DrScythe
Endorser der Herzen
Hallo werte Anfänger und alle Interessierten!
Da in letzter Zeit immer mehr und wiederholt Fragen zum Thema Songwriting aufkamen, möchte ich hier mal einige allgemeine Tipps, Hinweise und Co. zusammenfassen.
Im Folgenden schreibe ich nichts neues und keine endgültigen Regeln. Ersteres natürlich nur für erfahrenere User, denn ansonsten bräuchte ich mir die Mühe ja gar nicht zu machen.
Es gibt mehrere Arten von Songwritern. Den Lyriker-dann-Musiker, den Musiker-dann-Lyriker und den "Egal/Manchmalsooderso/manchmalsimultan". Zuerst soll es hier um die letzten beiden Typen gehen, denn wer zuerst seine Lyrics schreibt, der kann dort keine Hilfe erwarten. Texte sind etwas persönliches, das Handwerkszeug Sprache sollte man beherrschen. Alles weitere ist auch in diesem Forum zu finden. Aber auch die "Lyrics-Zuerst"-Fraktion muss irgendwann ihre musikalischen Ideen zu den Texten festhalten. Daher nun:
[Kapitel 1: Wie halte ich meine Ideen fest?]
Eine sehr wichtige Frage, denn die sollte so oder so von vorneherein geklärt sein. Nicht für andere, nur für den Songwriter allein. Hier stehen sich mehrere Methoden gegenüber:
1. Aufnehmen
2. Aufschreiben/Ausnotieren (Papier)
3. Aufschreiben/Ausnotieren (Guitar Pro, tuxguitar...)
Jede dieser Methoden hat Vor- und Nachteile.
[Aufnehmen]
Technische Voraussetzungen
Das Aufnehmen setzt natürlich funktionierendes Aufnahmeequipment voraus. Ob man nun die Gitarre per Adapter direkt in die Soundkarte des PCs stöpselt, einen kleinen Hard-Disc-Recorder hat, einen alten Kassettenrecorder mit Mikrofon benutzt - diese technischen Fragen klärt ihr im Falle eines Falles irgendwo hier im Board..
Handhabung
Sind die technischen Rangeleien erledigt, ist natürlich das Aufnehmen die fixeste Methode. Einfach ein Druck auf "REC" und schon ist die Idee festgehalten. Wer Mehrspuraufnahmen machen kann, kann sofort weitere Harmonien/Akkorde/Melodien hinzufügen. Wer seine Ideen mit anderen teilen will, muss sich dann jedoch auf die Fähigkeiten der anderen verlassen. Wenn diese keine Profis im Raushören sind, oder selbst nicht gerade die Kreativsten (oder beides!), sind sie mit einer Akkordfolge, die eben noch so phantastisch klang überfordert und wissen nichts dazu zu spielen.
Archivierung
Manche Ideen kann man nicht sofort umsetzen und ausarbeiten. Weil man gerade keine Band hat, die Band im Urlaub ist, man selbst weg muss...etc.. Also heißt es: Idee speichern. Am PC geht das sehr fix und bei einem gut angelegten Ordner-/Namenssystem sogar ordentlich. Wer also schon vorher weiß, dass er eine ganze Reihe von Ideen festhalten wird, sollte sich rechtzeitig überlegen ob "Idee1.mp3" ein guter Name ist. Am besten ihr nehmt Begriffe, die ihr mit dieser Idee assoziiert. Wer auf einem Hard-Disc-Recorder speichert ist auf dessen Systeme angewiesen. Wer Tapes benutzt, der muss äußerst ordentlich sein. Auch wenn ich es nicht mehr kenne, so kann ich mir gut vorstellen, dass spätestens bei der 50. Kassette langsam die Übersicht flöten geht...
Pro: sehr fix, teilw. kostengünstig, fixe Weiterverarbeitung, kaum Einarbeitungszeit
Contra: Ideenweitergabe, Archivierung
Aufschreiben/Ausnotieren Papier
T. V.
Zuallererst benötigt man Notenkenntnis oder ein perfektes Verständnis für Tabs+Notenwerte. D.h. es ist sehr viel Übung vonnöten.
Handhabung
Gitarre um den Hals/auf dem Schoß, spielen, schreiben, spielen, schreiben...
Ideenweitergabe setzt eine saubere und verständliche Niederschrift der Tabs oder Noten voraus.
(Was bei Gitarristen z.B. dank weit verbreiteter Sauklauenkrankheit manchmal schwer wird).
Archivierung
Ordner. Schnellhefter. Die Papier selbst lassen sich leicht und platzsparend unterbringen. Probleme ergeben sich eher bei "wo war nochmal meine coole bluesige Stampf-Nummer von neulich..."
Pro: recht fix (mit Übung), kostengünstig (Papier+Stift...)
Contra: Weitergabe nur an ähnlich Eingearbeitete möglich, erfordert viel Übung, u.U. Umständlich
Aufschreiben/Ausnotieren Programme am PC
T.V.
PC mit genug Leistung. Dann das Programm. Entweder das kostenfreie tuxguitar oder das käufliche Guitar Pro (aktuell 5.2). Hier ist Übung gefragt was die Notation von Rhythmen angeht.
Handhabung
Gitarre in der Hand. Spielen, tippen, spielen, tippen, spielen, klicken, tippen. Nach einiger Übung ziemlich fix. Vorher recht umständlich, gerade was Rhythmen angeht. Weitergabe setzt das Programm beim Empfänger voraus, erleichtert dann allerdings das kreieren weiterer Spuren und selber erlernen des Komponierten.
Archivierung
Hier gilt dasselbe wir für die PC-Aufnahmen: Gute Order- und Namenssysteme sind alles. Schreibt man für eine Band - nur in diesen Ordner speichern und am besten schon Titel ersinnen oder Assoziationen draufpappen. Ideen, die nicht zur Band passen am besten woanders unterbringen.
Pro: mit Übung fix und zum immer-wieder-hören, leicht zu bearbeiten, auch bei Weitergabe, kostenlos (tux...)
Contra: erfordert Übung, kostenpflichtig (GP)
Es gibt zu allen Punkten nun noch mehr Pro und Contra-Punkte. Ich wollte lediglich einen kleinen Überblick geben.
Hat man sich für eine der Methoden entschieden, kommt es nur noch auf den Komponisten an. Genau. Auf DICH!
Kapitel 2: Inspiration/Kreativität
Zuallererst: Finde dich damit ab, dass die Muse kein Dauergast ist. Manchmal sitzt sie tagelang neben dir und haut dir eine Idee nach der anderen in die Tasse. Dann ist sie aber auch schonmal ein paar Wochen oder gar Monate im Urlaub. Du kannst dich nicht dazu zwingen kreativ zu sein und ebenso wenig kannst du erzwingen kreativ zu werden. Natürlich gibt es für jeden Menschen kreative Umgebungen, die einen immer wieder inspirieren. Wer z.B. aggressiven politisch motivierten Punk spielt, der wird bei jedem Ansehen von entsprechenden Vil...Verzeihung: Filmen immer wieder in eine passende Stimmung kommen um sich schäuble..sorry: schäumende Wut und Frust von der Seele zu schrei(b)en. Jeder hat so seinen Nerv für bestimmte Stimmungen. Aber selbst diese Stimmungen führen nicht immer zu Ideen.
Und das muss man akzeptieren. Das musst DU akzeptieren. Jetzt. Sofort. Du bist keine Maschine, sondern ein Mensch. Und genau das verleitet dich ja zum musizieren. Du willst etwas ausdrücken, etwas kommunizieren - deine Gedanken, Gefühle, Eindrücke. Musik ist eine Sprache, die nahezu jeder versteht, die unmissverständlich sein kann. Natürlich gibt es Grenzen. Du kannst Trauer schon fast "leicht" vermitteln. Den Eindruck eines riesigen Gedenkmonuments hingegen schon schwerer erfassen, wenngleich es fast dieselbe Emotion auslöst.
Finde dich auch damit ab, dass du selbst mit einem allumfassenden Musiktheoriewissen keinen Schritt weiter wärst. Denn selbst falls deine Laune "heute ist mir nach xylophonisch-G" ist - das werden außer dir vielleicht zwei-drei andere Menschen verstehen und es ist generell fraglich, ob ein zusammenhängendes Stück aus einer Tonart/Tonleiter heraus entstehen kann - ohne tieferen Sinn. Musik um der Musik Willen - Willst du das? (weiteres zu Theorie kommt gleich).
Falls du aus der "Text-zuerst!"-Fraktion stammst - deine Inspiration dürfte dann klar zu lesen verfügbar sein. Falls nicht: Geh und schreib Texte. Wie das geht wird dir hier geholfen: https://www.musiker-board.de/vb/f197-eigene-texte-lyrics/
Kleine Randnotiz: Ziele sind ein zweischneidiges Schwert. "Ich schreibe gleich einen Protestsong, weil ich so wütend bin" klingt zwar im Kopf noch toll, auf dem Instrument später aber dann eventuell nicht ganz so. Nicht unter "ich schreibe einen Protestsong". Denn DU willst protestieren, nicht der Song, nicht die Musik, nicht dein Instrument. Die Schnittstelle sind deine Fähigkeiten, dein Instrument, dein Amp...und zurück zu deinen Ohren. Wenn du selbst merkst, wie dein Gefühl aus den Boxen dröhnt - dann hast du dein Ziel erreicht.
Der Vorsatz "wie drücke ich fallende Ziegelsteine aus" könnte da Schwierigkeiten bringen. Da hilft vielleicht die Idee der Lautmalerei. Eher perkussives Spiel könnte eine Lösung sein.
"Gott ist nur eine Idee und diese Idee ist in den Menschen verwurzelt, weil sie seit Jahrzehnten eine Erklärung für alles suchen, dabei ist das alles doch nur unwichtig und..."
Nun, wenn euer Sänger euch sowas vorsetzt(en sollte): Fragt ihn nach Gesangsmelodien. Seid dreist. Wenn ihr selber singt - fangt damit an. Denn zu eben solchen Texten wird es verflucht schwer, erst Akkorde zu finden.
[Kapitel 3: Regeln/Voraussetzungen]
Regel 1: Es gibt keine Regeln. Gar keine.
Du brauchst hier auch keine Threads zu starten. Wenn du 5 Minuten lang einen Akkord spielst, das Schlagzeug durchgehend Doublebass und Blastbeats knüppelt und sonst nichts passiert - wenn es dir (und deiner Band) gefällt und ihr zufrieden seid - bitte. Ihr werdet genug Leute finden, die sagen: "Das ist keine Musik, sondern Lärm!". Aber auch ein paar Bekloppte, die behaupten "boah trve black metal 666 saataaaaan"...(ich höre selbst Metal, sogar partiell Black...also so ist's jetzt nicht... )
Genauso wenig hält dich/euch jemand davon ab, all euer Theoriewissen in einen Topf zu werfen, eigentlich disharmonische Tonleitern so geschickt zu verbasteln, dass sie doch passen und den Spaß dann nur in punktierten Quintolen in 6/16tel Takten rüberzubringen. Solange es den Musikern (und eventuell auch Gästen/dem Publikum) Spaß macht - wieso nicht.
Es gibt auch keine Regel, die dir verbietet vollkommen durchgenudelte Akkordfolgen zu benutzen. C / F / G / Am (Reihenfolge austauschbar) - das gibt es so häufig, auf eine Variation kommt es nicht mehr an. Und sollte deine vielleicht sogar besonders gut sein, mit einer Melodie zum Niederknien - wieso nicht?
Voraussetzungen:
Hier wird es schwerer. Natürlich gibt es de facto keine Voraussetzungen. Du kannst gerade erst eine Blockflöte gekauft haben und darauf sofort komponieren und per Mikrofon deine Ideen festhalten. Hier stellt sich aber dann das Problem: Kannst du es reproduzieren?
Gehen wir einmal von sinnhafter Musik aus, also welche, die du reproduzieren können musst. Das bedingt dann, dass du gewisse Fähigkeiten an deinem Instrument haben musst. Irgendwie solltest du irgendwas spielen können. Du musst nicht verstehen, was du da tust, kannst es aber. Dazu mehr im letzten und interessantesten Kapitel.
[Kapitel 4: Tipps & Hinweise + eine FAQ]
Eine Frage taucht immer wieder auf: "Muss ich Musiktheorie beherrschen, um Lieder zu schreiben?"
Die klare Antwort kann und darf nur lauten: Nein, musst du nicht. Aber kannst du. Und es kann dir helfen, muss aber nicht.
Falls du ganze Stücke komponieren willst, mit Bass, Leads, zweistimmigen Gitarren usw. usw. - dann kann es dir eigentlich nur helfen. Einzig und allein befreien musst du dich von "hm Mist, da darf jetzt kein C hin, weil es nicht zur Tonleiter passt". Es darf dahin, wenn du es da haben willst. Ich habe von Musiktheorie absolut keine Ahnung, dennoch kann ich dazu raten: Nutze deine Kenntnisse weise und nicht absolut.
Des Weiteren:
Locker bleiben. Locker werden. Wenn du verkrampft auf der Suche nach neuen Riffs bist und loslegst - vergiss es. In 90% der Fälle wird dann nichts dabei rumkommen. Natürlich gilt hier: in 90% der Fälle muss nicht dein Fall sein. Vielleicht ist Leistungsdruck gerade dein Ventil um das Bombastalbum des Jahrzehnts abzuliefern.
Tipps zum Locker werden und Stimmungsaufbau: tagelang gute (Lieblings-)Musik hören. Lieblingsfilm schauen. Passenden Film schauen. Landschaftsbilder aus der Sahara betrachten...
Tu, was immer dich in Stimmung bringt.
In diesem Fall sind auch ein-zwei Bier oder ähnliches erlaubt - es geht ja nicht um Performance. Wenn es dich lockerer macht und mental ein wenig mehr in die Stimmung treibt ist das durchaus legitim. Mir hilft es beim Texten, weil ich dann weniger um die Ecke denke wie 100% nüchtern. Aber das muss jeder für sich entscheiden. Straight Edge'ler werden gewiss andere Entspannungsmethoden finden. (Dies war übrigens KEIN Aufruf zu Alkoholkonsum. Lediglich ein Hinweis. Krampfhaftes Trinken und Komponieren wird auf Dauer auch nicht funktionieren. Alkohol macht abhängig. Behaltet das im Kopf!)
Werft nicht gleich alles weg! Manche Ideen brauchen eine Weile, um auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen. Das gilt auch für die Guten. Nur weil euch nicht gleich zu diesem Bombenchorus ein passender Vers einfällt, heißt das nicht, dass ihr die Idee verwerfen müsst. Dazu speichert ihr sie/schreibt ihr sie ja auf. "Für später". Eventuell fällt auch einem Bandmember was ein?
Auch anfänglich irgendwie interessante Ideen, die ihr festhaltet aber nicht weiter beachtet können Gold wert sein. Lasst sie "heranreifen". Es kommt vor, dass Ideen mehrere Jahre (!!) brach liegen, ehe sie eine Form erreichen, in der sie zünden. Und zu Zeiten, in denen wir ganze Plattensammlungen auf einem Würfel unterbringen können, sollte es kein Problem sein, sich ein persönliches Archiv anzulegen.
Manchmal kommt es vor, dass ihr bemerkt, dass sich einige eurer Ideen irgendwie aus schon bekannten Songs entwickelt zu haben scheinen. Das ist ok.
Ja, es ist ok.
Insofern sie sich wirklich entwickelt haben und nicht genauso klingen, bzw. so ähnlich klingen, dass man eine Neu-Interpretation vermuten kann. Fast jedes Riff gibt es schon, nahezu jede Melodie kam in irgendeiner Form irgendwo mal vor. Ihr könnt kaum mehr was 100% Neues schreiben (wenn doch - Glück gehabt! ). Deshalb findet euch damit ab und macht das Beste draus. Wie schon gesagt: C F G Am gab es schon geschätzte 500.000 Mal. Aber es klingt immer wieder gut und wenn deine Variation anders genug ist wird sich niemand beschweren.
Vor allem aber ist wichtig, dass ihr euch nicht mutwillig hinsetzt und ein bekanntes Riff spielt, so lange herumdeichselt bis es anders ist und fertig. Das ist 1.) nicht kreativ und auch peinlich. Und 2.) wäre mitunter Urheberrechtsverletzung, die in einem kommerziellen Ausmaß sogar dicke Schwierigkeiten bedeuten kann. Daher hier mein Rat: Wenn es ähnlich klingt, fragt am besten eure Großeltern, Tanten ohne Musikgeschmack o.Ä., wie ähnlich sich die Werke anhören. Deren Ohren sind meistens unvorbereitet und neutraler.
Als kleiner Hinweis: Höre deine Lieblingssongs ruhig mal mit anderen Ohren. Welche Stellen gefallen dir besonders? Und warum? Du musst kleine Stilmittel nicht 1:1 klauen, kannst sie aber benutzen. Die Spielereien der "Großen" mit Dynamik, Effekt-Einsätzen und Co. haben sich auch nicht über Nacht gebildet. Genauso wenig werden es deine Spezialitäten es tun. Du kannst ihnen aber gut auf die Beine helfen
So, dies sollte nur einen groben Einstieg in die Welt des Songwritings vermitteln und ist keineswegs als allgemeingültiger Ratgeber zu verstehen. Jeder schreibt mit anderen Zielen und Voraussetzungen. Daher kann es keine Grenzen geben. Selbst wenn du disharmonische Tonfolgen spielst und es als Kunst verkaufst - bittesehr. Wunder dich nur nicht, dass es keiner hören will
Und nun ran an die Buletten!
Da in letzter Zeit immer mehr und wiederholt Fragen zum Thema Songwriting aufkamen, möchte ich hier mal einige allgemeine Tipps, Hinweise und Co. zusammenfassen.
Im Folgenden schreibe ich nichts neues und keine endgültigen Regeln. Ersteres natürlich nur für erfahrenere User, denn ansonsten bräuchte ich mir die Mühe ja gar nicht zu machen.
Es gibt mehrere Arten von Songwritern. Den Lyriker-dann-Musiker, den Musiker-dann-Lyriker und den "Egal/Manchmalsooderso/manchmalsimultan". Zuerst soll es hier um die letzten beiden Typen gehen, denn wer zuerst seine Lyrics schreibt, der kann dort keine Hilfe erwarten. Texte sind etwas persönliches, das Handwerkszeug Sprache sollte man beherrschen. Alles weitere ist auch in diesem Forum zu finden. Aber auch die "Lyrics-Zuerst"-Fraktion muss irgendwann ihre musikalischen Ideen zu den Texten festhalten. Daher nun:
[Kapitel 1: Wie halte ich meine Ideen fest?]
Eine sehr wichtige Frage, denn die sollte so oder so von vorneherein geklärt sein. Nicht für andere, nur für den Songwriter allein. Hier stehen sich mehrere Methoden gegenüber:
1. Aufnehmen
2. Aufschreiben/Ausnotieren (Papier)
3. Aufschreiben/Ausnotieren (Guitar Pro, tuxguitar...)
Jede dieser Methoden hat Vor- und Nachteile.
[Aufnehmen]
Technische Voraussetzungen
Das Aufnehmen setzt natürlich funktionierendes Aufnahmeequipment voraus. Ob man nun die Gitarre per Adapter direkt in die Soundkarte des PCs stöpselt, einen kleinen Hard-Disc-Recorder hat, einen alten Kassettenrecorder mit Mikrofon benutzt - diese technischen Fragen klärt ihr im Falle eines Falles irgendwo hier im Board..
Handhabung
Sind die technischen Rangeleien erledigt, ist natürlich das Aufnehmen die fixeste Methode. Einfach ein Druck auf "REC" und schon ist die Idee festgehalten. Wer Mehrspuraufnahmen machen kann, kann sofort weitere Harmonien/Akkorde/Melodien hinzufügen. Wer seine Ideen mit anderen teilen will, muss sich dann jedoch auf die Fähigkeiten der anderen verlassen. Wenn diese keine Profis im Raushören sind, oder selbst nicht gerade die Kreativsten (oder beides!), sind sie mit einer Akkordfolge, die eben noch so phantastisch klang überfordert und wissen nichts dazu zu spielen.
Archivierung
Manche Ideen kann man nicht sofort umsetzen und ausarbeiten. Weil man gerade keine Band hat, die Band im Urlaub ist, man selbst weg muss...etc.. Also heißt es: Idee speichern. Am PC geht das sehr fix und bei einem gut angelegten Ordner-/Namenssystem sogar ordentlich. Wer also schon vorher weiß, dass er eine ganze Reihe von Ideen festhalten wird, sollte sich rechtzeitig überlegen ob "Idee1.mp3" ein guter Name ist. Am besten ihr nehmt Begriffe, die ihr mit dieser Idee assoziiert. Wer auf einem Hard-Disc-Recorder speichert ist auf dessen Systeme angewiesen. Wer Tapes benutzt, der muss äußerst ordentlich sein. Auch wenn ich es nicht mehr kenne, so kann ich mir gut vorstellen, dass spätestens bei der 50. Kassette langsam die Übersicht flöten geht...
Pro: sehr fix, teilw. kostengünstig, fixe Weiterverarbeitung, kaum Einarbeitungszeit
Contra: Ideenweitergabe, Archivierung
Aufschreiben/Ausnotieren Papier
T. V.
Zuallererst benötigt man Notenkenntnis oder ein perfektes Verständnis für Tabs+Notenwerte. D.h. es ist sehr viel Übung vonnöten.
Handhabung
Gitarre um den Hals/auf dem Schoß, spielen, schreiben, spielen, schreiben...
Ideenweitergabe setzt eine saubere und verständliche Niederschrift der Tabs oder Noten voraus.
(Was bei Gitarristen z.B. dank weit verbreiteter Sauklauenkrankheit manchmal schwer wird).
Archivierung
Ordner. Schnellhefter. Die Papier selbst lassen sich leicht und platzsparend unterbringen. Probleme ergeben sich eher bei "wo war nochmal meine coole bluesige Stampf-Nummer von neulich..."
Pro: recht fix (mit Übung), kostengünstig (Papier+Stift...)
Contra: Weitergabe nur an ähnlich Eingearbeitete möglich, erfordert viel Übung, u.U. Umständlich
Aufschreiben/Ausnotieren Programme am PC
T.V.
PC mit genug Leistung. Dann das Programm. Entweder das kostenfreie tuxguitar oder das käufliche Guitar Pro (aktuell 5.2). Hier ist Übung gefragt was die Notation von Rhythmen angeht.
Handhabung
Gitarre in der Hand. Spielen, tippen, spielen, tippen, spielen, klicken, tippen. Nach einiger Übung ziemlich fix. Vorher recht umständlich, gerade was Rhythmen angeht. Weitergabe setzt das Programm beim Empfänger voraus, erleichtert dann allerdings das kreieren weiterer Spuren und selber erlernen des Komponierten.
Archivierung
Hier gilt dasselbe wir für die PC-Aufnahmen: Gute Order- und Namenssysteme sind alles. Schreibt man für eine Band - nur in diesen Ordner speichern und am besten schon Titel ersinnen oder Assoziationen draufpappen. Ideen, die nicht zur Band passen am besten woanders unterbringen.
Pro: mit Übung fix und zum immer-wieder-hören, leicht zu bearbeiten, auch bei Weitergabe, kostenlos (tux...)
Contra: erfordert Übung, kostenpflichtig (GP)
Es gibt zu allen Punkten nun noch mehr Pro und Contra-Punkte. Ich wollte lediglich einen kleinen Überblick geben.
Hat man sich für eine der Methoden entschieden, kommt es nur noch auf den Komponisten an. Genau. Auf DICH!
Kapitel 2: Inspiration/Kreativität
Zuallererst: Finde dich damit ab, dass die Muse kein Dauergast ist. Manchmal sitzt sie tagelang neben dir und haut dir eine Idee nach der anderen in die Tasse. Dann ist sie aber auch schonmal ein paar Wochen oder gar Monate im Urlaub. Du kannst dich nicht dazu zwingen kreativ zu sein und ebenso wenig kannst du erzwingen kreativ zu werden. Natürlich gibt es für jeden Menschen kreative Umgebungen, die einen immer wieder inspirieren. Wer z.B. aggressiven politisch motivierten Punk spielt, der wird bei jedem Ansehen von entsprechenden Vil...Verzeihung: Filmen immer wieder in eine passende Stimmung kommen um sich schäuble..sorry: schäumende Wut und Frust von der Seele zu schrei(b)en. Jeder hat so seinen Nerv für bestimmte Stimmungen. Aber selbst diese Stimmungen führen nicht immer zu Ideen.
Und das muss man akzeptieren. Das musst DU akzeptieren. Jetzt. Sofort. Du bist keine Maschine, sondern ein Mensch. Und genau das verleitet dich ja zum musizieren. Du willst etwas ausdrücken, etwas kommunizieren - deine Gedanken, Gefühle, Eindrücke. Musik ist eine Sprache, die nahezu jeder versteht, die unmissverständlich sein kann. Natürlich gibt es Grenzen. Du kannst Trauer schon fast "leicht" vermitteln. Den Eindruck eines riesigen Gedenkmonuments hingegen schon schwerer erfassen, wenngleich es fast dieselbe Emotion auslöst.
Finde dich auch damit ab, dass du selbst mit einem allumfassenden Musiktheoriewissen keinen Schritt weiter wärst. Denn selbst falls deine Laune "heute ist mir nach xylophonisch-G" ist - das werden außer dir vielleicht zwei-drei andere Menschen verstehen und es ist generell fraglich, ob ein zusammenhängendes Stück aus einer Tonart/Tonleiter heraus entstehen kann - ohne tieferen Sinn. Musik um der Musik Willen - Willst du das? (weiteres zu Theorie kommt gleich).
Falls du aus der "Text-zuerst!"-Fraktion stammst - deine Inspiration dürfte dann klar zu lesen verfügbar sein. Falls nicht: Geh und schreib Texte. Wie das geht wird dir hier geholfen: https://www.musiker-board.de/vb/f197-eigene-texte-lyrics/
Kleine Randnotiz: Ziele sind ein zweischneidiges Schwert. "Ich schreibe gleich einen Protestsong, weil ich so wütend bin" klingt zwar im Kopf noch toll, auf dem Instrument später aber dann eventuell nicht ganz so. Nicht unter "ich schreibe einen Protestsong". Denn DU willst protestieren, nicht der Song, nicht die Musik, nicht dein Instrument. Die Schnittstelle sind deine Fähigkeiten, dein Instrument, dein Amp...und zurück zu deinen Ohren. Wenn du selbst merkst, wie dein Gefühl aus den Boxen dröhnt - dann hast du dein Ziel erreicht.
Der Vorsatz "wie drücke ich fallende Ziegelsteine aus" könnte da Schwierigkeiten bringen. Da hilft vielleicht die Idee der Lautmalerei. Eher perkussives Spiel könnte eine Lösung sein.
"Gott ist nur eine Idee und diese Idee ist in den Menschen verwurzelt, weil sie seit Jahrzehnten eine Erklärung für alles suchen, dabei ist das alles doch nur unwichtig und..."
Nun, wenn euer Sänger euch sowas vorsetzt(en sollte): Fragt ihn nach Gesangsmelodien. Seid dreist. Wenn ihr selber singt - fangt damit an. Denn zu eben solchen Texten wird es verflucht schwer, erst Akkorde zu finden.
[Kapitel 3: Regeln/Voraussetzungen]
Regel 1: Es gibt keine Regeln. Gar keine.
Du brauchst hier auch keine Threads zu starten. Wenn du 5 Minuten lang einen Akkord spielst, das Schlagzeug durchgehend Doublebass und Blastbeats knüppelt und sonst nichts passiert - wenn es dir (und deiner Band) gefällt und ihr zufrieden seid - bitte. Ihr werdet genug Leute finden, die sagen: "Das ist keine Musik, sondern Lärm!". Aber auch ein paar Bekloppte, die behaupten "boah trve black metal 666 saataaaaan"...(ich höre selbst Metal, sogar partiell Black...also so ist's jetzt nicht... )
Genauso wenig hält dich/euch jemand davon ab, all euer Theoriewissen in einen Topf zu werfen, eigentlich disharmonische Tonleitern so geschickt zu verbasteln, dass sie doch passen und den Spaß dann nur in punktierten Quintolen in 6/16tel Takten rüberzubringen. Solange es den Musikern (und eventuell auch Gästen/dem Publikum) Spaß macht - wieso nicht.
Es gibt auch keine Regel, die dir verbietet vollkommen durchgenudelte Akkordfolgen zu benutzen. C / F / G / Am (Reihenfolge austauschbar) - das gibt es so häufig, auf eine Variation kommt es nicht mehr an. Und sollte deine vielleicht sogar besonders gut sein, mit einer Melodie zum Niederknien - wieso nicht?
Voraussetzungen:
Hier wird es schwerer. Natürlich gibt es de facto keine Voraussetzungen. Du kannst gerade erst eine Blockflöte gekauft haben und darauf sofort komponieren und per Mikrofon deine Ideen festhalten. Hier stellt sich aber dann das Problem: Kannst du es reproduzieren?
Gehen wir einmal von sinnhafter Musik aus, also welche, die du reproduzieren können musst. Das bedingt dann, dass du gewisse Fähigkeiten an deinem Instrument haben musst. Irgendwie solltest du irgendwas spielen können. Du musst nicht verstehen, was du da tust, kannst es aber. Dazu mehr im letzten und interessantesten Kapitel.
[Kapitel 4: Tipps & Hinweise + eine FAQ]
Eine Frage taucht immer wieder auf: "Muss ich Musiktheorie beherrschen, um Lieder zu schreiben?"
Die klare Antwort kann und darf nur lauten: Nein, musst du nicht. Aber kannst du. Und es kann dir helfen, muss aber nicht.
Falls du ganze Stücke komponieren willst, mit Bass, Leads, zweistimmigen Gitarren usw. usw. - dann kann es dir eigentlich nur helfen. Einzig und allein befreien musst du dich von "hm Mist, da darf jetzt kein C hin, weil es nicht zur Tonleiter passt". Es darf dahin, wenn du es da haben willst. Ich habe von Musiktheorie absolut keine Ahnung, dennoch kann ich dazu raten: Nutze deine Kenntnisse weise und nicht absolut.
Des Weiteren:
Locker bleiben. Locker werden. Wenn du verkrampft auf der Suche nach neuen Riffs bist und loslegst - vergiss es. In 90% der Fälle wird dann nichts dabei rumkommen. Natürlich gilt hier: in 90% der Fälle muss nicht dein Fall sein. Vielleicht ist Leistungsdruck gerade dein Ventil um das Bombastalbum des Jahrzehnts abzuliefern.
Tipps zum Locker werden und Stimmungsaufbau: tagelang gute (Lieblings-)Musik hören. Lieblingsfilm schauen. Passenden Film schauen. Landschaftsbilder aus der Sahara betrachten...
Tu, was immer dich in Stimmung bringt.
In diesem Fall sind auch ein-zwei Bier oder ähnliches erlaubt - es geht ja nicht um Performance. Wenn es dich lockerer macht und mental ein wenig mehr in die Stimmung treibt ist das durchaus legitim. Mir hilft es beim Texten, weil ich dann weniger um die Ecke denke wie 100% nüchtern. Aber das muss jeder für sich entscheiden. Straight Edge'ler werden gewiss andere Entspannungsmethoden finden. (Dies war übrigens KEIN Aufruf zu Alkoholkonsum. Lediglich ein Hinweis. Krampfhaftes Trinken und Komponieren wird auf Dauer auch nicht funktionieren. Alkohol macht abhängig. Behaltet das im Kopf!)
Werft nicht gleich alles weg! Manche Ideen brauchen eine Weile, um auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen. Das gilt auch für die Guten. Nur weil euch nicht gleich zu diesem Bombenchorus ein passender Vers einfällt, heißt das nicht, dass ihr die Idee verwerfen müsst. Dazu speichert ihr sie/schreibt ihr sie ja auf. "Für später". Eventuell fällt auch einem Bandmember was ein?
Auch anfänglich irgendwie interessante Ideen, die ihr festhaltet aber nicht weiter beachtet können Gold wert sein. Lasst sie "heranreifen". Es kommt vor, dass Ideen mehrere Jahre (!!) brach liegen, ehe sie eine Form erreichen, in der sie zünden. Und zu Zeiten, in denen wir ganze Plattensammlungen auf einem Würfel unterbringen können, sollte es kein Problem sein, sich ein persönliches Archiv anzulegen.
Manchmal kommt es vor, dass ihr bemerkt, dass sich einige eurer Ideen irgendwie aus schon bekannten Songs entwickelt zu haben scheinen. Das ist ok.
Ja, es ist ok.
Insofern sie sich wirklich entwickelt haben und nicht genauso klingen, bzw. so ähnlich klingen, dass man eine Neu-Interpretation vermuten kann. Fast jedes Riff gibt es schon, nahezu jede Melodie kam in irgendeiner Form irgendwo mal vor. Ihr könnt kaum mehr was 100% Neues schreiben (wenn doch - Glück gehabt! ). Deshalb findet euch damit ab und macht das Beste draus. Wie schon gesagt: C F G Am gab es schon geschätzte 500.000 Mal. Aber es klingt immer wieder gut und wenn deine Variation anders genug ist wird sich niemand beschweren.
Vor allem aber ist wichtig, dass ihr euch nicht mutwillig hinsetzt und ein bekanntes Riff spielt, so lange herumdeichselt bis es anders ist und fertig. Das ist 1.) nicht kreativ und auch peinlich. Und 2.) wäre mitunter Urheberrechtsverletzung, die in einem kommerziellen Ausmaß sogar dicke Schwierigkeiten bedeuten kann. Daher hier mein Rat: Wenn es ähnlich klingt, fragt am besten eure Großeltern, Tanten ohne Musikgeschmack o.Ä., wie ähnlich sich die Werke anhören. Deren Ohren sind meistens unvorbereitet und neutraler.
Als kleiner Hinweis: Höre deine Lieblingssongs ruhig mal mit anderen Ohren. Welche Stellen gefallen dir besonders? Und warum? Du musst kleine Stilmittel nicht 1:1 klauen, kannst sie aber benutzen. Die Spielereien der "Großen" mit Dynamik, Effekt-Einsätzen und Co. haben sich auch nicht über Nacht gebildet. Genauso wenig werden es deine Spezialitäten es tun. Du kannst ihnen aber gut auf die Beine helfen
So, dies sollte nur einen groben Einstieg in die Welt des Songwritings vermitteln und ist keineswegs als allgemeingültiger Ratgeber zu verstehen. Jeder schreibt mit anderen Zielen und Voraussetzungen. Daher kann es keine Grenzen geben. Selbst wenn du disharmonische Tonfolgen spielst und es als Kunst verkaufst - bittesehr. Wunder dich nur nicht, dass es keiner hören will
Und nun ran an die Buletten!
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