Rude Mood
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Hallo,
ich habe mit mal den Mut genommen und mich dazu entschlossen, den Anfängern und denjenigen einige Tips zu geben, die - wie ich übrigens auch - Stevie Ray Vaughan als ihr Idol ansehen und lernen wollen, in seinem Stil zu spielen. Ich selbst habe sein Spiel lange studiert und viele Videos und Alben von ihm im warsten Sinne des Wortes "auseinander genommen", um die Feinheiten seines Spiels zumindest zu erkennen. Deshalb denke ich, dass ich vor allem denjenigen unter Euch einige Tipps geben kann, die noch zu den Anfängern gehören. Zuerst möchte ich ein wenig über sein Equipment schreiben und dann einiges über die Spielweise, die Euch helfen kann, ähnlich wie Stevie zu klingen.
1. Equipment
Hierüber könnt ihr Euch im Internet eine beinahe unbegrenzte Vielfalt von Seiten und Videos herunterladen. Ich habe den Eindruck, dass sich fast schon eine gesamte Industrie herausgebildet hat, die zum Ziel hat, Equipment zu produzieren, dass aus den SRV-Sound zugeschnitten ist. Würde man all die Sachen kaufen, die einem da angeboten werden, wäre man ganz schnell im hohen funfstelligen Eurobereich. Andere geben in Foren die Binsenweisheit von sich, dass der "Ton nur aus Deinen Händen kommt", womit einem Anfänger allerdings nur wenig gedient ist. Ich bin der Meinung, dass die Wahrheit - wie so oft - zwischen diesen beiden Extremen liegt: ehrlich gesagt solltest Du die - unten näher beschriebenen - "Grundbausteine" für Stevies Sound (Fender Stratocaster und Röhrenamp) schon besitzen, denn mit z. B. einer ES 335 oder eines Les Paul wird es sehr schwierig sein, an seinen Sound heranzukommen. Andererseits ist - wenn Du Dich Materialtechnisch im richtigen Koordinatensystem befindest - Mittelklasse-Equipment völlig ausreichend. Wenn Du dies nicht glaubst, dann schau Dir mal einige Videos von dem Gitarristen Tommy Katona an: ihm könntest Du eine mexikanische Strat und einen kleinen Fender-Amp ohne Effekte und sonstigen Schnickschnack geben, und Du wärst wahrscheinlich überrascht, wie sehr er nach SRV klingt. Ebenso z. B. Chris Duarte oder Jesse Davey von der Band the Hoax.
Um mal in dieser Hinsicht die brutale Wahrheit auszusprechen: mit einem "kleinen" Equipment kann ein wirklich guter Gitarrist zu 80 Prozent wie SRV klingen. Gibst du ihm Stevies geliebte Number One in die Hand, schließt diese an einen Dumble, Trainwreck, Bludo, etc. an und schaltest dann noch die erlesensten Boutique-Pedale dazwischen, klingt er zu 85 Prozent wie SRV. Jeder muss selbst entscheiden, ob ihm dies wert ist bzw. ob er so viel Geld aufbringen kann. Nun aber zu den einzelnen Komponenten:
a) Fender Stratocaster
Diese solltest Du auf jeden Fall haben - Stevies Spiel ist eigentlich - vor allem wegen des starken Hendrix-Einflusses - unterennbar mit diesem Gitarrenmodell verbunden: er hat die Möglichkeiten, die die Strat einem guten Gitarristen eröffnet, voll ausgenutzt: von den Pickup-Stellungen hat er eigentlich alle verwendet und auch viel mit dem Lautstärkeregler der Gitarre gearbeitet. Auch der Tremolo/Vibrato-Hebel war integranter Bestandteil seines Spiels. Es ist sehr schwer, Verallgemeinerungen bezüglich der Wahl der einzelnen Pickups zu sagen, aber als Ausgangspunkt lässt sich feststellen, dass Stevie für fette Sounds bei langsamen Bluesnummern (Texas Flood, Ain't gone 'n' give up on love) den Hals-Pickup verwendete, bei schnelleren Nummern (Scuttle Buttin', Rude Moode) eher die beiden hinteren und für Balladen (Lenny) vor allem die Zwischenstellungen (also 1. und 3. oder 5 und 3. PU gleichzeitig. Auch war er im Gegensatz zu den meisten "modernen" Gitarristen ein Meister im Umgang mit dem Lautstärkeregler: am Anfang von leisen Bluesnummern hat er gerne die Lautstärke auf 7,5-8 runtergedreht, um den späteren lauten Höhepunkt noch effektiver vorzubereiten (z. B. Texas Flood, Montreux 1982). Ich kann es zwar nicht beweisen, aber ich habe den dringenden Verdacht, dass er auch in der Studio-Version von Lenny den Lautstärkeregler benutzt hat, um der Gitarre ein wenig Schärfen zu nehmen.
Welche Kategorie Du kaufst hängt natürlich in erster Linie von Deinem Geldbeutel ab. Aber Du musst nicht verzweifeln, wenn Du nicht den Preis für ein echtes Vintage-Instrument wie Number One zahlen kannst oder willst. Eine vernünftige Mexiko-Strat kann Dich sehr weit bringen, vor allem dann, wenn Du sie später mit einem Set guter Pickups aufmotzt. Ein heisser Tipp ist übrigens die Kenny Wayne Shepherd Signature Strat, die in Mexiko gebaut wird und ein echtes "Arbeitstier" ist
In diesem Zusammenhang ein wenig Ketzerei meinerseits: lass die Finger von Texas Specials. Ebenso von der Stevie Ray Vaughan Signature Strat aus den USA. Texas Specials sind sehr teuer, und für ein wenig mehr Geld bekommst Du schon Pickups, die wirklich außergewöhnlich sind. Mein Tipp wäre das "1959 SRV" Set von Rod McQueen, die Belltone-Pickups von Michael McConachie oder Pickups von Lindy Frailin. Die SRV Signature wiederum ist meiner Ansicht nach eigentlich nur eine aufgemotzte American Standard, die noch dazu die schrecklichen Texas Specials hat und mit goldener Hardware ausgerüstet ist, die Geschmackssache ist. Außerdem hat sie einen dicken Lack, der für den "offenen" Stevie-Sound nicht gerade förderlich ist. einziges wirklich gutes Feature ist der Hals, der ein wirklich cooles Halsprofil hat. Wenn Du schon so viel Geld für eine Gitarre ausgeben willst, dann spare lieber noch ein wenig und kaufe Dir etwas aus dem Fender Custom Shop. Am besten suchst du Dir übrigens ein Modell mit Rosewood-Griffbrett und etwas dickerem Hals.
Und nun sind wir bei dem Punkt angelangt, bei dem sich die Jungen von den Männern trennen: die berüchtigten SRV-Saitensätze. Stevie spielte meistens - vor allem in den ersten Jahren seiner Laufbahn - folgende Saitenstärken: 13, 15, 19, 28, 38 und 58, wobei seine Gitarre meistens auf Eb heruntergestimmt war. Es wird gerne vertreten, dass dies nicht erforderlich ist, um seinen Sound zu erreichen, aber dies ist einfach ein politisch korrekter Schmusiwusi-Mythos der Gitarrenwelt: Du kannst höchstens die 13er E-Saite durch eine 12-er oder 11-er ersetzen, aber dann ist Schluss. Gehst Du weiter nach unten, musst Du bei Deinem Sound schon enorme Abstriche machen. Und das wollen wir nicht! Sei lieber ausdauernd, in einem guten halben Jahr gewöhnen sich Deine Hände an diese Monster, und Deine Greifhand wird sich in eine Bärenztatze verwandeln!
b) Amp
Hier ist wieder für jeden Geldbeutel etwas dabei. Es wird viel über die Amp-Exzesse von Stevie geschrieben, aber dadurch solltest Du Dich nicht verunsichern lassen: ein Fender-artiger Röhrenamp sollte die Arbeit erledigen. Stevie spielte zwar auch Marshalls, Dumbles, und es hält sich das Gerücht, dass er kurz vor seinem Top auf Soldano umsteigen wollte, aber trotzdem: der quintessentielle SRV-Sound wird am besten mit einem Fender-Amp reproduziert: für den Anfang sollte ein Blues Junior völlig ausreichen, wenn Du etwas größeres willst, nimm einen Deluxe, Super, oder einen Vibroverb aus den USA. Für Leute mit gehobenen Ansprüchen ist die MAZ-Serie von Dr. Z sehr empfehlenswert, Millionäre könnten darüber hinaus auch bei Welagen Amps, Bludotone oder Two Rock vorbeischauen.
c) Pedale
Stevie selbst spielte Ibanez Tubescreamer, meistens hatte er sogar zwei hintereinander geschaltet. Ich selbst bin kein großer Fan dieser Pedale, da ich es nicht leiden kann, wie sie Höhen und Tiefen fressen und die Mitten allzu prominent machen, aber das gehört wohl in diesem Zusammenhang einfach dazu. Den ersten Tubescreamer solltest Du sehr laut einstellen und die Verzerrung dabei niedrig lassen - Stevie benutzte den TS nicht wirklich als Zerrpedal, sondern eher als Booster mit Mittenbetonung. Also: Volume am besten voll aufdrehen und dafür Gain unten lassen. Wenn Du einen zweiten TS hast, kannst Du diesen benutzen, wenn Du mehr Zerre für Deine Soli brauchst.
2. Spielweise
Wichtiger - viel wichtiger - als alle Vintage Strats, Dumbles und Boutique-Zerren dieser Welt ist die richtige Spielweise, wenn es um SRV geht. Er ist zwar sehr schwierig, Stevies Gitarrenspiel in einigen Sätzen zu beschreiben, da er dafür einfach zu vielschichtig ist. Trotzdem lassen sich einige kleine "gemeinsame Nenner" herausfiltern, auf die Du aufpassen solltest.
a) Phrasing
Es wird gerne gesagt, dass Stevie keine unbegrenzte Vielfalt von Licks in seinem Repertoire hatte. Dies ist sicher objektiv "wahr", geht aber an der Sache vorbei: im Texas Blues geht es einfach nicht darum, mit 180 Sachen über das Griffbrett zu rasen und jedes Solo mit Griffbrett-Pyrotechnik zu zerreden. Vielmehr besteht die Kunst darin, einige Standard-Elemente so zu bearbeiten, dass sie jedes Mal, wenn Du sie spielst, interessant klingen. Achte also ganz besonders auf die Feinheiten wie Slides, Hammer-ons und Pull-offs und auch auf den Rhythmus der einzelnen Licks: besonders bei langsamen Bluesnummern hatte Stevie die Angewohnheit, ähnlich wie BB King ein wenig mit dem Beat zu "flirten", d. h. einige Noten schneller und andere langsamer zu spielen und auch in der Mitte eines schnellen Licks plötzlich den "nächsten Gang einzulegen". Wie viel dramatik diese Feinheiten Deinem Spiel verleihen können, siehst Du, wenn Du Dir die El Mocambo-Version von Texas Flood anschaust.
b) Richtige Haltung der Greifhand
Stevie hat - ebenson wie Jimi Hendrix vor ihm - den Hals der Gitarre beim Spielen immer fest mit dem Daumen umschlungen. Die "klassische" Haltung, bei der der Daumen hinter dem Hals aufgesetzt wird, ist für seinen Stil nicht geeignet. Diese "Baseballschläger-Haltung" erfordert zwar viel Übung, ist aber sehr effektiv und hat eine riesige Auswirkung auf Deinen Ton: Du hast so praktisch alle Noten der Moll-Pentatonik, die beim ersten Finger verortet sind (in G zum Besispiel Bb, D und G auf den drei hohen Saiten) mühelos "zur Hand", ohne mit dem ersten Finger runzusuchen, und Du hast den zweiten und dritten Finger frei für Bendings, etc. Die Grundnote auf der tiefen E-Saite (in G also G) solltest Du immer mit dem Daumen greifen.
Darüber hinaus hast Du bei dieser Haltung die Möglichkeit, alle Saiten, die Du nicht spielst, zu dämpfen. Diese verunstalten somit Dein Spiel auch dann nicht, wenn Du - wie es Stevie so oft tat - mit der Anschlagshand richtig zulangst.
Hier Mal ein Beispiel:
http://www.youtube.com/watch?v=Avzn2mkOWbs
c) Bending
Hierzu ist eigentlich nicht viel zu sagen, da allgemein bekannt ist, wie schwierig es ist, Albert/SRV.mäßige Bendings richtig zu spielen. Vor allen dann, wenn Du die oben empfohlenen Saitenstärken verwendest. Hier hilft nur jahrelanges Training, und in den ersten Monaten werden Deine Fingerkuppen nach jeder Übungseinheit weh tun. Einfach Augen zu und durch...
Beim Üben musst Du hier aus extrem saubere Intonation auchten, d. H. die Tonhöhe, die Du im Kopf hast, exakt treffen. Dies gilt auch für die "falschen" Durchgangstöne: es gibt einen Unterschied zwischen gut klingenden und schlecht klingenden "falschen" Tönen.
Noch ein Tipp: Albert King - von dem Stevie seine Bending-Technik gelernt hat - spielte als Linkshänder eine "ungedrehte" normale Gitarre, bei der also die hohen Saiten oben waren. Darüber hinaus spielte er ohne Pick, nur mit dem Daumen. Stevie hat dies emuliert, indem er aus seiner - ganz normalen - Gitarre die gezogenen Saiten nicht von oben mit dem Pick angeschlagen, sondern vielmehr von unten mit dem Mittelfinger der Anschlagshand an ihnen gerissen hat. Schau Dir mal ein Video von Texas Flood an, da kannst Du genau sehen, wie dies gemacht wird. Am Anfang nur in kurzen Einheiten üben, da der "Zupffinger" schnell mal blutig wird...
d) Shuffle
Stevie ist vor allem für seine fantastischen Gitarrensoli berühmt. Er war darüber hinaus aber auch ein ausgezeichneter Rhythmusgitarrist, der selbst in einem Power-Trio die Musik extrem "dicht" machen konnte. Prägend für seinen Stil war natürlich der Shuffle-Rhythmus, der sehr viel Übung erfordert. Hier hlfs auch nur extrem langes Training: am besten spielst Du immer mit Metronom, fängst sehr langsam an und hörst Dir selbst beim Spielen sehr aufmerksam zu. Du solltest nicht verzweifeln, wenn es nicht auf Anhieb klappt: nur wenige Gitarristen sind fähig, einen Shuffle vernünftig zu spielen.
e) Back to the Roots
Ich sage es mal unverblümt: der Großteil von Stevies Licks war nicht neu. Er nahm gerne Sachen von älteren Gitaristen auf und bearbeitete sie nach seinem Geschmack. Wenn Du Stevies Stil deshalb wirklich verstehen willst, solltest Du Dir auch seine Idole aufmerksam anhören und einige Songs von ihnen lernen. Hier mal einige Tipps:
- Jimi Hendrix (Stevies größter Einfluss - muss weiter nicht kommentiert werden)
- Albert King (Stevies Bending-Licks findest Du bei ihm eigentlich fast alle, wenn auch in etwas abgespeckter Form)
- Freddie King (Shuffle, Turnarounds, schnelle Licks)
- Lonnie Mack (schnelles Spiel, Blues-Instrumentals)
- T-Bone Walker (riesiger Einfluss, vor allem in Bezug auf Stevies Slow Blues)
- BB King (Mischen von Dur- und Moll-Pentatonik)
- Lightnin' Hopkins (Shuffle, Doublestopf aus den hohen Saiten)
So, das war es fürs erste. Ich hoffe, dass ich wenigstens einigen von Euch den einen oder anderen Tipp geben konnte...
ich habe mit mal den Mut genommen und mich dazu entschlossen, den Anfängern und denjenigen einige Tips zu geben, die - wie ich übrigens auch - Stevie Ray Vaughan als ihr Idol ansehen und lernen wollen, in seinem Stil zu spielen. Ich selbst habe sein Spiel lange studiert und viele Videos und Alben von ihm im warsten Sinne des Wortes "auseinander genommen", um die Feinheiten seines Spiels zumindest zu erkennen. Deshalb denke ich, dass ich vor allem denjenigen unter Euch einige Tipps geben kann, die noch zu den Anfängern gehören. Zuerst möchte ich ein wenig über sein Equipment schreiben und dann einiges über die Spielweise, die Euch helfen kann, ähnlich wie Stevie zu klingen.
1. Equipment
Hierüber könnt ihr Euch im Internet eine beinahe unbegrenzte Vielfalt von Seiten und Videos herunterladen. Ich habe den Eindruck, dass sich fast schon eine gesamte Industrie herausgebildet hat, die zum Ziel hat, Equipment zu produzieren, dass aus den SRV-Sound zugeschnitten ist. Würde man all die Sachen kaufen, die einem da angeboten werden, wäre man ganz schnell im hohen funfstelligen Eurobereich. Andere geben in Foren die Binsenweisheit von sich, dass der "Ton nur aus Deinen Händen kommt", womit einem Anfänger allerdings nur wenig gedient ist. Ich bin der Meinung, dass die Wahrheit - wie so oft - zwischen diesen beiden Extremen liegt: ehrlich gesagt solltest Du die - unten näher beschriebenen - "Grundbausteine" für Stevies Sound (Fender Stratocaster und Röhrenamp) schon besitzen, denn mit z. B. einer ES 335 oder eines Les Paul wird es sehr schwierig sein, an seinen Sound heranzukommen. Andererseits ist - wenn Du Dich Materialtechnisch im richtigen Koordinatensystem befindest - Mittelklasse-Equipment völlig ausreichend. Wenn Du dies nicht glaubst, dann schau Dir mal einige Videos von dem Gitarristen Tommy Katona an: ihm könntest Du eine mexikanische Strat und einen kleinen Fender-Amp ohne Effekte und sonstigen Schnickschnack geben, und Du wärst wahrscheinlich überrascht, wie sehr er nach SRV klingt. Ebenso z. B. Chris Duarte oder Jesse Davey von der Band the Hoax.
Um mal in dieser Hinsicht die brutale Wahrheit auszusprechen: mit einem "kleinen" Equipment kann ein wirklich guter Gitarrist zu 80 Prozent wie SRV klingen. Gibst du ihm Stevies geliebte Number One in die Hand, schließt diese an einen Dumble, Trainwreck, Bludo, etc. an und schaltest dann noch die erlesensten Boutique-Pedale dazwischen, klingt er zu 85 Prozent wie SRV. Jeder muss selbst entscheiden, ob ihm dies wert ist bzw. ob er so viel Geld aufbringen kann. Nun aber zu den einzelnen Komponenten:
a) Fender Stratocaster
Diese solltest Du auf jeden Fall haben - Stevies Spiel ist eigentlich - vor allem wegen des starken Hendrix-Einflusses - unterennbar mit diesem Gitarrenmodell verbunden: er hat die Möglichkeiten, die die Strat einem guten Gitarristen eröffnet, voll ausgenutzt: von den Pickup-Stellungen hat er eigentlich alle verwendet und auch viel mit dem Lautstärkeregler der Gitarre gearbeitet. Auch der Tremolo/Vibrato-Hebel war integranter Bestandteil seines Spiels. Es ist sehr schwer, Verallgemeinerungen bezüglich der Wahl der einzelnen Pickups zu sagen, aber als Ausgangspunkt lässt sich feststellen, dass Stevie für fette Sounds bei langsamen Bluesnummern (Texas Flood, Ain't gone 'n' give up on love) den Hals-Pickup verwendete, bei schnelleren Nummern (Scuttle Buttin', Rude Moode) eher die beiden hinteren und für Balladen (Lenny) vor allem die Zwischenstellungen (also 1. und 3. oder 5 und 3. PU gleichzeitig. Auch war er im Gegensatz zu den meisten "modernen" Gitarristen ein Meister im Umgang mit dem Lautstärkeregler: am Anfang von leisen Bluesnummern hat er gerne die Lautstärke auf 7,5-8 runtergedreht, um den späteren lauten Höhepunkt noch effektiver vorzubereiten (z. B. Texas Flood, Montreux 1982). Ich kann es zwar nicht beweisen, aber ich habe den dringenden Verdacht, dass er auch in der Studio-Version von Lenny den Lautstärkeregler benutzt hat, um der Gitarre ein wenig Schärfen zu nehmen.
Welche Kategorie Du kaufst hängt natürlich in erster Linie von Deinem Geldbeutel ab. Aber Du musst nicht verzweifeln, wenn Du nicht den Preis für ein echtes Vintage-Instrument wie Number One zahlen kannst oder willst. Eine vernünftige Mexiko-Strat kann Dich sehr weit bringen, vor allem dann, wenn Du sie später mit einem Set guter Pickups aufmotzt. Ein heisser Tipp ist übrigens die Kenny Wayne Shepherd Signature Strat, die in Mexiko gebaut wird und ein echtes "Arbeitstier" ist
In diesem Zusammenhang ein wenig Ketzerei meinerseits: lass die Finger von Texas Specials. Ebenso von der Stevie Ray Vaughan Signature Strat aus den USA. Texas Specials sind sehr teuer, und für ein wenig mehr Geld bekommst Du schon Pickups, die wirklich außergewöhnlich sind. Mein Tipp wäre das "1959 SRV" Set von Rod McQueen, die Belltone-Pickups von Michael McConachie oder Pickups von Lindy Frailin. Die SRV Signature wiederum ist meiner Ansicht nach eigentlich nur eine aufgemotzte American Standard, die noch dazu die schrecklichen Texas Specials hat und mit goldener Hardware ausgerüstet ist, die Geschmackssache ist. Außerdem hat sie einen dicken Lack, der für den "offenen" Stevie-Sound nicht gerade förderlich ist. einziges wirklich gutes Feature ist der Hals, der ein wirklich cooles Halsprofil hat. Wenn Du schon so viel Geld für eine Gitarre ausgeben willst, dann spare lieber noch ein wenig und kaufe Dir etwas aus dem Fender Custom Shop. Am besten suchst du Dir übrigens ein Modell mit Rosewood-Griffbrett und etwas dickerem Hals.
Und nun sind wir bei dem Punkt angelangt, bei dem sich die Jungen von den Männern trennen: die berüchtigten SRV-Saitensätze. Stevie spielte meistens - vor allem in den ersten Jahren seiner Laufbahn - folgende Saitenstärken: 13, 15, 19, 28, 38 und 58, wobei seine Gitarre meistens auf Eb heruntergestimmt war. Es wird gerne vertreten, dass dies nicht erforderlich ist, um seinen Sound zu erreichen, aber dies ist einfach ein politisch korrekter Schmusiwusi-Mythos der Gitarrenwelt: Du kannst höchstens die 13er E-Saite durch eine 12-er oder 11-er ersetzen, aber dann ist Schluss. Gehst Du weiter nach unten, musst Du bei Deinem Sound schon enorme Abstriche machen. Und das wollen wir nicht! Sei lieber ausdauernd, in einem guten halben Jahr gewöhnen sich Deine Hände an diese Monster, und Deine Greifhand wird sich in eine Bärenztatze verwandeln!
b) Amp
Hier ist wieder für jeden Geldbeutel etwas dabei. Es wird viel über die Amp-Exzesse von Stevie geschrieben, aber dadurch solltest Du Dich nicht verunsichern lassen: ein Fender-artiger Röhrenamp sollte die Arbeit erledigen. Stevie spielte zwar auch Marshalls, Dumbles, und es hält sich das Gerücht, dass er kurz vor seinem Top auf Soldano umsteigen wollte, aber trotzdem: der quintessentielle SRV-Sound wird am besten mit einem Fender-Amp reproduziert: für den Anfang sollte ein Blues Junior völlig ausreichen, wenn Du etwas größeres willst, nimm einen Deluxe, Super, oder einen Vibroverb aus den USA. Für Leute mit gehobenen Ansprüchen ist die MAZ-Serie von Dr. Z sehr empfehlenswert, Millionäre könnten darüber hinaus auch bei Welagen Amps, Bludotone oder Two Rock vorbeischauen.
c) Pedale
Stevie selbst spielte Ibanez Tubescreamer, meistens hatte er sogar zwei hintereinander geschaltet. Ich selbst bin kein großer Fan dieser Pedale, da ich es nicht leiden kann, wie sie Höhen und Tiefen fressen und die Mitten allzu prominent machen, aber das gehört wohl in diesem Zusammenhang einfach dazu. Den ersten Tubescreamer solltest Du sehr laut einstellen und die Verzerrung dabei niedrig lassen - Stevie benutzte den TS nicht wirklich als Zerrpedal, sondern eher als Booster mit Mittenbetonung. Also: Volume am besten voll aufdrehen und dafür Gain unten lassen. Wenn Du einen zweiten TS hast, kannst Du diesen benutzen, wenn Du mehr Zerre für Deine Soli brauchst.
2. Spielweise
Wichtiger - viel wichtiger - als alle Vintage Strats, Dumbles und Boutique-Zerren dieser Welt ist die richtige Spielweise, wenn es um SRV geht. Er ist zwar sehr schwierig, Stevies Gitarrenspiel in einigen Sätzen zu beschreiben, da er dafür einfach zu vielschichtig ist. Trotzdem lassen sich einige kleine "gemeinsame Nenner" herausfiltern, auf die Du aufpassen solltest.
a) Phrasing
Es wird gerne gesagt, dass Stevie keine unbegrenzte Vielfalt von Licks in seinem Repertoire hatte. Dies ist sicher objektiv "wahr", geht aber an der Sache vorbei: im Texas Blues geht es einfach nicht darum, mit 180 Sachen über das Griffbrett zu rasen und jedes Solo mit Griffbrett-Pyrotechnik zu zerreden. Vielmehr besteht die Kunst darin, einige Standard-Elemente so zu bearbeiten, dass sie jedes Mal, wenn Du sie spielst, interessant klingen. Achte also ganz besonders auf die Feinheiten wie Slides, Hammer-ons und Pull-offs und auch auf den Rhythmus der einzelnen Licks: besonders bei langsamen Bluesnummern hatte Stevie die Angewohnheit, ähnlich wie BB King ein wenig mit dem Beat zu "flirten", d. h. einige Noten schneller und andere langsamer zu spielen und auch in der Mitte eines schnellen Licks plötzlich den "nächsten Gang einzulegen". Wie viel dramatik diese Feinheiten Deinem Spiel verleihen können, siehst Du, wenn Du Dir die El Mocambo-Version von Texas Flood anschaust.
b) Richtige Haltung der Greifhand
Stevie hat - ebenson wie Jimi Hendrix vor ihm - den Hals der Gitarre beim Spielen immer fest mit dem Daumen umschlungen. Die "klassische" Haltung, bei der der Daumen hinter dem Hals aufgesetzt wird, ist für seinen Stil nicht geeignet. Diese "Baseballschläger-Haltung" erfordert zwar viel Übung, ist aber sehr effektiv und hat eine riesige Auswirkung auf Deinen Ton: Du hast so praktisch alle Noten der Moll-Pentatonik, die beim ersten Finger verortet sind (in G zum Besispiel Bb, D und G auf den drei hohen Saiten) mühelos "zur Hand", ohne mit dem ersten Finger runzusuchen, und Du hast den zweiten und dritten Finger frei für Bendings, etc. Die Grundnote auf der tiefen E-Saite (in G also G) solltest Du immer mit dem Daumen greifen.
Darüber hinaus hast Du bei dieser Haltung die Möglichkeit, alle Saiten, die Du nicht spielst, zu dämpfen. Diese verunstalten somit Dein Spiel auch dann nicht, wenn Du - wie es Stevie so oft tat - mit der Anschlagshand richtig zulangst.
Hier Mal ein Beispiel:
http://www.youtube.com/watch?v=Avzn2mkOWbs
c) Bending
Hierzu ist eigentlich nicht viel zu sagen, da allgemein bekannt ist, wie schwierig es ist, Albert/SRV.mäßige Bendings richtig zu spielen. Vor allen dann, wenn Du die oben empfohlenen Saitenstärken verwendest. Hier hilft nur jahrelanges Training, und in den ersten Monaten werden Deine Fingerkuppen nach jeder Übungseinheit weh tun. Einfach Augen zu und durch...
Beim Üben musst Du hier aus extrem saubere Intonation auchten, d. H. die Tonhöhe, die Du im Kopf hast, exakt treffen. Dies gilt auch für die "falschen" Durchgangstöne: es gibt einen Unterschied zwischen gut klingenden und schlecht klingenden "falschen" Tönen.
Noch ein Tipp: Albert King - von dem Stevie seine Bending-Technik gelernt hat - spielte als Linkshänder eine "ungedrehte" normale Gitarre, bei der also die hohen Saiten oben waren. Darüber hinaus spielte er ohne Pick, nur mit dem Daumen. Stevie hat dies emuliert, indem er aus seiner - ganz normalen - Gitarre die gezogenen Saiten nicht von oben mit dem Pick angeschlagen, sondern vielmehr von unten mit dem Mittelfinger der Anschlagshand an ihnen gerissen hat. Schau Dir mal ein Video von Texas Flood an, da kannst Du genau sehen, wie dies gemacht wird. Am Anfang nur in kurzen Einheiten üben, da der "Zupffinger" schnell mal blutig wird...
d) Shuffle
Stevie ist vor allem für seine fantastischen Gitarrensoli berühmt. Er war darüber hinaus aber auch ein ausgezeichneter Rhythmusgitarrist, der selbst in einem Power-Trio die Musik extrem "dicht" machen konnte. Prägend für seinen Stil war natürlich der Shuffle-Rhythmus, der sehr viel Übung erfordert. Hier hlfs auch nur extrem langes Training: am besten spielst Du immer mit Metronom, fängst sehr langsam an und hörst Dir selbst beim Spielen sehr aufmerksam zu. Du solltest nicht verzweifeln, wenn es nicht auf Anhieb klappt: nur wenige Gitarristen sind fähig, einen Shuffle vernünftig zu spielen.
e) Back to the Roots
Ich sage es mal unverblümt: der Großteil von Stevies Licks war nicht neu. Er nahm gerne Sachen von älteren Gitaristen auf und bearbeitete sie nach seinem Geschmack. Wenn Du Stevies Stil deshalb wirklich verstehen willst, solltest Du Dir auch seine Idole aufmerksam anhören und einige Songs von ihnen lernen. Hier mal einige Tipps:
- Jimi Hendrix (Stevies größter Einfluss - muss weiter nicht kommentiert werden)
- Albert King (Stevies Bending-Licks findest Du bei ihm eigentlich fast alle, wenn auch in etwas abgespeckter Form)
- Freddie King (Shuffle, Turnarounds, schnelle Licks)
- Lonnie Mack (schnelles Spiel, Blues-Instrumentals)
- T-Bone Walker (riesiger Einfluss, vor allem in Bezug auf Stevies Slow Blues)
- BB King (Mischen von Dur- und Moll-Pentatonik)
- Lightnin' Hopkins (Shuffle, Doublestopf aus den hohen Saiten)
So, das war es fürs erste. Ich hoffe, dass ich wenigstens einigen von Euch den einen oder anderen Tipp geben konnte...
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