[FAQ] Gitarre lernen als Linkshänder / LH-Gitarre oder nicht?

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DerZauberer
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(Vorbemerkung: Wegen der von mir immer wieder kritisierten fehlenden Ecke für allgemeine Gitarrenthemen stelle ich diesen Artikel wegen der Fragen-Häufigkeit gezwungenermaßen bei den E-Gitarren ein - natürlich gilt er genau so für Akustikgitarren. Ich verstehe bis heute diese scharfe Trennung auf oberster Ebene nicht, besonders auch bei Spieltechniken... aber das ist ja nicht das Thema hier).


KERNFRAGE UND ANTWORT


Die Kernfrage: Ich bin Linkshänder - soll ich eine Linkshänder-Gitarre spielen oder nicht?

Ich möchte diese Frage schon jetzt am Anfang des Textes beantworten: Es gibt exakt eine Person, die dies beantworten kann, und die ist der Linkshänder selbst. Die Entscheidung einem wirklich niemand abnehmen, es ist letztlich reine Gefühlssache. Wenn man sich nun falsch entscheidet, ist das in den meisten Fällen gar nicht so schlimm, es gibt nämlich viele Beispiele von glücklichen Linkshändern mit Rechtshändergitarren.

Tendenziell ist man als klassischer Linkshänder mit einer Linkshändergitarre aber schon deutlich besser aufgehoben. Aber nochmal: Entscheiden und fühlen muss man es wirklich selbst.

Wer mit dieser Antwort zufrieden ist und damit seine Entscheidung treffen kann - perfekt! Für alle anderen lege ich ab jetzt aber gerne dar, was so meine Gründe für diese Aussage sind und über welchen Weg man sich dem Thema so nähern kann.


HINTERGRÜNDE


Warum dieser Text?

Folgende Gründe haben mich zum Verfassen dieses Artikels bewegt:
  • Es besteht Bedarf: Die Fragen zur richtigen Gitarre für einen Linkshänder tauchen immer wieder im Forum auf.
  • Es besteht Unklarheit: In jedem neuen Thread zum Thema kommen alle Arten von Argumenten, Empfehlungen, Tipps&Tricks, immer dieselben Endlosdiskussionen ob man als Linkshänder nun besser mit einer Rechtshändergitarre besteht, etc.
  • Das Thema ist komplex: Jeder Rechtshänder braucht auch seine linke Hand an der Gitarre, jeder Linkshänder seine rechte, die Ausprägungen links/rechts sind unterschiedlich, die Erfahrungen auch
  • Man kann durchaus was "falsch" machen: Es gibt Beispiele, wie jemand nach dem Wechsel auf eine Linkshändergitarre zwar erst neu lernen musste, dann aber riesige Fortschritte gemacht hat. Ebenso gibt es Menschen, denen dogmatische Gitarrenlehrer den Spaß am Instrument verdorben haben, vielleicht vergleichbar mit dem früher üblichen Erzwungenen Schreiben mit der rechten Hand.
  • Minderheitenschutz: Linkshänder sind recht wenige, die Mehrheit der Menschen sind Rechtshänder. Da ist es immer schwer an Infos zu kommen, das weiß ich aus eigener Erfahrung.
  • Ich mag mich nicht ewig wiederholen: Meine Meinung zum Thema steht jetzt da. Es mag andere Meinungen geben und ich liege auch vielleicht nicht immer richtig, aber dies ist meine über Jahre entwickelte Meinung. Ich kann mich also ab jetzt raushalten und auf diesen Post verweisen.


Wer bin ich und was qualifiziert mich für die Aussagen hier?

Ich spiele Gitarre, von Beginn an linkshändig. Ich schreibe mit links, spiele Fußball mit links, springe mit links weiter als mit rechts, dribble den Basketball links, knöpfe Hemden und Hosen mit links, kämme meine Haare mit links, halte Tennis- und Golfschläger links, löffle meine Suppe mit links, bin also klarer Linkshänder.

Trotzdem liegt die Computer-Maus rechts, ich brauche keine Linkshänder-Schere und auch keinen Linkshänder-Korkenzieher. Ich fühle mich nicht in der Rechtshänder-Welt verloren oder gar bedroht, so anders sind Linkshänder nun auch wieder nicht.

Ich verfüge über keinerlei neurologische oder medizinische oder psychologische Ausbildung - ich beschreibe hier meine Erfahrungen und die sich daraus herausgebildete Meinung, nicht mehr (aber eben auch nicht weniger). Ich habe mich aus Interesse intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt und erwarte von möglichen Gegenmeinungen schon etwas mehr als ein plattes "das seh ich aber anders".


Für wen ist dieser Text gedacht?

Ganz kurz: Für jeden, der ihn lesen mag.

Etwas länger: Logische Zielgruppe sind natürlich linkshändige Gitarren-Anfänger, die sich nicht sicher sind, ob sie linksrum oder rechtsrum anfangen sollen. Schön wäre es, wenn auch der eine oder andere Lehrer oder das eine oder andere Elternteil auf diesen Artikel stoßen würden. Und ganz besonders geht dieser Artikel auch an Rechtshänder, die sich vor Äußerung ihrer Meinung als Außenstehende ein wenig in die Thematik einlesen wollen.


Warum stellt sich diese Frage überhaupt?

Es gibt eben eine normale Art für das Gitarrenspiel - in dieser Art ist die linke Hand die Greifhand und die rechte die Zupf-/Schlag-/Spielhand. Dementsprechend sind die Saiten aufgezogen und die Gitarre gebaut (besonders bei asymmetrischen E-Gitarren oder den Verstrebungen bei vielen akustischen Steelstrings). Und als Konsequenz gibt es eben viel mehr Rechtshänder-Instrumente als Linkshänder-Instrumente. Linkshänder-Instrumente gibt es in deutlich kleinerer Auswahl, man kann viel weniger Instrumente anspielen, oft sind sie teurer oder gar nicht verfügbar, die Farbauswahl ist schlechter... da kommt oft allein deswegen die Frage auf, ob man nicht lieber eine Rechtshänder-Gitarre kaufen sollte.

Dann gibt es natürlich auch Fragen bei Lehrern oder Eltern, die für ihr linkshändiges Kind die optimale Lösung suchen. Man kennt ja die Horror-Geschichten aus den Psychen von umerzogenen Linkshändern, das will man ja nun niemandem antun.

Dann gibt's den (oft jugendlichen) Lefty-Anfänger, der schlichtweg ernsthaft verwirrt ist, was denn nun richtig ist.

Und schließlich den Linkshänder, der schon rechtsrum angefangen hat, sich nun aber fragt, ob das so richtig war.

Kurzum: Die Frage stellt sich, das beweisen die Anfragen hier im Forum, immer wieder. Also muss eine Antwort her, und hier ist meine Antwort auf diese Frage.


Aber es gibt doch genug Beispiele für Linkshänder mit RH-Gitarren!

Natürlich gibt es die. Einer meiner absoluten Favoriten ist Mark Knopfler (ex Dire Straits), ein wirklich toller Gitarrist. Er ist Linkshänder, spielt aber eine ganz normale Rechtshänder-Gitarre (wie übrigens auch Steve Cropper, meines Wissens nach ist sogar B.B. King Lefty). Mein liebstes Gegenbeispiel ist natürlich Jimi Hendrix, ein ebenfals unumstritten genialer Gitarrist, der aber immer linksrum gespielt hat und dafür sogar RH-Strats einfach andersrum umgehängt hat, was schon immer etwas seltsam aussieht.

Kurt Cobain (Nirvana) war auch ein Lefty, Toni Iommi (Black Sabbath) auch, Paul McCartney (Beatles) sowieso - alle spielen Linkshänder-Instrumente. Andy Babiuk schreibt in seinem Buch "Beatles Gear" (2001, Backbeat Books, ISBN 0-87930-662-9): "Paul McCartney McCartney first tried playing right-handed, but was making no progress. He saw a picture of Slim Whitman playing left-handed and realized that it was necessary to reverse the guitar, pick with the left hand, and reverse the strings." Wer also das Gefühl hat, dass man die Gitarre andersrum halten muss, damit es sich "richtig" anfühlt, ist also in gar nicht mal so schlechter Gesellschaft.

Es gibt sogar Linkshänder, die normale Rechtshänder-Gitarren spielen, diese aber andersherum halten, so dass die Saiten anders laufen (die tiefen Saiten sind dann unten, die hohen oben). Dick Dale is so ein Beipsiel, der bekannteste Vertreter ist aber sicherlich Albert King. Da ist es dann ganz extrem: lieber verdrehe ich das gesamte System des Gitarrenspiels (durch eine umgedrehte RH-Gitarre) als dass ich umlerne.

Und natürlich gibt es außer Mark Knopfler verdammt viele Beispiele für Linkshänder, die mit RH-Gitarren super zurecht kommen - Glück für sie. Aber anders betrachtet: Wenn so Helden wie Hendrix & Co. LH-Gitarren spielen bzw. brauchen, dann könnte das auch für andere Linkshänder richtig sein.

Also: Ja, es gibt genug Beispiele für alles, alles kann richtig sein - so eben auch die LH-Gitarre für den Linkshänder.


DIE EIGENTLICHEN FREQUENTLY ASKED QUESTIONS (FAQ)


Ich bin Linkshänder und will einsteigen, brauche ich eine LH-Gitarre?

Tendenziell ja - aber wirklich "rausfinden" kannst es nur Du (siehe Kernfrage ganz am Anfang). Wenn Du noch nie eine Gitarre in der Hand hattest, dann tu das mal, am besten mit einer ganz normalen symmetrischen Akustik-Gitarre (z.B. Klassische Gitarre mit Nylon-Saiten). Wie rum hältst Du sie? Oder auch: Wie rum spielst du Luftgitarre? Stark ausgeprägte Lefties tendieren natürlich dazu, den Kopf der Gitarre nach rechts zu halten. Wenn das bei Dir auch so ist, würde ich immer empfehlen, auch mit einer LH-Gitarre anzufangen.

Nun gibt es auch Menschen, bei denen die Händigkeit viel weniger eindeutig ist - da wird's dann schwierig. Viele Menschen schreiben links, haben aber z.B. im Sport durchaus andere Präferenzen. Wenn man unvoreingenommen herangeht, weiß man schon, was richtig ist. Wenn nicht, muss man ggf. ein bisschen in Ruhe probieren und sich reinfühlen, bis man sich halbwegs sicher ist.

Und wer es beim besten Willen nicht entscheiden kann, mit einer Rechtshänder-Gitarre ganz gut klarkommt und mit einer Linkshänder-Gitarre ebenso - der nimmt dann halt die RH-Gitarre und wird wahrscheinlich recht glücklich damit.

Wichtig ist aber: Wenn man sich sicher ist, dass man eine LH-Gitarre braucht, dann muss man das auch durchziehen. Es kommen viele (gutgemeinte) Tipps von Freunden, Bandkollegen, Forumsmitgliedern, Lehrern, Verwandten, etc. mit den Kernbotschaften "man braucht doch eh beide Hände", "gibt auch viel mehr Instrumente", etc. - da muss man dann wirklich standhaft bleiben und sagen "ich weiß, was ich will und brauche, vielen Dank".


Wird das Lernen für mich als Linkshänder schwieriger?

Grundsätzlich nein. Der Anfang ist immer schwer. Es gibt aber Situationen, wo man schon ein wenig "umdenken" muss bzw. etwas mehr Aufwand hat, eine Lösung zu finden.

Erstes Beispiel sind Lehrmaterialien, bei denen permanent von der linken und rechten Hand geredet wird, und das aus RH-Perspektive. Da ist dann die rechte Hand die für den Pick, mit der linken wird gegriffen. Das ist dann natürlich konsequent so gemacht und mag aus RH-Sicht wie eine Kleinigkeit sein.
Wer nicht verstehen mag, dass das so ist, dem empfehle ich mal folgendes Experiment: Setzt Euch in einer unbekannten Stadt ans Steuer Eures Autos, neben Euch sitzt ein Freund, der Euch mit Ortskenntnissen den Weg weist. Nur sagt und zeigt er immer links, wenn ihr rechts fahren sollt (und umgekehrt). Viel Spaß. Ich finde es immer ärgerlich, aber leider ist viel Literatur noch genau so geschrieben, sowohl auf Papier als auch im Netz. Gilt ebenso für Videos.
Damit muss man leben, ein Beinbruch ist es allerdings nicht, man muss halt sein Hirn etwas drehen.

Zweites Beispiel sind Akkord-Diagramme - die zeigen eben die RH-Gitarre samt Fingersatz und sind für uns Leftys spiegelverkehrt. Es gibt aber Linkshänder-Akkordtabellen zum Kauf, auch eine Google-Suche nach "Left-Handed Guitar Chord Charts" oder so bringt Ergebnisse. Bei den meisten online-Gitarrenakkord-Seiten kann man durch einen simplen Klick von LH auf RH umstellen, das ist sehr angenehm! Die Wege sind unterschiedlich: Mich nervt's schon, aber ich lese mittlerweile auch ganz gut die RH-Akkorddiagramme. Andere schwören auf ihre LH-Tabellen, die sind auch deutlich einfacher.
Gegebenenfalls ist es halt ein bisschen Fleißarbeit, z.B. bei Ausdrucken sich den Akkord nochmal spiegelverkehrt hinzuschreiben.

Kein Problem gibt's übrigens bei Tabulatur - da sind die Saiten die Saiten, die tiefen sind unten, die hohen oben. Perfekt! Akkorddiagramme in Tab-Form können also ein guter Kompromiss sein. Wenn der Fingersatz eh klar (oder einfach ist), dann reichen auch die sechs Zahlen, um sich den Akkord aufzuschreiben. Noten sind eh universell einsetzbar, da macht's gar keinen Unterschied.

Beim Unterricht mit Lehrer (oder auch beim Lernen mit Internetvideos oder DVDs) empfinde ich es sogar von Vorteil, Linkshänder zu sein. Man muss sich vorstellen, dass man in den Spiegel schaut - genau so sieht's nämlich aus, wenn man dem Lehrer gegenübersitzt. Für mich war das immer absolut problemlos.

Zusammengefasst: Ein paar kleine Themen gibt's, aber nichts wirklich schlimmes.


Unser Kind ist Linkshänder, welche Gitarre soll ich ihm kaufen?

Es ist gut, wenn sich Eltern diese Frage überhaupt stellen - es ist schon toll, das Erlernen eines Instruments anzubieten, noch besser, wenn man beim LH-Kind auch noch an die Händigkeit denkt. Grundsätzlich ist diese Frage nicht anders als beim schon etwas älteren Anfänger (siehe oben).

Bei Kindern hat man oft den den Vorteil, dass sie unbedarft rangehen - also Gitarre in die Hand geben, sehen, wierum die Gitarre gehalten wird, das ist es dann. Ganz unspektakulär. Wenn der Linkshänder die Gitarre wie ein LH-Gitarrist hält, dann ist es wohl so richtig. Da sollte man auch gar nicht mehr viel verunsichern und experimentieren, das passt in den meisten Fällen dann schon so.

Schwieriger wird es, wenn Papa/Mama schon (rechsthändig) spielen und der Nachwuchs schon mal zugeschaut hat oder gar mal mitgeklimpert oder sich schon was beigebracht hat - da muss man sich irgendwie durchwurschteln. Aber auch nicht zu viel graue Haare wachsen lassen, sooo viel verkehrt machen kann man nun auch nicht (siehe Frage dazu weiter unten).

Man sollte sich allerdings drauf einstellen, dass die Suche nach einem Instrument etwas aufwändiger und ggf. etwas teurer wird (siehe nächste Frage). Und man sollte in Geschäften einfach wortlos auf dem Absatz kehrtmachen, wenn einem der dortige Verkäufer eine RH-Gitarre andrehen will, weil es "doch egal ist, wie man anfängt, und sich der/die Kleine mit einer normalen Gitarre im Endeffekt leichter tun wird". Bringt dann nix. Gilt auch 1:1 für die Lehrer-Auswahl.

Also auch hier: Das Kind weiß eigentlich schon selbst, was sich richtig "anfühlt".


Wie kaufe ich am besten eine Linkshänder-Gitarre?

Grundsätzlich ist es optimal, viele Gitarren zu testen, zu spielen, auszuprobieren, ein Gefühl zu entwickeln, zu vergleichen... da sind wir uns einig. Für Leftys ist das aber total utopisch - selbst in großen Musikläden liegen nur verdammt wenige LH-Gitarren rum. Natürlich, die soll man auch mal testen, das schadet nie - aber ein wirklicher Vergleich ist damit nicht möglich.

Früher konnte man mit viel Überzeugung und ggf. Anzahlung mit Kaufverpflichtung und Umtausch-Ausschluss dann nach wochenlanger Wartezeit irgendwann seine LH-Gitarre abholen und hatte damit zu leben - ging auch immer irgendwie. Als ich damals meine Fender American Standard Stratocaster gekauft habe, gab's die netterweise schon in drei möglichen Farben (schwarz, weiß, sunburst), natürlich nicht in den dutzenden Farben der RH-Instrumente. Immerhin war sie nicht teurer - aber es gab auch keinen nennenswerten Rabatt.

Heute gibt's ja zum Glück das Internet und große Online-Shops mit großzügigen Rückgabe-Regelungen! Das ist für Leftys wirklich ein Segen. Gut, auch hier dauert es manchmal, bis das Instrument da ist, und auch hier ist die Auswahl etwas kleiner, aber es gibt immerhin mal eine Auswahl! Wirklich gut. Man kann also eine LH-Gitarre kaufen, in Ruhe testen, und wenn's gar nicht passen sollte, wieder zurückgeben und sein Geld wiederbekommen.

Gerade im Einsteiger-Bereich mit sehr günstigen (oder auch billigen) Gitarren gibt es bekanntermaßen aber große Qualitätsstreuungen. Im Idealfall kann man die Gitarre dann zu einem erfahreneren Freund oder zu einem Lehrer mitnehmen, der sich die mal anschaut. Ist auch nicht sooo wichtig, dass der auch Lefty ist - die "Basics" zur Bespielbarkeit, Verarbeitung etc. kann man mit ein bisschen Erfahrung auch "andersrum" erkennen. Würde ich bei jeder online gekauften Gitarre empfehlen, wenn man selbst noch nicht so viel Ahnung hat.

Aber auch bei hochwertigeren (und hochpreisigeren) Instrumenten muss man ein wenig auf der Hut sein. Die RH-Instrumente jenseits der Einsteiger-Ware sind meistens "out of the box" ziemlich perfekt justiert, bei LH-Instrumenten ist dies leider nicht immer der Fall. Ich bitte per Mail oft schon mit der Bestellung den Versandhändler darum, sich vor Versand die Gitarre mal anzuschauen. Begründung: LH-Gitarren sind oft schlechter eingestellt als ihre RH-Verwandten, einige Gitarrentechniker können sich schwer in die Anforderungen eines LH-Gitarristen hineinversetzen, etc.

Wirklich gute Erfahrungen habe ich übrigens im Einsteigerbereich mit Yamaha (Pacifica) und den Squiers gemacht, die kommen eigentlich immer ganz gut bespielbar an. Im etwas gehobeneren Segment weiß ich es ehrlic gesagt nicht mehr so genau, weil ich natürlich viele Kleinigkeiten fix selbst mache und weiß, was ich eigentlich will. Gut - meine zuletzt gekauften St. Blues Gitarren waren absolut perfekt, das weiß ich noch.

Glück hat man, wenn man in der Nähe der wenigen Läden wohnt, die die Nische erkannt haben und viele LH-Gitarren im Programm haben. Löblich erwähnen möchte ich hier das No. 1 Guitar Center in Hamburg, jetzt mit eigenem LH-Portal (http://www.linkshaendergitarre.net/) sowie Jens Knoop mit http://lefthandgear.de/ wo man auch mal den einen oder anderen "Exoten" bekommt. Aber wie gesagt, Shops mit großer und gut gepflegter Lefty-Abteilung sind rar. Wenn man doch in einem Musikladen mal fündig wird, ist natürlich feilschen angesagt - die Chance, dass so bald noch ein interessierter Lefty kommt, ist eher klein, viele LH-Gitarren als Ausstellungsstücke sind ziemliche Ladenhüter.

In Summe aber eine etwas seltsame Empfehlung: Für die meisten LH-Gitarristen ist es am einfachsten, seine Gitarren online zu kaufen und dann daheim ausgiebig zu testen bzw. von etwas fortgeschritteneren Freunden mal anschauen zu lassen.


Ich bin Linkshänder, habe aber rechtsrum angefangen - ist das falsch?

Hier gibt's ein ganz klares JEIN oder noch klarer "wahrscheinlich eher nicht". Natürlich kann es sein, dass Du mit einer LH-Gitarre besser vorangekommen wärst - aber wie willst Du das jemals beurteilen? Du müsstest beim Umlernen ja wieder ganz von vorne anfangen und erstmal mühsam wieder den Stand erreichen, den Du jetzt hattest. Es geht natürlich, gibt ja auch genug Leute, die das gemacht haben und sich danach besser fühlen. Es gibt auch Leute, die es wegen einer Verletzung mussten, in die eine oder andere Richtung (Dave Kilminster hat nach einer Handverletzung von LH auf RH umgelernt). Kurzum "geht alles".

Wenn Du als Lefty mit einer RH-Gitarre angefangen hast und nun "irgendwie das Gefühl hast, nicht weiterzukommen", dann ist es aber viel wahrscheinlicher, dass Du mal wieder eine dieser Barrieren erreicht hast, die man irgendwann trifft. Irgendwie geht's nicht gut voran, die alten Stücke kann man schon, die neuen kriegt man irgendwie nicht hin - vielleicht liegt's doch daran, dass man eigentlich eine LH-Gitarre bräuchte?

Dieses "vielleicht" kann man natürlich nicht ganz ausschließen - ich halte es aber für verdammt unwahrscheinlich, es sei denn vielleicht, man wurde zur RH-Gitarre gezwungen. Sonst kann das menschliche Hirn schon verdammt viel lernen, es gibt genug Beispiele dafür, dass es geht. Also: Zähne zusammenbeißen, durch die Krise systematisch und locker durch-üben und -spielen, und dann geht's wieder bergauf.

Es gibt natürlich Fälle, wo eine Rückschulung in Richtung LH durchaus Sinn macht - das betrifft dann allerdings selten nur das Gitarrespiel, da wird das gesamte Leben (inkl. Schreiben etc.) umgepolt bzw. wieder richtig gepolt. Das sollte man meiner Meinung nach aber nur in enger Abstimmung mit wirklichen Profis angehen.


Ich bin Rechtshänder, habe aus Interesse bis hier mitgelesen - was mache ich jetzt damit?

Dieses neu erworbene Wissen merken und bei entsprechenden Diskussionen hier im Forum auch wiedergeben. Oder (noch besser): Bei Fragen eines Linkshänders, zu denen ich als Rechtshänder eigentlich wenig bis gar nichts beitragen kann, einfach mal in Demut den Mund halten. Ganz wichtig: keine unqualifizierten Empfehlungen abgeben - es gibt durchaus Leftys, die in solchen Dingen recht leicht zu verunsichern sind. Und wenn Ihr einem LH eine RH-Gitarre "aufschwatzt", der/die dann aber schnell die Lust am Spiel verliert, weil es die "falsche" Gitarre ist - würdet ihr das verantworten wollen?


FAZIT

Mein Lieblings-Zitat aus dem Film "Bill & Teds verrückte Reise durch die Zeit" (uralte - 1988 - Komödie mit Keanu Reeves, bei Gelegenheit mal entspannt anschauen und hirnlos ablachen) ist: "Die Welt ist bunt und granatenstark".

Das "bunt" heißt in diesem Fall, dass es eben kein schwarz und weiß und kein klares links und rechts gibt, so dass man mit ganz wenigen Optionen einen klaren Entscheidungsbaum aufbauen kann. Ich hoffe, das ist durch meinen Text und die Beispiele und Fragen etwas klarer geworden.

Alle Tipps sind letztlich nur Tendenzaussagen, den persönlich richtigen Weg kann und muss man selbst finden. "Granatenstark" ist die Welt, wenn man mit seiner Gitarre viel Spaß hat - und da kann es dann schon eine Rolle spielen, auch das richtige Instrument im Sinne LH oder RH zu spielen.

Zum Schluss empfehle ich nun, nochmal ganz nach oben zu scrollen und die Kernfrage samt Antwort zu lesen - damit schließt sich der Kreis.
 
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