmen im Marketing und Produktmarketing.
MB: Worauf legt ihr bei Tests wert?
R: Wir geben uns viel Mühe, dass unabhängig getestet wird. Fehler machen wir alle, wir sind alle nur Menschen. Aber was uns damals genervt hat, war, dass man vielen Tests nicht unbedingt vertrauen konnte. Nicht immer, das ist keine Generalisierung, aber häufiger denkt man, dass es sich wie ein Werbeblatt liest. Sowas wollten wir nicht. Deshalb haben wir ein Format entwickelt: Intro - Details - Praxis - Fazit. Deshalb auch dieser Praxisteil mit Audiobeispielen und Videoclips. Beschreibungen gibt es dann in den Details. Aber Praxis ist ein ganz wichtiger Punkt. Deshalb kriegen wir auch mal Ärger, wenn wir schreiben, dass ein Knopf wackelt oder der SPDIF Ausgang nicht funktioniert, aber so ist das dann halt. Da hatten wir einige Auseinandersetzungen, zwar nicht mit Thomann, denn die legen da auch sehr viel wert drauf, aber mit manchen Herstellern schon. Es gibt aber natürlich auch die Hersteller, die auch genau das wichtig finden. Die stört es nicht, wenn berechtigte Kritik stattfindet. Und das ist uns auch ganz wichtig. Es muss berechtigte Kritik sein, keine Polemik. Das heißt der Tester testet erstmal alles durch, und es wird vorher zunächst alles ohne Rücksprache mit der Industrie durchgeführt. Und wenn es doch Fehler geben sollte, dann wird das natürlich geändert und gefixt. Aber das Wichtigste ist wohl die Unabhängigkeit. Da haben wir auch eine klare Ansage vom Hans Thomann erhalten: "An dem Tag, an dem nicht mehr unabhängig getestet werden kann, kann ich meinen Laden zu machen." (lacht)
MB: Mit wem arbeitet ihr zusammen?
R: Naja, Thomann hat uns ins Leben gerufen und steht hinter uns. Ansonsten arbeiten wir mit den Musikern und den Kunden zusammen. Punkt, so einfach ist das. Wir arbeiten gegen niemanden oder sonst etwas, wir sollen und wollen einfach mit denen zusammenarbeiten, für welche die Tests sind. Die Kunden und Musiker.
MB: Gibt es was an Plänen für die Zukunft?
R: Ja, immer! Das ist jetzt Bonedo 2.5, wie wir es nennen. (lacht) Als wir 2009 nach dem Testbetrieb wirklich online waren, sah die Seite auch anders aus. So grau, dunkel, da haben wir schon noch einiges lernen müssen, da wird von der Denke einfach noch zu sehr auf Printmedien eingestellt waren. Beispiel: ein Testmarathon wie heute, mit vielen verschiedenen Produkten, kannst du so machen, wie im Print, da wird alles durchgetestet und dann gibt es eine Zusammenfassung. Im Endeffekt ist es aber besser, zuerst die Zusammenfassung zu bringen und dann in die einzelnen Artikel überzugehen. Das mussten wir selbst erstmal für uns entdecken. Aber an sowas sind wir permanent dran. An Formaten schrauben wir ständig. Wir haben Podcasts entwickelt. Bald kommt eine neue Kolumne für Gitarrenprodukte der etwas anderen Art testen, das wird heißen "Auch das noch! - der Name ist Programm". Da kann man also gespannt sein.
Im Mai/Juni haben wir erst die 2.5 Version von Bonedo online gestellt, wir haben eine komplett neue Mobilseite online gestellt vor zwei Wochen. Als nächstes kommen Dinge wie weitere Aufräumarbeiten an Desktop - und Mobilseite. Querteaser werden das. Wir haben das Problem, dass wir pro Monat ca. 30 Tests raushauen und sobald die aus dem Testslider verschwinden, haben die sofort weniger Leser. Das fällt deutlich ab. Über Google findest du die Sachen zwar, aber die Tests später wieder zu finden als Drummer, Gitarrist, oder was auch immer, ist schwer. Damit sind wir nicht zufrieden. Deshalb freuen wir uns auch, dass Musiker-Board Leser uns Feedback geben. Es gibt ja einen extra Thread bei euch. Aber da kommt mir oft noch zu wenig. Es gibt auch "Wünsch Dir einen Test". Aber wir bitten da noch um mehr Input. Wir geben uns wirklich Mühe, das Magazin auf Profilevel anzubieten, es ist kostenlos, was will man mehr? Wir freuen uns immer über mehr Input. Im Oktober gibt es eine neue Leserumfrage, da bitte ich auch um rege Teilnahme! (lacht)
MB: Danke für das Interview, Ralf.
R: Kein Problem, immer gerne!
Hier sind Ralf und ich am zweiten Tag.
Ich möchte am Ende Ralf und dem Rest von Bonedo für die zwei spaßigen und aufschlussreichen Tage danken, auch dafür, dass ich auf ebenem Level mithelfen und mitdiskutieren durfte. Das Team macht auf mich einen sehr guten Eindruck und machen ihren Job mit Spaß, Freude und Know-How. Und das ist im Endeffekt genau das, worauf es ankommt, damit am Ende auch ein gehaltvoller Test dabei herauskommt, der uns Musikern dabei helfen kann, bessere Entscheidungen zu treffen, oder einfach nur up-to-date zu bleiben.
Liebe Grüße,
Bacchus
Doch wie entstehen diese hochwertigen Tests, die uns das vermitteln wollen, was man eigentlich selbst nur durch stundenlanges Ausprobieren herausfinden kann?
Das Musiker-Board war zu Besuch bei Bonedo (www.bonedo.de), dem Fachmagazin für Musiker und hat das Team 2 Tage beim Testen von E-Drumsets begleitet, um herauszufinden, was eigentlich hinter einem solchen Test steht.
Dieser Bericht soll dazu dienen, einen Einblick in die Testroutinen von großen Magazinen zu bieten und daraus zu lernen, was uns da eigentlich präsentiert wird, worauf alles basiert und am Besten auch einen Anstoß zu geben, wie man seine eigenen Tests und/oder Reviews gegebenenfalls besser machen kann.
Tag 1:
Das ganze Fand statt in den Gaga-Studios in Hamburg, ein Tonstudio in dem schon viele deutsche Größen wie Die Ärzte, Farin Urlaub, Sportfreunde Stiller, Rosenstolz, uvm. aufgenommen haben. Sogar mit Simply Red wurde gearbeitet. Daher ist das Studio sehr gut ausgestattet und es war viel Raum, um die insgesamt 6 verschiedenen E-Drumsets unterzubringen, zu fotografieren, zu filmen und zu verkabeln.
Los geht das Ganze natürlich mit dem Auspacken und Aufbauen der Sets. Und hier geht es schon mit dem eigentlichen Testen los. Wie sind die Sets verpackt? Was ist an Zubehör dabei, das den Aufbau gegebenenfalls erleichtert? Hier werden schon von den Verpackungen Fotos geschossen, um nachher zu schauen und vergleichen zu können. Bei sechs Sets bleibt nicht viel Zeit für mentale Impressionen, da muss ein wenig nachgeholfen werden, um einen effizienten und objektiven Test erstellen zu können.
Nun geht es also an den eigentlichen Aufbau. Hierbei wird natürlich schon darauf geachtet, wie das Set aufgebaut wird, ob der Aufbau intuitiv ist oder ellenlange Anleitungen gebraucht werden. Auch geht es um die Qualität der Teile: passt alles zusammen? Muss viel geschraubt und justiert werden, oder passt alles simpel aneinander? Was würde man sich wünschen, was den Aufbau erleichtern würde? Ist das Set mobil, wenn es ein mal aufgebaut ist, oder muss man alles wieder abbauen und einpacken? Wie wird das Set verkabelt? Sind alle nötigen Beschriftungen vorhanden, oder muss man viel lesen und herumprobieren?
Parallel dazu werden permanent Notizen gemacht. Was fällt positiv und was fällt negativ auf? Im Endeffekt wird natürlich versucht, alle Aspekte abzudecken, um ein möglichst gutes Bild des Produktes erstellen zu können.
Nachdem alles aufgebaut wurde, folgt das Fotografieren. Hierzu gibt es nicht allzu viel zu sagen, es werden vernünftige Fotos vor einer Leinwand vom Gesamtbild und Detail gemacht, um dem Leser zu zeigen, wie das Produkt aussieht.
Jetzt geht es in die aktive Testphase. Die Sets werden auf Herz und Nieren getestet. Dazu setzen sich die Tester an die jeweiligen Produkte und fangen erstmal locker an, alles intuitiv auszuprobieren und kennenzulernen. Das geht den ganzen Tag so, es werden Notizen gemacht, sich gegenseitig ausgetauscht und analysiert. Weiter geht es mit Extrafunktionen: was kann mein Modul eigentlich noch? Wie leicht ist es, auch komplexere Funktionen zu nutzen, ist alles gut beschrieben und verständlich?
Bei technischen Problemen wird auch gerne auf die Hersteller zurückgegriffen, die mit Rat und Tat bei Seite stehen. So hatten wir zwischendurch Leute von Yamaha und Roland am Telefon, die uns bei Fragen zu Technik und Hardware weitergeholfen haben.
Auch ich als Drummer durfte ran.
Tag 2:
Nachdem die Sets gut kennengelernt wurden, werden ein paar Beats mit verschiedenen Sounds aufgenommen, um einfach einen Vergleich zu haben. Es werden für alle Trommeln alle Presets mit mündlicher Erklärung dazu aufgenommen, um später alles Revue passieren zu lassen und einen guten Eindruck zum Schreiben des eigentlichen Tests zu haben. In diesem Fall haben das alle Schlagzeuger im Wechsel gemacht, die Sets wurden untereinander aufgeteilt.
Nachdem das passiert ist, werden Videoaufnahmen gemacht. Dazu kam ein Videoteam ins Studio, das Vorbereitungen mit der Ausleuchtung, Technik und allem, was dazugehört getroffen haben. Was aufgenommen wird, wird anhand der am Vortag aufgenommenen Samples entschieden. Welche Sounds sind erwähnenswert, was ist besonders gut und spiegelt wieder, was die Kunden sich wünschen bzw. worauf die Kunden viel wert legen? Hier werden dann natürlich auch die passenden Beats zu den passenden Sounds gespielt, um wiederzuspiegeln, wie die Sachen einsetzbar sind. Also ein Rockset mit einem Rockbeat, ein Latinset mit einem Latinbeat, und so weiter.
Nachdem alles im Kasten ist, wird das Video natürlich produziert und geschnitten. Der Bericht wird von den Testern verfasst, die als freie Autoren für Bonedo arbeiten. Die fertigen Tests gehen dann an die jeweiligen Redakteure der Fachbereiche, die das ganze natürlich Lesen und ggf. korrigieren lassen. Bonedo hat ca. 30 feste Mitarbeiter in ihrem Netzwerk, die aus freien Autoren und Redakteuren bestehen. Sind die Berichte abgesegnet, finden sie samt der Audio - und Videofiles ihren Weg in's Internet auf die Seite von Bonedo und vor die Augen der Leser.
Das Wichtigste bei diesen Tests ist wohl die mentale Vorbereitung. Es muss eine Liste erstellt werden, welche Aspekte im Test ergriffen werden sollen und diese Liste muss ständig up-to-date gehalten werden. Beim Testen werden auch permanent neue Sachen unter die Aspekte in den Listen eingetragen, um später nichts zu vergessen.
Durchaus positiv muss ich die Athmosphäre im Studio erwähnen. Alle arbeiten sehr entspannt und locker miteinander, es wird sich nicht zu sehr gestresst. Der Zeitplan steht zwar, aber der Test soll so gut und informativ wie möglich werden, das wissen auch die Leute von Bonedo, und deshalb wird sich Zeit genommen. Und ich denke, genau diese Lockerheit und Zeit braucht man auch, um sich wirklich auf ein Produkt einzulassen und nicht an Information Overflow zu ersticken. Denn schließlich geht es darum, den Kunden und Musikern einen hochwertigen und objektiven Eindruck von einem Produkt zu verschaffen, das man sich selbst nur durch mühseliges eigenes Testen verschaffen kann.
Hier noch ein paar Fotos aus dem gesamten Prozess:
Am Ende vom zweiten und letzten Tag durfte mir Ralf Schluenzen von Bonedo noch Rede und Antwort stehen. Hier das Interview in Textform für euch:
Musiker-Board: Hallo Ralf! Erzähl doch mal, wer bist Du? Was ist Bonedo und wie arbeitet ihr?
Ralf: Bonedo ist ein Fachmagazin für Musiker im Internet. Gegründet wurde es 2008 von Hansi Tietgen und mir. Wir wurden von Thomann quasi verpflichtet, das zu machen. Der Grund dafür ist, dass für unseren Markt verlässliche Information immer weniger werden. Die Printmagazine erreichen immer weniger Leute, die haben weniger Möglichkeiten, sich auszubreiten. Deshalb ist Thomann an den Hansi, der vorher schon Planet Guitar, eine Gitarrenseite betrieben hat und mich, ich hab früher Produktmarketing und Marketing für verschiedene Hersteller gemacht, herangetreten, und hat gefragt, ob wir nicht Lust haben, ein unabhängiges Musikermagazin zu entwickeln. Und wir beide wussten erstmal gar nicht worum es geht. Thomann? Unabhängiges Musikermagazin? Aber dann kam es auch zu uns durch, denn klar, wenn man mal darüber nachdenkt: es ist Thomann egal, ob sie Fender, Gibson, Ibanez, Roland oder Yamaha, oder eine beliebige Marke verkaufen, solange denn der Musiker was kauft. Und wann kauft der Musiker etwas? Wenn er weiß, warum er etwas braucht, und wenn er weiß, dass er sich auf die Produktinformationen verlassen kann.
Und das war die Triebfeder des ganzen. Das fanden wir faszinierend. Dann haben wir fast ein Jahr bevor die Seite im Dezember 2008 online gegangen ist erstmal Vorbereitungen getroffen. Wir haben analyisert: was braucht man, was finden wir gut, was finden wir schlecht? Und wir hatten auch sehr moderne Konzepte, die wir allerdings glücklicherweise nicht verfolgt haben. Es kam ein klassisches Fachmagazin dabei heraus, aber eben im Internet. Mit Einbindung von Bildern, Audio und Video.
Dann überlegten wir, was wir überhaupt an Leuten brauchen, um solch ein Projekt vernünftig durchzuführen? Da haben wir gesagt, wir wollen nicht Leute wie uns, die früher mal Musik gemacht haben, sondern wir brauchen Leute, die jetzt Musik machen. Wir sind also losgegangen und haben ganz gezielt nach Profimusikern geschaut, oder zumindest sehr erfahrenen Musikern, Produzenten, all solche Leute. Es sind bei uns sogar deutlich verschiedene Altersstufen vorhanden. Wir haben einen PA Tester, den Rudolf Steinmetz, der hat schon in den siebziger Jahren aktiv gearbeitet, der hat also unfassbar viel Erfahrung. Und wir haben ganz junge Leute in den Zwanzigern im Software - und Recordingbereich. Leute, aus dem vollen Leben gegriffen, die wissen, worauf es ankommt. Unser Keyboard Tester hat in Berklee studiert, die Liste geht noch lang weiter.
Also im Endeffekt Leute, die eben wissen... (lacht) ... Stagetime! Worauf kommt es an? Im Studio, was nervt mich, was brauche ich?
Mein Hintergrund ist, dass ich seit den 90ern im Markt bin. Hat im Studium schon im Musikladen einen Job und habe dort dann verschiedene Firmen kennengelernt. Ich war kurz bei Yamaha, dann bei Steinberg sechs Jahre, dann bei TC Electronics. In allen Firmen im Marketing und Produktmarketing.
MB: Worauf legt ihr bei Tests wert?
R: Wir geben uns viel Mühe, dass unabhängig getestet wird. Fehler machen wir alle, wir sind alle nur Menschen. Aber was uns damals genervt hat, war, dass man vielen Tests nicht unbedingt vertrauen konnte. Nicht immer, das ist keine Generalisierung, aber häufiger denkt man, dass es sich wie ein Werbeblatt liest. Sowas wollten wir nicht. Deshalb haben wir ein Format entwickelt: Intro - Details - Praxis - Fazit. Deshalb auch dieser Praxisteil mit Audiobeispielen und Videoclips. Beschreibungen gibt es dann in den Details. Aber Praxis ist ein ganz wichtiger Punkt. Deshalb kriegen wir auch mal Ärger, wenn wir schreiben, dass ein Knopf wackelt oder der SPDIF Ausgang nicht funktioniert, aber so ist das dann halt. Da hatten wir einige Auseinandersetzungen, zwar nicht mit Thomann, denn die legen da auch sehr viel wert drauf, aber mit manchen Herstellern schon. Es gibt aber natürlich auch die Hersteller, die auch genau das wichtig finden. Die stört es nicht, wenn berechtigte Kritik stattfindet. Und das ist uns auch ganz wichtig. Es muss berechtigte Kritik sein, keine Polemik. Das heißt der Tester testet erstmal alles durch, und es wird vorher zunächst alles ohne Rücksprache mit der Industrie durchgeführt. Und wenn es doch Fehler geben sollte, dann wird das natürlich geändert und gefixt. Aber das Wichtigste ist wohl die Unabhängigkeit. Da haben wir auch eine klare Ansage vom Hans Thomann erhalten: "An dem Tag, an dem nicht mehr unabhängig getestet werden kann, kann ich meinen Laden zu machen." (lacht)
MB: Mit wem arbeitet ihr zusammen?
R: Naja, Thomann hat uns ins Leben gerufen und steht hinter uns. Ansonsten arbeiten wir mit den Musikern und den Kunden zusammen. Punkt, so einfach ist das. Wir arbeiten gegen niemanden oder sonst etwas, wir sollen und wollen einfach mit denen zusammenarbeiten, für welche die Tests sind. Die Kunden und Musiker.
MB: Gibt es was an Plänen für die Zukunft?
R: Ja, immer! Das ist jetzt Bonedo 2.5, wie wir es nennen. (lacht) Als wir 2009 nach dem Testbetrieb wirklich online waren, sah die Seite auch anders aus. So grau, dunkel, da haben wir schon noch einiges lernen müssen, da wird von der Denke einfach noch zu sehr auf Printmedien eingestellt waren. Beispiel: ein Testmarathon wie heute, mit vielen verschiedenen Produkten, kannst du so machen, wie im Print, da wird alles durchgetestet und dann gibt es eine Zusammenfassung. Im Endeffekt ist es aber besser, zuerst die Zusammenfassung zu bringen und dann in die einzelnen Artikel überzugehen. Das mussten wir selbst erstmal für uns entdecken. Aber an sowas sind wir permanent dran. An Formaten schrauben wir ständig. Wir haben Podcasts entwickelt. Bald kommt eine neue Kolumne für Gitarrenprodukte der etwas anderen Art testen, das wird heißen "Auch das noch! - der Name ist Programm". Da kann man also gespannt sein.
Im Mai/Juni haben wir erst die 2.5 Version von Bonedo online gestellt, wir haben eine komplett neue Mobilseite online gestellt vor zwei Wochen. Als nächstes kommen Dinge wie weitere Aufräumarbeiten an Desktop - und Mobilseite. Querteaser werden das. Wir haben das Problem, dass wir pro Monat ca. 30 Tests raushauen und sobald die aus dem Testslider verschwinden, haben die sofort weniger Leser. Das fällt deutlich ab. Über Google findest du die Sachen zwar, aber die Tests später wieder zu finden als Drummer, Gitarrist, oder was auch immer, ist schwer. Damit sind wir nicht zufrieden. Deshalb freuen wir uns auch, dass Musiker-Board Leser uns Feedback geben. Es gibt ja einen extra Thread bei euch. Aber da kommt mir oft noch zu wenig. Es gibt auch "Wünsch Dir einen Test". Aber wir bitten da noch um mehr Input. Wir geben uns wirklich Mühe, das Magazin auf Profilevel anzubieten, es ist kostenlos, was will man mehr? Wir freuen uns immer über mehr Input. Im Oktober gibt es eine neue Leserumfrage, da bitte ich auch um rege Teilnahme! (lacht)
MB: Danke für das Interview, Ralf.
R: Kein Problem, immer gerne!
Hier sind Ralf und ich am zweiten Tag.
Ich möchte am Ende Ralf und dem Rest von Bonedo für die zwei spaßigen und aufschlussreichen Tage danken, auch dafür, dass ich auf ebenem Level mithelfen und mitdiskutieren durfte. Das Team macht auf mich einen sehr guten Eindruck und machen ihren Job mit Spaß, Freude und Know-How. Und das ist im Endeffekt genau das, worauf es ankommt, damit am Ende auch ein gehaltvoller Test dabei herauskommt, der uns Musikern dabei helfen kann, bessere Entscheidungen zu treffen, oder einfach nur up-to-date zu bleiben.
Liebe Grüße,
Bacchus
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