DerZauberer
Registrierter Benutzer
Kapitel 1-3 gibt es hier: https://www.musiker-board.de/vb/tab...lide-gitarren-workshop-kapitel-1-bis-3-a.html
Vorbemerkung: Ich habe mich schon damals gegen die Aufteilung der "Tabs&Spieltechniken" in A-Gitarre und E-Gitarre gewehrt, weil so grundlegende Techniken wie Slide eben auf allen Arten von Gitarren funktionieren. Aber da der erste Teil meines Workshops im E-Spieltechniken-Teil gelandet ist, kommt dieser Teil eben auch da rein. Ich werde aber trotzdem einen kleinen "Werbe-Post" im A-Gitarren-Spieltechnik-Unterforum platzieren, ich hoffe, das nimmt mir niemand übel.
Slide-Giarren-Workshop (Kapitel 4)
INTRO
Nachdem ich ja nun zwei Wochen mit Windpocken außer Gefecht und unter Quarantäne war, habe ich es zumindest geschafft, endlich einen weiteren Teil zu meinem zu erstellen. Nun ist es nämlich an der Zeit, sich ein Stück vorzunehmen.
Meine Wahl ist auf Robert Johnson's "Come On In My Kitchen" gefallen. Das ist ein nettes kleines Blues-Stück, das sich ganz gut zum Rumspielen und Basics-Üben eignet. Wie gesagt, ich komme sehr aus dieser Ecke, mit Blues-Slide kenne ich mich am besten aus - also müsst Ihr auch mit Stücken aus dieser Ecke Vorlieb nehmen. Eigentlich hatte ich andere Stücke auf der Liste, aber beim Ausprobieren bin ich zu dem Schluss gekommen, dass dies hier deutlich besser geeignet ist.
Ganz wichtig: Es geht hier nicht um "Wie spiele ich ein Stück 1:1 nach"! Das hier ist ein WORKshop, an dem man arbeiten können soll und der ein paar Anregungen und Übungen aufzeigt - letztlich wäre es natürlich super, wenn Ihr Euch eine eigene Version des Stücks erarbeiten würdet.
ÜBER DAS STÜCK
Erster Schritt: Hört Euch mal das "Original" von Robert Johnson an. Achtung, das ist eine Aufnahme aus den 30ern, die Qualität ist wirklich nicht besser. Und nein, es gibt keinen Film davon (es gibt von Robert Johnson gerade mal zwei Fotos, sonst nix).
http://www.youtube.com/watch?v=LVqDfHCi8iI
Vielleicht fällt Euch auf, wie spärlich der gesamte Song arrangiert ist... und das relativ langsame Tempo... vielleicht auch, wie schön die Slide-Parts die Gesanggstimme untermalen und wie markant der kurze "Break" am Ende jeder Strophe ist... vieleicht auch, dass nicht viele Töne vorkommen. Alles Gründe, warum ich diesen Song zur Übung ausgewählt habe. Kein Angst übrigens: das Stück funktioniert auch, wenn man nicht dazu singt - gerade weil die Gitarre eben die Melodieparts spielt.
ACHTUNG, es gibt auch noch eine deutlich schnellere Version vom selben Stück - die ist zwar saugeil, aber wir bleiben erstmal bei der langsameren... wer trotzdem mal hören will:
http://www.youtube.com/watch?v=fKBwl4PHVck
Kleiner Ausflug in die Blues-Historie: Das Stück ist eigentlich nicht mehr als eine clevere leichte Abwandlung des Klassikers "Sittin' On Top Of The World". In dieser Version von den Mississippi Sheiks gibt es keine Slide-Gitarre, das macht in diesem Fall eine Geige (!):
http://www.youtube.com/watch?v=RqeW7-tmVU4&feature=related
Es gibt übrigens auch Country-Versionen dieses Stücks - ist so eine Melodie-Linie, aus der sich eine ganze Song-Familie entwickelt hat. Wer ganz tief einsteigen will:
http://en.wikipedia.org/wiki/Come_On_in_My_Kitchen
Jetzt ist die Robert-Johnson-Version aber rhythmisch recht anspruchsvoll und die Bass-Begleitung mit dem Slide dazu ist eigentlich nur mit Fingerstyle möglich - so habe ich mir die Freiheit genommen, eine etwas simplere Version daraus zu basteln, die auf einen kontinuierlichen Bass verzichtet und den Rhythmus nur zwischen den Melodie-Zeilen einbaut.
Derselben Lied-Tradition folgt nämlich auch "You Got To Move", bekannt z.B. von Fred McDowell - zum Teil sehr ähnlicher Aufbau und Melodie, hört mal:
http://www.youtube.com/watch?v=BFIt7Rvm24Q
Ja, das haben auch die Rolling Stones gespielt:
http://www.youtube.com/watch?v=pkAtA5ISMk0
Also habe ich mir aus der Fred McDowell-Version den rhythmischen Bass-Thump zwischen den Melodiezeilen geklaut und so eine neue Version des Stücks gebastelt.
Einige melodische Vereinfachungen habe ich auch eingebaut. Ziel war immer: So einfach und Einsteiger-gerecht wie möglich, trotzdem mit Rhythmus-Basis, und auch für E-Gitarristen und "Plektrum-Only" Gitarristen machbar, insgesamt ein kleines spaßiges Solo-Stück mit viel "Room for improvement" - WORKshop halt.
STIMMUNG
Die Gitarre ist für dieses Stück in Open G bzw. Open A gestimmt (Wiederholung: ist eigentlich dieselbe Stimmung, nur eben einen Ton höher bzw. tiefer). Ich würde Euch, wenn Ihr keine "Slide Only" Gitarre habt, definitiv Open G empfehlen - Open A bringt recht viel Zug auf die Saiten, da reißt gerne mal eine hohe E-Saite und der Hals muss neu eingestellt werden usw. usw. - Open G macht da weniger Probleme, da kann's allerhöchstens etwas "schlabberig" werden. Weil hier ja aber viele Metaller rumspringen, die eh mit Drop-Z und .13er Saiten unterwegs sind, müsste das ja eigentlich klappen... ;-)
Im Tab-Stil notiert (Tiefe Saiten unten, hohe oben) sollten also folgende Töne rauskommen:
d - ein Ton tiefer als das normale "e" der hohen e-Saite
H - bzw. englisches B, genau wie im Standard Tuning
G - ebenso unverändert, wie ganz normal
D - auch keine Änderung gegenüber normaler Stimmung
G - gegenüber dem normalen A einen Ton tiefer
D - gegenüber dem normalen E einen Ton tiefer
Eine Anleitung findet Ihr hier: http://www.gitarre-stimmen.de/html/open_g.html
Ganz gemein dabei: Robert Johnson spielt in Open A mit einem Capo am 2. Bund, also eigentlich in Open H (engl. Open B) - wer da also mitspielen will, muss entsprechend mit Kapodaster arbeiten. Ich selbst bin übrigens ungefähr in Open A (E-A-E-A-C#-e) unterwegs, weil ich derzeit nur .12er Saiten drauf habe und die sind mir für Open G zu schlabberig. Ist aber alles nicht schlimm - es geht ja darum, dass Ihr die richtigen Melodien hinbekommt und nicht darum, dass ihr 1:1 dieselben Töne spielt.
ICH WORKSHOPPE MIT!
Um Euch die Scheu vorm Ausprobieren zu nehmen, habe ich nach dem Motto "one take only" auch eine Version aufgenommen, völlig unbearbeitet und inklusive aller Schnarrer, Kratzer und Knackser. Das ist nicht hohe Slide-Kunst, dass ist sumpfig-dreckiger Delta Blues, da kann - ja, da muss - es klappern und knarzen. Auch ein Grund, warum ich dieses Stück gewählt habe, da muss ich nicht besser spielen, als ich es kann. ;-)
Für die Technik-Freaks: Aufgenommen ist mit den internen Mikros eines Zoom H4 in meinem Arbeitszimmer inkl. Nebengeräuschen usw., ein bisschen Takt-Rhythmus machen meine nackten Füße auf dem Eichenparkett. Ich spiele eine National Style O (kein Original aus den 30ern, National Reso-Phonic Reissue von 1992). Bottleneck auf der National ist mein geliebter, verkratzer und mittlerweile 17 Jahre alter Dunlop Brass Slide.
DER EIGENTLICHE WORKSHOP
a) Struktur des Stücks.
Meine Version besteht aus acht Takten, wir befinden uns also nicht im Standard-Blues-Schema. Da wir immer dieselbe Bass-Form verwenden, gibt es "formal" keine Akkordwechsel - die ergeben sich eher aus der Melodie bzw. dem Gesang, "implizit" passiert da harmonisch also durchaus was.
Im Prinzip könnte man wohl folgende Akkorde drunter setzen:
G | G | C7 | G
G | D7 | C7 | G7
Muss uns hier aber nicht interessieren - seht es ähnlich wie ein Pentatonik-Rumgedudel über irgendeine passende Chord-Progression, es passt halt. Wenn "falsche" Töne dazwischenkomen, hört man es auch recht deutlich.
Das "Original" hat so eher so 9 bis 10 Takte, das ist wie viele Robert Johnson Songs nicht so ganz eindeutig, er hat gerne mal die eine oder andere Viertelnote mehr oder weniger dabei. Wesentlicher Unterschied in meiner Version ist, dass die letzte Textzeile "it's goin' to be rainin' outdoors" nicht von hohen slide-Noten begleitet wird, sondern von dem tieferen Fill, das Robert (ohne Gesang) danach spielt.
b) Zur Tab
Grundsätzlich: alle Töne im Stück (außer offenen Saiten natürlich) sind mit dem Slide zu spielen. Den Bass-Thump kann man auch mit den Fingern machen, auch den letzten Bass-Lauf auf der tiefen E- und A-Saite, der Einfachheit und Übung halber machen wir aber alles mit dem Slide.
Ein "/" heißt, dass man zum angegeben Ton hin-slidet, ein "\", dass man von oben runterslidet. Wiederholung: Um den richtigen Ton zu treffen, muss der Bottleneck nicht zwischen den Bundstäben sein, sondern genau über (!) dem jeweiligen Bund. Bei "12" müsst Ihr Euch also wirklich genau über dem 12. Bundstab befinden.
Noten in Klammern geben eine Indikation, von wo Ihr ungefähr zur Ziel-Note sliden solltet. (10)/12 heißt beispielsweise, dass Ihr ungefähr am 10. Bund startet und zum 12. Bund hochslidet. Wichtig auch hier - das ist ein Tipp, ein Indikator, das ist nicht Pflicht.
Ein "~" steht für ein Vibrato mit dem Slide. Wiederholung: eigentlich sollte Euer Slide aber NIEMALS STILL STEHEN. Es ist nicht falsch, wenn Ihr IMMER ein leichtes bis mittelschweres Vibrato dazu gebt.
Inwieweit Ihr die Noten wirklich einzeln spielt oder eher nacht dem Motto "let ring" unterwegs seid, überlasse ich Euch. Grundsätzlich kann man hier die Melodien auf den hohen Saiten sehr gut ausklingen lassen. Die "Bass Thumps" sollten aber akzentiert sein und klare "Stops" darstellen. An sich gilt aber: Beim Slide - wie auch bei vielen anderen Techniken - ist die Sache mit der Dämpfung eine Kunst für sich, es gibt verdammt viele Möglichkeiten.
c) Melodie (erstmal ohne Bass)
Ein Intro lass' ich mal weg, stürzen wir uns gleich auf meine eigentliche Melodie:
Takt 1: simple drei Töne
d -|------------(11)/12~----------|-
B -|---------12-------------------|-
G -|-(10)/12----------------------|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Takt 2: umgekehrt wie der erste Takt
d -|-12--12\10--------------------|-
B -|-----------(10)/12------------|-
G -|-------------------12~--------|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Takt 3: eine weitere Variation
d -|---------12---------12--------|-
B -|-(10)/12----(10)/12-----------|-
G -|-----------------------12~----|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Takt 4: absolut identisch mit Takt 2
d -|-12--12\10--------------------|-
B -|-----------(10)/12------------|-
G -|-------------------12~--------|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Takt 5: nur "fett" um den 12. Bund herum
d -|-10/12--10/12--12--12~--------|-
B -|-10/12--10/12--12--12~--------|-
G -|-------------------12~--------|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Takt 6: "Akkordwechsel". Mit der 7p0 meine ich, dass man hier den Slide ca. am 7. Bund mit einem leichten "Pull-Off" runterziehen kann, so dass die leere hohe E-Saite klingt. Vor dem Slide auf der G-Saite würde ich sicherstellen, dass weitgehend alles abgedämpft ist und ziemliche "Ruhe" herrscht. Bei der 7 MUSS krasses Vibrato rein, damit der Ton schön lange klingt.
d -|-12--12\7p0-------------------|-
B -|------------------------------|-
G -|---------------(5)/7~---------|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Takt 7: Der ist "schwer", weil schnell und auf den schnarrigen tiefen Saiten. Darf meiner Meinung nach aber ruhig etwas "dreckig" klingen. Das 0h3p0 heißt, dass Ihr die leere A-Saite anschlagt, mit dem Slide auf den dritten Bund slidet/hämmert, und dann wieder runterzieht, so dass die Saite nochmals kurz klingt.
d -|---------------------(3)/5~---|-
B -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|-5~-5\3p0---------------------|-
G -|----------/3-3~-0h3p0---------|-
D -|------------------------------|-
Takt 8: Zur Erholung ganz einfach:
d -|-0--(3)/5------5~-------------|-
B -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Und das war's auch schon. Eine "quick&dirty" eingespielte Version von mir mit allen Takten hintereinanderweg gibt's im Anhang.
d) Der "Bass Thump"
Der "Bass Thump" gibt dem Stück einen recht tighten Beat und stellt sicher, dass es auch Solo nach einem richtigen kompletten Stück klingt. Das Fred
McDowell-Original von "You Got To Move" ist in einer ganz anderen Slide-Welt, nämlich in Open D, wir können es also nicht 1:1 übernehmen. Im Prinzip spiele ich sowas hier:
d -|------------------------------|-
B -|------------------------------|-
G -|--------------------x-------x-|-
D -|--------------------x-------X-|-
G -|--------------------x-------x-|-
D -|-------------------(x)-2/3-(x)|-
Da es aber eigentlich nur um die Rhythmik geht, geht auch sowas (oder meinetwegen das 2/3 nur auf der A-Saite oder meinetwegen auch 3/4 oder so).
d -|------------------------------|-
B -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|--------------------x-------X-|-
G -|--------------------x--2/3--x-|-
D -|--------------------x--2/3--x-|-
Ich spiele das jetzt Fingerstyle meistens so, dass ich alleine mit der runterhämmernden Schlaghand die Saiten abdämpfe - man kann natürlich auch ganz klassisch den Zeigefinger der Greifhand leicht über die Saiten ca. am 1. Bund legen und so abdämpfen.
Hier ist eigentlich einzig und allein das Timing wichtig. Meiner Meinung nach kann das spieltechnisch ruhig schnarrig und sloppy klingen, es geht um Percussion, nicht um saubere Technik.
Und nun ganz simpel: In jedem Takt außer Takt 7 einen "Bass Thump" einbauen. Et voilá. Meinen fixen Versuch gibt's im Anhang.
e) Videos
Leider habe ich kein vernünftiges Equipment zur Erstellung von Videos. Aus dem YouTube-Dschungel empfehle ich die Version von Keni Lee Burgess (von dem solltet Ihr Euch auch andere Videos anschauen, wirklich gute Sachen dabei):
http://www.youtube.com/watch?v=weWVZHj1CSc
Ist der Robert-Johnson Version recht ähnlich, da kann man sich recht viel abschauen (wobei der nun auch schon wieder anders gestimmt ist).
Auch hier zur Optik der Rhythmik vom "Bass Thump" eine Version von "You Gotta Move" von Keni Lee Burgess:
http://www.youtube.com/watch?v=3H50_sm4iGA
NEXT STEPS
Das sind jetzt die "Basics" des Stücks, da kann man schon recht lange dran basteln. Wer mehr will, kann sich ja mal am Intro versuchen und auch den sehr hohen Slide-Teil bei "can you hear the wind howl" testen, sich die schnelle Version draufschaffen, etc. - Experimentierfreude ist angesagt. Wer dazu singen kann, ist eh noch besser dran...
Und wenn ihr dieses Stück gemeistert habt, sollte auch "You Got To Move" kein Problem sein - ähnlich simpel in Open D. Hier ein nettes kleines Video dazu:
http://www.youtube.com/watch?v=BDAEPnh37b0
JETZT SEID IHR DRAN!
So viel zu meinen Anregungen - viel Spaß beim Probieren. Fragen sind willkommen, noch lieber wäre mir, wenn Ihr auch einfach mal eine kleine Aufnahme Eurer Versionen macht und hier im Thread posten würdet. Schließlich will ich doch sehen, ob's jemanden interessiert, was ich hier so mache...
Vorbemerkung: Ich habe mich schon damals gegen die Aufteilung der "Tabs&Spieltechniken" in A-Gitarre und E-Gitarre gewehrt, weil so grundlegende Techniken wie Slide eben auf allen Arten von Gitarren funktionieren. Aber da der erste Teil meines Workshops im E-Spieltechniken-Teil gelandet ist, kommt dieser Teil eben auch da rein. Ich werde aber trotzdem einen kleinen "Werbe-Post" im A-Gitarren-Spieltechnik-Unterforum platzieren, ich hoffe, das nimmt mir niemand übel.
Slide-Giarren-Workshop (Kapitel 4)
INTRO
Nachdem ich ja nun zwei Wochen mit Windpocken außer Gefecht und unter Quarantäne war, habe ich es zumindest geschafft, endlich einen weiteren Teil zu meinem zu erstellen. Nun ist es nämlich an der Zeit, sich ein Stück vorzunehmen.
Meine Wahl ist auf Robert Johnson's "Come On In My Kitchen" gefallen. Das ist ein nettes kleines Blues-Stück, das sich ganz gut zum Rumspielen und Basics-Üben eignet. Wie gesagt, ich komme sehr aus dieser Ecke, mit Blues-Slide kenne ich mich am besten aus - also müsst Ihr auch mit Stücken aus dieser Ecke Vorlieb nehmen. Eigentlich hatte ich andere Stücke auf der Liste, aber beim Ausprobieren bin ich zu dem Schluss gekommen, dass dies hier deutlich besser geeignet ist.
Ganz wichtig: Es geht hier nicht um "Wie spiele ich ein Stück 1:1 nach"! Das hier ist ein WORKshop, an dem man arbeiten können soll und der ein paar Anregungen und Übungen aufzeigt - letztlich wäre es natürlich super, wenn Ihr Euch eine eigene Version des Stücks erarbeiten würdet.
ÜBER DAS STÜCK
Erster Schritt: Hört Euch mal das "Original" von Robert Johnson an. Achtung, das ist eine Aufnahme aus den 30ern, die Qualität ist wirklich nicht besser. Und nein, es gibt keinen Film davon (es gibt von Robert Johnson gerade mal zwei Fotos, sonst nix).
http://www.youtube.com/watch?v=LVqDfHCi8iI
Vielleicht fällt Euch auf, wie spärlich der gesamte Song arrangiert ist... und das relativ langsame Tempo... vielleicht auch, wie schön die Slide-Parts die Gesanggstimme untermalen und wie markant der kurze "Break" am Ende jeder Strophe ist... vieleicht auch, dass nicht viele Töne vorkommen. Alles Gründe, warum ich diesen Song zur Übung ausgewählt habe. Kein Angst übrigens: das Stück funktioniert auch, wenn man nicht dazu singt - gerade weil die Gitarre eben die Melodieparts spielt.
ACHTUNG, es gibt auch noch eine deutlich schnellere Version vom selben Stück - die ist zwar saugeil, aber wir bleiben erstmal bei der langsameren... wer trotzdem mal hören will:
http://www.youtube.com/watch?v=fKBwl4PHVck
Kleiner Ausflug in die Blues-Historie: Das Stück ist eigentlich nicht mehr als eine clevere leichte Abwandlung des Klassikers "Sittin' On Top Of The World". In dieser Version von den Mississippi Sheiks gibt es keine Slide-Gitarre, das macht in diesem Fall eine Geige (!):
http://www.youtube.com/watch?v=RqeW7-tmVU4&feature=related
Es gibt übrigens auch Country-Versionen dieses Stücks - ist so eine Melodie-Linie, aus der sich eine ganze Song-Familie entwickelt hat. Wer ganz tief einsteigen will:
http://en.wikipedia.org/wiki/Come_On_in_My_Kitchen
Jetzt ist die Robert-Johnson-Version aber rhythmisch recht anspruchsvoll und die Bass-Begleitung mit dem Slide dazu ist eigentlich nur mit Fingerstyle möglich - so habe ich mir die Freiheit genommen, eine etwas simplere Version daraus zu basteln, die auf einen kontinuierlichen Bass verzichtet und den Rhythmus nur zwischen den Melodie-Zeilen einbaut.
Derselben Lied-Tradition folgt nämlich auch "You Got To Move", bekannt z.B. von Fred McDowell - zum Teil sehr ähnlicher Aufbau und Melodie, hört mal:
http://www.youtube.com/watch?v=BFIt7Rvm24Q
Ja, das haben auch die Rolling Stones gespielt:
http://www.youtube.com/watch?v=pkAtA5ISMk0
Also habe ich mir aus der Fred McDowell-Version den rhythmischen Bass-Thump zwischen den Melodiezeilen geklaut und so eine neue Version des Stücks gebastelt.
Einige melodische Vereinfachungen habe ich auch eingebaut. Ziel war immer: So einfach und Einsteiger-gerecht wie möglich, trotzdem mit Rhythmus-Basis, und auch für E-Gitarristen und "Plektrum-Only" Gitarristen machbar, insgesamt ein kleines spaßiges Solo-Stück mit viel "Room for improvement" - WORKshop halt.
STIMMUNG
Die Gitarre ist für dieses Stück in Open G bzw. Open A gestimmt (Wiederholung: ist eigentlich dieselbe Stimmung, nur eben einen Ton höher bzw. tiefer). Ich würde Euch, wenn Ihr keine "Slide Only" Gitarre habt, definitiv Open G empfehlen - Open A bringt recht viel Zug auf die Saiten, da reißt gerne mal eine hohe E-Saite und der Hals muss neu eingestellt werden usw. usw. - Open G macht da weniger Probleme, da kann's allerhöchstens etwas "schlabberig" werden. Weil hier ja aber viele Metaller rumspringen, die eh mit Drop-Z und .13er Saiten unterwegs sind, müsste das ja eigentlich klappen... ;-)
Im Tab-Stil notiert (Tiefe Saiten unten, hohe oben) sollten also folgende Töne rauskommen:
d - ein Ton tiefer als das normale "e" der hohen e-Saite
H - bzw. englisches B, genau wie im Standard Tuning
G - ebenso unverändert, wie ganz normal
D - auch keine Änderung gegenüber normaler Stimmung
G - gegenüber dem normalen A einen Ton tiefer
D - gegenüber dem normalen E einen Ton tiefer
Eine Anleitung findet Ihr hier: http://www.gitarre-stimmen.de/html/open_g.html
Ganz gemein dabei: Robert Johnson spielt in Open A mit einem Capo am 2. Bund, also eigentlich in Open H (engl. Open B) - wer da also mitspielen will, muss entsprechend mit Kapodaster arbeiten. Ich selbst bin übrigens ungefähr in Open A (E-A-E-A-C#-e) unterwegs, weil ich derzeit nur .12er Saiten drauf habe und die sind mir für Open G zu schlabberig. Ist aber alles nicht schlimm - es geht ja darum, dass Ihr die richtigen Melodien hinbekommt und nicht darum, dass ihr 1:1 dieselben Töne spielt.
ICH WORKSHOPPE MIT!
Um Euch die Scheu vorm Ausprobieren zu nehmen, habe ich nach dem Motto "one take only" auch eine Version aufgenommen, völlig unbearbeitet und inklusive aller Schnarrer, Kratzer und Knackser. Das ist nicht hohe Slide-Kunst, dass ist sumpfig-dreckiger Delta Blues, da kann - ja, da muss - es klappern und knarzen. Auch ein Grund, warum ich dieses Stück gewählt habe, da muss ich nicht besser spielen, als ich es kann. ;-)
Für die Technik-Freaks: Aufgenommen ist mit den internen Mikros eines Zoom H4 in meinem Arbeitszimmer inkl. Nebengeräuschen usw., ein bisschen Takt-Rhythmus machen meine nackten Füße auf dem Eichenparkett. Ich spiele eine National Style O (kein Original aus den 30ern, National Reso-Phonic Reissue von 1992). Bottleneck auf der National ist mein geliebter, verkratzer und mittlerweile 17 Jahre alter Dunlop Brass Slide.
DER EIGENTLICHE WORKSHOP
a) Struktur des Stücks.
Meine Version besteht aus acht Takten, wir befinden uns also nicht im Standard-Blues-Schema. Da wir immer dieselbe Bass-Form verwenden, gibt es "formal" keine Akkordwechsel - die ergeben sich eher aus der Melodie bzw. dem Gesang, "implizit" passiert da harmonisch also durchaus was.
Im Prinzip könnte man wohl folgende Akkorde drunter setzen:
G | G | C7 | G
G | D7 | C7 | G7
Muss uns hier aber nicht interessieren - seht es ähnlich wie ein Pentatonik-Rumgedudel über irgendeine passende Chord-Progression, es passt halt. Wenn "falsche" Töne dazwischenkomen, hört man es auch recht deutlich.
Das "Original" hat so eher so 9 bis 10 Takte, das ist wie viele Robert Johnson Songs nicht so ganz eindeutig, er hat gerne mal die eine oder andere Viertelnote mehr oder weniger dabei. Wesentlicher Unterschied in meiner Version ist, dass die letzte Textzeile "it's goin' to be rainin' outdoors" nicht von hohen slide-Noten begleitet wird, sondern von dem tieferen Fill, das Robert (ohne Gesang) danach spielt.
b) Zur Tab
Grundsätzlich: alle Töne im Stück (außer offenen Saiten natürlich) sind mit dem Slide zu spielen. Den Bass-Thump kann man auch mit den Fingern machen, auch den letzten Bass-Lauf auf der tiefen E- und A-Saite, der Einfachheit und Übung halber machen wir aber alles mit dem Slide.
Ein "/" heißt, dass man zum angegeben Ton hin-slidet, ein "\", dass man von oben runterslidet. Wiederholung: Um den richtigen Ton zu treffen, muss der Bottleneck nicht zwischen den Bundstäben sein, sondern genau über (!) dem jeweiligen Bund. Bei "12" müsst Ihr Euch also wirklich genau über dem 12. Bundstab befinden.
Noten in Klammern geben eine Indikation, von wo Ihr ungefähr zur Ziel-Note sliden solltet. (10)/12 heißt beispielsweise, dass Ihr ungefähr am 10. Bund startet und zum 12. Bund hochslidet. Wichtig auch hier - das ist ein Tipp, ein Indikator, das ist nicht Pflicht.
Ein "~" steht für ein Vibrato mit dem Slide. Wiederholung: eigentlich sollte Euer Slide aber NIEMALS STILL STEHEN. Es ist nicht falsch, wenn Ihr IMMER ein leichtes bis mittelschweres Vibrato dazu gebt.
Inwieweit Ihr die Noten wirklich einzeln spielt oder eher nacht dem Motto "let ring" unterwegs seid, überlasse ich Euch. Grundsätzlich kann man hier die Melodien auf den hohen Saiten sehr gut ausklingen lassen. Die "Bass Thumps" sollten aber akzentiert sein und klare "Stops" darstellen. An sich gilt aber: Beim Slide - wie auch bei vielen anderen Techniken - ist die Sache mit der Dämpfung eine Kunst für sich, es gibt verdammt viele Möglichkeiten.
c) Melodie (erstmal ohne Bass)
Ein Intro lass' ich mal weg, stürzen wir uns gleich auf meine eigentliche Melodie:
Takt 1: simple drei Töne
d -|------------(11)/12~----------|-
B -|---------12-------------------|-
G -|-(10)/12----------------------|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Takt 2: umgekehrt wie der erste Takt
d -|-12--12\10--------------------|-
B -|-----------(10)/12------------|-
G -|-------------------12~--------|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Takt 3: eine weitere Variation
d -|---------12---------12--------|-
B -|-(10)/12----(10)/12-----------|-
G -|-----------------------12~----|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Takt 4: absolut identisch mit Takt 2
d -|-12--12\10--------------------|-
B -|-----------(10)/12------------|-
G -|-------------------12~--------|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Takt 5: nur "fett" um den 12. Bund herum
d -|-10/12--10/12--12--12~--------|-
B -|-10/12--10/12--12--12~--------|-
G -|-------------------12~--------|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Takt 6: "Akkordwechsel". Mit der 7p0 meine ich, dass man hier den Slide ca. am 7. Bund mit einem leichten "Pull-Off" runterziehen kann, so dass die leere hohe E-Saite klingt. Vor dem Slide auf der G-Saite würde ich sicherstellen, dass weitgehend alles abgedämpft ist und ziemliche "Ruhe" herrscht. Bei der 7 MUSS krasses Vibrato rein, damit der Ton schön lange klingt.
d -|-12--12\7p0-------------------|-
B -|------------------------------|-
G -|---------------(5)/7~---------|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Takt 7: Der ist "schwer", weil schnell und auf den schnarrigen tiefen Saiten. Darf meiner Meinung nach aber ruhig etwas "dreckig" klingen. Das 0h3p0 heißt, dass Ihr die leere A-Saite anschlagt, mit dem Slide auf den dritten Bund slidet/hämmert, und dann wieder runterzieht, so dass die Saite nochmals kurz klingt.
d -|---------------------(3)/5~---|-
B -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|-5~-5\3p0---------------------|-
G -|----------/3-3~-0h3p0---------|-
D -|------------------------------|-
Takt 8: Zur Erholung ganz einfach:
d -|-0--(3)/5------5~-------------|-
B -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|------------------------------|-
Und das war's auch schon. Eine "quick&dirty" eingespielte Version von mir mit allen Takten hintereinanderweg gibt's im Anhang.
d) Der "Bass Thump"
Der "Bass Thump" gibt dem Stück einen recht tighten Beat und stellt sicher, dass es auch Solo nach einem richtigen kompletten Stück klingt. Das Fred
McDowell-Original von "You Got To Move" ist in einer ganz anderen Slide-Welt, nämlich in Open D, wir können es also nicht 1:1 übernehmen. Im Prinzip spiele ich sowas hier:
d -|------------------------------|-
B -|------------------------------|-
G -|--------------------x-------x-|-
D -|--------------------x-------X-|-
G -|--------------------x-------x-|-
D -|-------------------(x)-2/3-(x)|-
Da es aber eigentlich nur um die Rhythmik geht, geht auch sowas (oder meinetwegen das 2/3 nur auf der A-Saite oder meinetwegen auch 3/4 oder so).
d -|------------------------------|-
B -|------------------------------|-
G -|------------------------------|-
D -|--------------------x-------X-|-
G -|--------------------x--2/3--x-|-
D -|--------------------x--2/3--x-|-
Ich spiele das jetzt Fingerstyle meistens so, dass ich alleine mit der runterhämmernden Schlaghand die Saiten abdämpfe - man kann natürlich auch ganz klassisch den Zeigefinger der Greifhand leicht über die Saiten ca. am 1. Bund legen und so abdämpfen.
Hier ist eigentlich einzig und allein das Timing wichtig. Meiner Meinung nach kann das spieltechnisch ruhig schnarrig und sloppy klingen, es geht um Percussion, nicht um saubere Technik.
Und nun ganz simpel: In jedem Takt außer Takt 7 einen "Bass Thump" einbauen. Et voilá. Meinen fixen Versuch gibt's im Anhang.
e) Videos
Leider habe ich kein vernünftiges Equipment zur Erstellung von Videos. Aus dem YouTube-Dschungel empfehle ich die Version von Keni Lee Burgess (von dem solltet Ihr Euch auch andere Videos anschauen, wirklich gute Sachen dabei):
http://www.youtube.com/watch?v=weWVZHj1CSc
Ist der Robert-Johnson Version recht ähnlich, da kann man sich recht viel abschauen (wobei der nun auch schon wieder anders gestimmt ist).
Auch hier zur Optik der Rhythmik vom "Bass Thump" eine Version von "You Gotta Move" von Keni Lee Burgess:
http://www.youtube.com/watch?v=3H50_sm4iGA
NEXT STEPS
Das sind jetzt die "Basics" des Stücks, da kann man schon recht lange dran basteln. Wer mehr will, kann sich ja mal am Intro versuchen und auch den sehr hohen Slide-Teil bei "can you hear the wind howl" testen, sich die schnelle Version draufschaffen, etc. - Experimentierfreude ist angesagt. Wer dazu singen kann, ist eh noch besser dran...
Und wenn ihr dieses Stück gemeistert habt, sollte auch "You Got To Move" kein Problem sein - ähnlich simpel in Open D. Hier ein nettes kleines Video dazu:
http://www.youtube.com/watch?v=BDAEPnh37b0
JETZT SEID IHR DRAN!
So viel zu meinen Anregungen - viel Spaß beim Probieren. Fragen sind willkommen, noch lieber wäre mir, wenn Ihr auch einfach mal eine kleine Aufnahme Eurer Versionen macht und hier im Thread posten würdet. Schließlich will ich doch sehen, ob's jemanden interessiert, was ich hier so mache...
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