Unter Phantomspeisung versteht man eine Stromversorgung eines Gerätes über die Signalleitung, bei der beide Leitungen der symmetrischen Leitung die Versorgungsspannung tragen, der Rückweg geht über die Masse.
Am weitesten verbreitet und de facto Standard ist die 48V Phantomspeisung. Die Speisespannung wird dabei über je 6.8 kOhm Widerstände auf die Signaladern eingekoppelt. Der absolute Wert der Widerstände ist dabei nicht so wichtig, die Gleichheit jedoch entscheidend.
Die Signaladern werden über Kondensatoren zum Verstärkereingang entkoppelt. Diese Kondensatoren müssen die 48 Volt aushalten. Der Verstärkereingang wird darüber hinaus mit anti-seriell geschalteten Z-Dioden vor Einschaltknacksern geschützt, die beim Einschalten der Versorgung oder beim nachträglichen Einstecken eines Mikrofons entstehen können.
Der Verbraucher (in der Regel Mikrofon oder DI Box) greifen die Versorgungsspannung über Widerstände oder einen Transformator mit Mittenanzapfung ab. So wird die dort eingebaute Verstärkerschaltung gespeist.
Dabei wird ein Hub der Versorgungsspannung/Strom durch die Gleichtaktunterdrückung der Eingangsstufe weitgehend unterdrückt.
Die hohe Spannung von 48V wurde ausgewählt, damit sie direkt als Polarisationsspannung von echten Kondensatormikrofonen verwendet werden kann.
Neben den 48V gibt es auch noch Normen mit 24V und 12V, manche Hersteller bieten 15V auf ihren Eingängen. Dies ist meist aus Preisgründen so, oder um Strom zu sparen, wie bei batteriebetriebenen Recordern (etwa das Zoom H4n, das aber trotzem auch die 48 V anbietet).
Bei einem Mischpult ist eine andere Phantomspannung als 48V nicht akzeptabel (außer es wäre umschaltbar und die 48V dabei). Bei Akustik-Verstärkern und kleinen Aufnahmegeräten ist eine geringere Phantomspannung verbreitet, bedeutet aber eine Einschränkung bei der Auswahl der verwendbaren Mikrofone.
Umgekehrt ist es bei Mikrofonen und aktiven DI Boxen. Ein Mikrofon mit 9-52V Phantomversorgung ist universeller als eines, das nur mit 48V betrieben werden kann. Gelegentlich verschlechtern sich die elektrischen Kenngrößen bei geringerer Phantomspannung.
Ein Mikrofon, daß die 48V Phantomspannung nicht verträgt und zwingend eine niedrigere braucht ist ebenfalls nicht akzeptabel.
Was passiert nun mit anderen Quellen, wenn Phantomspeisung anliegt?
Dynamische Mikrofone (Tauchspule oder Bändchen) sowie passive DI Boxen haben als Ausgang eine Spule, die zwischen den beiden Signaladern liegt. Sie ist gegen Masse isoliert. Beide Signalleitungen liegen auf der gleichen Spannung. Daher fließt kein Strom durch diese Spule, sie bekommt von der Speisespannung quasi nichts mit.
Kondensatormikrofone und aktive DI-Boxen sind in der Regel gerade für Phantomspeisung gebaut.
Interessant sind nun aktive Quellen, die an Mikrofoneingänge angeschlossen werden, beispielsweise Empfänger von drahtlosen Mikrofonanlagen oder Gitarren mit zusätzlichem XLR Ausgang. Normalerweise sind diese Ausgänge auch Phantomspeisungsfest, aber hier lohnt sich die Nachfrage oder ein Blick ins Handbuch. Meine Akustische Gitarre darf mit ihrem XLR Ausgang keine Phantomspeisung abbekommen.
Vorsicht ist auch geboten, wenn ein XLR Ausgang eines Mischpults an einen XLR Eingang eines anderen Mischpults mit Phantomspeisung angeschlossen werden soll. Einerseits ist der Signalpegel des Ausgangs in der Regel zu groß für den Mikrofoneingang des anderen,so daß auch bei völlig zurückgedrehtem Gain Clipping vorkommen kann. Andererseits kann die Phantomspannung des Eingangs den treibenden Ausgang zerstören, da er in der Regel dafür nicht ausgelegt ist. Wenn man Glück hat, ist der Ausgang geschützt.
Die Line Eingänge von Mischpulten haben in der Regel keine Phantomspannung, selbst wenn die Phantomspeisung für alle Mikrofoneingänge aktiviert sind. Die Line Eingänge sind in der Regel auch Klinkeneingänge und getrennt von den Mikrofoneingängen. Werden Combo Buchsen verwendet, sind auch hier meist beide Steckerarten (XLR / Klinke) getrennt. Aufschluß gibt ein Blick ins Handbuch, meist reicht ein Blick auf das Blockschaltbild.
Eine schöne ausführliche Zusammenfassung gibt es unter:
http://www.schoeps.de/D-2004/PDFs/Mikrofonbuch_Kap13.pdf
Eine allgemeine Abhandlung gibt es bei Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Phantomspeisung
Off Topic:
Nur so als Anmerkung: der S0 Bus bei ISDN hat auch Phantomspeisung, allerdings sind es da 2 Aderpaare. Ein Paar führt die positive Versorgungsspannung, das andere die negative.