Review JTS CX-Serie, kleinbauende Clip-Kondensatormikrofone

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Das CX-516 war der eigentliche Auslöser für die Serie an Mikrofonbesprechungen, die ich gerade einstelle.
Ein von mir hoch geschätztes Mitglied des Boardes hatte mich nach der Eignung für Akkordeon als Alternative zu den deutlich hochpreisigeren Standards gefragt.

JTS (in Deutschland im Vertrieb von Monacor International) ist mir schon lange ein Begriff, die Mikrofone dieses Herstellers sind bei vielen kleineren Verleihern für Jobs ohne Ridertauglichkeitsanspruch in Verwendung. Ebenso finden sie sich in vielen „Jugendkulturstätten“ und auch bei vielen Bands, denen ich in meinen Workshops und Coachings begegne.
Bei vielen kleineren Konferenz- und Tagungshotels sind JTS-Headsets und Lavalliers in Verwendung, häufig in Verbindung mit Sennheiser Funkstrecken. Überall zur scheinbaren Zufriedenheit und insgesamt in erheblichen Stückzahlen.
So gesehen wundere ich mich immer wieder, wie wenig diese Mikros besprochen werden.

Auffällig bei JTS ist die sehr gute Serienkonstanz, die sich auch in den hier zugrunde liegenden Tests wieder gezeigt hat. Mehrere Jahre alte Mikrofone aus dem Tagesgeschäft waren von den elektroakustischen Eigenschaften praktisch nicht von neu Gekauften unterscheidbar.
Wer mal typische Hausmarken-Mikrofone durchgetestet hat, weiß, wie schwierig scheinbar im Budget-Bereich Serienkonstanz zu halten ist.

Ich fasse alle oben genannten Mikrofone in einem Review zusammen. Sie bauen alle auf einer identischen Elektret-Kondensator-Kapsel auf. In erster Linie unterscheiden sich die Mikros der CX-Serie durch die Anschlüsse, die Art und Bauweise der Halterung und damit der zugeordneten Anwendung.
Kleinere Unterschiede im Frequenzgang und der Empfindlichkeit von Modell zu Modell sind meiner Meinung nach auf bewusste Beschaltung zurückzuführen.
Die Mikrofone liegen je nach Modell zwischen Straßenpreis 70-75,--.

Die Kapsel läuft bei CX-505, 506 und 508 bis in die Präsenz recht linear leicht ansteigend. Ab 4kHz bis in den Hochton gibt es eine Anhebung von 4-6dB mit einer gewissen Welligkeit. Ab 10kHz fällt die Kurve langsam und homogen ab und ist auch im Superhochton noch nutzbar.
Das für Bläser gedachte CX-508 hat zusätzlich im Bass eine leichte Anhebung und fällt erst etwas später, ab 13kHz ab.
Das für Akkordeon und Bläser gedachte CX-516 fällt ab 200Hertz im Bass dezent und homogen, im Hochton noch später als das CX-508 erst ab etwa 16kHz ab.

Die Kapsel löst gut und natürlich auf, homogen ohne erkennbare Schwächen. Trotz der Anhebung in der oberen Präsenz bis Hochton klingt die Kapsel nicht scharf, ist also in diesem Bereich erfreulich klirrarm.

Die Richtcharakteristik ist eine Standardniere, die recht homogen eingehalten wird. Im Hochton wird die Richtcharakteristik unregelmäßiger und es bilden sich Nebenkeulen aus, das bleibt aber in absolut praxisgerechtem Maß.
Diese Richtcharakteristik führt zu einem insgesamt recht luftigen und offenen Klangbild, bedingt aber bei kritischem Monitoring etwas Rücksichtnahme. Gegebenenfalls hilft eine leichte Rücknahme dieses Frequenzbereichs, weniger wegen Feedbackneigung, sondern zur sauberen Trennung der Quellen.

Insgesamt ist das Klangbild bei allen Mikros dieser Familie natürlich, neutral und brillant ohne scharf zu sein. Direkt und durchsetzungsfähig, aber ohne ausgeprägtes Sounding lassen sie jede Möglichkeit der Gestaltung offen. Sie bieten sich damit für jeden an, der einen natürlichen oder sehr flexiblen Sound sucht. Oder für den, der seinen Sound noch nicht gefunden hat und noch probieren will und muß. Außerdem natürlich für den Verleihbetrieb mit ständig wechselnden Aufgaben.
Problematisch wird es aber leider dann, wenn Ridertauglichkeit ins Spiel kommt. Das kann man aber wirklich nicht den Mikros vorwerfen...

Das Eigenrauschen ist typischerweise bei so klein bauenden Condensern etwas höher als bei größeren Kapseln, aber in der Praxis nicht spürbar.
Die Empfindlichkeit ist eher niedrig, auch das bauart- und verwendungsbezogen typisch.
Das Großsignalverhalten ist sehr gut, die Kapsel hat weder mit Bläsern jeder Art noch lauter Snare Probleme.

Allerdings ist die Kapsel windempfindlich, der verbaute Korb allein kann das nicht genügend bedämpfen. In vielen Fällen bietet sich daher die Verwendung des mitgelieferten Schaumstoffwindschutzes an. Dieser funktioniert ausgezeichnet und verhindert alle unerwünschten Nebengeräusche sicher.

Der Korb ist bei allen Mikros dieser Baureihe identisch, er ist schwingend und sehr gut entkoppelt mit der Halterung oder dem Schwanenhals verbunden.
Das CX-505 hat eine sehr praxisgerechte schraubbare Rimklemme aus Kunststoff und ein gerastertes Dreh-Knickgelenk, das eine genaue und stabile Positionierung gewährleistet. Durch den kurzen Arm ist die Positionierung natürlich auf Rimnähe beschränkt.
Das CX-506 verwendet denselben Dreh- und Knickarm wie das CX-505, hat jedoch anstelle der Rimklemme eine fest greifende Federklemme. Damit ist das CX-506 sehr flexibel einsetzbar, eben an Drums, aber auch an Bläsern und Percussions.
Das CX-508 verwendet dieselbe Federklemme wie das CX-506. Es hat jedoch einen kurzen Schwanenhals und ist damit noch flexibler positionierbar und eignet sich so auch sehr gut für Akkordeon. Das CX-508 ist dank des Aufbaus mit Federklemme und Schwanenhals das vielseitigste der Mikrofone.
Das CX-516 entspricht dem CX-508, hat jedoch anstelle der Federklemme eine Schnellwechselhalterung aus aufklebbarer Grundplatte und darin rasternden Gegenplatte. Das Mikro sitzt stabil und sicher und lässt sich schnell entfernen. Typisch sind Anwendungen am Akkordeon.

Das CX-505, CX-508 und CX-516 gibt es auch in der Variante ...w für wireless.
Anstelle eines integrierten Phantomspeiseadapters verfügen diese Modelle über den von JTS bei den Funkstrecken verwendeten vierpoligen Mini-XLR-Anschluss. Damit lassen sich diese Modelle an JTS-Funkstrecken betreiben oder völlig problemlos mittels der angebotenen Adapter an alle gängigen Funkstrecken etablierter Hersteller anpassen.
Außerdem gibt es mit dem JTS PS-500 einen zweikanaligen batteriebetriebenen Phantomspeiseadapter, vergleichbar dem AKG-Modell. Der PS-500 gibt zwei der Minimikros gemischt und unabhängig pegelgeregelt auf einen XLR-Kanal wahlweise in Line- oder Mic-Pegel aus.
Schluss endlich gibt es noch Singlephantomadapter für ein Mikro mit Vierpol-Mini-XLR auf XLR.
Durchdacht und vollständig...

Neu im Programm von JTS und nicht getestet, ist das JTS UT-16GT, ein Miniatursender wahlweise für E-Gitarre oder Bläser. Das zierliche Ding ist in kürzester Zeit umgebaut von Klinkenstecker zum Direktanstöpseln von Gitarre auf ein CX-506 und Trichterklemme. Chic!

Zur Familie gehört noch das CX-504, ein Gesangs-Headset, dessen Kapsel sich direkt nahbesprechen lässt. Ein sehr praxisgerechtes und gut klingendes Mikrofon für Situationen mit kritischem Monitoring und schwieriger Quellentrennung, z.B. singende Drummer.
Es hat den Vierpol-Mini-XLR-Stecker der ...w-Varianten mit identischen Möglichkeiten. Das CX-504 bespreche ich in nochmal in einem Extra-Threat im Live-Gesangsmikrofonbereich.
Auf eine Anwendung möchte ich aber hier noch hinweisen:
Es eignet sich vorzüglich zur Mundstückabnahme bei Bläsern, sei es als singuläres Mikrofon oder in Kombi mit einem Trichtermikrofon. Das CX-504 ist ja auch voll kompatibel zu dem genannten PS-500 Mischspeiseadapter. Es können also in Kombi aus CX-504 und CX-505 oder CX-508 auch zwei Kanäle sehr gut vorabgemischt auf einen Pultkanalzug ausgegeben werden.

Die mechanische Qualität ist sehr gut, die Mikrofone sind robust und langlebig. Die Verarbeitung ist gut, obwohl der verwendete Kunststoff nicht unbedingt wertig aussieht.

Alle Mikrofone haben sich in den Tests auch im direkten Vergleich zu anerkannten und mehrfach teueren Konkurrenten sehr gut behauptet. Auch bei kritischem Monitoring keinerlei Feedback-Probleme, für live uneingeschränkt empfehlenswert.
Aber auch im Amateur- und Semipro-Studio sehe ich eine sinnvolle und lohnende Anwendung. Ganz besonders da, wo das Budget knapp ist, die Situation und Räumlichkeiten gezielte Einzelmikrofonierung aber notwendig machen.
Typisches Beispiel wäre die Komplettaufnahme der Band im nicht akustisch optimierten Proberaum. Hier sind dann beispielsweise an Drums noch so gute Mikros in der sonst sehr empfehlenswerten Recorderman-Technik einem Satz JTS CX-Mikros immer unterlegen.

Da hier keine Diskussion möglich ist, bitte bei Fragen oder Kommentaren im entsprechenden Unterforum einen Thread eröffnen oder PN an mich, dann erledige ich das...

Ciao, Deschek
 
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JTS CX-509

http://www.jts-germany.de/typo3/index.php?id=197&act=&act_sub=&L=5&artid=6300&spr=DE&typ=all

Ich wurde per PN gebeten, zu meinem Review zur CX-Serie noch das CX-509 zuzufügen.

Das CX-509 ist ein leichtes und sehr klein bauendes Kleinmembran-Kondensatormikrofon für typische Overheadanwendungen aus derselben Produktfamilie. Der UVP liegt bei knapp 65,-- Euro.

Das CX-509 sitzt uneingeschränkt roadtauglich in einem stabilen und sauber gefertigten Metallgehäuse, die mitgelieferte Stativklemme macht einen wertigen Eindruck und hält das Mikro sehr sicher. Die Rasterung im Gelenk ist grob und wenig differenziert, wird aber auch nicht benötigt.

Die Charakteristik des CX-509 fügt sich sehr gut in die Familie ein. Ich vermute, dass es sich um identische Kapseln handelt.
Die Unterschiede zu den anderen Kapseln erklären sich dann aus den anderen Einbausituationen und der Beschaltung.
Das CX-509 ist insgesamt brillanzbetonter und bereits im oberen Präsenzbereich leicht gesoundet. Ab dem oberen Brillanzbereich fällt das Mikro homogen zum Hochton ab und erreicht bei etwa 17kHz wieder Nominalniveau.
Auch der untere Mittenbereich ist breitbandig etwas angehoben, ab dem oberen Bassbereich fällt das Mikro sanft ab, überträgt aber auch im Tiefbassbereich.

Damit klingt das CX-509 deutlich schlanker und weniger neutral.
Die Kapsel löst gut und natürlich auf, homogen ohne erkennbare Schwächen. Trotz der Anhebung in der oberen Präsenz bis Hochton klingt die Kapsel nicht scharf, ist also in diesem Bereich erfreulich klirrarm.
Die Richtcharakteristik ist eine Standardniere und ähnelt stark dem Rest der Familie, ist allerdings im Hochton etwas homogener.
Damit ist das Mikro nicht anfällig für Feedback-Probleme, für live uneingeschränkt empfehlenswert.

Die Empfindlichkeit ist höher, als bei den anderen Mikrofonen dieser Serie. Die Empfindlichkeit liegt ca. auf dem Niveau des AKG C1000 und damit aber deutlich geringer als bei der Masse der Universal-Kleinmembrancondenser.
Für sehr viele der typischen Anwendungen spielt das keine Rolle, bei sehr leisen Signalen ist dieses Verhalten aber sicher nicht ideal.
Das Großsignalverhalten ist sehr gut, die Windempfindlichkeit eher niedrig. Für Outdoor-Anwendungen empfehle ich trotzdem einen Schaumwindschutz.

Empfehlenswert ist das CX-509 also insbesondere für lautere Quellen. Schlagzeug-Overhead, High-Hat oder Einzelbecken, Percussion - hier ist das CX-509 eine sehr gute Ergänzung zur CX-Familie.
Bläser jeder Art, Nahmikrofonierung von Saiteninstrumenten gehören auch zu den bevorzugten Einsatzgebieten - Kinderchor-Overhead weniger... ;)
 

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